Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.03.2010, Az.: 8 T 180/10

Beschwerde eines Verfahrenspflegers gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen eines Patienten mit notarieller Altersvorsorgevollmacht

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
11.03.2010
Aktenzeichen
8 T 180/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 31210
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2010:0311.8T180.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wilhelmshaven - 04.03.2010 - AZ: 05 XVII L 284

Fundstellen

  • BtPrax 2010, 246-247
  • FamRZ 2010, 1470-1471
  • PflR 2010, 470

In der Beschwerdesache
...
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
am 11.03.2010
durch
den Vizepräsidenten des Landgerichts Dr. Frühauf,
den Richter Dr. Peter und
den Richter am Landgericht Kolloge
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Verfahrenspflegerin vom 04.03.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wilhelmshaven vom 04.03.2010 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die annähernd 90-jährige Betroffene befindet sich nach einem Schlaganfall dauerhaft in einem somnolenten/hilflosen Zustand und muss künstlich über PEG ernährt werden. In einer notariellen Altersvorsorgevollmacht vom 12.02.2001 hatte sie die Beteiligte zu 2. umfassend bevollmächtigt und u.a. festgelegt, dass "die Befugnis der Bevollmächtigten die erforderliche Einwilligung in (...) den Abbruch der Behandlung und/oder die Einstellung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen" umfasst, "wenn ich außerstande bin, ein menschenwürdiges, d.h. für mich erträgliches und weitgehend beschwerdefreies bewusstes (...) Leben zu führen". In Übereinstimmung mit dem Hausarzt beabsichtigt die Vorsorgebevollmächtigte nunmehr die Einstellung der Versorgung der Betroffenen mit Medikamenten, Nahrung und Flüssigkeit. Das vom ASB-Pflegeheim angerufene Amtsgericht hat die Beteiligte zu 3. zur Verfahrenspflegerin bestellt und nach Anhörung der Beteiligten durch den angefochtenen Beschluss festgestellt, dass der Abbruch der Versorgung der Betroffenen einer betreuungsrechtlichen Genehmigung nicht bedarf. Hiergegen wendet sich die Verfahrenspflegerin mit ihrer Beschwerde. Sie führt aus, dass ein die Einstellung der Versorgung rechtfertigender mutmaßlicher Wille der Betroffenen nicht ermittelt werden könne.

2

Die Beschwerde ist nach §§ 58, 63, 303 Abs. 3 FamFG zulässig, sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ist nicht zu beanstanden, insbesondere ist sie umfassend und rechtlich zutreffend begründet. Auch das weitere Vorbringen der Verfahrenspflegerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

3

Das Amtsgericht ist nach zutreffender Würdigung der Bestimmungen in der Vorsorgevollmacht der Betroffenen vom 12.02.2001 und unter Einbeziehung der Angaben der Vorsorgebevollmächtigten und des Hausarztes der Betroffenen zu dem Ergebnis gelangt, dass es dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entspricht, aufgrund der eingetretenen Erkrankung der Betroffenen die Versorgung mit Medikamenten, Nahrung und Flüssigkeit einzustellen. Insbesondere deckt die der Vorsorgebevollmächtigten erteilte Vollmacht vom 12.02.2001 nach ihrem Wortlaut ausdrücklich die Einwilligung in die Einstellung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen für den Fall dass ein menschenwürdiges, erträgliches und bewusstes Leben (erkrankungsbedingt) nicht mehr möglich ist, ab. Die Anhörung der Vorsorgebevollmächtigten und des behandelnden Hausarztes haben hinreichend klar ergeben, dass ein Abbruch der lebenserhaltenden Maßnahmen dem Willen der Betroffenen entspricht. Weitere Erkenntnismöglichkeiten in Bezug auf den Willen der Betroffenen sind nach den Feststellungen der Betreuungsbehörde nicht vorhanden. Da auch der vom Amtsgericht angehörte Hausarzt der Betroffenen eine Einstellung der Versorgung befürwortet, mithin ein die Kontrollzuständigkeit des Gerichts erfordernder Konflikt zwischen Bevollmächtigtem und Arzt nicht besteht, bedurfte es für die Durchführung der von der Vorsorgebevollmächtigten beabsichtigten Maßnahme demnach nicht der Genehmigung des Betreuungsgerichts (vgl. BGH NJW 2005, 2385/2386 [BGH 08.06.2005 - XII ZR 177/03]; Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl. 2010, § 1901a Rn. 7 m.w.Nachw.), so dass das Amtsgericht die entsprechenden Feststellung zu Recht getroffen hat.

4

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 131 KostO zurückzuweisen.

5

Rechtsmittelbelehrung

6

Gegen diese Entscheidung findet die Rechtsbeschwerde statt

7

...

Dr. Frühauf
Dr. Peter