Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.12.2002, Az.: 3 V 372/02

Voraussetzungen für erhöhte Absetzung bei Baumaßnahmen an Gebäuden zur Schaffung neuer Mietwohnungen nach Einkommensteuergesetz

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
10.12.2002
Aktenzeichen
3 V 372/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 14048
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2002:1210.3V372.02.0A

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Förderung nach § 7c EStG setzt die vorherige - durch einen Bauantrag veranlasste - Überprüfung des Bauvorhabens durch die zuständige Behörde voraus.

  2. 2.

    Eine nach der Herstellung erteilte Baugenehmigung ist nicht für vorausgegangene VZ zu berücksichtigen.

Tatbestand

1

Zwischen den Parteien ist im Hauptsacheverfahren (3 K 326/02) streitig, ob dem Antragsteller für die Jahre 1995 bis 1998 die erhöhte Absetzung für Baumaßnahmen an Gebäuden zur Schaffung neuer Mietwohnungen gemäß § 7 c EStG zusteht.

2

Der Antragsteller führte im Jahr 1995 an zwei ihm gehörenden Mietshäusern in A. und B. Umbauten zur Schaffung neuer Mietwohnungen durch. Für die Jahre 1995 bis 1998 machte er die erhöhte Abschreibung nach § 7 c EStG i.H. von 20 v.H. der Bemessungsgrundlage (insgesamt jährlich DM 92.280) geltend.

3

Das Finanzamt gewährte die beantragte Sonderabschreibung nicht, da die Umbauten unstreitig ohne zuvor erteilte Baugenehmigung erfolgten und diese auch bis zum Ende der Streitjahre nicht vorlag.

4

Der Antragsgegner lehnte die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab.

5

Hiergegen begehrt der Antragsteller gerichtlichen Rechtsschutz.

6

Nach dem Wortlaut des § 7 c EStG sei allein erforderlich, dass ein Bauantrag nach dem 02.10.1989 gestellt werde. Es sei nicht erforderlich, dass dieser vor Beginn der Baumaßnahme gestellt werde. Das Bauvorhaben sei von Architekten begleitet worden. Diese seien der Ansicht gewesen, dass Bauanträge nicht erforderlich seien. Bauanträge seien zwischenzeitlich am 27.10.1999 und am 12.11.1999 gestellt worden; für das Objekt in A. sei am 04.11.1999 die Baugenehmigung erteilt worden. Er habe zudem dem Landkreis D. den Beginn der Bauarbeiten im Juni 1995 angezeigt. Ein sog. "Schwarzbau" liege daher nicht vor.

7

Der Antragsgegner beantragt,

den Aussetzungsantrag zurückzuweisen.

8

Er hält an seiner Rechtsauffassung fest.

9

Soweit der Antragsteller die Sonderabschreibung nach § 7 c EStG geltend mache, sei ein vor Beginn der Bauarbeiten gestellter Bauantrag unverzichtbar. Der Sachbearbeiter des Landkreises D. habe dem Finanzamt zudem am 15.05.2002 mitgeteilt, dass im Jahr 1995 nicht konkret über Erweiterungen oder Ausbauten gesprochen worden sei. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Schreiben des Landkreises D. (Bl. 111, 112 der Rechtsbehelfsakte) Bezug genommen.

Gründe

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Der Antrag ist unbegründet.

11

1.

Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

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a)

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

13

1.

Gemäß § 7c Abs. 2 EStG sind Objekte begünstigt, für die nach dem 02.10.1989 der Bauantrag gestellt beziehungsweise mit deren Herstellung nach diesem Zeitpunkt begonnen wurde und die bis zum 31.12.1996 fertiggestellt wurden. Aus dieser - zeitlichen - Bezugnahme auf den Bauantrag ergibt sich nach allgemeiner Meinung (Blümich/Erhard, EStG Rz. 3; Joecks in Kirchhof/Söhn, EStG, § 7c Rz. C 9 m.w.N.; Spanke, DB 1990, 143), der sich der erkennende Senat anschließt, dass der Tatbestand des § 7c EStG nicht erfüllt ist, wenn der Steuerpflichtige eine baugenehmigungspflichtige Maßnahme durchführt, ohne die erforderliche Baugenehmigung zu haben. Das Vorliegen eines Bauantrages und damit die formelle Baurechtmäßigkeit ist bei genehmigungspflichtigen Maßnahmen notwendige Bedingung für die Förderung nach § 7c EStG. Da im Streitjahr 1995 die Baugenehmigung weder beantragt noch bis zum Ende des Streitjahres 1998 erteilt worden war, kommt eine erhöhte AfA gemäß § 7c EStG im Streitfall nicht in Betracht. Der nachträgliche Bauantrag in 1999 und die daraufhin im selben Jahr erteilte Baugenehmigung (zumindest für das Objekt in A.) entfalten insoweit keine Rückwirkung auf die Streitjahre. Die Tatbestandsvoraussetzungen waren in diesem Jahr - endgültig und unheilbar - nicht erfüllt. Der BFH hat zu § 10e EStG entschieden, dass eine nachträglich erteilte Baugenehmigung nicht dazu führt, dass die Steuerbegünstigung für einen vor dem Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung liegenden Veranlagungszeitraum gewährt werden kann (BFH-Urteil vom 02.06.1999 X R 84/97, BStBl II 1999, 857; BFH-Beschluß vom 21.12.2000 X B 71/00, BFH/NV 2001, 772).

14

Dass die Förderung nach § 7c EStG dabei ebenfalls die vorherige - durch einen Bauantrag veranlaßte - Überprüfung des Bauvorhabens durch die zuständige Behörde voraussetzt und eine nach der Herstellung erteilte Baugenehmigung deshalb nicht für vorausgegangene Veranlagungszeiträume zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus § 7c Abs. 2 Nr. 1 EStG. Hiernach wird der zeitliche Geltungsbereich der Vorschrift für genehmigungspflichtige Baumaßnahmen nach dem Zeitpunkt bestimmt, in dem der Bauantrag gestellt worden ist. Die zeitliche Anwendungsregelung des § 7c Abs. 2 Nr. 1 EStG entspricht im wesentlichen der vom BFH angeführten Vorschrift des § 52 Abs. 14 Satz 3 EStG. Ungeschriebene tatbestandliche Voraussetzung für die Förderung ist deshalb auch bei § 7c EStG die vorherige Einholung der Baugenehmigung. Im Übrigen enthält auch die Baugenehmigung selbst nur eine Aussage für die Zukunft, nämlich die Erklärung der zuständigen Behörde, dass dem beabsichtigten Bau nach dem zur Zeit der Entscheidung über den Bauantrag geltenden öffentlichen Recht Hindernisse nicht entgegenstehen (vgl. z.B. Werner/Pastor/Müller, Baurecht von A - Z, 6. Aufl. 1995, Stichwort "Baugenehmigung" S. 161; Gädtke/Böckenförde/Temme, Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, 8. Aufl., § 70 Rz. 44, m.w.N.; Drenseck in Schmidt, § 7 c Anm. 5). Für vor dem Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung liegende Veranlagungszeiträume enthält hiernach auch die Baugenehmigung keine Feststellung der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem materiellen Baurecht, so dass bereits unter diesem Gesichtspunkt die o.g. Tatbestandsvoraussetzung des § 7c EStG, nämlich die formelle Baurechtmäßigkeit, im Streitjahr nicht vorgelegen haben kann.

15

Es kommt hinzu, dass nach der Mitteilung des Landkreises D. dem Antragsteller gerade nicht mitgeteilt worden ist, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich sei. Da im Aussetzungsverfahren nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen sind, muss es bei der seitens des Landkreises D. erteilten Auskunft verbleiben. Eine etwaige Ausnahme von dem Erfordernis einer vor Baubeginn erteilten Baugenehmigung ist daher im Streitfall nicht gegeben.

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2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.