Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.12.2002, Az.: 11 K 335/02

Abzugsfähigkeit von Aufwendungen eines nebenberuflichen Fachbuchautors für einen Syltaufenthalt als Betriebsausgaben

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
12.12.2002
Aktenzeichen
11 K 335/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 11502
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2002:1212.11K335.02.0A

Fundstellen

  • BBK 2003, 489
  • DStRE 2003, 901-902 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2003, 597-599
  • INF 2003, 286
  • KÖSDI 2003, 13744
  • NWB 2003, 732
  • StLex 2004
  • StuB 2003, 755

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer betrieblicher (beruflicher) Zweck zugrunde liegt, sind i.d.R. ausschließlich der betrieblichen (beruflichen) Sphäre zuzuordnen, selbst wenn die Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden.

  2. 2.

    Reist ein nebenberuflich tätiger Fachbuchautor nach Sylt, um dort die Zweitauflage seines Fachbuches zu erstellen, die anschließend wirtschaftlich ausgewertet wird und zu steuerpflichtigen Einnahmen führt und macht er diese Reise ohne seine Familie, so sind die Aufenthaltstage auf Sylt als <betonung>"Arbeitstage"</betonung> im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit zu werten.

  3. 3.

    Der Umstand, dass die Insel Sylt ein bekannter Touristen- und Erholungsort ist, muss dem nicht entgegenstehen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen des Klägers anlässlich eines Hotelaufenthaltes auf Sylt im Jahr 2001 als Betriebsausgaben abziehbar sind.

2

Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder (geb. 1991 und 1993). Er bezieht als Dozent an einer Fachhochschule Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Jahr 1998 erschien die erste Auflage seines Fachbuchs "Handbuch ......". Daraus erzielt der Kläger Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, die er im Jahr 2000 mit xxx DM (einschließlich Gutachterhonorare) und im Streitjahr mit xxx DM erklärte. In der eigenen Wohnung steht dem Kläger ein Arbeitszimmer zur Verfügung. Die Aufwendungen dafür erkannte der Beklagte im Rahmen des gesetzlichen Höchstbetrags als Werbungskosten an. Im übrigen hat der Kläger in der Fachhochschule ein eigenes Büro.

3

Mit seiner Steuererklärung für das Streitjahr beantragte er u.a. den Abzug von Aufwendungen in Höhe von 3.061,82 DM (Fahrtkosten, Hotelkosten, Verpflegungsmehraufwendungen) als "Werbungskosten" mit der Begründung, die Abgabe des Manuskriptes für die zweite Auflage des Fachbuches sei für Ende Februar 2001 festgelegt worden. Um diesen Termin halten zu können, habe er sich allein, völlig ungestört mit der notwendigen Büroausstattung (Notebook, Drucker usw.) in ein Hotel in Westerland auf Sylt (Anreise 1. Februar 2001, Abreise 11. Februar 2001 laut Hotelrechnungen) zurückgezogen. Nach der vorgesehenen Zeit von sieben Tagen sei er mit den Arbeiten jedoch noch nicht fertig gewesen und habe deshalb das Hotel wechseln müssen. Nach weiteren drei Tagen sei er mit dem fertigen Manuskript der zweiten Auflage des Fachbuches abgereist und habe das Manuskript am 28. Februar 2001 dem X-Verlag in W. übergeben. Die Reiseaufwendungen zur Manuskriptübergabe hat der Beklagte als Werbungskosten berücksichtigt. In einer schriftlichen Mitteilung vom 1. Juni 2001 hat der Verlag das Erscheinen der 2. Auflage des Fachbuchs dem Kläger mitgeteilt. Die Zweitauflage hat einen Umfang von 573 Seiten mit 246 Abbildungen und 65 Tabellen.

4

Der Beklagte lehnte es ab, die Aufwendungen für den Syltaufenthalt als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der vom Kläger gewählte Ort sei üblicherweise Ziel privater Urlaubs- oder Erholungsreisen. Nach objektiven Maßstäben sei deshalb davon auszugehen, dass auch private Interessen von nicht untergeordneter Bedeutung ausschlaggebend für die Auswahl gewesen sei. Neben der konzentrierten und anstrengenden Arbeit des Klägers sei davon auszugehen, dass auch der Erholungswert einen nicht unwesentlichen Teil der Reise ausgemacht habe. Schließlich habe der Kläger das Hotelzimmer nicht nur zum Arbeiten genutzt. Vielmehr habe dort sein gesamtes privates Leben in dem betreffenden Zeitraum stattgefunden.

5

Der dagegen erhobene Einspruch blieb aus diesen Gründen erfolglos. Dagegen richtet sich die Klage.

6

Der Kläger trägt vor, die erste Auflage seines Fachbuches sei Mitte 2000 vergriffen gewesen. Der Verlag habe rechtzeitig eine Zweitauflage auf den Markt bringen wollen, um die rege Nachfrage ohne wirtschaftlichen Verlust erfüllen zu können. Dies habe für ihn eine komplette Überarbeitung des ursprünglichen Manuskripts bedeutet. Nach längerer Überzeugungsarbeit habe sich der Verlag darauf eingelassen, die endgültige Manuskriptübergabe auf Ende Februar 2001 zu terminieren. Dieser Termin sei von ihm - dem Kläger - vorgeschlagen worden, um die vorlesungsfreie Zeit an der Hochschule für die Überarbeitung zu nutzen. Da er weder im Büro in der Hochschule (Bauarbeiten in den Semesterferien) noch zu Hause wegen der Familie völlig ungestört und intensiv nur an einer Sache habe arbeiten können, habe er beschlossen, sich für die benannte Zeit an einen ruhigen Ort zurückzuziehen. Der vereinbarte Abgabetermin sei nicht einzuhalten gewesen, wenn er im Arbeitszimmer im eigenen Haus oder im Büro in der Fachhochschule gearbeitet hätte.

7

Nach bestimmten Vorgaben habe er sich einen Ort gesucht, der sowohl völlige Ungestörtheit und Abgeschiedenheit, als auch Verpflegungsmöglichkeiten im Haus oder näherer Umgebung habe gewährleisten können. Weiter seien eine schnelle Erholungsmöglichkeit in den Arbeitspausen, gute Erreichbarkeit mit dem Auto und ausreichende Arbeitsmöglichkeiten vor Ort ausschlaggebend gewesen.

8

Die Wahl sei auf die Nordsee gefallen, weil die Insel Sylt mit dem Auto gut erreichbar gewesen sei und über das Internet zur Winterzeit günstige Angebote in den wenigen geöffneten Hotels zu finden gewesen seien. Innerhalb des ersten Hotels habe er nach Ankunft ein anderes Zimmer belegen müssen, weil das ihm zunächst zugewiesene Zimmer nicht über einen ausreichenden Arbeitsplatz (Schreibtisch) verfügt habe. Die antransportierte Büroausstattung habe aus dem Notebook, Drucker, Scanner, mehreren Körben mit Büchern, Akten, Literatur, den 236 Bildern der Erstauflage sowie Zeichenausrüstung für selbst anzufertigende neue Abbildungen bestanden.

9

Da nach einer Woche Arbeitszeit das Ziel noch nicht erreicht gewesen sei und er das im zunächst bewohnten Hotel gebuchte Zimmer nicht habe verlängern können, sei er in ein anderes Hotel umgezogen (Wechsel am 8. Februar, Abreise 11. Februar 2001). Dieses Hotel sei etwas teurer gewesen als das ursprüngliche.

10

Soweit das beklagte Finanzamt auf eine nicht unerhebliche private Mitveranlassung für den Syltaufenthalt schließe, sei darauf hinzuweisen, dass eine Reise im Februar - ohne Familie - nach Sylt mit einer umfangreichen Büroausstattung im Auto, erkennbar gerade nicht der privaten Erholung diene. Urlaubsreisen veranstalte er üblicherweise mit der gesamten Familie, wobei bisher ausschließlich die Berge das Familienurlaubsziel gewesen sei. Dazu legt der Kläger eine Unterkunftsabrechnung für vier Personen des Vorjahres (12. August 2000) eines Beherbungsbetriebs in Bad Tölz vor.

11

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Einkommensteuer 2001 soweit herabzusetzen, als sie sich bei weiterer Berücksichtigung von Betriebsausgaben in Höhe von 3.061,82 DM ergibt.

12

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Es bleibt bei seiner im Veranlagungs- und Rechtsbehelfsverfahren vertretenen Auffassung, die Aufwendungen für den Syltaufenthalt seien so genannte gemischte Aufwendungen, die sowohl dem beruflichen Interesse des Klägers als Fachbuchautor als auch seiner privaten Erholung gedient hätten. Da eine Aufteilung in die einzelnen Bereiche nicht möglich sei, müsse der Abzug als Betriebsausgaben insgesamt nach § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verneint werden.

Gründe

14

Die Klage ist begründet.

15

Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtswidrig. Die Ablehnung des Betriebsausgabenabzugs ist unzutreffend. Der Kläger wird dadurch in seinen Rechten verletzt.

16

Die Aufwendungen des Klägers für die Reise nach Sylt, den Hotelaufenthalt und die Verpflegungsmehraufwendungen für diese Zeit sind als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus selbstständiger, schriftstellerischer Tätigkeit abziehbar. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG greift nicht ein.

17

I. Grundsätze zur Abziehbarkeit vom Reiseaufwendungen

18

Die Abziehbarkeit von Aufwendungen als Betriebsausgaben setzt voraus, dass sie durch den Betrieb oder die selbstständige Berufstätigkeit veranlasst sind. Sie sind nicht abziehbar, wenn die aus betrieblichen/beruflichen Gründen erwachsenen Kosten zugleich Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen darstellen. Diese so genannten gemischten Aufwendungen sind nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG vom Abzug ausgeschlossen. Sie werden vom Gesetz den typischen, nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung gleichgestellt.

19

Die Rechtsprechung hat bislang für die Beantwortung der Frage, ob für eine Reise zu betriebsbezogenen Reisezielen in nicht unerheblichem Umfang Gründe der privaten Lebensführung eine Rolle gespielt haben, in erster Linie auf den Zweck der Reise abgestellt. Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer betrieblicher (beruflicher) Zweck zu Grunde liegt, sind danach in der Regel ausschließlich der betrieblichen (beruflichen) Sphäre zuzuordnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden (BFH-Urteil vom 18. Oktober 1990 IV R 72/89, BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92). In derartigen Fällen müssen die Beurteilungsmerkmale, die jeweils für eine private oder betriebliche (berufliche) Veranlassung sprechen, gegeneinander abgewogen werden (BFH-Urteil vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19).

20

Sprechen Indizien für eine nicht nur untergeordnete private Mitveranlassung der Reise, so können die Reisekosten nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn auf Grund anderer Indizien feststeht, dass die Reise nahezu ausschließlich aus betrieblichen/beruflichen Gründen unternommen wurde (BFH-Urteil vom 16. Oktober 1986 IV R 138/83, BFHE 148, 262 [BFH 10.10.1986 - VI R 178/83], BStBl II 1987, 208). Die Reisetage müssen dann wie normale Arbeitstage mit betrieblicher (beruflicher) Tätigkeit ausgefüllt sein (BFH-Urteile vom 25. März 1993 VI R 14/90, BFHE 171, 206, BStBl II 1993, 559, und vom 30. April 1993 VI R 94/90, BFHE 171, 242, BStBl II 1993, 674, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1993, 636).

21

Der Beklagte hat die Grundsätze dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, in der Einspruchsentscheidung zwar zutreffend dargestellt, der Senat folgt aber nicht der dort vorgenommenen Indizienabwägung.

22

II. Berufliche Veranlassung des Syltaufenthalts

23

Der Vortrag des Klägers und die Indizien (Erstauflage des Fachbuchs 1998, wirtschaftliche Verwertung wegen der regen Nachfrage durch alsbaldige Zweitauflage, Reise zur Manuskriptabgabe am 28. Februar 2001 beim Verlag, Erscheinen der 2. Auflage im Juni 2001) lassen den Senat zur der Überzeugung gelangen, dass die Reise und der Aufenthalt auf Sylt einen berufsbezogenen Anlass hatten. Der Kläger hat dort die Zweitauflage seines Fachbuchs erstellt, die anschließend wirtschaftlich ausgewertet wurde und zu steuerpflichtigen Einnahmen - über die beiden Auflagen hinweg auch zu positiven Einkünften - geführt hat. Anhaltspunkte, die für einen anderen als den berufsbezogenen Anlass sprechen könnten (Urlaub, Freitzeitaktivitäten u. Ä.) sind weder dem Vortrag der Beteiligten noch den Akten zu entnehmen, weshalb der Senat dem Vortrag des Klägers auch insoweit Glauben schenkt, dass er mit der notwendigen Büroausstattung auf die Insel gereist ist. Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass der Kläger die Tage auf Sylt zur Neubearbeitung seines Fachbuchs genutzt hat, die Aufenthaltstage also als "Arbeitstage" im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit zu werten sind. Für diese Annahme spricht zudem, dass das Manuskript als bald nach der Rückkehr (11. Februar 2001) am 28. Februar 2001 dem Verlag übergeben wurde und die Zweitauflage tatsächlich im Juni 2001 erschienen ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Zweitauflage umfangreicher ist als die Erstauflage. Die Seitenzahl erhöhte sich von 549 Seiten auf 573 Seiten; die Anzahl der selbstgezeichneten Abbildungen von 236 auf 246.

24

III. Bedeutung des Reiseziels als bekannter Touristen- und Erholungsort

25

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH gehören allerdings Aufwendungen für das Wohnen grundsätzlich zu den typischen Kosten der Lebensführung im Sinne von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG (z. B. BFH-Urteile vom 29. März 1979 IV R 137/77, BFHE 128, 196, BStBl II 1979, 700, und vom 28. August 1991 VI R 59/87, BFH/NV 1992, 34). Das gilt für die Nutzung einer Ferienwohnung ebenso wie für die Nutzung eines Hotels in einem typischen Feriengebiet (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1992 I R 32/92, BFHE 170, 354, BStBl II 1993, 399, unter 11 B 3. b), als das die Insel Sylt einzustufen ist. Dementsprechend stellen auch die Fahrtkosten zur Ferienwohnung rsp. Hotel sowie die Aufwendungen für die Verpflegung während des Aufenthalts typische Kosten der Lebensführung dar (BFH-Urteile in BFHE 128, 196, BStBl II 1979, 700, und in BFHE 170, 354, BStBl II 1993, 399).

26

Ausnahmsweise können Aufwendungen für eine Wohnung rsp. eines Hotelaufenthalts jedoch in besonderen Fällen betrieblich/beruflich veranlasst sein; diese Räumlichkeiten müssen dann nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt worden sein (BFH-Urteile vom 8. Juli 1976 IV R 100/72, BFHE 119, 557, BStBl II 1976, 776, und vom 30. März 1989 IV R 45/87, BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509). Das gilt insbesondere für ein Arbeitszimmer innerhalb, aber auch außerhalb einer Wohnung, wenn dieses Zimmer so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke verwendet wird und seine Benutzung als Wohnraum so gut wie ausgeschlossen ist (BFH-Urteile in BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509, und in BFH/NV 1992, 34). Ob das anzunehmen ist oder nicht, hängt wiederum von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteil in BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509). Das muss entsprechend auch für die Kosten einer Reise zu der Ferienwohnung oder zu dem Hotel gelten.

27

Erfahrungsgemäß wird ein Hotel in einem Feriengebiet für Zwecke der privaten Lebensführung benutzt. Von diesem Erfahrungssatz ist in erster Linie auszugehen, wenn der Hotelaufenthalt in der allgemeinen Urlaubszeit stattgefunden hat. Das ist im bei der Reise des Klägers nicht der Fall. Unabhängig von der Frage, ob die Insel Sylt das ganze Jahr über wegen ihres besonderen Klimas, den geografischen Gegebenheiten und dem dort anzutreffenden Ambiente als Urlaubs- und Erholungsziel einzustufen wäre, woran der Senat zweifelt, muss im Streitfall festgehalten werden, dass der Kläger im Februar auf der Insel gearbeitet hat, also zu einer Zeit, die herkömmlicherweise gerade nicht, auch nicht auf Sylt, als klassische Urlaubszeit mit besonderem Erholungswert angesehen werden kann. Hinzukommt, dass sich der Aufenthalt nur auf einige wenige Tage (2. Februar bis 11. Februar 2001) erstreckt hat.

28

IV. Abzugsverbot von Aufwendungen der Lebensführung

29

Das Verbot in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, Aufwendungen der privaten Lebensführung nicht steuermindernd zu berücksichtigen, kommt im Streitfall nicht zum Tragen.

30

Dem Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass die Entscheidung des Klägers für die Insel Sylt nicht völlig losgelöst von privaten Interessen gesehen werden kann. Der Kläger hat schriftsätzlich, aber auch im Erörterungstermin, vorgetragen, dass er einen Ort gesucht habe, an dem er sich in seinen Arbeitspausen möglichst schnell habe regenerieren können, um die Arbeiten an der Zweitauflage zeitlich nicht zu sehr auszudehnen und den verabredeten Abgabetermin einzuhalten. Eine solche schnelle Erholung von anstrengender geistiger Arbeit sei ihm nicht am Heimatort möglich gewesen. Die Nordsee habe sich auf Grund der klimatischen Gegebenheiten dazu besser geeignet. Soweit in dieser Motivation überhaupt eine private Mitveranlassung für den Inselaufenthalt gesehen kann, ist lediglich nur von sehr untergeordneter Bedeutung. Jedwede Arbeitspause während eines Arbeitstages dient letztlich der geistigen und körperlichen Regeneration, dem persönlichen (privaten) Wohlergehen, ohne dass dadurch die berufliche Veranlassung eines Arbeitstages im steuerrechtlichen Sinne in Frage zu stellen ist. Für den Senat ist deshalb auf Grund allgemeiner Lebenserfahrung nachvollziehbar, dass gerade die Abgeschiedenheit und Ruhe auf der Insel im Februar, das Klima und die Umgebung besonders geeignet sind, ein effektives Arbeiten mit kurzen Erholungsphasen zu gewährleisten. Die zuvor festgestellte ausschließlich berufliche Veranlassung der Reise und des Inselaufenthalts wird durch die - nach Auffassung des Beklagten - besondere Exklusivität des Reiseziel nicht in Zweifel gezogen, weshalb auch die Verpflegungsmehraufwendungen zu den beruflich veranlassten Aufwendungen gehören.

31

Der Beklagte hat gegen die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen keine Einwendungen erhoben. Solche sind auch aus den Akten nicht erkennbar. Die bisher festgesetzte Einkommensteuer ist deshalb insoweit herabzusetzen, als sie sich bei Abzug weiterer Betriebsausgaben von 3.061,82 DM ergibt. Die Berechnung der Steuer wird der Beklagte vornehmen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

32

V. Nebenentscheidungen

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.