Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 16.04.2008, Az.: 11 A 5223/06

Erstattung von Abschiebungskosten; Abschiebungskosten; Verpflichtungserklärung; zeitliche Beschränkung; Haftungszeitraum; Ausnahmefall; Leistungsfähigkeit; Ermessensentscheidung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
16.04.2008
Aktenzeichen
11 A 5223/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 46001
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2008:0416.11A5223.06.0A

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2008, 832 (amtl. Leitsatz)

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Enthält eine auf einem von der Ausländerbehörde verwendeten Formular geschriebene Verpflichtungserklärung eine Beschränkung des Haftungszeitraums, ohne dass sich diese - für den Verpflichtungsgeber ersichtlich - nur auf die Haftung für die Kosten des Lebensunterhaltes bezieht, so gilt die zeitliche Beschränkung auch für die Haftung für die Ausreisekosten.

  2. 2.

    Enthält eine Verpflichtungserklärung keine ausdrückliche zeiltiche Beschränkung, so ist nach dem Umständen des Einzelfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln, für welchen Zeitraum der Verpflichtungsgeber die Haftung übernommen hat.

  3. 3.

    Die Heranziehung zum Ersatz von Ausreisekosten in erheblicher Höhe (hier: über 32 000,- Euro) kann je nach den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Verpflichtungsgebers einen Ausnahmefall begründen, der die Ausländerbehörde zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet, ob und in welchem Umfang sie den Verpflichtungsgeber zum Ersatz heranzieht.

Tenor:

  1. Die Bescheide der Beklagten vom 27. November 2006 und 8. April 2008 werden aufgehoben.

  2. Die Beklagte und die Beigeladene tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Abschiebungskosten.

2

Am 31. August 2005 unterzeichnete der Kläger zur Vorbereitung eines Besuches der kenianischen Staatsbürgerin M. - einer Bekannten seiner Ehefrau - bei der Ausländerbehörde des Kreis D. eine auf dem amtlichen Formular der Bundesrepublik Deutschland (Bundesdruckerei Artikel-Nr. 1050) geschriebene "Verpflichtungserklärung".

3

In dieser Verpflichtungserklärung heißt es unter anderem:

"Ich, der Unterzeichnende B. (...), verpflichte mich gegenüber der Ausländerbehörde/Auslandsvertretung für M. (...) ab Einreise drei Monate nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 66 und 67 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für die Ausreise o.g. Ausländers/in zu tragen."

4

Ferner heißt es in dem Formular:

"Die vorliegende Verpflichtung umfasst auch die Ausreisekosten (z.B. Flugticket) oben genannten Ausländers/in. Darüber hinaus werden von dieser Verpflichtungserklärung die Kosten einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung, z.B. Abschiebung o.g. Ausländer/in nach den §§ 66 und 67 AufenthG erfasst. Hierzu gehören z.B. Beförderungs- und Reisekosten bis zum ausländischen Zielort, eventuell notwendige Begleiterkosten, Übersetzungskosten, Verpflegungs- und Haftkosten. (...)

Ich wurde von der Ausländerbehörde hingewiesen auf

- den Umfang und die Dauer der Haftung, (...).

Ich bestätige, zu der Verpflichtung aufgrund meiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage zu sein."

5

Frau M. erhielt daraufhin am 4. Oktober 2005 ein Touristenvisum, dessen Gültigkeit auf den Zeitraum vom 8. Oktober 2005 bis zum 5. Januar 2006 beschränkt war, und reiste am 8. Oktober 2005 in die Bundesrepublik Deutschland ein.

6

Am 4. Januar 2006 stellte Frau M. beim Kreis D. einen Antrag auf Verlängerung ihres Visums, da ihr Rückflug nach Kenia erst für den 8. Januar 2006 gebucht war. Um diese Verlängerung zu ermöglichen, unterzeichnete der Kläger eine weitere Verpflichtungserklärung. Diese Erklärung erfolgte nicht auf dem Formular der Bundesdruckerei Artikel-Nr. 10150 und enthielt keine ausdrückliche Begrenzung hinsichtlich des Verpflichtungszeitraumes. Wörtlich heißt es in dieser Verpflichtungserklärung:

"Ich verpflichte mich, die Haftung für den Lebensunterhalt im Rahmen des § 84 Abs. 1 sowie die Kosten im Sinne des § 82 Abs. 2 des Ausländergesetzes (AuslG) (...) zu übernehmen. Ich habe Kenntnis von diesen Rechtsvorschriften, die auf der Rückseite dieser Erklärung abgedruckt sind."

7

Nach Abgabe dieser Verpflichtungserklärung verlängerte der Kreis D. das Visum der Frau M. bis zum 11. Januar 2006.

8

Am 8. Januar 2006 war ausweislich des Schreibens der Fluglinie Emirates vom 13. Dezember 2006 an den Kläger für Frau M. ein Flug nach Nairobi gebucht. Dem Schreiben der Fluglinie Emirates vom 18. Februar 2007 an die Beklagte zufolge checkte Frau M. jedoch nicht ein und trat den Flug auch nicht an.

9

Am 11. Januar 2006 wurde Frau M. in einem Zug im Hauptbahnhof O. im Rahmen einer Kontrolle der Polizei ohne gültige Ausweispapiere aufgegriffen. Sie war im Besitz der Kopie eines kenianischen Passes, in den eine Aufenthaltserlaubnis eingetragen war. Hierbei handelte es sich um den Pass ihrer Schwester. Nachdem die Stadt O. und die Polizei feststellten, dass sich Frau M. illegal in Deutschland aufhielt, wurde sie aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts O. vom 12. Januar 2006 in Abschiebehaft genommen und in die JVA H. verbracht.

10

Am 16. Januar 2006 stellte Frau M. beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag. Dieser wurde mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 25. Januar 2006 als offensichtlich unbegründet abgelehnt.

11

Mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 10. Februar 2006 wies die Stadt O. Frau M. aus der Bundesrepublik aus und drohte ihr die Abschiebung an.

12

Mit Beschluss vom 4. April 2006 verlängerte das Amtsgericht H. die Abschiebehaft um drei Monate.

13

Am 10. Mai 2006 wurde Frau M. auf eigenen Wunsch zum Zwecke der Passersatzpapierbeschaffung der kenianischen Botschaft vorgeführt.

14

Mit Schreiben vom 16. Mai 2006 übersandte das Bundesverwaltungsamt der Stadt O. als Fundsache den Original-Pass der Frau M..

15

Am 22. Mai 2006, dem Tag des Eingangs des Passes, leitete die Stadt O. über das LKA Niedersachsen die Abschiebung der Frau M. ein.

16

Am 12. Juni 2006 wurde Frau M. per Flugzeug in Begleitung eines Arztes und dreier Polizeibeamter in ihr Heimatland zurückgeführt.

17

Mit Schreiben vom 20. Juli 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, ihn wegen der von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärung zu den Kosten der Abschiebung von Frau M. heranzuziehen und gab ihm Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

18

Mit Bescheid vom 27. November 2006 forderte die Beklagte von dem Kläger wegen der Abschiebung der Frau M. insgesamt einen Betrag von 29 492,66 €.

19

Dieser Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

  1. 1.

    Personalkosten für den begleitenden Arzt: 1 533,90 €

  2. 2.

    (vorläufige) Haftkosten für die Abschiebehaft: 10 697,76 €

  3. 3.

    Transportkosten von der JVA zum Flughafen: 15,00 €

  4. 4.

    Flugkosten für den begleitenden Arzt: 4 181,42 €

  5. 5.

    Flugkosten für die Ausländerin: 2 714,04 €

  6. 6.

    Personalkosten für 2 VwVollstreckungsbeamte: 180,00 €

  7. 7.

    Flugkosten für die begleitenden Polizisten: 6 052,50 €

  8. 8.

    Personalkosten für die begl. Polizisten: 4 118,04 €

20

Mit Ergänzungsbescheid vom 8. April 2008 machte die Beklagte einen zusätzlichen Betrag von 2 967,80 € geltend. Dieser sei zum einen darauf zurückzuführen, dass das Niedersächsische Justizministerium mittlerweile den Tagessatz der Abschiebehaftkosten für das Jahr 2006 festgesetzt habe. Danach betrugen die Kosten für einen Tag in Abschiebehaft 79,96 € und nicht - wie in dem Bescheid vom 27. November 2006 vorläufig angenommen - 70,38 €. Die Kosten der Abschiebehaft erhöhten sich daher um 1 376,20 €.

21

Für die Beschaffung von Heimreisepapieren, insbesondere die Vorführung bei der kenianischen Botschaft, seien zudem Kosten in Höhe von 1 294,00 € angefallen und für die Reisekosten der Polizeibeamten im Rahmen der Botschaftsvorführung seien 297,60 € zu fordern.

22

Der Kläger hat bereits am 7. Dezember 2006 Klage erhoben.

23

Er begründet seine Klage im Wesentlichen wie folgt:

24

Er sei seinen aus der Verpflichtungserklärung erwachsenen Obligationen in vollem Umfang nachgekommen, indem er Frau M. am 8. Januar 2006 zum Flughafen D. gebracht habe. Sie habe in seiner Gegenwart ihr Gepäck aufgegeben und die Passkontrolle passiert. Er habe damit alles ihm zumutbare getan, um eine ordnungsgemäße Ausreise von Frau M. sicherzustellen. Es liege nicht mehr in seinem Verantwortungsbereich, wenn diese - nachdem sie bereits den Transitbereich betreten habe und damit in einen Bereich vorgedrungen sei, in den er ihr nicht folgen könne - sich wieder aus dem Flughafen entferne. Zudem stelle das Passieren der Passkontrolle bereits eine "Ausreise" und das Entfernen aus dem Transitbereich des Flughafens eine "Wiedereinreise" nach Deutschland dar. Für den sich dieser "Wiedereinreise" anschließenden Aufenthalt habe er keine Verpflichtung übernommen.

25

Die Verpflichtungserklärung gelte auch nur für die Dauer von drei Monaten ab Einreise der Frau M.. Zur Übernahme später entstandener Kosten - wie sie hier von der Beklagten geltend gemacht würden - habe er sich nicht verpflichtet.

26

Des Weiteren sei die Beklagte bei der Durchführung der Abschiebung nicht ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum Frau M. erst fünf Monate nach ihrer Ergreifung abgeschoben worden sei. Die Beschaffung von Ausreisepapieren hätte viel zügiger erfolgen können. Auch hätte er als Verpflichtungsgeber darüber informiert werden müssen, dass Frau M. sich noch in Deutschland aufgehalten habe. Durch sein Einwirken hätte Frau M. zu einer zügigen freiwilligen Ausreise bewegt werden können.

27

Auch die Kosten der Abschiebehaft seien nicht nachvollziehbar und zu hoch bemessen.

28

Das Anhörungsschreiben vom 20. Juli 2006 genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der der Forderung zugrunde liegende Sachverhalt nur unvollständig mitgeteilt worden sei.

29

Auch die für die Abschiebung geltend gemachten Kosten seien nicht nachvollziehbar.

30

Die Kosten für den Flug seien viel zu hoch. Im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht hätte sich die Beklagte bemühen müssen, einen möglichst günstigen Flug zu buchen. Nach seiner Kenntnis sei ein Hin- und Rückflug Hannover-Nairobi bereits zum Preis von 2 000,- Euro zu bekommen.

31

Es sei nicht erforderlich gewesen, dass Frau M. während des Fluges von einem Arzt und drei Polizeibeamten begleitet wurde. Auch die Personal- und Flugkosten für die Begleitung seien zu hoch.

32

Der Kläger beantragt,

  1. die Bescheide der Beklagten vom 27. November 2006 und 8. April 2008 aufzuheben.

33

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

34

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus:

35

Die zeitliche Begrenzung der Verpflichtungserklärung vom 31. August 2005 auf "drei Monate ab Einreise" beziehe sich lediglich auf die Kosten des Lebensunterhaltes der eingeladenen Ausländerin. Die Verpflichtung zur Übernahme der erforderlichen Ausreisekosten gelte hingegen ohne zeitliche Begrenzung, da eine Ausreisepflicht ohnehin erst nach Ablauf des Visums bestehe. Hierauf sei der Kläger bei Abgabe der Verpflichtungserklärung auch hingewiesen worden. Dies habe er mit seiner Unterschrift bestätigt.

36

Es habe auch keine Versäumnisse bei der Beschaffung von Passersatzpapieren gegeben. Das Verfahren sei so schnell wie möglich betrieben worden. Verzögerungen seien allein auf das Verhalten der Frau M. zurückzuführen gewesen.

37

Aufgrund der psychischen Erkrankung der Frau M. sei es aus Sicht der Beklagten erforderlich gewesen, sie während der Flugabschiebung von einem Arzt begleiten zu lassen.

38

Die Höhe der Haftkosten, die Transportkosten von der JVA zum Flughafen und die Personalkosten für die Verwaltungsvollstreckungsbeamten, die Frau M. zum Flughafen transportiert und an die Bundespolizei übergeben haben, seien in korrekter Höhe geltend gemacht worden.

39

Auch die Begleitung der Frau M. durch drei Polizeibeamte sei angesichts ihrer gesundheitlichen Situation erforderlich gewesen. Die geltend gemachten Personalkosten seien nicht zu beanstanden.

40

Auch die Höhe der Kosten für den Flug von H. nach Nairobi sei nicht zu beanstanden. Dass die im Rahmen einer begleiteten Abschiebung angefallenen Kosten höher als die für einen regulären Flug seien, sei auf die damit verbundenen Besonderheiten zurückzuführen.

41

Die Beigeladene beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

42

Sie begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Begleitung der Frau M. durch drei Polizeibeamte aufgrund ihres Gesundheitszustandes erforderlich gewesen sei.

43

Auch die geltend gemachten Personalkosten für die Begleitung seien ordnungsgemäß ermittelt worden.

44

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

45

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 27. November 2006 und 8. April 2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

46

Der Kläger haftet nicht für die Kosten, die im Rahmen der Ausreise der Frau M. entstanden sind. Nach § 66 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 AufenthG haftet für Kosten, die durch die Abschiebung eines Ausländers entstehen, neben dem Ausländer auch derjenige, der sich gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet hat, für die Ausreisekosten des Ausländers aufzukommen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da der Kläger sich nicht wirksam verpflichtet hat, für die Ausreisekosten aufzukommen.

47

An eine die Haftung aus § 66 Abs. 2 AufenthG begründende Verpflichtungserklärung sind angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Risiken, die der Verpflichtungsgeber eingeht, erhöhte formelle und inhaltliche Anforderungen zu stellen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 5. Juni 2007 (11 LC 88/06 - juris) hierzu wie folgt ausgeführt:

"Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 -, BVerwGE 108, 1 = InfAuslR 1999, 182 [BVerwG 24.11.1998 - 1 C 33/97] = DVBl. 1999, 537) stellt eine Verpflichtungserklärung eine einseitige und empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche (einem Schuldversprechen im Sinne von § 780 BGB vergleichbare) Willenserklärung zugunsten eines Dritten dar. Inhalt und Umfang (auch in zeitlicher Hinsicht) der jeweiligen konkreten Verpflichtungserklärung sind nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze der §§ 133 und 157 BGB anhand aller erkennbaren Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Es ist allgemein anerkannt, dass die Verpflichtungserklärung aus rechtsstaatlichen Gründen wie jede rechtsgeschäftliche Willenserklärung hinreichend bestimmt sein muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 aaO; Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage: 2005, § 68 AufenthG, Rn. 5). Denn mit der Abgabe von Verpflichtungserklärungen der vorliegenden Art sind typischerweise erhebliche und oftmals nicht ohne weiteres abschätzbare wirtschaftliche Risiken für den Verpflichtungsgeber verbunden. Diesem muss vor Abgabe einer derartigen Erklärung unmissverständlich vor Augen geführt werden, worauf er sich einlässt. Zwar ist bei der Auslegung einer Willenserklärung grundsätzlich auf den Empfängerhorizont abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 - 2 C 39.95 -, BVerwGE 102, 81 [BVerwG 26.09.1996 - BVerwG 2 C 39.95] ), doch kann es sich anders verhalten, wenn eine Erklärung in einem Formular des Erklärungsempfängers abgegeben wird (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 27. Februar 2006, aaO). In einem solchen Fall kommt es jedenfalls auch darauf an, wie der Erklärende die Eintragungen in dem Formular verstanden hat, wobei Zweifel zu Lasten des Formularverwenders gehen (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 27. Februar 2006, aaO, mwN).

48

Gemessen an diesen Anforderungen hat sich der Kläger durch die Abgabe der Verpflichtungserklärung am 31. August 2005 nicht zur Übernahme der Abschiebungskosten verpflichtet.

49

Diese Verpflichtungserklärung erfolgte auf dem bundeseinheitlichen Formular der Bundesdruckerei (Artikel-Nr. 10150), welches dem Kläger von der Ausländerbehörde des Kreis D. zur Verfügung gestellt wurde. Es kam hinsichtlich der Auslegung des Erklärungsinhaltes folglich maßgeblich darauf an, wie der Kläger die Eintragungen in dem Formular verstanden hat, wobei etwaige Zweifel zu Lasten des Verpflichtungsempfängers gehen. Die Beklagte muss sich insoweit die Formularverwendung und -entgegennahme durch den Kreis D. zurechnen lassen (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 27. Februar 2006, - 11 S 1857/05, mwN, -juris).

50

Hiervon ausgehend war es für den Kläger im Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung nicht hinreichend klar, dass er auch für die Kosten einer zwangsweisen Beendigung des Aufenthalts von Frau M. nach Ablauf des in der Verpflichtungserklärung aufgeführten Zeitraums von drei Monaten ab Einreise von Frau M. aufkommen sollte.

51

In der Verpflichtungserklärung heißt es:

"Ich, der Unterzeichnende B. (...), verpflichte mich gegenüber der Ausländerbehörde/Auslandsvertretung für M. (...) ab Einreise drei Monate nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 68 und 67 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für die Ausreise o.g. Ausländers/in zu tragen."

52

Bei der gewählten Gestaltung des Formulars und dem aufzählenden verbindenden Charakter des Wortes "und" wird für den Erklärenden nicht ausreichend deutlich, dass die gewählte zeitliche Beschränkung sich allein auf die Kosten für den Lebensunterhalt nach § 68 AufenthG beziehen soll. Auch an anderer Stelle des Formulars ist nicht unmissverständlich dargestellt, dass die zeitliche Beschränkung auf drei Monate nicht für die Haftung für die Ausreise- oder Abschiebungskosten gilt (so auch OVG Lüneburg, aaO).

53

Das bundeseinheitliche Verpflichtungserklärungsformular (Artikel-Nr. 10150) wurde im Vergleich mit dem der o.g. Entscheidung des OVG Lüneburg zugrunde liegenden Formular zwar dahingehend geändert, dass es in dem betreffenden Vordruck bei der Dauer der Verpflichtung nicht mehr heißt:

"von ... an bis zum ...",

54

sondern nunmehr vielmehr folgender Text aufgeführt ist:

"vom Beginn der voraussichtlichen Visumgültigkeit am ... bis zur Beendigung des Aufenthaltes o.g. Ausländers/in".

55

Aus dieser neuen Formulierung lässt sich grundsätzlich schließen, dass die Verpflichtung bis zur tatsächlichen Ausreise der eingeladenen Person fortdauert (zur grds. Möglichkeit zeitlich unbeschränkter Haftung: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - < InfAuslR 1999,182,183 [BVerwG 24.11.1998 - 1 C 33/97]>). Allerdings fügt sich der vom Kreis D. vorgenommene Eintrag zur Verpflichtungsdauer nicht in die vom Formularersteller vorgegebene Formulierung ein. Anstatt - wie im Vordruck vorgesehen - lediglich den Beginn der voraussichtlichen Visumsgültigkeit und damit auch nur den Beginn des Verpflichtungszeitraumes festzulegen, hat der Kreis D. als Dauer der Verpflichtung "ab Einreise 3 Monate" eingetragen.

56

Bei der Auslegung der Verpflichtungserklärung kommt es - wie ausgeführt - maßgeblich darauf an, wie der Erklärende die Eintragungen in dem Formular verstanden hat, wobei Zweifel zu Lasten des Formularverwenders gehen. Wenn die Ausländerbehörde als Formularverwender als Verpflichtungsdauer "3 Monate ab Einreise" einträgt, geht ein rechtsunkundiger Bürger im Zweifel davon aus, dass die gesamte Verpflichtung, die er mit der Erklärung eingeht, auf diesen von der Behörde explizit bestimmten Zeitraum beschränkt ist. Dass diese Eintragung nicht zu den in dem Formular vorgegeben Formulierungen passt, ändert hieran nichts, da ein Bürger in der Regel davon ausgehen kann, dass die einzelfallbezogene gesonderte Eintragung der Behörde vorrangig ist. Soweit die Beklagte vorträgt, dass eine Haftung für Ausreisekosten denklogisch nur für Zeiten nach Ablauf des Visums gelten könne, geht dieser Widerspruch zu ihren Lasten. Die Beklagte muss sich insoweit die Formularverwendung und -entgegennahme durch den Kreis D. zurechnen lassen (VGH Mannheim, Urteil vom 27. Februar 2006, aaO, mwN).

57

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Tatsache, dass der Kläger durch Unterschrift unter das ihm vorgelegte Formular bekundet hat, er sei über "den Umfang und die Dauer der Haftung" aufgeklärt worden. Die Verpflichtungserklärung ist keine Urkunde im Sinne der §§ 415 Abs. 1 und 418 Abs. 1 ZPO und vermag deshalb nicht den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen zu begründen (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 27. Februar 2006, aaO). Daher gelten für die Feststellungen zur Aufklärung des Klägers durch die Ausländerbehörde über Umfang und Dauer seiner Haftung die üblichen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast, d.h. die einen Erstattungsbescheid erlassende Behörde ist materiell beweisbelastet für die angemessene Erfüllung der Aufklärungspflicht (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 27. Februar 2006, aaO). Mit anderen Worten müsste die Beklagte belegen, dass dem Kläger ausdrücklich erklärt worden ist, dass er auch für Ausreisekosten, die nach dem Zeitraum, der in der Verpflichtungserklärung genannt ist, haftet. Dies hat sie nicht getan.

58

Auch durch die Abgabe der zweiten Verpflichtungserklärung am 4. Januar 2006 hat sich der Kläger nicht wirksam zur Übernahme der Abschiebungskosten verpflichtet.

59

Die auf diesem Formular abgegebene Verpflichtungserklärung genügt ebenfalls nicht den oben dargestellten erhöhten inhaltlichen und formellen Anforderungen. In diesem Formular wird der Umfang der möglichen Ausreise- und Abschiebungskosten nicht in der nötigen Klarheit und Ausführlichkeit dargestellt. Wegen des erheblichen wirtschaftlichen Risikos, das mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung verbunden ist, müssen Art und Umfang der Ausreisekosten deutlich beschrieben werden (OVG Lüneburg, aaO). In dem verwendeten Formular heißt es zu dem Umfang der möglichen Kosten schlicht:

"Ich verpflichte mich, die Haftung (...) für die Kosten im Sinne des § 82 Abs. 2 AuslG in der derzeit geltenden Fassung zu übernehmen."

60

Eine weitere Erläuterung der möglichen Kosten findet sich in dem Formular nicht. Auf der Rückseite der Erklärung sind lediglich die Vorschriften der § 14 Abs. 1, § 82 Abs. 1 und 2 und § 84 Abs. 1 und 2 AuslG im Wortlaut aufgeführt.

61

Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen der Abgabe der ersten Verpflichtungserklärung durch das dort verwendete Formular in der erforderlichen Klarheit über den (sachlichen, nicht den zeitlichen) Umfang der möglichen Ausreise-/Abschiebungskosten aufgeklärt wurde, denn bei der Auslegung des Umfangs der Erklärung sind (neben dem bloßen Inhalt des unterzeichneten Formulars) auch weitere Umstände, insbesondere eine vor Abgabe erfolgte Aufklärung zu würdigen (VGH Mannheim, aaO). Zwar ist für eine Aufklärung des Klägers durch die Behörde nichts ersichtlich. Allerdings war der Kläger durch die Abgabe der ersten Verpflichtungserklärung am 31. August 2005 bereits "vorgebildet". Aufgrund dieser "Vorbildung" kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei der Abgabe der zweiten Verpflichtungserklärung trotz der ungenügenden Aufklärung in diesem Formular den (sachlichen) Umfang möglicher Abschiebungskosten kannte oder zumindest kennen musste. Er musste auch davon ausgehen, dass er mit der zweiten Erklärung eine gleichartige Verpflichtung wie mit der ersten Erklärung einging, da es sich hierbei aus seiner Sicht lediglich um einen "Verlängerungsvorgang" und nicht um eine "echte neue" Verpflichtungserklärung handelte. Denn der Grund für die Abgabe dieser erneuten Verpflichtungserklärung war allein, dass das Visum der Frau M. für einen kurzen Zeitraum (eine Woche) verlängert werden sollte, da ihr Rückflug erst nach Ablauf des ursprünglich erteilten Visums gebucht war.

62

Allerdings kann die Verpflichtungserklärung vom 4. Januar 2006 im Hinblick auf ihre zeitliche Geltungsdauer die Festsetzung der streitigen Ausreisekosten nicht rechtfertigen. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 24. November 1998, aaO) nicht erforderlich, dass der Zeitraum der Verpflichtung in der Erklärung genau bestimmt ist. Die abgegebene Verpflichtungserklärung bedarf aber, was ihren Inhalt und Umfang betrifft, der Auslegung, wobei - wie ausgeführt - hier der Erklärende und weniger der vorformulierende Empfänger in den Blick zu nehmen ist und Zweifel zu Lasten des Formularverwenders gehen.

63

Da die Erklärung vom 4. Januar 2006 selbst keine Angaben zu ihrer zeitlichen Geltung enthielt, sind hierzu ergänzend die Begleitumstände der Abgabe der Verpflichtungserklärung in den Blick zu nehmen. Die Abgabe der zweiten Verpflichtungserklärung erfolgte allein zu dem Zweck, das Visum der Frau M. um einen geringfügigen Zeitraum (eine Woche) zu verlängern. Der Kläger konnte nach den Umständen deshalb davon ausgehen, dass die erneute Verpflichtungserklärung den Haftungszeitraum ebenfalls nur einen geringfügigen Zeitraum verlängerte. Keinesfalls konnte er "ohne Zweifel" davon ausgehen, dass er aufgrund dieser zweiten Verpflichtungserklärung nunmehr im Hinblick auf die zeitliche Dauer unbeschränkt haften sollte, nachdem die erste (Haupt-) Verpflichtungserklärung aus seiner Sicht auf eine Dauer von drei Monaten beschränkt war und nunmehr nur eine unwesentliche Verlängerung beabsichtigt war. Im Unterschied zum sachlichen Umfang der Verpflichtungserklärung kann im Hinblick auf den zeitlichen Umfang auch keine "Vorbildung" des Klägers durch die Abgabe der ersten Verpflichtungserklärung angenommen werden, mit der die fehlende Erläuterung des Verpflichtungszeitraumes in dem zweiten Formular "überwunden" werden könnte, da auch bei der Abgabe der ersten Verpflichtungserklärung der Verpflichtungszeitraum nicht ausreichend klar bestimmt war.

64

Die Bescheide der Beklagten sind auch noch aus einem anderen Grund rechtswidrig. Die Entscheidung der Beklagten, den Kläger zum vollständigen Ersatz der Ausreisekosten in Höhe von über 32 000,- Euro heranzuziehen, war ermessensfehlerhaft.

65

Die Heranziehung zum Kostenersatz setzt nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 24. November 1998, aaO, S. 188) eine Ermessensbetätigung der zuständigen Behörde dahin gehend voraus, ob und in welchem Umfang eine Heranziehung erfolgen soll. Zwar ist eine Geltendmachung von Geldleistungsansprüchen durch die öffentliche Hand in der Regel wegen des in der Verwaltung geltenden Gebotes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit geboten, die Rechtsordnung sieht jedoch vor, dass bei Vorliegen atypischer Gegebenheiten von dieser Regel auch abgewichen werden darf, um bei fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Billigkeit im Einzelfall angemessen Rechnung tragen zu können. Dabei sind in diesen Fällen solche Gesichtspunkte vorrangig bereits im Stadium der Geltendmachung der Forderung selbst und nicht erst im Rahmen der vollstreckungsrechtlichen Instrumentarien der Stundung, Niederschlagung oder des Erlasses zu berücksichtigen (Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Band 1, Stand: Februar 2008, - GK-AufenthG-, Rn. 33 zu § 68). Ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung (GK-AufenthG, aaO, Rn. 35).

66

Ein Regelfall ist gegeben, wenn die Voraussetzungen des Aufenthaltstitels, wozu auch die Erteilung eines Visums gehört, einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Februar 2000, - 4 L 3101/99 -; BayVGH, Urteil vom 15. Dezember 2003, - 24 B 0.31049 -, < InfAuslR 2004, 252>). Dagegen kann für einen Ausnahmefall sprechen, dass die zuständigen Behörden im Grunde eine Risikoentscheidung getroffen und damit eine Mitverantwortung übernommen haben, indem sie keine eingehende und sorgfältige, sondern nur eine überschlägige Bonitätsprüfung des Erklärenden vorgenommen haben bzw. auch gar nicht durchführen wollten (OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. Juni 2007, aaO).

67

Zwar wurden die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers im Rahmen der Abgabe der Verpflichtungserklärung von der Ausländerbehörde des Kreis D. geprüft. Allerdings war zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung die Höhe der später entstehenden Kosten der Abschiebung nicht absehbar, so dass naturgemäß zu diesem Zeitpunkt eine abschließende Prüfung, ob der Kläger die Abschiebungskosten wird tragen können, nicht erfolgen konnte. Aus diesem Grund schließt allein der Umstand, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Abgabe der Verpflichtungserklärung geprüft wurden, die Annahme eines Ausnahmefalles nicht aus.

68

Das Vorliegen eines Ausnahmefalles folgt hier daraus, dass der Kläger wegen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und der Höhe der Forderung lediglich eingeschränkt leistungsfähig ist, so dass die Heranziehung zu den vollständigen Ausreisekosten für den Kläger zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Ausweislich der im Rahmen der Abgabe der Verpflichtungserklärungen vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechungen verfügt der Kläger über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 2 300,- Euro. Von diesem Einkommen bestreitet er den Lebensunterhalt für seine Ehefrau, seine zwei Kinder und sich selbst. Mit ihren Bescheiden vom 27. November 2006 und 8. April 2008 fordert die Beklagte die Zahlung eines Betrages in Höhe von mehr als 32 000,- Euro binnen eines Monats. Es liegt nach Auffassung der Kammer auf der Hand, dass der Kläger bei seinen Einkommensverhältnissen einen solchen Betrag nicht "auf einen Schlag" zahlen könnte. Dies hätte sich auch der Beklagten aufdrängen müssen. Gleichwohl finden sich in ihren Bescheiden keinerlei Ausführungen zu der Frage, ob angesichts der Höhe der Forderung einerseits und der Einkommensverhältnisse des Klägers andererseits ein Härtefall vorliegt.

69

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte vorgetragen, die Höhe der entstandenen Kosten sei bei Flugabschiebungen nach Kenia keineswegs ungewöhnlich, so dass bereits unter diesem Gesichtspunkt kein Ausnahmefall gegeben sein könne. Zudem könne der Kläger ein Darlehen aufnehmen, um die Forderung zu begleichen. Mit seinem Einkommen läge er zudem über dem Pfändungsfreibetrag. Folglich könne er den überschießenden Teil seines Einkommens zur Tilgung der Abschiebungskosten verwenden. Diese Erwägungen dringen jedoch nicht durch.

70

Dass die Kosten in vergleichbaren Fällen (Flugabschiebungen nach Kenia) regelmäßig in ähnlicher Höhe angefallen, schließt die Annahme eines Ausnahmefalles nicht aus. Die Annahme eines Ausnahmefalles folgt im vorliegenden Fall nicht allein aus der absoluten Höhe der Kostenersatzforderung, sondern vor allem aus der vergleichsweisen Betrachtung der Kostenforderung und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers und damit aus der relativen Höhe der Forderung für den Kläger.

71

Der Kläger muss sich auch nicht darauf verweisen lassen, dass er ein Darlehen aufnehmen könnte. Die Möglichkeit, sich zu verschulden, erhöht nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Die Tatsache, dass er ein Darlehen aufnehmen müsste, um die Verpflichtungen zu begleichen, belegt vielmehr seine mangelnde Leistungsfähigkeit.

72

Auch eine ratenweise Begleichung der gesamten Abschiebungskosten mit dem pfändungsfreien Anteil seines Einkommens ist dem Kläger nicht zumutbar. Bei seinem Einkommen und seinen familiären Verhältnissen müsste der Kläger, um die Forderung der Beklagten vollständig zu begleichen, über mehrere Jahre hinweg den pfändbaren Betrag seines Arbeitseinkommens zahlen. Zudem sehen die angefochtenen Bescheide der Beklagten eine ratenweise Begleichung der Forderung gar nicht vor, sondern der Kläger wird aufgefordert, den Betrag vollständig mit einer Zahlung zu leisten.

73

Da hier ein Ausnahmefall vorlag, wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob und in welchem Umfang der Kläger zum Kostenersatz herangezogen werden soll. Dies hat sie jedoch nicht getan. Sie handelte damit ermessensfehlerhaft.

74

Die übrigen zwischen den Beteiligten erörterten Fragen bedürfen damit keiner gerichtlichen Beurteilung.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Satz 1 ZPO.