Landgericht Oldenburg
Urt. v. 31.03.2010, Az.: 5 O 1299/09

Abrechnung des Provisionskontos nach Beendigung eines Versicherungsagenturvertrages; Provisionsverzicht des Handelsvertreters bei Riester-Provisionen als unangemessene Benachteiligung; Vereinbarung einer Provisionsverzichtsklausel bei reinen Abschlussprovisionen; Unterschied zwischen Durchführung des Vertrages und Annahme des Versicherungsantrags durch den Vermittler bei Riester-Verträgen

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
31.03.2010
Aktenzeichen
5 O 1299/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 20640
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2010:0331.5O1299.09.0A

Verfahrensgegenstand

Handelsvertreterprovision

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Bei der Abrechnung des Provisionskontos eines ausgeschiedenen Handelsvertreters einer Versicherungsgesellschaft ist von einem von dieser vorgelegten Kontokorrentauszug auszugehen, wenn dessen Ausgangsdaten vom Handelsvertreter nicht bestritten werden.

  2. 2.

    Vermeintliche Gutschriften sind im Ergebnis unbeachtlich, stellen insbesondere keinen Forderungsverzicht dar, wenn es sich lediglich um Umbuchungsanzeigen handelt, die wegen der Umbuchung auf das Forderungskonto erforderlich sind.

  3. 3.

    Haben die Parteien in einem Agenturvertrag vereinbart, dass mit der Beendigung des Agenturvertrages weitere Provisionsansprüche erlöschen, sind die Auswirkungen auf die einzelnen Forderungspositionen allerdings differenziert zu betrachten.

  4. 4.

    Wegen stornierter Verträge steht einer Versicherungsgesellschaft gegen ihren Handelsvertreter ein Rückforderungsanspruch hinsichtlich gezahlter Provisionen zu, wenn sie für jeden Vertrag konkret dessen Verlauf dargelegt und begründet hat, warum die Provision letztendlich nicht verdient worden ist, und wenn der Handelsvertreter sich dazu nicht äußert.

  5. 5.

    Etwas anderes gilt jedoch für Provisionen für AVmG-Produkte (Riester-Verträge). Insoweit kann sich eine Versicherungsgesellschaft nicht auf eine Klausel in Provisionsbedingungen berufen, wonach der Handelsvertreter auf Provisionen verzichtet. Denn bei einer solchen Klausel handelt es sich um eine unangemessene Benachteiligung eines Handelsvertreters, so dass die Klausel insoweit gemäß § 307 I BGB unwirksam ist. Eine Provisionsverzichtsklausel stellt stets eine rechtfertigungsbedürftige Klausel dar, weil sie den Handelsvertreter massiv benachteiligt, da er auf weitere Ansprüche schlicht verzichtet. Wegen der Schwierigkeiten der Berechnung besteht im Normalfall ein legitimes Interesse, die beiderseitige Auseinandersetzung auf eine klare berechenbare Grundlage zu stellen und als Instrument hierfür einen Provisionsverzicht des Vertreters zu vereinbaren, der im Gegenzug von der Ausgleichszahlung gemäß § 89b HGB profitiert. Diese Interessenlage stellt sich aber gänzlich anders dar bei reinen Abschlussprovisionen, deren Auszahlung kein weiteres Hindernis entgegensteht als die gesetzlich verbotene Zillmerung bei Riester-Verträgen, in deren Folge die Versicherungsgesellschaften die Auszahlung der Vertreterprovisonen auf bis zu zehn Jahre strecken.

  6. 6.

    Überzahlte Pensenprovisionen im Bereich von Lebensversicherungen können zurückgefordert werden. Hier handelt es sich um Zahlungen, die darauf gerichtet sind, eine erhöhte Motivation für weitere, bestandserhöhende Geschäftsabschlüsse zu vermitteln. Dieser Zweck kann nach Beendigung eines Agenturvertrages nicht mehr erreicht werden, so dass der Entzug dieser Provisionsansprüche noch als angemessener Interessenausgleich zu sehen ist. Insbesondere kann es ein angemessenes Mittel sein, einen Handelsvertreter durch die Inaussichtstellung dieser Provisionen von einer Eigenkündigung abzuhalten, so dass sich die Regelung auch bruchlos in die Systematik des § 89b HGB einfügt.

In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg im schriftlichen Verfahren
auf die Schriftsatzfrist bis zum 22.03.2010
durch
den Richter am Landgericht Klattenhoff als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.612,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2008 zu zahlen. Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Abrechnung des Provisionskontos nach Beendigung eines Versicherungsagenturvertrages.

2

Der Beklagte war von 1994 bis 2007 als Handelsvertreter für die klagende Versicherungsgesellschaft tätig. Auf die als Anlage K7 überreichten Provisionsvereinbarungen wird verwiesen. Am 26.07.2001 und 05.11.2003 unterzeichnete der Beklagte weitere Provisionsvereinbarungen (Anlage K12), die auch den Bereich Lebensversicherungen betreffen. Der Agenturvertrag wurde auf seinen Wunsch durch Kündigung vom 22.11.06 beendet. Die Klägerin führte über die vom Beklagten verdienten Provisionen und die erteilten Vorschüsse ein Kontokorrent-Provisionskonto Nr. 34 3/470/1400. Dieses wies zum 26.05.09 einen Soll-Betrag von 22.576,21 EUR (ohne Kosten für Mahnverfahren) aus. Im Wesentlichen handelt es sich um Rückforderungen von Provisionen aus dem Lebensversicherungsgeschäft (16.924,22 EUR) sowie um die Rückforderung sog. Pensenprovisionen (8.584,83 EUR). Im Übrigen wird auf die Aufstellung Bl. 183 d.A. verwiesen, die auch Gutschriften enthält. Wegen der erfassten Verträge im einzelnen wird auf die überreichten Aufstellungen verwiesen. Bei den Nr. 1-9 der Anlage K3 handelt es sich um Verträge, die kundenseitig storniert wurden, bei den Verträgen 10 - 197 um Riester-Verträge, die bei der Klägerin fortgeführt werden.

3

Am 12.12.07 und 14.02.08 übersendete die Klägerin dem Beklagten Buchungsanzeigen, die Gutschriften in Höhe des Sollsaldos enthielten, weil die Kontostände der jeweiligen Provisionskonten nunmehr auf das Schuldkonto 14 3/470/1400 umgebucht wurden.

4

Die Klägerin meint, sie sei aufgrund der getroffenen Provisionsabreden berechtigt, die bei laufenden Riester-Verträgen noch anfallende Provision dem neuen Agenturinhaber auszuzahlen, und dementsprechend die dem Beklagten erteilten Vorschüsse zurückzufordern. Die entsprechenden Provisionsverzichtsklauseln, insbesondere Nr. 10 BPL. seien ungeachtet des Umstandes wirksam, dass bei einer Eigenkündigung des Vertreters kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB entsteht. Diese Kündigungserschwernis habe der Vertreter hinzunehmen. Sie behauptet - vereinzelt im Schriftsatz vom 27.11.09, Anlage K9 - bei den stornierten Verträgen überobligatorische Nachbearbeitungen geleistet zu haben.

5

Die Klägerin beantragt, - nach geringfügiger Klagerücknahme -

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 22.548.28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 22.532,43 seit dem 28.11.2008 sowie auf weitere 15.85 EUR seit dem 19.08.2009 zu zahlen

sowie die Widerklage abzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen sowie widerklagend,

die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 7.685.92 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2007 zu zahlen.

7

Er macht geltend, bei den stornierten Verträgen habe die Klägerin die Stornierung zu vertreten. Es fehle an einem Nachweis einer qualifizierten Nachbearbeitung. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass eine Stornierung erfolgt sei und die geschuldete Nachbearbeitung durchgeführt wurde. Er behauptet, die Klägerin habe durch Gutschriften vom 12.12.07 und 14.02.08 auf ihre Ansprüche verzichtet. Eine Klausel zum Provisionsverzicht bei Riester-Verträgen habe er nicht unterzeichnet.

8

Mit der Widerklage werden verdiente Provisionen geltend gemacht, die die Klägerin wegen ihrer Gegenansprüche nicht auszahlt (Anlagen B7 + B8).

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, den Hinweis vom 04.01.2010 und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 19.10.2009 und 08.02.2010 verwiesen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Klage ist teilweise begründet, die zulässige Widerklage demgegenüber unbegründet.

11

A. Klage

12

1.

Auszugehen ist zunächst von dem Kontokorrentauszug, den die Klägerin als Anlage K2 eingereicht hat, endend am 26.05.2009. Dessen Ausgangsdaten sind vom Beklagten nicht bestritten worden. Allein der Umstand, dass er ihn nicht ausdrücklich anerkannt hat, reicht prozessual nicht aus. um der Klägerin die Berufung darauf zu verwehren.

13

Die vermeintlichen Gutschriften vom 12.12.2007 und 14.02.208 sind im Ergebnis unbeachtlich, stellen insbesondere keinen Forderungsverzicht dar. Zwar hat die Klägerin hierfür erst sehr spät eine Erklärung abgegeben. Da diese aber noch rechtzeitig vor Schluss der mündlichen Verhandlung respektive Ende der Schriftsatzfrist einging und vom Beklagten nicht bestritten wurde, kommt eine Verspätung nicht in Betracht. Es handelt sich lediglich um Umbuchungsanzeigen, die wegen der Umbuchung auf das Forderungskonto erforderlich waren. Die Klägerin hat sich durch die kommentarlose Übersendung sehr ungeschickt verhalten, ihren Anspruch hat sie dadurch gleichwohl nicht verloren.

14

Die Parteien haben gemäß Zif. 9.2 des Agenturvertrages i.V.m. Zif. 10 der besonderen Provisionsbedingungen (BPL) vereinbart, dass mit der Beendigung des Agenturvertrages weitere Provisionsansprüche erlöschen. Die Auswirkungen auf die einzelnen Forderungspositionen sind allerdings differenziert zu betrachten. Im Einzelnen:

15

a)

Rückforderung Lebensversicherung: 16.924,22 EUR

16

Die Klägerin begründet diese Forderung mit der als Anlage K 3 überreichten Vertragsaufstellung. Diese ist aufzuteilen in die Nr. 1 - 9 (stornierte Verträge) und Nr. 10 -197 (weiterlaufende Riesterverträge).

17

1.

Wegen der stornierten Verträge steht der Klägerin ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 950,05 EUR (Bl. 52 d.A.) zu. Sie hat für jeden Vertrag konkret dessen Verlauf dargelegt, warum die Provision letztendlich nicht verdient wurde, und Schriftverkehr vorgelegt. Der Beklagte hat sich dazu trotz rechtzeitigen Hinweises durch das Gericht nicht mehr geäußert, so dass das Vorbringen unstreitig ist. Den Verlust der Provision hat die Klägerin nicht zu vertreten.

18

2.

Anders verhält es sich aber mit den Provisionen für AVmG-Produkte (Riester-Verträge) in Höhe von 15.985,84 EUR (Bl. 58 d.A.). die den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bilden. Die Klägerin hat sich wiederholt auf Zif. 10 der besonderen Provisionsbedingungen berufen, wonach der Beklagte auf diese verzichtet habe. Wenn und insoweit die Klägerin aber diese Klausel auch auf Riester-Verträge anwenden will, handelt es sich um eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten, so dass die Klausel insoweit gemäߧ 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Etwas anderes kann das Gericht auch der vorgelegten Rechtsprechung nicht entnehmen, weil sie jeweils nicht auf den hier maßgeblichen Einzelfall abstellt:

19

Festzuhalten ist nach einhelliger Meinung, dass eine Provisionsverzichtsklausel stets eine rechtfertigungsbedürftige Klausel darstellt, da sie den Handelsvertreter massiv benachteiligt, der eben auf weitere Ansprüche schlicht verzichtet. Gerade im Falle der Auflösung der bisherigen Zusammenarbeit hat er dazu regelmäßig keinen Anlass. Es ist jedoch anzuerkennen, dass die Berechnung derartiger Provisionen sehr aufwändig sein können, wenn es um die Bewertung des "Good-will" des Kundenstammes, einer Vielzahl von Geschäftsabschlüssen und der Fortwirkung bereits angebahnter Vertragsschlüsse und ähnliches geht. Hier besteht ein legitimes Interesse, die beiderseitige Auseinandersetzung auf eine klare berechenbare Grundlage zu stellen und als Instrument hierfür einen Provisionsverzicht des Vertreters zu vereinbaren, der im Gegenzug von der Ausgleichszahlung gemäß § 89b HGB profitiert.

20

Diese Interessenlage stellt sich aber gänzlich anders dar bei reinen Abschlussprovisionen, deren Auszahlung kein weiteres Hindernis entgegensteht als die gesetzlich verbotene Zillmerung bei Riester-Verträgen, in deren Folge die Klägerin die Auszahlung der Vertreterprovison auf bis zu zehn Jahre streckt. Diese Verträge hat die Klägerin einzig und allein aufgrund der Akquisitionsleistung des Beklagten im Bestand, es geht auch nicht um irgendwelche Bestandspflegeprovisionen oder Verwaltungskosten, sondern ganz schlicht darum, dass der Beklagte der Klägerin ein Geschäft zugeführt hat und die ihm deswegen zustehende Provision noch nicht komplett ausgezahlt werden konnte. Auf diese Provision zu verzichten hat der Beklagte nicht den geringsten Anlass, und die Klägerin hat auch keinen Grund nennen können, warum eine Interessenabwägung hier zu ihren Gunsten ausgehen könnte. Allein der Umstand, dass die Klausel nun einmal vereinbart wurde, reicht sicherlich nicht aus. Wie die Klägerin durch die Anlage K3 gezeigt hat. macht es keine Schwierigkeiten, diese Ansprüche der Höhe nach zu berechnen und von anderen Provisionen abzugrenzen. Dem Beklagten ist beizupflichten, dass ein Verzicht auch wegen dieser Provisionen eine erhebliche Behinderung des Handelsvertreters bei einer Neuorientierung darstellt und jedenfalls nach einigen Jahren erfolgreicher Tätigkeit einen Wechsel wirtschaftlich sinnlos erscheinen lässt. Das aber ist kein Ziel, das die Klägerin billigerweise bei ihrer Vertragsgestaltung verfolgen dürfte.

21

Unerheblich ist auch, was die Klägerin mit den ersparten Provisionen macht. Wenn sie diese dem nachfolgenden Vertreter gutbringt, so ist das ihre Sache. Es stellt aber keine Rechtsfertigung im Verhältnis zum Beklagten als weichenden Vertreter dar. Auch der Entscheidung BGH VersR 2010, 249 kann die Kammer nichts anderes entnehmen. Der BGH stellt dort auf den Unterschied zwischen Durchführung des Vertrages und Annahme des Versicherungsantrags durch den Vermittler ab. Das trifft nicht die Situation bei Riester-Verträgen und kann nach Auffassung des Gerichts mit der durch das Verbot der Zillmerung aufgekommenen Provisionsproblematik nicht überein gebracht werden. Es ist auch eine künstliche und nicht überzeugende Lösung, bei Riester-Verträgen jeweils die Jahreseinzahlung als neuen Antrag anzusehen, wie die Zif. 10 BPL unterstellt. Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen Versicherungsvertrag, der jeweils mit Zahlungen aufgefüllt wird; vergleichbar mit einem Bausparvertrag.

22

Dieses Ergebnis wird durch den Hinweis auf § 89b HGB nicht berührt, sondern gerade bestätigt. Zum einen hat die Klägerin nicht nachvollziehbar vorgetragen, wie die Riester-Provisionen überhaupt in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs eingehen. Das Gericht hält insoweit dafür, dass eine angemessene Berücksichtigung zwar möglich ist, aber schwierig, weil die Vorschrift zeitlich vor den Regelungen über die Riesterrente geschaffen wurde und die wirtschaftliche Bedeutung der dadurch generierten Provisionen nicht klar normiert hat. Jedenfalls aber für den Fall der Eigenkündigung des Handelsvertreters, die ja keineswegs als schuldhaftes Verhalten oder auch nur Obliegenheitsverletzung begriffen werden kann, sondern eine ganz selbstverständliche Ausübung der wirtschaftlichen Selbstbestimmung darstellt, stellt es keinen angemessenen Interessenausgleich dar, wenn der Beklagte auf die verdienten Provisionen aufgrund der AGB verzichtet, ohne einen gesetzlichen Ausgleich zu erlangen. Hier ist folgender Vorrang klarzustellen: Die Klägerin hat ihre AGB's an den geltenden Gesetzen zu orientieren, nicht umgekehrt. Wenn das HGB für den Fall der Eigenkündigung keinen Ausgleichsanspruch vorsieht, so hat die Klägerin einen angemessenen Ausgleich zu schaffen. Zif. 10 der besonderen Provisionsbedingungen wird dieser Anforderung nicht gerecht. Die Klägerin hat selbst darauf hingewiesen, welche andere Möglichkeit dazu es gäbe (B 176 d.A., S. 3 SS vom 27.11.09), nämlich das Verbot der Zillmerung nicht an den Vertreter weiterzugeben, sondern dessen volle Provision zu Vertragsbeginn auszuzahlen. Dies ist zwar hier passiert, jedoch unter Rückforderungsvorbehalt. Aus rechtlicher Sicht macht es aber keinen Unterschied, ob die Klägerin dem Beklagten die Provision vorschießt oder ratierlich zahlt. Da ihm ein Anspruch darauf zusteht, ist er nicht zu einer Rückzahlung verpflichtet.

23

b)

Rückforderung Pensenprovision Leben: 8.584,83 EUR

24

Hier liegt die Aufstellung Anlage K4 zugrunde, welche auf der Zusage der Klägerin Anlage K5 beruht. Diesen Betrag kann die Klägerin erstattet verlangen, weil es sich dabei nicht um eine unmittelbare Abschlussprovision handelt. Es handelt sich nach den Erläuterungen vielmehr um eine Bestandsprovision, die als Erfolgsprämie ausgezahlt wird, sobald bestimmte Mindestgrenzen überschritten werden. An den Abschluss des einzelnen Geschäftes, dessen Erfolg dem Vertreter nicht nachträglich entzogen werden darf, wird hier nur mittelbar angeknüpft. Überdies handelt es sich um Zahlungen, die darauf gerichtet sind, eine erhöhte Motivation für weitere, bestandserhöhende Geschäftsabschlüsse zu vermitteln. Dieser Zweck kann nach Beendigung des Agenturvertrages nicht mehr erreicht werden, so dass der Entzug dieser Provisionsansprüche noch als angemessener Interessenausgleich zu sehen ist.

25

Insbesondere kann es ein angemessenes Mittel sein, den Vertreter durch die Inaussichtstellung dieser Provisionen von einer Eigenkündigung abzuhalten, so dass sich die Regelung auch bruchlos in die Systematik des § 89b HGB einfügt.

26

c)

Die Gutschriften in Höhe von 2.813,24 EUR und 159,20 EUR sind unstreitig und von der Klägerin bereits berücksichtigt worden.

27

d)

diverse Leben-Forderungen 11,67 EUR

28

e)

diverse Sach-Forderungen 7,93 EUR

29

f)

Inkassokosten 20,5EUR

30

Auf die Positionen e + f) hat die Klägerin verzichtet. Zu Position d) ist kein weiterer Vortrag erfolgt, insbesondere ist sie bei der Neuberechnung des Klageantrags nicht berücksichtigt worden, so dass das Gericht von einem konkludenten Verzicht ausgeht.

31

Der Anspruch der Klägerin stellt sich demnach auf 8.584,83 EUR ./. (2.813,24 EUR + 159,20 EUR) = 5.612,39 EUR.

32

B. Widerklage

33

Die Widerklage stützt sich auf zahlreiche Provisionsgutschriften auf dem Buchungskonto 34 3/470/1663 im Zeitraum 31.08.2006 - 02.02.2007 im Gesamtwert von 920.58 EUR sowie eine Gutschrift von 6.765,34 EUR auf dem Forderungskonto 34 3/470/1400. Die ursprüngliche Berechtigung der insoweit in Bezug genommenen Provisionsabrechnungen hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt, es kommt aber nicht darauf an. Der Beklagte hat sich nämlich nicht damit auseinander gesetzt, dass es sich lediglich um Rechnungspositionen handelt, die die Klägerin in ihrer Berechnung bereits berücksichtigt hatte. Allein aus dem Rechtsgrund eines Anerkenntnisses heraus kann der Beklagte diese Zahlungen nicht für sich reklamieren, denn ein Anerkenntnis ist kondizierbar (§ 812 Abs. 2 BGB). Die Rückforderung der Zahlungen stellt ein konkludentes Kondiktionsverlangen dar. Unabhängig von der Frage, ob entgegen der Kontokorrentvereinbarung der Parteien einzelnen Kontobuchungen selbständig klagbar sind, gilt: Selbst wenn also das Gericht komplett dem Vortrag des Beklagten gefolgt wäre, so ergebe sich allenfalls, dass die Klageforderung auf Null gestellt wird, ein an den Beklagten auszukehrender Saldo ist aber keinesfalls vorhanden. Die Widerklage kann daher keinen Erfolg haben.

34

Der Zinsanspruch folgt aus Verzug.

35

Die übrigen Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in den §§ 92, 709 ZPO.