Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 30.05.2006, Az.: 3 A 101/04
Alimentationsgrundsatz; Beamter; Erwerbseinkommen; Hinterbliebenenversorgung; Mindestbelassungsbetrag; Ruhegehalt; Versorgung; Versorgungsbezüge; Verwendungseinkommen; Vorteilsausgleich; Witwergeld
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 30.05.2006
- Aktenzeichen
- 3 A 101/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 53296
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 53 Abs 5 S 1 BeamtVG
- § 53 Abs 5 S 2 BeamtVG
- Art 3 Abs 1 GG
- Art 33 Abs 5 GG
- Art 6 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG in der Fassung des am 1.1.2002 in Kraft getretenen Art. 1 Nr. 35 Buchstabe c des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001 (BGBl I S. 3926) gilt für alle am 1.1.2002 noch nicht vorhandenen Versorgungsempfänger einschließlich ihrer künftigen Hinterbliebenen.
2. Der vollständige Wegfall des versorgungsrechtlichen Mindestbelassungsbetrages nach § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG ist auch dann mit höherrangigem Recht vereinbar, wenn ein versorgungsberechtigter Witwer einer im Jahre 2003 vor Erreichen der Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten und kurze Zeit später verstorbenen Beamtin Verwendungseinkommen aus einer Tätigkeit als Beamter bezieht, das er auch schon vor dem Versorgungsfall und vor dem Inkrafttreten des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG bezogen hat (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 1.9.2005 - 2 C 15.04 -, NVwZ 2006, 606).
Tatbestand:
Der am H. 1943 geborene Kläger steht als Studiendirektor im Dienst des Landes Niedersachsen und erhält Bezüge nach BesGr. A 15 BBesO (Endstufe). Am 9. Oktober 2003 verstarb seine am I. 1944 geborene Ehefrau J. B., die als Lehrerin mit der Besoldungsgruppe A 12 BBesO (Endstufe) ebenfalls im Dienst des Landes Niedersachsen gestanden hatte und mit Ablauf des 31. Juli 2003 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden war.
Mit Bescheid vom 29.10.2003 setzte der Beklagte die Witwerversorgung des Klägers nach dem Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - wegen des Todes seiner Ehefrau fest. Gleichzeitig stellte er fest, dass die Hinterbliebenenversorgung wegen eines Einkommens zu kürzen sei. Durch Bescheid vom 30.10.2003 teilte er dem Kläger mit, dass aufgrund der Ruhensregelungen des § 53 BeamtVG Ruhensberechnungen durchzuführen seien. Als Ergebnis dieser Ruhensberechnungen wurde dem Kläger die Auszahlung des Witwergeldes vollständig versagt.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10.11.2003 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 13.01.2004 machte er geltend, er habe einen Anspruch auf den Mindestbetrag nach § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG, weil die Ausnahmevorschrift des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG in seinem Falle keine Anwendung finden könne. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2003 zurück und führte zur Begründung aus: Beziehe ein Versorgungsempfänger neben seinen Versorgungsbezügen Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen, so seien die Versorgungsbezüge nach § 53 BeamtVG zu regeln, d.h. seine Versorgungsbezüge würden nur bis zum Erreichen der in § 53 Abs. 2 BeamtVG bezeichneten Höchstgrenzen gezahlt. Für Ruhestandsbeamte und Witwen bzw. Witwer gälten die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechne, als Höchstgrenze (§ 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG). Nach § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG sei dem Versorgungsberechtigten mindestens ein Betrag in Höhe von 20 v.H. seines jeweiligen Versorgungsbezuges zu belassen. Diese Vorschrift sei ab dem 01.01.2002 für den Fall eingeschränkt worden, dass der Versorgungsempfänger mindestens die dem früheren Amt entsprechenden Bezüge aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst erhalte (§ 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG). Dadurch solle eine „Doppelalimentation“ verhindert werden. Nach Auffassung des Gesetzgebers bestehe in diesen Fällen kein Bedarf mehr auf ergänzende Versorgungsleistungen. Da die Dienstbezüge des Klägers aus seiner Beschäftigung als Beamter (BesGr. A 15 Endstufe) die Höchstgrenze des § 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG (BesGr. A 12 Endstufe) überstiegen und sein Verwendungseinkommen sogar aus einer höheren Besoldungsgruppe berechnet werde als die Hinterbliebenenversorgung aus dem früheren Amt einer Lehrerin der Besoldungsgruppe A 12 BBesO, gelte hier nicht die Mindestbelassungsvorschrift des § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG. Die Tatsache, dass der Kläger das Verwendungseinkommen schon bezogen habe, bevor er Anspruch auf Versorgungsbezüge gehabt habe, sei für die Anwendung des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG ohne Belang. Aus der unter Umständen missverständlichen Gesetzesbegründung lasse sich eine andere Rechtsauslegung nicht herleiten.
Hiergegen hat der Kläger am 23.03.2004 Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend: Er habe Anspruch auf den Mindestbezug seiner Witwerversorgung gemäß § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG. Die Ausnahmevorschrift des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG finde entgegen der Ansicht des Beklagten im vorliegenden Fall keine Anwendung. Mit der Anwendungsvorschrift habe der Gesetzgeber eine Doppelalimentation eines Beamten verhindern wollen. In der Bundestagsdrucksache 14/7964 S. 40 werde ausdrücklich klargestellt, dass diese Vorschrift sich auf Beamte beziehe,
„denen Verwendungseinkommen aus einer besoldungsrechtlich gegenüber dem Amt, aus dem sich die Versorgung berechnet, mindestens gleichwertigen Tätigkeit zusteht. In diesen Fällen besteht neben den neuen Dienstbezügen kein Bedarf mehr für ergänzende Versorgungsleistungen.“
Damit habe verhindert werden sollen, dass ein Beamter, der bislang ausschließlich Ruhegehalt bezogen habe, daneben noch neu hinzutretende aktive Dienstbezüge erhalte. Dies sei im vorliegenden Fall aber nicht geschehen. Bei seinen, des Klägers, aktiven Dienstbezügen sei keine Veränderung eingetreten. Zu den bislang von ihm erzielten Bezügen seien daher keine aktiven Dienstbezüge, sondern Hinterbliebenenbezüge hinzugetreten. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei diese Formulierung „neue Dienstbezüge“ auch nicht missverständlich, sondern beinhalte die klare Regelung, dass die Ausnahmeregelung für den Mindestbezug nur dann zur Anwendung komme, wenn zu den geleisteten Versorgungsbezügen neu aktive Dienstbezüge hinzuträten. Im Übrigen verstieße die Anrechnungsvorschrift in der von dem Beklagten ausgeübten Auslegungsweise gegen das Alimentationsprinzip. Der Dienstherr habe dem Beamten und seiner Familie, auch über den Tod hinaus, amtsangemessenen Unterhalt zu gewähren. Seiner, des Klägers, Familie werde aber zur Zeit keine amtsangemessene Alimentation zuteil, weil der Alimentationsanteil, der auf seine verstorbene Ehefrau entfalle, auf Null gekürzt worden sei. Die Konsequenz dieser Auslegung sei, dass der Dienstherr ein sehr großes Interesse daran haben müsse, ausschließlich Beamte zu beschäftigen, die ebenfalls mit Beamten verheiratet seien. Denn in diesen Fällen sei die Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung bei frühzeitigem Versterben der Ehefrauen höchst unwahrscheinlich. Diese Fallkonstellation werde daher nach dem Willen des Gesetzgebers von der Ausnahmevorschrift des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG nicht erfasst. Dies gehe aus der Bundestagsdrucksache 14/7964 S. 40 eindeutig hervor. Danach stehe ihm der geltend gemachte Mindestversorgungsbezug in Höhe von 20% seiner Witwerversorgung zu.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide vom 29. und 30.10.2003 und des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2004 zu verpflichten, dem Kläger den Mindestbelassungsbetrag in Höhe von 20% des Witwergeldes nach seiner verstorbenen Ehefrau J. B. gemäß § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält seine Bescheide für rechtmäßig und tritt den Ausführungen des Klägers im Einzelnen entgegen. Ergänzend führt er aus: Der eindeutige Wortlaut der gesetzlichen Regelungen des § 53 BeamtVG lasse eine Auslegung im Sinne des Klägers nicht zu. Auch liege ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip nicht vor. Die Alimentationspflicht des Dienstherrn werde im vorliegenden Fall durch Zahlung der Dienstbezüge aus dem aktiven Dienstverhältnis heraus an den Kläger erfüllt.
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 02.05.2006 dem Berichterstatter als Einzelrichter zu Entscheidung übertragen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat für die Dauer des Bezugs eines Verwendungseinkommens mindestens in Höhe der Besoldungsgruppe A 12 BBesO keinen Anspruch auf den versorgungsrechtlichen Mindestbelassungsbetrag in Höhe von 20 % des Versorgungsbezugs gemäß § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG . Dies folgt aus Satz 2 der Vorschrift in der Fassung des Art. 1 Nr. 35 Buchst. c des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926).
Nach § 53 Abs. 1 BeamtVG erhält ein Versorgungsberechtigter, der Erwerbseinkommen im Sinne von Abs. 7 bezieht, daneben seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze. Der Anspruch auf Zahlung der Versorgungsbezüge ruht, soweit und solange die Summe aus Versorgungsbezügen und Einkommen die nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BeamtVG zu ermittelnde Höchstgrenze übersteigt. In diesem Umfang steht der Auszahlung kraft Gesetzes ein rechtliches Hindernis entgegen (BVerwG, Urteil vom 24. November 1966 - 2 C 119.64 - BVerwGE 25, 291/293). § 53 Abs. 1 und 2 BeamtVG beschränkt die Anrechnungsfreiheit von Erwerbseinkommen auf den Differenzbetrag zwischen den Versorgungsbezügen und der Höchstgrenze. Nur wenn das Erwerbseinkommen den Differenzbetrag nicht übersteigt, werden die Versorgungsbezüge in der festgesetzten Höhe ausgezahlt (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005 - 2 C 39.03 - NVwZ-RR 2005, 488). Diese Anrechnungsregelung dient dem Vorteilsausgleich. Zwar ist die Alimentation des Beamten nach Art. 33 Abs. 5 GG grundsätzlich ohne Rücksicht darauf zu gewähren, ob und inwieweit er seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen oder aus Einkünften bestreiten kann (BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256/297 ff. m.w.N.), doch gilt dies dann nicht, wenn die Erwerbseinkünfte auf einer Erwerbstätigkeit beruhen, der ein Beamter nur deshalb nachgehen kann, weil er von der Dienstleistung freigestellt ist (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005 - 2 C 39.03 - a.a.O.).
Auch der Versorgungsanspruch des Hinterbliebenen unterliegt dem Vorteilsausgleich, wenn der Beamte vor dem Erreichen der Altersgrenze verstorben ist (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 2 C 20.03 - BVerwGE 120, 154/164). Zwar ist der Hinterbliebene anders als der vorzeitig in den Ruhestand versetzte Beamte weder von einer Pflicht zur Dienstleistung befreit worden, noch ist sein Anspruch gegen den Dienstherrn des verstorbenen Beamten ein abgeleiteter und unselbständiger Anspruch (BVerwG, Urteil vom 13. September 2001 - 2 C 44.00 - Buchholz 239.1 § 50 BeamtVG Nr. 3). Für die Versorgungsbezüge der Witwen und Waisen sind aber seit jeher die gleichen Gesichtspunkte bestimmend, die bei der Versorgung des Beamten selbst zu beachten sind (BVerfGE 21, 239/347 m.w.N.). Denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, den Hinterbliebenen in seinem Versorgungsanspruch besser zu stellen, als der Beamte stünde, wenn er nicht verstorben, sondern wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden wäre (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 2 C 20.03 - a.a.O. S. 157). Dies gilt auch für den Versorgungsanspruch des Klägers.
Nach § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG ist dem Versorgungsberechtigten mindestens ein Betrag in Höhe von 20 % seines jeweiligen Versorgungsbezuges (§ 2) - hier der Hinterbliebenenversorgung in Form des Witwergeldes (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Nr. 7, § 28 i.V.m. §§ 19, 20 BeamtVG ) - zu belassen. Diese Regelung ist Bestandteil des mit § 53 Abs. 1 und 2 BeamtVG bezweckten Vorteilsausgleichs und soll sicherstellen, dass bei der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge die geleistete Dienstzeit nicht völlig entwertet wird (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 2 C 20.03 - a.a.O. S. 165). Nach Satz 2 gilt dies allerdings nicht beim Bezug von Verwendungseinkommen, das mindestens aus derselben Besoldungsgruppe oder einer vergleichbaren Vergütungsgruppe berechnet wird, aus der sich auch die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bestimmen.
Bei dem Erwerbseinkommen des Klägers handelt es sich um Verwendungseinkommen im Sinne dieser Vorschrift. Dies folgt aus § 53 Abs. 8 Satz 1 BeamtVG . Danach ist Verwendungseinkommen das Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst. Nach der Legaldefinition des § 53 Abs. 8 Satz 2 BeamtVG gehört dazu u.a. jede Beschäftigung im Dienst von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des deutschen öffentlichen Rechts oder ihrer Verbände. Daher ist davon ausgegangen, dass § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG schon seinem Wortlaut nach auf Versorgungsberechtigte anwendbar ist, die - wie hier - zugleich Verwendungseinkommen als Beamte beziehen.
Das Verwendungseinkommen des Klägers aus der Besoldungsgruppe A 15 BBesO (Endstufe) ist schließlich - weil höher - mindestens mit der Besoldungsgruppe A 12 (Endstufe) seiner verstorbenen Ehefrau im Sinne des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG vergleichbar.
Entgegen der Ansicht des Klägers gilt § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 35 Buchst. c des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926) schon seinem Wortlaut nach, dem bei Auslegung einer Vorschrift des Versorgungsrechts ein besonderes Gewicht zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2005 - 2 C 15.04 - DVBl. 2006, 313/314 = ZBR 2006, 133/134 = NVwZ 2006, 606/607), auch in seinem Fall. Da einer erweiternden, einengenden oder entsprechenden Auslegung bereits grundsätzlich enge Grenzen gezogen sind (st. Rspr., vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 1978 - 6 C 46.78 - BVerwGE 57, 183, vom 22. März 1990 - 2 C 11.89 - Buchholz 240 § 19 a BBesG Nr. 10 und vom 25. Juni 1992 - 2 C 13.91 - Buchholz 239.2 § 11 SVG Nr. 6; Beschluss vom 2. September 1994 - 2 B 51.94 -), scheidet die vom Kläger favorisierte Auslegung, wonach sich die Sperre für den Mindestbelassungsbetrag nicht auf Verwendungseinkommen bezieht, die - wie in seinem Fall - schon bezogen worden sind, bevor die Berechtigten Ansprüche auf Versorgungsbezüge hatten, wegen der Eindeutigkeit des Wortlauts aus. Aus der missverständlichen Formulierung „neue Dienstbezüge“ in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/7064, S. 40) lässt sich eine andere Gesetzesauslegung nicht herleiten. Im Gegenteil ergibt sich unmissverständlich aus den am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Übergangsregelungen aus Anlass des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 (§ 69 e Abs. 1, 2 und 5 Satz 4 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 48 und Art. 20 Abs. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 3926), dass nach Ansicht des Gesetzgebers § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG immer dann gelten soll - d.h. die Belassung einer Mindestversorgung nicht gerechtfertigt ist -, wenn ein am 1. Januar 2002 noch nicht vorhandener Versorgungsempfänger bzw. ein künftiger Hinterbliebener eines am 1. Januar 2002 noch nicht vorhandener Versorgungsempfängers ein Verwendungseinkommen aus einer dem früheren Amt besoldungsrechtlich mindestens gleichwertigen Tätigkeit bezieht.
Diese Auslegung wird von dem im Gesetzgebungsverfahren in verschiedener Weise auch verlautbarten Zweck der Regelung bestätigt. Mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (a.a.O.) wollte der Gesetzgeber den steigenden Belastungen der öffentlichen Haushalte begegnen, die sich wie in anderen Alterssicherungssystemen auch bei der Beamtenversorgung als Folge der demografischen Entwicklung, der erheblichen Verlängerung der Pensionslaufzeiten sowie der Ausweitung des Personalbestandes in den 60er und 70er Jahren ergeben haben (vgl. die Gesetzesentwürfe von Bundesregierung und Koalitionsfraktionen, BT-Drs. 735/01, BT-Drs. 14/7223, BT-Drs. 14/7064, jeweils S. 1). Im Gesetzgebungsverfahren wurden zwar verschiedene Formulierungen zur Neufassung des § 53 Abs. 5 BeamtVG vorgeschlagen. Im Wesentlichen ging es dabei aber darum, eine geeignete Formulierung zur Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln zu finden (vgl. i. E. die Begründungen der Bundesregierung, BT-Drs. 14/7223, und der Koalitionsinitiative. BT-Drs. 14/7064, S. 40, sowie die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, BT-Drs. 14/7681, S. 16/78). Vertrauensschutz sollten vom Gesetzgeber nur die vor dem 1. Januar 2002 vorhandenen Versorgungsempfänger sowie ihre künftigen Hinterbliebenen erhalten (vgl. § 69 e Abs. 1 und 5 Abs. 4 BeamtVG). Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger zweifelsfrei nicht.
§ 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 1. September 2005 - 2 C 15.04 - DVBl. 2006, 313/314 ff. = ZBR 2006, 133/134 f. = NVwZ 2006, 606/607 f.; im Ergebnis ebenso bereits VG Hannover, Urteil vom 7. Juli 2005 - 2 A 639/93 -, juris).
Der Alimentationsgrundsatz ist nicht verletzt. Zwar ist der Gesetzgeber nach Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet, bei beamtenversorgungsrechtlichen Regelungen den Kernbestand der Strukturprinzipien, welche die Institution des Berufsbeamtentums tragen und von jeher anerkannt sind, zu beachten und gemäß ihrer Bedeutung zu wahren. Ihm verbleibt jedoch ein weiter Spielraum des politischen Ermessens, innerhalb dessen er die Versorgung der Beamten regeln und den besonderen Gegebenheiten, den tatsächlichen Notwendigkeiten sowie der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen kann. Hierzu gehört auch, dass sich der Dienstherr von der ihm nach Art 33 Abs. 5 GG obliegenden Alimentationspflicht dadurch entlasten kann, dass er den Versorgungsberechtigten auf andere Einkünfte aus öffentlichen Kassen verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - a.a.O. m.w.N.). Anders als beim Zusammentreffen von sonstigem Erwerbseinkommen und Versorgungsbezügen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 2 C 20.03 - a.a.O. S. 165) ist der Dienstherr im Fall des Zusammentreffens von Verwendungseinkommen und Versorgungsbezügen nicht gehalten, dem Versorgungsempfänger einen Teil der Versorgung zu belassen. Zwar steht der Kläger als Versorgungsempfänger unter dem Schutz der in Art. 33 Abs. 5 GG grundrechtsgleich abgesicherten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Dabei muss er sich jedoch dieselben versorgungsrechtlichen Einschränkungen gefallen lassen, denen auch ein vorzeitig in den Ruhestand versetzter Beamter in den Grenzen des Art. 33 Abs. 5 GG unterliegt. Dazu gehört, dass Verwendungseinkommen grundsätzlich in stärkerem Maße der Anrechnung unterliegt als sonstiges Erwerbseinkommen. Das hat seinen Grund darin, die öffentliche Kasse, die der Gesetzgeber in § 53 Abs. 8 Satz 2 BeamtVG trotz ihrer heute gegebenen Vielfältigkeit als Ganzes betrachtet, nicht dadurch zweifach zu belasten, dass Beamten oder Hinterbliebenen neben der Versorgung auch Verwendungseinkommen gezahlt wird. Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums des Inhalts, dass beim Zusammentreffen von Verwendungseinkommen und Versorgungsbezügen neben den ungekürzten Bezügen aus der aktiven Tätigkeit stets ein Teil der Versorgungsbezüge belassen werden muss, lässt sich nicht feststellen (BVerwG, Urteil vom 10. März 1987 - 2 C 21.85 - Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 6).
Die Einfügung des Satzes 2 in die Vorschrift des § 53 Abs. 5 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 verschlechterte im Vergleich zur vorherigen Rechtslage die Rechtsposition des Versorgungsberechtigten. Dies ist aber mit dem Alimentationsgrundsatz vereinbar. Denn der Beamte - ebenso der Empfänger einer Hinterbliebenenversorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz - (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 2 C 20.03 - a.a.O. S. 164) hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass eine bestehende Versorgungsregelung unverändert erhalten bleibt. Der Gesetzgeber darf Versorgungsbezüge kürzen, wenn dies im Rahmen des von ihm zu beachtenden Alimentationsgrundsatzes aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint (BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - a.a.O. und Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 -).
Auch die weitere Voraussetzung der Anrechenbarkeit, die rechtliche und wirtschaftliche Absicherung des Versorgungsempfängers innerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses sowie eine gleichzeitige personale Bindung zum Dienstherrn (BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - a.a.O.) ist für Hinterbliebene durch das Normgefüge des § 53 BeamtVG gesichert. Denn der Versorgungsanspruch des Klägers ruht nur und bleibt damit dem Grunde nach bestehen. Er kann bei gleich bleibender Sachlage lediglich nicht durchgesetzt werden.
Die Vorschrift verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ( Art. 3 Abs. 1 GG ). Dieser ist nur verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung geregelter Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also, bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart, ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt (BVerfGE 76, 256/329; 83, 89/107 f.; 103, 310/318). Auf Grund der verhältnismäßig weiten Gestaltungsfreiheit, die Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber bei Regelungen des Besoldungs- und Versorgungsrechts belässt, bedarf es jeweils nicht der "gerechtesten", zweckmäßigsten oder vernünftigsten Regelung. Der Gesetzgeber ist insbesondere frei, darüber zu entscheiden, was im Einzelnen im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt. Der Gesetzgeber ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (BVerfGE 51, 295/300; 61, 43/62; 65, 141/148; 71, 39/52 f.). Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass alle Versorgungsberechtigten, die ein Verwendungseinkommen beziehen, unabhängig von ihrem Status als Beamter oder als Angestellter im öffentlichen Dienst gleich behandelt werden.
Zwar kommt es durch die Anwendung der so verstandenen Vorschrift des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG bei versorgungsberechtigten Hinterbliebenen mit Verwendungseinkommen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Stand ein vor der gesetzlichen Altersgrenze Verstorbener im Beamtenverhältnis, entfällt die 20%ige Mindestbelassung, gleich ob die Hinterbliebenen ihr Verwendungseinkommen als Angestellte oder Beamte beziehen. War der Verstorbene Angestellter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, so kommen zu Gunsten auch eines Hinterbliebenen mit Verwendungseinkommen aus einem Beamtenverhältnis die - weniger einschneidenden - Bestimmungen des Rentenversicherungsrechts zur Anwendung. Dieses bei Ehen zwischen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes unterschiedliche Ergebnis, das an die frühere Rechtsstellung des Erstversterbenden knüpft, ob er Beamter oder Angestellter war, ist jedoch gerechtfertigt. Denn die Versorgungsregelung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen gehört einem Sachbereich an, der sich seit jeher und noch heute von den Versorgungsregelungen für Angestellte und ihre Hinterbliebenen strukturell in so erheblicher Weise unterscheidet, dass beide Versorgungssysteme im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vergleichbar sind (BVerfGE 39, 169/185 m.w.N.). Dem Gesetzgeber ist es aus dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG ebenso unbenommen, diese Systemunterschiede bestehen zu lassen, wie er nicht gehalten ist, Bezieher von Verwendungseinkommen im Beamtenstatus und im Angestelltenverhältnis versorgungsrechtlich dadurch unterschiedlich zu behandeln, dass Angestellten im öffentlichen Dienst die 20%ige Mindestbelassung verbleibt. Denn Zweck des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG ist die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte durch Vermeidung einer zweifachen Belastung der öffentlichen Kassen durch gleichzeitige Zahlung von Verwendungseinkommen und Versorgung. Zwischen einem versorgungsberechtigten Beamten und einem versorgungsberechtigten Angestellten im öffentlichen Dienst, die beide Verwendungseinkommen beziehen, bestehen im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck keine relevanten Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass eine ungleiche Behandlung geboten wäre (BVerfGE 55, 72/88>; 74,9/24; 74, 129/149; 82, 60/86; 84, 133/157; 87, 1/36; 98, 1/12). Wie schon im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. März 1987 - 2 C 21.85 - (a.a.O.) dargelegt, kann aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1977 - 2 BvR 407/76 - BVerfGE 46, 97 insoweit nichts Gegenteiliges hergeleitet werden.
Art. 6 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Diese Verfassungsbestimmung stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. In negativem Sinn ist es dem Staat untersagt, Ehe und Familie zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen; in positivem Sinn umschreibt die Norm die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie soweit erforderlich durch geeignete Maßnahmen zu fördern (vgl. BVerfGE 6, 55/76). Daraus folgt nicht, dass der Staat jegliche finanzielle Belastung der Familie auszugleichen hat (BVerfGE 28, 104/113; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1982 - 2 C 46.81 - BVerwGE 64, 333/342). Vielmehr besitzt der Gesetzgeber bei Regelungen, die die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten konkretisieren, auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 83, 89/100).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.