Landgericht Osnabrück
Urt. v. 03.03.1999, Az.: 16 O 113/98

Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage einer GmbH; Umfang der Rechte eines Konkursverwalters

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
03.03.1999
Aktenzeichen
16 O 113/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 30101
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:1999:0303.16O113.98.0A

Fundstellen

  • NZI 2001, 70
  • ZInsO 2000, 228-229 (Volltext mit red. LS)

Tatbestand

1

Der Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen der ... (nachfolgend Gemeinschuldnerin genannt) macht einen Anspruch auf Zahlung von Stammeinlage geltend.

2

Die Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen mit Beschluss des AG Osnabrück v. 25. 3. 1998 das Konkursverfahren eröffnet worden ist, wurde mit notariellem Vertrag v. 30. 10. 1996 gegründet. Die Beklagte als einzige Gründungsgesellschafterin zeichnete einen Stammkapitalbetrag i.H.v. 50.000 DM. Nach § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages war dieser voll in bar zu leisten.

3

Die Beklagte zahlte am 30. 10. 1996 den Betrag von 50.000 DM auf das neu errichtete Konto der Gemeinschuldnerin bei der Bank in Osnabrück mit dem Tilgungsvermerk "Stammkapital" ein. Die Gemeinschuldnerin wurde mit Schreiben v. 7. 11. 1996 zum Handelsregister eingetragen und dort am 25. 11. 1996 eingetragen.

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Zwischen der Gemeinschuldnerin und der Firma GmbH & Co. KG in Osnabrück, deren Komplementärin die Gemeinschuldnerin war und deren einzige Kommanditistin die Beklagte ist, wurde am 14. 11. 1996 ein Darlehensvertrag über 50.000 DM abgeschlossen. Aufgrund dieser vertraglichen Vereinbarung überwies die Gemeinschuldnerin an die Firma GmbH & Co. KG als Darlehensnehmerin mit Wertstellung zum 18. 11. 1996 den Betrag von 30.000 DM und mit Wertstellung zum 27. 11. 1996 den weiteren Betrag von 20.000 DM.

5

Mit notariellem Vertrag v. 15. 12. 1997 trat die Beklagte sämtliche Geschäftsanteile der Gemeinschuldnerin unentgeltlich an die Firma GmbH & Co. KG in Osnabrück ab. Über das Vermögen dieser Gesellschaft ist durch Beschluss des AG Osnabrück v. 10. 3. 1998 das Konkursverfahren eröffnet worden.

6

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Beklagte mit ihrer damaligen Zahlung von 50.000 DM ihre Einlageverpflichtung nicht erfüllt habe, da es sich dabei um eine verdeckte Sacheinlage gehandelt habe. Die Darlehensgewährung sei nämlich ohne jegliche rechtliche Verpflichtung vorgenommen worden, denn die Gemeinschuldnerin habe als Komplementärin keine Einlageverpflichtung an der Kommanditgesellschaft gezeichnet. Die Beklagte sei deshalb zur erneuten Zahlung verpflichtet.

7

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. 10. 1996 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer verdeckten Sacheinlage hier nicht gegeben seien, da es sich bei der Darlehensnehmerin um die Betreiber-KG im Rahmen des Organgebildes "GmbH & Co. KG" gehandelt habe. Die Gemeinschuldnerin habe seinerzeit das Kapital nicht benötigt und es deshalb in kaufmännisch korrekter Weise der Betreiber-KG für betriebliche Zwecke zur Verfügung gestellt, was nicht zu beanstanden sei. Der Begriff der Bargründung bedeute nämlich nicht, dass die Gemeinschuldnerin die Bareinlage habe thesaurieren müssen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage ist begründet.

12

Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 Abs. 5 GmbHG einen Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage in der geltend gemachten Höhe.

13

Zwar hat die Beklagte als alleinige Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin selbst nach Darstellung des Klägers die von ihr nach dem Gesellschaftsvertrag geschuldete Barstammeinlage von 50.000 DM am 30. 10. 1996 auf das Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin gezahlt. Damit wäre die mit der von der Beklagten gehaltenen Stammeinlage verbundene Zahlungsverpflichtung an sich nach § 362 BGB durch Erfüllung erloschen, was allerdings voraussetzt, dass die Zahlung auf die Stammeinlage endgültig in das Vermögen der Gemeinschuldnerin übergegangen ist und deren Geschäftsführer über das Geld frei verfügen konnte.

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An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn der gezahlte Betrag in zeitlichem oder sachlichem Zusammenhang mit der Einzahlung direkt an den Gesellschafter zurückfließt oder aber indirekt z.B. durch Rückgabe der eingezahlten Barmittel an eine von ihm beherrschte Gesellschaft. In einem solchen Fall liegt eine sog. verdeckte Sacheinlage vor, denn die Gesellschaft hat anstelle der geschuldeten Barmittel tatsächlich nur eine Forderung erhalten (OLG Hamm, BB 1997, 433 [OLG Hamm 23.10.1996 - 8 U 63/96]).

15

Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier zwischen der Einzahlung auf die Stammeinlage und der Darlehensgewährung an die GmbH & Co. KG gegeben. Die Beklagte hat am 30. 10. 1996 das Stammkapital von 50.000 DM an die Gemeinschuldnerin gezahlt. Bereits mit Wertstellung v. 18. 11. 1996 ist aufgrund des am 14. 11. 1996 geschlossenen Darlehensvertrages von der Gemeinschuldnerin ein Betrag von 30.000 DM weitergegeben worden und am 27. 11. 1996 dann der restliche Betrag von 20.000 DM.

16

Die Fa. X GmbH & Co. KG als Darlehensnehmerin ist auch als von der Beklagten beherrschte Gesellschaft anzusehen, denn die Beklagte war nicht nur Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin, d.h. der Komplementärin der KG, sondern auch deren einzige Kommanditistin. Damit sind im Ergebnis die Voraussetzungen für die Annahme einer verdeckten Sacheinlage gegeben, so dass die Beklagte durch die damalige Zahlung von 50.000 DM von ihrer Einlageverpflichtung nicht befreit worden ist, sondern diese erneut zu leisten hat.

17

Der Annahme einer solchen verdeckten Sacheinlage steht nach Auffassung der Kammer nicht entgegen, dass es sich bei der Darlehensnehmerin um die Betreiber-KG im Rahmen des Organbildes "GmbH & Co. KG" gehandelt hat. Entscheidend ist vielmehr der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Einzahlung und Weitergabe dieser Zahlung, der die Sachlage vergleichbar macht damit, dass die Beklagte selbst der KG das Darlehen gewährt und ihren Darlehensrückforderungsanspruch dann in Erfüllung ihrer Einlageverpflichtung in die Gemeinschuldnerin eingebracht haben würde.

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Deshalb ist es rechtlich auch nicht entscheidungserheblich, ob der Darlehensrückzahlungsanspruch im Oktober 1996 schon notleidend war. Letztlich ist in diesem Fall in der Annahme einer verdeckten Sacheinlage auch keine unzulässige Beschränkung der freien Dispositionsfähigkeit des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin zu sehen, denn die Grenze dafür liegt in der engen Beschränkung durch das Erfordernis des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhanges und dem zusätzlichen Erfordernis der Weitergabe der Barmittel an ein beherrschtes Unternehmen.

19

Die Zinsentscheidung beruht auf § 20 GmbHG i.V.m. §§ 284, 286 BGB. Der von der Beklagten zu zahlende Stammkapitalbetrag war nach § 7 Abs. 2 Satz 3 GmbHG bei der Gründung der Gemeinschuldnerin fällig, d.h. hier am 30. 10. 1996. Die Beklagte hat seit dem Folgetag gem. § 20 GmbHG Zinsen i.H.d. gesetzlichen Verzugszinsen zu zahlen, d.h. i.H.v. 4 % (§ 288 Abs. 1 BGB).

20

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.

21

Durch Beschluss des OLG Oldenburg v. 9. 12. 1999 - 1 U 78/99 ist die Berufung gegen das v.g. Urteil, mit Ausnahme des Ausspruchs zu den Zinsen, zurückgewiesen worden. Dabei hat das OLG u.a. ausgeführt:

22

Das Argument der Beklagten, indirekt werde bei dieser Entscheidung ein Thesaurierungsgebot aufgestellt, greift nicht durch. Denn der Sache nach handelt es sich im vorliegenden Fall um eine der verdeckten Sacheinlage vergleichbare Konstellation: Wirtschaftlich betrachtet hat die Beklagte in die GmbH nur eine Darlehensforderung gegenüber der KG eingebracht. Dies wäre nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte nicht die Vorschriften über die Sachgründung umgangen hätte. Hätte die Klägerin - im Interesse des Gläubigerschutzes - offengelegt, dass wertmäßig das Stammkapital der GmbH nur aus einer Darlehensforderung gegenüber der KG bestand, wie dies nach den Vorschriften über eine Sachgründung hätte erfolgen müssen, wäre ihr Vorgehen nicht zu beanstanden gewesen und wäre auch eine Thesaurierung des eingezahlten Betrages nicht notwendig geworden.