Landgericht Oldenburg
Urt. v. 04.02.2010, Az.: 1 O 2063/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 04.02.2010
- Aktenzeichen
- 1 O 2063/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 40539
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2010:0204.1O2063.09.0A
Fundstelle
- VuR 2010, 2 (Pressemitteilung)
In dem Rechtsstreit
...
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 07.01.2010 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Petirsch-Boekhoff,
den Richter am Landgericht Schettler und
den Richter Bußmann
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1
Die Klage wird abgewiesen.
- 2
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- 4
Der Streitwert beträgt 15 562,80 €.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen einer Falschberatung anlässlich eines Zertifikatkaufs in Anspruch.
Der Kläger ist bereits seit mehreren Jahren Kunde bei der Beklagten, Er unterhält dort seit 1996 auch ein Wertpapierdepot. Im Hinblick auf Geldanlagen wurde er durch die Zeugin ... betreut. Seit 2007 ist er Rentner. Zwischen den Jahren 2003 und 2007 erhielt der Kläger aus verschiedenen Lebensversicherungen einen Betrag von insgesamt ca. 100 000 €. Dieses Geld hat er im Wesentlichen über die Beklagte bzw. nach Beratung durch die Zeugin ... angelegt.
In der Vergangenheit wurden bei der Beklagten im Hinblick auf den Kläger zwei Erfassungsbögen nach § 31 Abs. 2 bzw. Abs. 4 und 5 Wertpapierhandelsgesetz erstellt. Diese datieren vom 6.1.2003 und vom 16.11.2007. Das Vermögen des Klägers ist hier jeweils mit 97 000 €, das frei verfügbare Einkommen mit 200 € angegeben. Im Hinblick auf die Anlagementalität ist der Kläger als "risikobewusst" eingestuft worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen B1 und B2 (Bl. 43 ff d.A.) Bezug genommen.
Bereits in der Vergangenheit erwarb der Kläger schon Zertifikate, die er auch mit Gewinn wieder veräußern konnte.
Am 3.1.2007 erwarb er dann über die Beklagte Zertifikate der Hypo Vereinsbank zu einem Gesamtpreis von rund 10 000 €. Am 25.5.2007 erwarb er dann 150 Zertifikate der Hypo Vereinsbank zum Ausgabepreis von rund 100 €. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Expresszertifikat mit der Kennnummer HV2CF3. Insgesamt legte der Kläger bei diesem Kauf im Mai 2007 einen Betrag von rund 15 000 € an. Die erworbenen Zertifikate verloren in der Folgezeit deutlich an Wert.
Die erworbenen Zertifikate mit der Kennummer HV2CF3 beruhen auf insgesamt 10 Aktien, deren Wert zum Auflagedatum am 25.5.2007 festgestellt wurde. Ob und in welcher Höhe eine Rendite im Hinblick auf dieses Zertifikat ausgezahlt wird, hängt von dem Stand der 10 Aktien zu bestimmten vorher festgelegten Stichtagen ab. An diesen Stichtagen wird der Stand der Aktien geprüft. Schließen alle Aktien auf oder über 65 % des Ausgangsniveaus, so wird der angelegte Betrag mit entsprechender Rendite zurückgezahlt. Erreicht eine der Aktien dieses Ausgangsniveau nicht, so erfolgt keine Auszahlung. In diesem Fall erfolgt am nächsten Stichtag dieselbe Prüfung. Insgesamt sind für das Zertifikat jeweils zum 30.6. der Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 Stichtage festgelegt. Wird am letzten Stichtag, also am 30.6.2011, das Ausgangsniveau von 65 % nicht erreicht, so gibt es zwei Möglichkeiten: Schließt die schlechteste Aktie unter 65 % aber auf oder über 50 % des Ausgangsniveaus, so erfolgt eine Rückzahlung von 100 € pro Anteil. Hierbei handelt es sich um einen sogenannten "Sicherheitspuffer". Liegt die schlechteste Aktie aber unterhalb von 50 % des Ausgangsniveaus, so erfolgt eine Rückzahlung 1:1 entsprechend der Aktie mit der schlechtesten Kursentwickelung. Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird auf den Anlageprospekt auf Bl. 77 d.A. Bezug genommen.
Im Jahr 2008 erwarb der Kläger dann am 22.4.2008 nach einem Verkaufsgespräch mit der Zeugin ... - die Einzelheiten hierzu sind streitig - weitere 310 Zertifikate des Typs HVCF3 zu einem Stückpreis von damals noch 47,74 €. Der deutliche Kursverlust der Zertifikate hatte bzw. hat seine Ursache im Kursverlust der Aktie der Hypo Real Estate, die bereits im April 2008 über 60 % gegenüber ihrem Ausgangsniveau verloren hatte. Die Aktie der Hypo Real Estate gehört zu den 10 Aktien, die dem Zertifikat zugrunde liegen.
Nach der Zeichnung der Zertifikate am 22.4.2008 zu einem Preis von insgesamt 14 964,23 € (inkl. Transaktionsentgelt) brach der Kurs der Aktie der Hypo Real Estate weiter auf ein Niveau von 1 bis 2 € ein. Der Kurs des Zertifikates ist ebenfalls eingebrochen und bewegt sich aktuell auf demselben Niveau.
Der Kläger hat aufgrund der deutlichen Kursverluste der Zertifikate mit anwaltlichen Schreiben vom 13.1.2009 und vom 30.3.2009 Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten wegen Fehlberatung geltend gemacht. Diese hat ihre Einstandspflicht abgelehnt.
Der Kläger behauptet, er sei über die Funktionsweise und die Risiken des Zertifikates nicht hinreichend aufgeklärt worden. Man habe ihn in dem Glauben gelassen, unmittelbar in Aktienwerte zu investieren. Die Funktionsweise der Zertifikate sei ihm nicht ausreichend erläutert worden; dies gelte insbesondere vordem Hintergrund, dass die Zertifikate zum Zeitpunkt der Zeichnung am 22.4.2008 schon deutlich im Kurs eingebrochen waren. Das Risiko eines Totalverlustes sei ihm von Frau ... nicht deutlich gemacht worden. Über das Risiko einer Insolvenz einer Hypo Vereinsbank, also der ausgebenden Bank, sei er ebenfalls nicht aufgeklärt worden. Ebenso seien ihm Provisionszahlungen nicht mitgeteilt worden.
Auch habe die Investition in die Expresszertifikate seinen Anlagezielen widersprochen. Er habe die Beträge aus der Lebensversicherung sicher im Hinblick auf seine Altersvorsorge anlegen wollen. Dies sei auch notwendig gewesen, da er neben den Beträgen aus der Lebensversicherung nur über eine geringe Rente von monatlich ca. 400 € verfüge. Wie die einzelnen Angaben in den Wertpapiererfassungsbögen zustande gekommen sind, könne er sich nicht erklären. Sein Haus habe insbesondere keinen Wert von 280 000 €. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse seien bei der Beklagten auch bekannt gewesen. Er habe sich voll auf die Beratung durch die Zeugin ... verlassen, da er selbst nicht über ausreichende Fachkenntnisse verfüge.
Gegenstand der Klage sind die am 22.4.2008 gezeichneten Zertifikate. Zusätzlich macht der Kläger den Betrag geltend, den er bei einer konservativen Anlage mit einer Rendite von 4 % über ein Jahr erwirtschaftet hätte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15 562,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.1.2009 Zug um Zug gegen die Übertragung von 310 St. des Wertpapiers Express ZT 07.07.11 BSKT der Bayrischen Hypo- und Vereinsbank AG, sowie die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.1.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger sei vollumfänglich über die Funktionsweise und Risiken des Expresszertifikates aufgeklärt worden. Die Einzelheiten seien ihm anhand des Produktprospektes erläutert worden. Insbesondere sei er auch darauf hingewiesen worden, worauf der Kursverlust des Zertifikates zurückzuführen sei. Bei dem Kläger handele sich es um einen risikobewussten Anleger, die Anlage habe daher auch seinem - sich auch aus dem Erfassungsbogen nach dem Wertpapierhandelsgesetz ergebenden - Anlegerprofil entsprochen.
Darüber hinaus habe der Kläger als erfahrener Anleger konservative Geldanlagen mit entsprechend geringer Rendite jeweils abgelehnt, konservative Anlagen habe er nach und nach veräußert. Er habe vielmehr Anlagen mit einer Rendite von 8 % bis 10 %, teilweise sogar 12 % verlangt. Er sei dabei auch darauf hingewiesen worden, dass höhere Renditen immer auch mit einem höheren Risiko verbunden seien. Das Risiko sei dem Kläger in diesem Zusammenhang aber egal gewesen. Im Hinblick auf das am 22.4.2008 erworbene Zertifikat habe er zunächst sogar einen Betrag von 30 000 € anlegen wollen, hiervon habe ihm Frau ... aufgrund des Risikos aber abgeraten. Die Behauptung des Klägers, dass die Lebensversicherungen zur Altersvorsorge bestimmt gewesen seien, wird mit Nichtwissen bestritten. Auch zur wirtschaftlichen Situation des Klägers im Übrigen erklärt die Beklagte Nichtwissen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 II ZPO auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin .... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7.1.2010.
Entscheidungsgrunde
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 15 562,80 € Zug um Zug gegen Übertragung der am 22.4.2008 gezeichneten Anteile des Wertpapiers Express ZT 07.07.11 BSKT der Hypo- und Vereinsbank AG aus § 280 I BGB zu.
Im Ergebnis konnte nicht festgestellt werden, dass die Beklagte bzw. deren Mitarbeiterin, die Zeugin ..., eine Pflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Beratungsvertrag verletzt haben.
Grundsätzlich ist die beratende Bank zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung des Kunden verpflichtet. Sie hat den individuellen Wissensstand des Kunden und seine Risikobereitschaft zu berücksichtigen. Das von ihr danach empfohlene Anlageprodukt muss diesen Umständen Rechnung tragen (grundlegend BGHZ 123, 126-131). Die Beweislast für die Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflichten trägt derjenige, der diese Pflichtverletzungen behauptet. Die mit dem Nachweis verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten und aufgeklärt sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutreffend ist (vgl. BGH, Urteil vom 24.1.2006, Az. XI ZR 320/04).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte sich die Kammer nach der persönlichen Anhörung des Klägers und der Vernehmung der Zeugin ... nicht davon überzeugen, dass der Kläger im Zusammenhang mit der Zeichnung des Expresszertifikats der Hypo- und Vereinsbank falsch beraten worden ist; der Kläger konnte eine Falschberatung im Ergebnis nicht beweisen. Eine Behauptung ist nämlich erst dann beweisen, wenn dass Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist. Hieran dürfen zwar keine unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Es muss aber ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit erreicht werden, dass er aufkommenden Zweifeln "Schweigen gebietet".
Soweit der Kläger behauptet, er sei anlässlich des Beratungsgespräches nicht hinreichend über die Funktionsweise des Expresszertifikates aufgeklärt worden, insbesondere habe Frau ... ihn in dem Glauben gelassen, dass er unmittelbar in Aktien investiert hätte, ist die Beklagte dem substantiiert entgegen getreten. Sie hat im Einzelnen vorgetragen, dass die Zeugin ... den Kläger anhand des Produktprospektes über die Funktionsweise des Expresszertifikates aufgeklärt hat. Davon, dass diese Darstellung unzutreffend ist, konnte der Kläger das Gericht nicht überzeugen. Zweifel an seinen Angaben resultieren aus der insgesamt glaubhaften Aussage der Zeugin .... Diese hat insoweit bekundet, dass dem Kläger die Funktionsweise der Zertifikate anhand der Produktbroschüre erklärt worden sei. Dies steht im Einklang mit den orangefarbigen Markierungen aus dem Produktbroschüre (Bl. 78 d.A.) in der Grafik über die Funktionsweise des Zertifikates, die von der Zeugin stammen. Hieraus ergibt sich anschaulich, dass insbesondre diese Grafik besprochen wurde. Anhand dieser Grafik wird die Funktionsweise des Zertifikates auch verständlich beschrieben. Insbesondere wird hier erklärt, dass zu den im Einzelnen aufgeführten Stichtagen geprüft wird, ob alle der 10 Aktien sich auf mindestens 65 % ihres Ausgangsniveaus befinden. Auch wird deutlich, dass nur dann eine Rückzahlung der jeweils in der rechten Spalte ersichtlichen Summe erfolgt, wenn alle Werte sich noch auf mindestens 65 % des Ausgangsniveaus befinden. Auch wird die Funktionsweise des Zertifikates zum letzten Stichtag anschaulich erläutert. Hat die schwächste Aktie dann mehr als 35 % aber weniger als 50 % verloren, so greift der Sicherheitspuffer, nachdem dann noch eine Rückzahlung von 100 € pro Anteil erfolgen kann. Auch wird deutlich mitgeteilt, dass für den Fall, dass der 50 %- Sicherheitspuffer nicht erreicht wird, eine Auszahlung nach dem Aktienkurs des schwächsten Wertes erfolgt. Die Funktionsweise wird daher hinreichend verdeutlicht. Darüber hinaus hat die Zeugin ... auch bekundet, dass das Beratungsgespräch am 10.4.2008 stattgefunden hat, der Kläger sich aber nicht sogleich, sondern erst am folgenden Montag, dem 14.4.2008, zu Kauf entschieden habe. Hiernach hatte der Kläger genug Zeit, sich zu Hause noch einmal in Ruhe mit dem Anlageprospekt zu befassen. Die Angaben der Zeugin ... sind auch insgesamt glaubhaft. Sie konnte die Kundenbeziehung zum Kläger insgesamt anschaulich beschreiben. Auch den Verlauf der verschiedenen Beratungsgespräche hat sie für die Kammer im Rahmen ihrer sehr intensiven Befragung nachvollziehbar dargelegt. Sie dürfte zwar als Mitarbeiterin der Beklagten - zumindest mittelbar - ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben, die Kammer hat aber nicht den Eindruck, dass sie sich bei ihrer Aussage von einem solchen Interesse hat leiten lassen. Insgesamt machte die Zeugin einen ehrlichen Eindruck. Im Ergebnis bestehen demnach nicht unerhebliche Zweifel daran, dass die Zeugin ... den Kläger über die Funktionsweise des Express Zertifikates nicht hinreichen aufgeklärt hat.
Hinzu kommt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Zertifikat nicht um das erste Zertifikat gehandelt hat, das der Kläger gezeichnet hat. Er hatte also - auch wenn er sicherlich kein Profi im Hinblick auf Anlagegeschäfte ist - durchaus schon Erfahrungen mit dem Kauf von Zertifikaten. Insbesondere hatten die schon zuvor erworbenen Zertifikate der HVB bei dem hier streitgegenständlichen Verkauf schon deutlich verloren. Das mit dem Kauf von Zertifikaten einhergehende Risiko war für den Kläger daher auch ganz praktisch erkennbar und nicht nur eine theoretische Möglichkeit.
Auch vor dem Hintergrund, dass zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Kaufes das Zertifikat gegenüber dem Ausgabekurs deutlich verloren hatte, ist ein Beratungsfehler nicht mit hinreichender Gewissheit erkennbar. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Zeugin ... den Kläger nicht auf die Gefahren des Zertifikatkaufs zum damaligen Zeitpunkt hingewiesen sondern nur erklärt hat, dass gerade zu dem Zeitpunkt die Zeit für einen Zukauf günstig gewesen sei. Auch insoweit hat die Zeugin ... nachvollziehbar erläutert, dass sie dem Kläger erklärt habe, dass der Verlust des Zertifikates vornehmlich auf dem Umstand beruhte, dass der Kurs der Aktie der Hypo Real Estate gegenüber dem Ausgangsniveau um über 60 % verloren hatte. Diesen Umstand hat die Zeugin ... durch ihre farbige Markierung in der Aufstellung der einzelnen Aktienkurse auch deutlich herausgestellt (Bl. 81 d.A.). Die Zeugin hat hierzu weiter geschildert, dass sie dem Kläger erklärt habe, dass nur für den Fall eine Gewinnerwartung bestand, dass die Aktie der Hypo Real Estate sich erholen und wieder die 50 %-Schwelle erreichen würde. Im Hinblick auf die weiteren Aktien hat die Zeugin ... den Kläger dann auch darauf hingewiesen, dass dabei keine dieser Aktien auf einen Kurs von weniger als 50 % des Ausgangsniveaus fallen durfte. Im Einzelnen sei die Investition von der gemeinsamen Erwartung getragen gewesen, dass die Aktie der Hypo Real Estate sich erholen und den 50 % Puffer erreichen würde. Hierbei habe sie den Kläger dann darauf hingewiesen, dass dieses wohl maßgeblich von einer nicht sicher prognostizierbaren Erholung der Aktie der Hypo Real Estate abhängen würde. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die Risiken nicht klar gewesen sind. Dass sich die Aktie der Hypo Real Estate letztlich aufgrund der Wirtschafts- bzw. Bankenkrise nicht erholt hat, war auch für die Zeugin ... damals nicht erkennbar.
Soweit der Kläger anführt, dass er auf das Insolvenzrisiko der Hypo Vereinsbank nicht hingewiesen worden sei, greift dieser Einwand nicht durch. Das Risiko einer Insolvenz der Herausgeberin der Zertifikate, der Hypo und Vereinsbank, hat sich vorliegend nicht realisiert. Es liegen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass ein solches Risiko besteht. Ebenso lagen im April 2008 keine Anhaltspunkte für ein diesbezügliches Risiko vor. Ein Hinweis auf die aus damaliger wie heutiger Sicht absolut theoretische Möglichkeit einer Insolvenz der Hypo Vereinsbank, war jedenfalls im vorliegenden Fall nicht angezeigt.
Auch vor dem Hintergrund der vom Kläger genannten Anlageziele kann von einem Beratungsfehler nicht ausgegangen werden. Soweit der Kläger behauptet hat, ihm sei es vornehmlich um sichere bzw. konservative Anlagen zur Altersvorsorge gegangen, konnte sich die Kammer auch hiervon nicht überzeugen. Auch hieran bestehen vor dem Hintergrund der auch insoweit glaubhaften Angaben der Zeugin ... nicht unerhebliche Zweifel. Die Zeugin hat insoweit anschaulich beschrieben, dass sie dem Kläger zunächst konservative Anlagevorschläge mit entsprechend geringer Rendite angeboten habe; diese seien vom Kläger aber abgelehnt worden. Der Kläger habe vielmehr geäußert, dass er eine Renditeerwartung von 8 bis 10 bzw. 12 % habe. Die Zeugin hat hierzu lebensnah erläutert, dass der Kläger sichere Anlagemodelle über Jahre hinwegzuletzt im April 2008, kurz vor der hier streitgegenständlichen Anlage - abgelehnt und erworbene sichere Anlagen nach und nach veräußert habe. Die Zeugin hat auch überzeugend bekundet, dass sie den Kläger stets darauf hingewiesen habe, dass eine hohe Rendite auch entsprechende Risiken mit sich bringen würde. Der Kläger sei hierbei dann aber immer konsequent bei seinen Anlagezielen und Renditevorstellungen geblieben. Bei dieser Ausgangslage - nach der der Kläger augenscheinlich durchaus risikobereit war - ist nicht erkennbar, dass die Zeugin ... den Kläger im Hinblick auf den Kauf des Express Zertifikates falsch beraten hat. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das Zertifikat nicht seinem Risikoprofil entsprach. Hierbei ist auch darauf hinzuweisen, dass der Kläger das Zertifikat zu einem niedrigen Stückpreis von 47,74 € erworben hat. Die Differenz zum damaligen Kurs der Hypo Real Estate von 19,27 € - der für den Auszahlungsbetrag, für den Fall des Nichterreichens des Sicherheitspuffers, maßgeblich war und ist - war zum damaligen Zeitpunkt noch überschaubar. Dass die Aktie der Hypo Real Estate in der Folgezeit insgesamt dramatisch auf einen Kurswert von 1 bis 2 € eingebrochen ist, war - wie bereits ausgeführt - zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls in dieser Form nicht erkennbar.
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen kann auch nicht angenommen werden, dass die Zeugin ... den Kläger im Hinblick auf die Streuung seines Kapitals falsch beraten hat. Die Zeugin ... hat auch insoweit anschaulich ausgeführt, dass sie dem Kläger einen ausgewogenen Anlagevorschlag unterbreitet hat, der sich aus unterschiedlichen Anlageprodukten mit unterschiedlichen Risiken und Renditen zusammengesetzt hat; auch habe sie dem Kläger vorgeschlagen, den Betrag in eine sichere Sofortrente zu investieren. All diese konservativen Optionen habe der Kläger konsequent abgelehnt, konservative Anlagen habe er auch nach und nach veräußert. Vor dem Hintergrund dieser glaubhaften Angaben kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zeugin ... hier nicht hinreichend auf eine Risikostreuung hingewirkt hat. Im Hinblick auf den Kauf des hier streitgegenständlichen Zertifikats hat sie insbesondere geschildert, dass es der Kläger war, der zunächst sogar einen Betrag von 30 000 € in Expresszertifikaten anlegen wollte.
Auch hat die Beklagte den Kläger vollständig über die gezahlten Transaktionskosten aufgeklärt. Die Entgelte sind in der Wertpapierabrechnung im Einzelnen ausgewiesen. Dass hier noch weitere verdeckte Provisionen gezahlt wurden, ist - zumal es sich um einen Kauf unmittelbar über die Börse handelt- nicht erkennbar. Die ausgewiesenen Kosten decken sich auch mit der Angabe der Zeugin ..., die diese mit 1 % angibt. Sie hat auch nachvollziehbar dargelegt, dass lediglich bei einem Kauf im Rahmen von Neuzeichnungen eine Sonderprovision von ca. 2,5 % angefallen wäre. Um solch einen Neuzeichnung geht es hier aber gerade nicht.
Insgesamt konnte sich die Kammer von einer Pflichtverletzung der Beklagten bzw. der Zeugin ... aus dem zwischen den Parteien bestehenden Beratungsvertrag nicht überzeugen. Es war daher nach der den Kläger treffenden Beweislast zu entscheiden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.