Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 31.05.2006, Az.: 2 A 326/04
Adressat einer Duldungsverfügung; Ausgangsverfügung; bauliche Anlage; baurechtswidriger Zustand; Beseitigungsanordnung; dingliche Belastung; Duldung; Duldung der Beseitigung; Duldungsverfügung; Eigentum; eigentumsähnliche Stellung; Eigentümer; Eigentümer als Adressat; eingetragener Eigentümer; Grundstückseigentümer; Klage gegen Duldungsverfügung; Pachtvertrag; persönliche Dienstbarkeit; rechtmäßige Ausgangsverfügung; Unbegründetheit; Verhältnismäßigkeit; Wiederherstellung baurechtmäßigen Zustandes
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 31.05.2006
- Aktenzeichen
- 2 A 326/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 53195
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 31.05.2006 - AZ: 2 A 324/04
- VG - 31.05.2006 - AZ: 2 A 413/04
- VG - 31.05.2006 - AZ: 2 A 414/04
- nachfolgend
- VG - 31.05.2006 - AZ: 2 A 324/04
- VG - 31.05.2006 - AZ: 2 A 413/04
Rechtsgrundlagen
- § 89 Abs 1 BauO ND
Tatbestand:
Die Klägerin ist ausweislich des Grundbuchs von K., Band L. Blatt M. seit Eintragung am 17. Mai 1995 Eigentümerin des Grundstücks N. O. in D.. E. -K. (Flurstück P., Flur Q., Gemarkung K.). Ihr wurde das Grundstück von ihrer Schwiegermutter, Frau R. B., geschenkt.
Frau S. T. ist aufgrund notariellen Vertrages vom 6. Juni 1996 Pächterin des Grundstücks. Zu ihren Gunsten sind in Abteilung II des Grundbuchs eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Recht zur Errichtung und Unterhaltung eines Gartenhauses nebst Wegerecht) und ein befristetes Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle eingetragen. Ein am 23. Mai 1996 ebenfalls notariell geschlossener Kaufvertrag über das Grundstück zwischen der Klägerin und Frau T. ist durch den Vertrag vom 6. Juni 1996 aufgehoben und deshalb im Grundbuch nicht umgesetzt worden. Der Ehemann von Frau T. nutzt das Grundstück gemeinsam mit seiner Ehefrau rein tatsächlich.
Anlässlich einer Ortsbesichtigung vom 14. Juni 2001 stellte die Beklagte fest, dass auf dem o.a. Grundstück zusätzlich eine Vogelvoliere und eine offene Überdachung errichtet worden waren. Diese war vom Ehemann der Pächterin, Herrn U. T., nach dessen Vorbringen im Verfahren 2 A 324/04 Anfang 2003 zunächst abgebaut, im Laufe des Frühjahrs 2003 aber erneut an selber Stelle wiedererrichtet worden. Der Rauminhalt der Voliere ist geringer als 20 m 3 .
Mit an die Eheleute T. gerichtetem Bescheid (Az.: B 5 -00285-01-ra) vom 28. November 2003 forderte die Beklagte diese auf, die auf dem o.a. Grundstück errichtete Vogelvoliere und die offene Überdachung zu beseitigen, und drohte für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb einer Woche nach Unanfechtbarkeit der Verfügung ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 1.000,00 Euro an. Zur Begründung gab die Beklagte an, die Bauten seien bauplanungsrechtlich unzulässig und deshalb von den Eheleuten T. zu beseitigen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung Braunschweig mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2004 zurück. Diese Bescheide sind Gegenstand des vor der erkennenden Kammer anhängigen Verfahrens zu Aktenzeichen 2 A 324/04, über das mit Urteil von heute ebenfalls entschieden wurde.
Ebenfalls mit Bescheid vom 28. November 2003 gab die Beklagte der Klägerin auf, den gegenüber den Eheleuten T. verfügten Abriss der Vogelvoliere und der offenen Überdachung zu dulden, und drohte für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb einer Woche nach Unanfechtbarkeit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 750,00 Euro an. Die Duldungsverfügung sei erforderlich, um die Eheleute T. gegenüber ihr als Eigentümerin des Grundstücks in die Lage zu setzen, die geforderten Handlungen vorzunehmen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Braunschweig mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2004, zugestellt am 26. August 2004, zurück.
Am 27. September 2004 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor, sie sei nicht passiv legitimiert. Eigentümerin sei Frau S. T.. Der Pachtvertrag vom 6. Juli 1996 sei wie ein Erbpachtvertrag zu verstehen. Im Übrigen habe sie alle Gebäude auf dem Grundstück durch notariellen Vertrag vom 6. Juni 1996 an Frau T. verkauft. In der Sache sei die Beseitigungsverfügung, wie im Verfahren 2 A 324/04 dargelegt, rechtswidrig.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2003 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 20. August 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert, die Klägerin sei laut Grundbuch Eigentümerin des Grundstücks, weshalb sie zu Recht Adressatin der Duldungsverfügung sei. Die an die Eheleute T. gerichtete Beseitigungsverfügung sei rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der damaligen Bezirksregierung Braunschweig in diesem wie auch in den Verfahren 2 A 324, 413 und 414/04 Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer lässt offen, ob die Klage zulässig ist. Zweifel sind angebracht, weil die Klägerin geltend macht, ihr stünden gar keine Rechte mehr am streitbefangenen Grundstück zu. Dies lässt eine irgendwie geartete Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin durch die angefochtene Duldungsverfügung als fern liegend erscheinen.
Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
Die an die Klägerin gerichtete Duldungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage wie die an die Eheleute T. ergangene Beseitigungsanordnung in § 89 Abs. 1 NBauO. Sie dient im Ergebnis der Wiederherstellung baurechtmäßiger Zustände und verhindert, dass die Klägerin der Durchführung der geforderten Maßnahmen Eigentumsrechte entgegenhalten kann.
Die Klägerin ist richtige Adressatin des Duldungsbescheides vom 28. November 2003. Sie ist als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Aus diesem Eigentumsrecht können der Klägerin rechtliche Möglichkeiten erwachsen, die von den Eheleuten T. geforderten Beseitigungshandlungen oder deren Vollstreckung zu verhindern. Die entgegenstehenden Ausführungen der Klägerin liegen neben der Sache. Frau S. T. ist zur Nutzung des streitbefangenen Grundstücks allein aufgrund des zwischen ihr und der Klägerin abgeschlossenen Pachtvertrages vom 6. Juli 1996 berechtigt. Dieser Pachtvertrag ist, da entsprechendes im Grundbuch nicht eingetragen ist, kein Erbbauvertrag (vgl. §§ 10 Abs. 1 und 14 ErbbauVO) und begründet mithin keine eigentumsähnliche Stellung am Grundstück. Auch die zugunsten der Klägerin T. im Grundbuch eingetragene persönliche Dienstbarkeit ändert nichts an der Eigentümerstellung der Klägerin. Es handelt sich lediglich um eine dingliche Belastung des Grundstücks.
Schließlich ist die mit Bescheid vom 28. November 2003 an die Eheleute T. gerichtete Ausgangsverfügung, wie mit Urteil von heute zu Aktenzeichen 2 A 324/04 dargelegt, rechtmäßig. Deshalb kann auch die Duldungsverfügung an die Klägerin rechtmäßig ergehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Durchführung der Maßnahmen durch die Kläger T. einverstanden ist, so dass der Erlass der Duldungsverfügung möglicherweise unverhältnismäßig gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Dagegen spricht schon, dass die Klägerin gegen die Duldungsverfügung Widerspruch und Klage erhoben hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.