Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 03.04.2008, Az.: 5 A 1573/04

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
03.04.2008
Aktenzeichen
5 A 1573/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 45986
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2008:0403.5A1573.04.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Kosten für die Inanspruchnahme eines Privatgutachters können als notwendige Kosten (§ 162 Abs. 1 VwGO) erstattungsfähig sein.

  2. 2.

    Eine Erstattung der Kosten für einen Privatgutachter aus Gründen der Waffengleichheit kommt nur bis zur Beweiserhebung durch einen vom Gericht bestimmten neutralen Gutachter in Betracht.

Tenor:

  1. Auf die Erinnerung des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 21.02.2008 dahin geändert, dass weitere Kosten für Ablichtungen in Höhe von 26,90 € sowie für die Inanspruchnahme des Sachverständigen H. in Höhe von 2587,50 € festzusetzen sind. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

  2. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtskostenfrei.

  3. Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung ist lediglich im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen aber unbegründet.

2

Erstattungsfähig sind nach § 162 Abs. 1 VwGO, der dem das gesamte Kostenrecht durchziehenden Grundsatz der Kostenminimierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. 6. 1993 - BVerwG1 ER 103.93 - in Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 26) auch in Bezug auf die in § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelten Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes Geltung verschafft, nur die notwendigen Kosten und Auslagen. Hierzu rechnen lediglich solche Aufwendungen, die eine verständige Partei im Hinblick auf die Bedeutung und die Schwierigkeit der Sache voraussichtlich betrieben hätte, soweit sie in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Streitgegenstand geprägten Gesamtkosten stehen.

3

Hiervon ausgehend hat das erkennende Gericht die dem Urkundsbeamten zu seiner Entscheidung noch nicht vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgelegten Fotokopien auf ihre Notwendigkeit hin überprüft und ist zu dem Schluss gelangt, dass die Kopien notwendig auch im Sinne des Grundsatzes der Kostenminimierung waren, so dass die geltend gemachten Kosten für Fotokopien vollständig erstattungsfähig sind.

4

Soweit der Kläger weiter einwendet, ihm seien auch die Kosten für den von ihm aus Gründen der Waffengleichheit in Anspruch genommenen privaten Sachverständigen Dr. H. zu erstatten, vermag er damit nicht vollständig zum Erfolg zu gelangen.

5

Ob die Kosten für private, d.h. nicht vom Gericht bestellte Sachverständige "notwendig" im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO sind, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Auffassung des Auftraggebers, sondern danach, wie eine verständige Partei, die bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Lage ihre Interessen wahrgenommen hätte. Dabei ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, weil andernfalls ein Verfahrensbeteiligter das Kostenrisiko zu Lasten anderer Beteiligter unkalkulierbar erhöhen könnte. (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.01.2008 - 8 E 1152/07 - m.w.N. zitiert nach juris).

6

Dabei ist zu berücksichtigen, dass in dem gem. § 86 VwGO von der Untersuchungsmaxime beherrschten verwaltungsgerichtlichen Verfahren von Amts wegen der Sachverhalt zu erforschen und der Umfang der Beweisaufnahme zu bestimmen ist. In diesem Verfahren sind daher zwangsläufig der Erstattungsfähigkeit der Kosten für private Sachverständige engere Grenzen gesetzt als in dem von der Verhandlungsmaxime beherrschten Zivilprozess, so dass die dort entwickelten Grundsätze nicht ohne weiteres zu übernehmen sind. Die Einholung eines Privatgutachtens durch eine Partei ist hiernach nur - ausnahmsweise - dann als notwendig anzuerkennen, wenn die Partei mangels genügender eigener Sachkunde ihr Begehren tragende Behauptungen nur mit Hilfe des eingeholten Gutachtens darlegen oder unter Beweis stellen kann. Außerdem ist der jeweilige Verfahrensstand zu berücksichtigen: Die Prozesssituation muss das Gutachten herausfordern, und dessen Inhalt muss auf die Verfahrensförderung zugeschnitten sein. Deshalb kann auch dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit Bedeutung zukommen, wenn eine Partei, die selbst fachunkundig ist, einer Partei gegenübersteht, die ihrerseits die den Rechtsstreit entscheidenden Fragen sachverständig zu beurteilen vermag (vgl. BayVGH, Beschluss vom 05.11.2007 - 23 C 07.2664 - zit. nach juris).

7

Ausgehend von diesen Grundsätzen war daher die Erstattung der Kosten für den vom Kläger herangezogenen Sachverständigen lediglich teilweise, nämlich bis zur Vorlage des vom Gericht selbst eingeholten Sachverständigengutachtens vom 15.12.2006 festzusetzen. Denn jedenfalls mit diesem Zeitpunkt hat das Gericht die vom Kläger bemühte Waffengleichheit wieder hergestellt, indem es im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt und den Sachverhalt damit erforscht hat. Soweit der Kläger angesichts des eingeholten Sachverstands des vom Gericht bestellten unabhängigen öffentlich Sachverständigen den von ihm beauftragten Sachverständigen Dr. H. weiter hinzugezogen hat, konnte ab diesem Zeitpunkt nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dies aus der Notwendigkeit geschah, mangels genügender eigener Sachkunde sein Begehren tragende Behauptungen nur mit Hilfe des von ihm selbst eingeholten Sachverstands darlegen oder unter Beweis stellen zu können. Es hätte vielmehr nun auch genügt, eigene Behauptungen und Ansichten laienhaft oder unter Bezugnahme auf die bisher vorliegenden Erkenntnisse zu formulieren und unmittelbar schriftlich oder mündlich in der Verhandlung am 07.10.2007 dem geladenen, unabhängigen, vom Gericht bestellten Sachverständigen zu unterbreiten. Das Gericht ist deshalb der Auffassung, dass die Prozesslage die weitere Beauftragung eines eigenen Sachverständigen ab dem oben genannten Zeitpunkt nicht mehr herausgefordert hat, da sich der Kläger nicht mehr in einer "prozessualen Notlage" befand, in der es ihm bei verständigem Prozessverhalten unausweichlich erscheinen musste, zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Interessen unaufgefordert weitere kostenintensive Maßnahmen zu ergreifen. Demnach sind lediglich die mit den Rechnungen des Sachverständigen Dr. H. vom 17.10.2005/17.12.2007 (Bl. 291 GA) über 1 975,02 € und vom 31.12.2006/19.04.2007/17.12.2007 (Bl. 292 GA) über 612,48 € geltend gemachten Kosten festzusetzen, die die Tätigkeit des Sachverständigen bis zum Tätigwerden des durch den gerichtlichen Beweisbeschluss beauftragten unabhängigen Sachverständigen umfassen.