Landgericht Verden
Urt. v. 26.09.2018, Az.: 8 O 32/18

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
26.09.2018
Aktenzeichen
8 O 32/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74041
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz gegen Rückgabe des bei der Beklagten erworbenen Pkw Mercedes-Benz A 200 CDI, in dem ein R 4-Dieselmotor M 651 verbaut ist.

Der Kläger erwarb von der Beklagten am 23. Juli 2014 einen Pkw Mercedes-Benz, Typ A 200 CDI zum Kaufpreis von insgesamt 32.730,95 € (Anlage K 6 = Anlageheft, Bl. 131 ff.d.A.). Die Auslieferung des Fahrzeugs erfolgte am 19. September 2014.

Der Kläger finanzierte das Fahrzeug über einen Darlehensvertrag.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2018 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte unter Fristsetzung zum 30. Januar 2018 unter Anrechnung gefahrener Kilometer von der Beklagten 34.077,79 € gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2018 wies die Beklagte die Ansprüche des Klägers zurück.

Der Kläger behauptet im Wesentlichen, der Motor in seinem Fahrzeug sei mit einer Steuerungssoftware ausgestaltet, die die Vornahme eines Emissionstests erkennt und lediglich in diesem Fall das volle Emissionskontrollsystem des Fahrzeugs aktiviere. Hierdurch würden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte erzielt und auch nur dann die nach der im Einzelfall einschlägigen Abgasnorm (Euro 5 oder Euro 6) vorgegebenen Stickstoffoxidwerte eingehalten. Das Fahrzeug halte die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgrenzen an Stickoxidausstoß nicht ein. Dafür spreche auch ein Gutachten des Niederländischen Umweltinstituts TNO, bei dem insgesamt 16 Fahrzeuge untersucht worden seien, u.a. ein Pkw Mercedes-Benz C-Klasse, 220 CDI Blue TEC, in dem ein Motor mit der Bezeichnung OM 651 verbaut gewesen sei. Es liege eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, weil auf das Emissionskontrollsystem eingewirkt werde, ohne dass es dabei erheblich sei, in welcher Weise dies geschehe. Auch wenn die Einwirkung auf einer technisch vorgelagerten Stufe geschehe, handele es sich um eine Abschalteinrichtung. Es sei auch nicht zutreffend, dass die für das Fahrzeug erteilte EG-Typengenehmigung unverändert wirksam und vom KBA nicht aufgehoben worden sei. Das Fahrzeug weise daher einen erheblichen Minderwert aus. Eine Nachbesserung sei nicht möglich, weil die Maßnahmen zur Verringerung der Stickoxidwerte negative Auswirkungen auf das Fahrzeug infolge erhöhten Verschleißes, einer Minderung der Haltbarkeit des Fahrzeuges, deutlich erhöhte Verbrauchswerte und reduzierte Leistungswerte habe.

Da eine Nachbesserung nicht zumutbar sei, könne ohne vorherige Aufforderung zur Nacherfüllung vom Kaufvertrag zurückgetreten werden.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.062,22 € nebst Zinsen in Höhe von 4.186,44 €, sowie weitere Zinsen aus 33.173,89 € in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 1. August 2018 zu zahlen und den Kläger von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der Mercedes-Benz Bank AG in Höhe von derzeit noch 259,95 € freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Mercedes Benz A 200 CDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer <Nr.> und Übertragung des dem Kläger gegenüber der Mercedes-Benz Bank AG zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeuges.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges seit dem 17. Januar 2018 in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die D Rechtsschutz-Versicherung AG zur Schadennummer: <Nr.> vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.324,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten, sowie den Kläger von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 708,11 € freizustellen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden zu ersetzen, die dieser aus der Manipulation des Motors oder entsprechenden Behebungsmaßnahmen des im Antrag zu 1) genannten Fahrzeuges erleidet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, in dem Fahrzeug des Klägers sei keine Programmierung verwendet, die manipulativ so gestaltet sei, dass im Straßenbetrieb ein anderes Emissionsverhalten erzielt werde als auf dem Prüfstand. In dem Pkw sei gerade keine Software verbaut, die allein auf dem Prüfstand den Stickstoffausstoß reduziere. Bei ansonsten gleichen Betriebsbedingungen verhalte sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand genauso wie auf der Straße. Das Fahrzeug erfülle die Euro-6-Norm. Letztlich sei auch unerheblich, welches Emissionsverhalten ein Fahrzeug außerhalb der maßgeblichen gesetzlichen Prüfbedingungen zeige. Für vor dem 1. September 2017 erteilte Typengenehmigungen seien allein die Vorschriften über die Verbrauchs- und Abgasmessungen unter detailliert geregelten Prüfstands-, also Laborbedingungen, maßgeblich. Außerdem liege für den Pkw eine bestandskräftige und uneingeschränkt wirksame EG-Typengenehmigung vor. Daraus folge, dass das Fahrzeug den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Soweit es mittlerweile zu Rückrufen durch das KBA gekommen sei, sei dies unerheblich, weil davon das Fahrzeug des Klägers nicht betroffen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist unbegründet.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch aus §§ 433, 434 Abs. 1, 437 Nr. 3, 280, 281 BGB auf Schadensersatz aus dem Kaufvertrag zu.

a) Auch wenn der Kläger offenbar seine Schadensersatzforderung nur auf § 826 BGB stützen will, hat das Gericht auch den kaufvertraglichen Schadensersatzanspruch zu prüfen.

b) Ein solcher Schadensersatzanspruch scheitert bereits daran, dass der Kläger für das Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses nicht substantiiert vorgetragen hat. Darauf hat die Kammer in der Ladungsverfügung hingewiesen.

Die Behauptung des Klägers, es läge eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, ähnlich wie bei VW-Fahrzeugen, ist seitens der Beklagten umfangreich bestritten worden. Angesichts dessen stellt sich die Behauptung des Klägers als schlichte Mutmaßung und Behauptung ins Blaue hinein dar. Irgendwelche Tatsachen konkreter Art, die für einen Mangel bei Gefahrübergang sprechen, trägt der Kläger nicht vor. Soweit er sich auf ein holländisches Gutachten bezieht, ist nicht einmal ein Fahrzeug seines Typs betroffen. Die Schlussfolgerung des Klägers, wenn es bei einem Pkw der C-Klasse Fehler gebe, müsse dies auch bei seinem Fahrzeug so sein, zeigt bereits, dass nur Mutmaßungen vorliegen.

Im Übrigen werden Argumentationsstrukturen übernommen, die die Kammer aus vielen Prozessen, bei der es um Fahrzeuge des VW-Konzerns geht, bekannt sind. Ohne Tatsachengrundlage können diese Argumentationen aber nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden.

Schließlich ist es nicht einmal zu einem Rückruf des KBA hinsichtlich des Fahrzeugs, das der Kläger erworben hat, gekommen. Auch wenn es mittlerweile zum Rückruf von 280.000 Fahrzeugen gekommen ist, legt der Kläger nicht dar, dass davon sein Fahrzeug betroffen ist. Dass das KBA den Rückruf angeordnet hat, dies hinsichtlich anderer Fahrzeuge als vom Kläger erworben, lässt nicht den Schluss zu, dass ein Mangel an dem Fahrzeug des Klägers (unzulässige Abschalteinrichtung o.ä.) vorliegt. Im Übrigen bedeutet selbst der Rückruf des KBA nicht, dass damit hinreichender Vortrag für einen Mangel vorliegt. Auch hier gilt, dass man aus Anordnungen des KBA nicht darauf schließen kann, dass diese richtig sind bzw. dass deshalb ein Mangel an dem Fahrzeug vorliegt.

c) Soweit der Kläger auf Entscheidungen anderer Gerichte verweist, ist dies für die Kammer ohne Relevanz. Sollten die Sachverhalte in diesen Verfahren so gelagert sein, wie vorliegend, hält die Kammer die Verfahrensweise der anderen Gerichte für nicht korrekt. Die dort ergangenen Beweisbeschlüsse sind, bei unterstellt gleichem Sachverhalt wie hier, fraglos Ausforschungsbeweise, die unzulässig sind.

2. Dementsprechend liegen auch keine Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder § 826 BGB vor. Wenn bereits kein hinreichender Vortrag zu Mängeln vorliegen, kann keine Täuschungshandlung der Beklagten vorliegen und dann hat die Beklagte auch den Kläger nicht vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.

Im Übrigen fehlt zum Vorsatz der Ansprüche ohnehin ausreichender Vortrag dazu, wer bei der Beklagten die Täuschungshandlung oder die sittenwidrige Schädigung vorgenommen haben soll. Gemäß § 31 BGB ist Vorsatz der Organe der Beklagten (Vorstand) erforderlich.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Der Streitwert wird entsprechend des Beschlusses vom 8. Februar 2018 (Bl. 31 d.A.) auf 34.679,38 € festgesetzt.

Die Teilerledigung im Schriftsatz vom 13. August 2018, der die Beklagte widersprochen hat, führt zu keiner Streitwertveränderung. Bei Teilerledigungserklärungen, die nicht übereinstimmend sind, verbleibt es bei dem ursprünglichen Streitwert.