Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.06.2023, Az.: 13 B 3358/23

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.06.2023
Aktenzeichen
13 B 3358/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 24457
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2023:0622.13B3358.23.00

Fundstelle

  • ZD 2023, 575-576

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 32.524,92 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz.

Die Antragstellerin ist seit dem 01. Januar 2015 Landesbeauftragte für den Datenschutz. Ihre Amtszeit endete ursprünglich nach acht Jahren am 31. Dezember 2022 (§ 18 Abs. 3 Satz 1 NDSG). Da bis zu diesem Zeitpunkt keine Nachfolgerin oder ein Nachfolger berufen war, verlängerte sich die Amtszeit der Antragstellerin um weitere sechs Monate (§ 18 Abs. 3 Satz 3 NDSG).

Unter dem 25. April 2023 schlug die Nds. Landesregierung dem Nds. Landtag die Wahl des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz und - vorbehaltlich seiner Wahl durch den Landtag - dessen Ernennung zum Landesbeauftragten für den Datenschutz unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von acht Jahren vor (vgl. LT-Drucksache 19/1239). Am 03. Mai 2023 wählte der Landtag den Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz. Die Antragstellerin bat den Ministerpräsidenten mit Schreiben vom 01. Juni 2023 unter Fristsetzung bis 06. Juni 2023 um Bestätigung, dass der Beigeladene nicht zum Landesbeauftragten für den Datenschutz ernannt werde, bevor die Rechtmäßigkeit einer solchen Ernennung gerichtlich geklärt sei. Die Antragstellerin erhielt hierauf keine entsprechende Bestätigung.

Am 12. Juni 2023 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht um Eilrechtsschutz nachgesucht. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund seien gegeben. Sie habe mehrfach - auch öffentlich - ihre Bereitschaft zur Fortführung des Amtes bekundet. Seitens der Landesregierung sei nicht das Gespräch mit ihr gesucht worden. Obwohl das europäische Recht ein "transparentes Verfahren" für die Ernennung eines/einer Landesbeauftragten für den Datenschutz ausdrücklich vorschreibe (Art. 53 Abs. 1 DSGVO), sei keine öffentliche Ausschreibung erfolgt. Es habe kein Auswahlverfahren gegeben. Stattdessen habe der Ministerpräsident Ende April damit überrascht, den Beigeladenen zum Nachfolger der Antragstellerin vorzuschlagen. Dieser sei sodann auch vom Nds. Landtag ohne Aussprache zum Landesbeauftragten gewählt worden. Der Auswahlprozess verstoße gegen das Europarecht. Ein "Auskungeln der Position in Hinterzimmern" sei ausgeschlossen. Dass eine öffentliche Ausschreibung erforderlich sei, folge auch schon aus Art. 42 Abs. 1 VO (EG) Nr. 45/2001, wo ausdrücklich von einer "öffentlichen Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen" gesprochen werde. Dies sei auch mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG erforderlich. Selbst wenn man eine öffentliche Ausschreibung nicht für erforderlich halte, so müsse jedenfalls die "Öffentlichkeit des Auswahlprozesses" gewahrt sein. Dies setze voraus, dass mehrere Alternativen nach den von der DSGVO vorgegebenen Kriterien erwogen und beurteilt werden. Vorliegend habe es einzig den Wahlvorschlag hinsichtlich des Beigeladenen gegeben. Die Kriterien des Art. 53 Abs. 2 DSGVO seien hierbei offenkundig nicht beurteilt worden. Es gebe keinen Auswahl- und Besetzungsbericht. Würde man die Tatsache einer demokratischen Wahl genügen lassen, um die Wahl einer oder eines Landesbeauftragten durch entsprechende Auslegung des Art. 33 Abs. 2 GG gegen Konkurrentenklagen "abzuschotten", so liege eine Verletzung des Transparenzgebots des Art. 53 Abs. 1 DSGVO vor.

Die Berufung des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz verstoße ferner gegen § 18 Abs. 2 NDSG und Art. 53 Abs. 2 DSGVO. Der Beigeladene sei zwar Jurist, habe jedoch in seiner beruflichen Laufbahn zu keinem Zeitpunkt Berührung mit datenschutzrechtlichen Fragen gehabt. Denn zum Landesbeauftragten dürfe nur berufen werden, wer über eine hinreichende "Qualifikation, Erfahrung und Sachkunde, insbesondere im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten" verfüge. Diese Voraussetzungen erfülle der Beigeladene nicht. Es sei nicht erkennbar, dass der Beigeladene über eine einschlägige berufliche Qualifikation und aus der Datenschutzpraxis erworbene Kenntnisse verfüge.

Durch die Berufung des Beigeladenen würde die Antragstellerin in ihrem Grundrecht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern verletzt. Es habe keine Möglichkeit bestanden, im Rahmen eines Auswahlverfahren ihre Bewerbung einzureichen. Wenn jedoch bereits der Unterlegene eines tatsächlich durchgeführten Auswahlverfahrens aus Art. 33 Abs. 2 GG seine Klagebefugnis ableiten könne, so müsse dies auch für den Fall gelten, dass ein Auswahlverfahren in rechtswidriger Weise unterblieben sei. Es sei streitig, ob und inwieweit Art. 33 Abs. 2 GG auf Wahlbeamte Anwendung finde. Der eigentliche Wahlakt unterliege keiner gerichtlichen Überprüfung. Die gerichtliche Kontrolle der Auswahlentscheidung erstrecke sich bei einem Wahlamt auf die Prüfung, ob die der Wahlentscheidung vorausgehenden Verfahrensschritte, soweit sie die von Art. 33 Abs. 2 GG gewollte Bestenauslese sicherstellen, Beachtung gefunden haben. Hierzu gehöre auch zu prüfen, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass unsachgemäße oder willkürliche Erwägungen angestellt worden seien und ob der Gewählte die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle (im vorliegenden Fall Art. 53 Abs. 2 DSGVO und § 18 Abs. 2 NDSG). Ergänzend nimmt die Kammer auf die Antragsbegründung Bezug und verweist auf diese.

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin einstweilen zu untersagen, den Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz zu berufen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt zur Begründung vor: Die Antragstellerin habe ihr Interesse an der Fortführung des Amtes nicht rechtzeitig und wenigstens formlos gegenüber der Landesregierung kommuniziert, sondern lediglich in einem am 30. Januar 2023 erschienenen Interview im "Rundblick" erklärt, nun zu einer weiteren Amtszeit bereit zu sein. Daraus werde deutlich, dass die Antragstellerin offenbar erstmals ihre Bereitschaft für eine Wiederwahl erst einige Wochen nach Ablauf ihrer Amtszeit bekundet habe. Die Antragstellerin habe es unterlassen, von sich aus die Landesregierung (rechtzeitig) entsprechend zu informieren. Auch anlässlich eines E-Mail-Verkehrs Ende April 2023 mit der Antragsgegnerin sowie in der Zeit danach habe die Antragstellerin nicht den Eindruck erweckt, dass sie noch an einer Wiederwahl interessiert sei. Hierzu führt die Antragsgegnerin weiter aus. Angesichts dieses Verhaltens könne sich die Antragstellerin nun nicht mehr mit Erfolg gegen die Wahl bzw. Ernennung des Beigeladenen wehren.

Die Antragstellerin habe ferner einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Es liege kein Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 DSGVO vor, weil das hier relevante Verfahren ausreichend transparent erfolgt sei. Hierbei sei eine öffentliche Ausschreibung nicht erforderlich. Eine solche sei anders als im Verfahren zur Ernennung des Europäischen Datenschutzbeauftragten nicht vorgeschrieben. Dem Transparenzgebot sei durch das hier durchgeführte Verfahren mit einem Wahlvorschlag der Landesregierung und einer Beschlussfassung des Nds. Landtags Genüge getan. Insoweit habe bereits die Bekanntgabe des Wahlvorschlags die Möglichkeit zur öffentlichen Diskussion des Vorschlags der Landesregierung gegeben. Zudem habe das weitere parlamentarische Verfahren für ein ausreichendes Maß an Transparenz gesorgt. Eine öffentliche Ausschreibung sei aber auch deshalb rechtlich nicht geboten oder zumutbar, weil ein entsprechender Vorschlag auch die notwendige Mehrheit im Landtag erreichen müsse. Zudem seien keine Signale aus den Fraktionen des Landtages ersichtlich gewesen, dass die Antragstellerin im Landtag die Unterstützung nur einer Fraktion erhalten könne, geschweige denn die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Ferner seien auch die rechtlichen Vorgaben aus Art. 53 Abs. 2 DSGVO und § 18 Abs. 2 NDSG erfüllt. Anders als die Antragstellerin meine, werde der Beigeladene den entsprechenden Anforderungen gerecht, insbesondere fehle dem Beigeladenen nicht die von der Antragstellerin an ihm vermisste datenschutzrechtliche Fachkompetenz. Zudem verfüge der Beigeladene über umfangreiche Erfahrungen im Bereich des Datenschutzrechts. Die in Art. 53 Abs. 2 DSGVO geforderte Qualifikation, Sachkunde und Erfahrung insbesondere im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten sei bei dem Beigeladenen gegeben. Der Beigeladene sei bereits seit Beginn seiner beruflichen Tätigkeit im Landesdienst regelmäßig in Bereichen eingesetzt gewesen, in denen der Umgang mit und die Beantwortung von datenschutzrechtlichen Fragestellungen integraler Bestandteil seines täglichen Dienstes gewesen sei. Dies führt die Antragsgegnerin weiter aus. Insbesondere stellt sie hierbei auch auf die mehrjährigen Verwendungen des Beigeladenen im Bereich von verschiedenen ministeriellen Personalverwaltungen ab. So habe der Beigeladene vom 01. September 2019 bis zur Übernahme des Dienstpostens der Abteilungsleitung 3 im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 01. August 2022 den Dienstposten der Leitung des Personalreferats im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wahrgenommen. Wie während seiner übrigen Verwendungen im Personalbereich seien auch hier der Personalaktendatenschutz und der Schutz von sonstigen anfallenden personenbezogenen Daten wesentlicher Bestandteil seines Aufgabenbereichs gewesen. In der Zeit vom 01. Oktober 2017 bis 31. August 2019 sei der Beigeladene zudem Beauftragter für den Datenschutz der F. -Fraktion im Nds. Landtag gewesen. Zudem verfüge der Beigeladene auch über die Befähigung zum Richteramt, die nach § 18 Abs. 2 NDSG notwendig sei.

Die Antragstellerin könne sich nicht mit Erfolg auf Art. 33 Abs. 2 GG berufen. Aus der Regelung des Art. 62 Abs. 2 Nds. Verfassung, dass die vorgeschlagene Person nur dann gewählt, mithin der Vorschlag der Landesregierung lediglich dann angenommen sei, wenn dieser die Stimmen von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens jedoch der Mehrheit der Abgeordneten erhalte, folge, dass die vom Landtag zu treffende Personalentscheidung auf einen breiten parlamentarischen, d. h. erkennbar auch auf einen politischen Konsens gerichtet sei, der nicht den Maßgaben des Art. 33 Abs. 2 GG unterfalle. Insoweit sei die Entscheidung nicht unter dem Gesichtspunkt der Bestenauslese zu bewerten. Es gehe vielmehr allein um die Sicherstellung der nach Art. 53 Abs. 2 DSGVO und § 18 Abs. 2 NDSG vorgeschriebenen Merkmale.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

den Antrag abzulehnen.

Er macht im Wesentlichen geltend: Die Antragstellerin habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Das hier durchgeführte Wahlverfahren genüge den Anforderungen des Art. 53 Abs. 1 DSGVO. Mit Blick auf das parlamentarische Verfahren sei eine hinreichende Transparenz gegeben. Eine öffentliche Ausschreibung sei nicht erfolgt, was jedoch auch im Zuge der damaligen Ernennung der Antragstellerin so gewesen sei. Eine öffentliche Ausschreibung sei auch nicht erforderlich gewesen. Rein politische Entscheidungen, wie sie die Antragstellerin befürchte und unterstelle, würden schon dadurch verhindert, dass die Gültigkeit der Wahl nach Art. 62 Abs. 2 Nds. Verfassung von der Erfüllung zweier Quoren abhängig sei, nämlich zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder einerseits und der Mehrheit der Mitglieder des Landtags andererseits. Dadurch werde die Wahl umstrittener Kandidaten erschwert und die Kontrollfunktion der Legislative hinsichtlich der Exekutive gestärkt. Insoweit sei es auch nicht erforderlich, mehrere Kandidatinnen oder Kandidaten vorzuschlagen.

Weiterhin sei der Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG nicht eröffnet, weil es sich im vorliegenden Fall um ein Wahlamt handele. Unabhängig davon seien die Voraussetzungen des Art. 53 Abs. 2 DSGVO sowie § 18 Abs. 2 NDSG gegeben. Den Mitgliedern des Landtages hätten die notwendigen Unterlagen zur Prüfung der Qualifikation des Beigeladenen rechtzeitig vor der Wahl vorgelegen. Die Befähigung des Beigeladenen zum Richteramt liege unstreitig vor. Die notwendigen datenschutzrechtlichen Kenntnisse habe er unter anderem auch durch Fortbildungen erworben, so durch eine Fortbildung des Niedersächsischen Landtags am 03. Dezember 2018 und nicht zuletzt durch eine Fortbildung im Datenschutzinstitut der Landesbeauftragten für den Datenschutz selbst am 19. Dezember 2018. Unabhängig davon könne eine datenschutzrechtliche Expertise auch außerhalb der Tätigkeit bei einer Datenschutzaufsichtsbehörde erworben werden. Zudem habe er sich im Rahmen nahezu jeder seiner Verwendungen mit dem Datenschutzrecht beschäftigt. Der Beigeladene verweist auf seinen tabellarischen Lebenslauf, auf den die Kammer Bezug nimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Hierbei sind ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit, und ein Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Unabhängig von der Frage, ob die Antragstellerin angesichts des möglicherweise nicht hinreichend gegenüber der Antragsgegnerin deutlich gemachten Interesses an einer Fortsetzung ihrer Tätigkeit überhaupt antragsbefugt ist, hat die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie durch die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz und der Übertragung eines entsprechenden Dienstpostens in eigenen Rechten verletzt wird.

Bei dem Amt der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz handelt es sich um ein Wahlamt, denn eine Berufung erfolgt gemäß § 18 Abs. 3 NDSG nach der Wahl durch den Landtag auf die Dauer von acht Jahren in ein Beamtenverhältnis auf Zeit. Hierbei unterliegt der eigentliche Wahlakt keiner gerichtlichen Kontrolle, sein Ergebnis bedarf keiner Begründung (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2021 - 6 B 1176/21 - juris, Rn. 45). Insbesondere ist gerichtlich nicht zu überprüfen, ob unter mehreren Kandidaten der im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG am besten Geeignete ausgewählt worden ist, weil dies mit dem Wesen der Wahl als einer freien, nur den Bindungen des Gesetzes und des Gewissens unterworfenen Entscheidung der Landtagsabgeordneten und dem sich daraus ergebenden legitimatorischen Mehrwert nicht zu vereinbaren wäre (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2021 - 6 B 1176/21 - juris, Rn. 43). Die Entscheidung durch ein politisches Gremium schließt es ausnahmsweise aus, dieselben Anforderungen an die Begründung für die getroffene Auswahlentscheidung zu stellen wie in sonstigen Auswahlverfahren. In die Wahlentscheidung eines vielköpfigen, aus Personen unterschiedlicher politischer Ausrichtung zusammengesetzten Gremiums, wie es der Landtag ist, fließen möglicherweise gegenläufige und insoweit nicht bündelbare Vorstellungen und Motive ein, über die eine Begründung keinen Aufschluss geben könnte. Die damit einhergehende Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle liegt in der Natur der Sache und ist daher hinzunehmen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2021 - 6 B 1176/21 - juris, Rn. 48-49).

Dem Gewährleistungsgehalt des Art. 33 Abs. 2 GG ist aber dadurch noch Rechnung zu tragen, dass die Wahl eignungs- und leistungsorientiert "eingehegt" wird. Dies setzt voraus, dass sich die Landtagsabgeordneten in geeigneter Weise einen Eindruck von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung einer Kandidatin oder eines Kandidaten verschaffen können und von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2021 - 6 B 1176/21 - juris, Rn. 52).

Dies ist hier der Fall. Jedenfalls ergibt sich allein schon aus der Landtagsdrucksache 19/1239, dass dem Wahlvorschlag der berufliche Werdegang und die Personalakten des Beigeladenen beigefügt waren. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Abgeordneten keinen entsprechenden Eindruck verschaffen konnten, sind nicht ersichtlich.

Ferner bleibt noch zu prüfen, ob das gesetzlich vorgegebene Verfahren eingehalten wurde, die gesetzlich vorgeschriebenen allgemeinen Ernennungsvoraussetzungen gegeben sind und keine Anhaltspunkte für willkürliche oder unsachgemäße Erwägungen vorliegen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2021 - 6 B 1176/21 - juris, Rn. 52; VG Schleswig, Beschluss vom 19. August 2020 - 12 B 36/20 - juris, Rn. 24).

Im vorliegenden Fall ist das gesetzlich vorgegebene Verfahren eingehalten, die allgemeinen Ernennungsvoraussetzungen liegen vor und es sind auch sonst keine Anhaltspunkte für eine willkürliche Entscheidung ersichtlich.

Das vorgeschriebene parlamentarische Verfahren wurde unstreitig eingehalten. Nach Art. 62 Abs. 2 der Nds. Verfassung wählt der Landtag auf Vorschlag der Landesregierung die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Landtags, mindestens jedoch der Mehrheit seiner Mitglieder. Der entsprechende Wahlvorschlag wurde hier ohne Gegenstimmen von einer jeweils ausreichenden Anzahl der Abgeordneten angenommen (vgl. Protokoll der Plenarsitzung vom 03. Mai 2023).

Das Verfahren verstößt auch nicht gegen den sich aus Art. 53 Abs. 1 DSGVO ergebenden Transparenzgrundsatz, wie die Antragstellerin meint. Danach sehen die Mitgliedstaaten vor, dass jedes Mitglied ihrer Aufsichtsbehörden im Wege eines transparenten Verfahrens ernannt wird, und zwar vom Parlament, von der Regierung, vom Staatsoberhaupt oder von einer unabhängigen Stelle, die nach dem Recht des Mitgliedstaats mit der Ernennung betraut wird. Einer öffentlichen Ausschreibung des Postens bedarf es - anders als bei der Ernennung des Europäischen Datenschutzbeauftragten (Art. 42 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001) - gerade nicht. Der Verordnungsgeber hätte dies - neben weiteren konkreten Voraussetzungen - in Art. 53 Abs. 1 DSGVO regeln können, wenn er dies gewollt hätte.

Unter dem 25. April 2023 schlug die Nds. Landesregierung dem Nds. Landtag die Wahl des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz vor (vgl. LT-Drucksache 19/1239). Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Vorschlag öffentlich bekannt. Unabhängig von der Frage, ob es einer öffentlichen Debatte über mögliche (weitere) Kandidaten schon nicht bedurfte (vgl. Nguyen/Stroh, in: Gola/Heckmann, Datenschutz-Grundverordnung, 3. Aufl., Art. 53, Rn. 3; VG Schleswig, Beschluss vom 19. August 2020 - 12 B 36/20 - juris, Rn. 25), bestand jedenfalls aber (spätestens) mit der Bekanntgabe des Wahlvorschlags die Möglichkeit zu einer solchen Debatte. Zudem hatten hier die Abgeordneten - ausweislich des vorliegenden Protokolls der Plenarsitzung vom 03. Mai 2023 - die Möglichkeit hinsichtlich Wortmeldungen zur Aussprache. Hiervon haben die Abgeordneten keinen Gebrauch gemacht. Der Wahlvorgang selbst erfolgte in einer öffentlichen Sitzung des Landtags, er war mithin transparent. Indem der Landtag die Landesbeauftragte bzw. den Landesbeauftragten wählt, verfügt diese bzw. dieser über die erforderliche demokratische Legitimation und vor diesem Hintergrund ist ein hohes Maß an Transparenz gegeben (vgl. Nguyen/Stroh, in:

Gola/Heckmann, Datenschutz-Grundverordnung, 3. Aufl., Art. 53, Rn. 3). Angesichts der einstimmigen Wahl des Beigeladenen durch den Landtag verfügt dieser über eine besonders hohe demokratische Legitimation. Vor diesem Hintergrund und dem durchgeführten Wahlverfahren ist es nicht erforderlich, dass vorab mehrere Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen werden. Der Landtag hat die Möglichkeit, einem konkreten Wahlvorschlag nicht zuzustimmen, wenn etwa die Eignung der vorgeschlagenen Kandidatin bzw. des Kandidaten nicht gegeben scheint.

Indem die Wahl ausschließlich in der Hand des Landtags liegt, ist ferner dem unionsrechtlichen Gebot der "völligen Unabhängigkeit" der bzw. des Beauftragten für den Datenschutz (Art. 52 Abs. 1 DSGVO), die eine Nähe zur Regierung ausschließen soll, Rechnung getragen (vgl. auch VG Schleswig, Beschluss vom 19. August 2020 - 12 B 36/20 - juris, Rn. 25).

Auch die allgemeinen Berufungs- und Ernennungsvoraussetzungen liegen mit Blick auf den Beigeladenen vor. Insoweit sind die Regelungen in § 18 Abs. 2 NDSG zu beachten. Danach soll die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz neben der nach Art. 53 Abs. 2 DSGVO erforderlichen Qualifikation, Erfahrung und Sachkunde, insbesondere im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten, die Befähigung zum Richteramt haben.

Der Beigeladene hat unstreitig die Befähigung zum Richteramt. Zudem erfüllt der Beigeladene auch die weiteren nötigen Voraussetzungen. "Qualifikation" bezieht sich auf ein Studium bzw. die Ausbildung, während "Erfahrung und Sachkunde" eine gewisse Zeit an relevanter praktischer Tätigkeit als Voraussetzung für die Ernennung verlangen, dies insbesondere mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten (vgl. Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Auflage 2018, Art. 53, Rn. 8). Nicht erforderlich ist, dass der Beigeladene bereits über jenes Erfahrungsspektrum verfügt, welches dann gegeben ist, wenn er bereits Landesbeauftragter für den Datenschutz gewesen wäre. Die nötige Qualifikation des Beigeladenen ergibt sich auch hier aus dem Umstand, dass der Beigeladene als Volljurist ausgebildet ist und über die Befähigung zum Richteramt verfügt. Daneben verfügt er aber auch über die erforderliche Erfahrung und Sachkunde, nachgewiesen durch langjährige praktische Tätigkeiten in der Landesverwaltung. Dies bezieht sich ausdrücklich auch auf den Bereich des Schutzes personenbezogener Daten. Der Beigeladene war insbesondere in verschiedenen Funktionen - in unterschiedlichen Ministerien - im Bereich der Personalverwaltung tätig. Es ist gerichtsbekannt, dass insoweit sehr häufig entsprechende datenschutzrechtliche Fragestellungen den Verwaltungsalltag prägen (allgemein z.B. im Rahmen der Erstellung von dienstlichen Beurteilungen, Einstellungsverfahren, Beförderungsverfahren, Disziplinarverfahren, Entlassungsverfahren, Umgang mit relevanten ärztlichen/medizinischen Dokumenten der Beschäftigten, Urlaubsrecht usw.) und der Umgang mit den relevanten datenschutzrechtlichen Vorschriften hierbei eine große Bedeutung hat. Der Beigeladene hat insbesondere vom 01. September 2019 bis zur Übernahme des Dienstpostens der Abteilungsleitung 3 am 01. August 2022 den Dienstposten der Leitung des Personalreferats im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wahrgenommen. Er verfügt insoweit also auch über aktuelle Erfahrungen und Sachkunde hinsichtlich des Datenschutzrechts und seiner konkreten Anwendung, insbesondere bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten. Hiervon ausgehend bestehen für die Kammer keine Zweifel daran, dass der Beigeladene insoweit bereits diejenigen Anforderungen erfüllt, die durch Art. 53 Abs. 2 DSGVO i.V.m. § 18 Abs. 2 NDSG an ihn gestellt werden.

Unabhängig davon hat der Beigeladene während seiner mehrjährigen Tätigkeit bei der F. -Fraktion im Landtag als Beauftragter für den Datenschutz der Fraktion entsprechende Erfahrungen gesammelt. Ergänzend hat er auf die von ihm absolvierten Fortbildungen verwiesen. Weiterhin hat die Kammer auch keine Zweifel, dass der Beigeladene - ausgehend von den vielfältigen weiteren Verwendungen mit Führungsaufgaben in der Landesverwaltung - grundsätzlich geeignet ist, aufsichtsbehördliche Führungsaufgaben wahrzunehmen.

Es sind auch keine Anhaltspunkte für eine willkürliche oder unsachgemäße Entscheidung erkennbar.

Nach alledem hat der Eilantrag keinen Erfolg. Es muss nicht entschieden werden, ob der Eilantrag auch deshalb abzulehnen wäre, weil eine etwaige Wahl der Antragstellerin im Landtag - ausgehend von der Einschätzung der Antragsgegnerin - mangels ausreichender Unterstützung durch die Fraktionen ohnehin ausgeschlossen sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig, da er einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist.

Der Wert des Streitgegenstandes beträgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 4 GKG ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen (Bes.Gr. B 7 - vgl. Anlage 2 NBesG, monatliches Endgrundgehalt = 10.841,64 EUR x 12 = 130.099,68 EUR; hiervon ein Viertel = 32.524,92 EUR). Von einer Halbierung des Streitwertes sieht die Kammer im vorliegenden Eilverfahren ab (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 5 ME 92/13 - juris, Rn. 28).