Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.05.2001, Az.: 12 K 711/95
Ehegattenunterarbeitsverhältnisses bei Unüblichkeit und Zweifel an der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung durch den Ehegatten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 09.05.2001
- Aktenzeichen
- 12 K 711/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14587
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0509.12K711.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 4 Abs. 4 EStG
Fundstelle
- EFG 2001, 1181-1182 (Volltext mit red. LS)
Tatbestand
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute. Der Kl. ist gelernter Industriekaufmann und war im Streitjahr 1992 für die Firma H. GmbH & Co. KG in R. als Vertriebsleiter tätig. Sein Zuständigkeitsbereich umfaßte den Bereich Marketing und Entwicklung. Nach eigenen Angaben war sein Arbeitsplatz hauptsächlich in der Hauptverwaltung in H., wo er auch über ein eigenes Büro mit eigenem Sekretariat verfügte. Im Rahmen seines Aufgabengebietes betreute er das Hauptwerk in R.. Bis Ende 1992 hatte er dort aber kein eigenes Büro und kein eigenes Sekretariat. Das Brutto-Jahreseinkommen aus dieser Tätigkeit betrug im Streitjahr 352.000 DM. Im Zusammenhang mit dieser nichtselbständigen Tätigkeit begründete der Kl. mit Vertrag vom 28.12.1987 ein Unterarbeitsverhältnis mit der Kl`in. Nach § 1 dieses Arbeitsvertrages umfaßte der Aufgabenbereich der Kl?in. folgende Tätigkeiten: Schreibarbeiten (streng vertraulicher Art), Fachzeitschriftenauswertung, Telefondienst während Abwesenheit des Arbeitgebers infolge Geschäftsreisen, Statistikauswertung und -aufbereitung. Nach § 2 sollte die wöchentliche Arbeitszeit 12 Stunden betragen und die Leistung von Überstunden einer besonderen Vereinbarung vorbehalten sein. Dieses Arbeitsverhältnis meldete der Kl. beim Beklagten (Bekl.) an und führte die Lohnsteuer ordnungsgemäß ab. Eine im Jahr 1994 beim Kl. durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung ergab insoweit keinerlei Beanstandungen. Die Zahlung des monatlichen Arbeitslohns erfolgte durch Banküberweisung auf das Konto der Kl´in. Zudem erstellte der Kl. jährlich eine Aufstellung, aus der sich - nach Monaten unterteilt - die Anzahl der geleisteten Stunden, der gezahlte Lohn und der genaue Zahlungstag ergaben. Hier wurden auch die in Anspruch genommenen Urlaubstage vermerkt.
Wie in den Vorjahren (ab 1988) auch, machte der Kl. zur Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit Kosten in Höhe von 6.000 DM für das Unterarbeitsverhältnis mit der Kl´in. in der Einkommensteuererklärung 1992 geltend. Der Kl. ist weiterhin Eigentümer von zwei vermieteten Immobilien und erklärte insoweit Vermietungseinkünfte. Im Einkommensteuerbescheid vom 10.04.1995 erkannte der Bekl. die Aufwendungen für das Unterarbeitsverhältnis - wie in den Vorjahren auch - als Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit an. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (V. u. V.) kürzte der Bekl. jedoch die geltend gemachten Werbungskosten. Im Einspruchsverfahren erläuterte der Bekl. die Abweichungen von der eingereichten Steuererklärung. Da die Kl. daraufhin keine Stellungnahme abgaben, führte die Einspruchsentscheidung vom 19.10.1995 zu keiner weiteren Änderung gegenüber dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid.
Hiergegen wenden sich die Kl. mit der am 01.11.1995 eingereichten Klage. Sie begehren die Anerkennung von zusätzlichen Werbungskosten für die vermietete Immobilie in Braunlage in Höhe von 2.766 DM. Im Klageverfahren hat der Bekl. die begehrte Werbungskostenerhöhung zugestanden. Zusätzlich ist im Klageverfahren jedoch die steuerliche Anerkennung des Unterarbeitsverhältnisses des Kl. mit seiner Ehefrau streitig geworden.
Die Kl. sind der Auffassung, das Unterarbeitsverhältnis sei steuerlich anzuerkennen, da die getroffene Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt worden sei. Zudem sei diese Gestaltung nicht unangemessen, da der Kl. für bestimmte Arbeiten nicht auf eine eigene Sekretärin habe zurückgreifen können. Das Arbeitsverhältnis habe der Arbeitsentlastung und -optimierung gedient.
Die Kl. beantragen,
bei den Einkünften aus V. u. V. weitere Werbungskosten von 2.766 DM zu berücksichtigen und die Einkommensteuer für 1992 entsprechend herabzusetzen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bekl. ist der Auffassung, das Ehegatten-Unterarbeitsverhältnis sei nicht anzuerkennen, da es sich um eine unübliche und unangemessene Gestaltung handele, wenn ein nichtselbständig beschäftigter Industriekaufmann mit einer anderen Person einen Vertrag darüber abschließe, dass diese gegen Entgelt Arbeiten erledige, die zur Vorbereitung und Durchführung der Tätigkeit als Industriekaufmann anfielen. Die Mithilfe der Kl´in. bei der beruflichen Tätigkeit des Kl. sei als Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage zu behandeln. Im Übrigen sei nicht denkbar, dass ein Fremder zum Zwecke der Erledigung der im Arbeitsvertrag beschriebenen Bürotätigkeit beschäftigt würde. Es handele sich vielmehr um übliche Hilfeleistungen, die auch nach Art und Umfang nicht über das hinausgehe, wie Ehegatten sich gemeinhin gegenseitig unterstützten.
Der Beklagte beanstandet das von den Klägern vorgelegte Schreiben vom 11.12.1991 über eine Gehaltserhöhung und hat hierzu einen Beweisantrag gestellt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Zwar sind nach dem Antrag der Kl. - unstreitig - die Werbungskosten aus V. u. V. hinsichtlich der vermieteten Immobilie in Braunlage um 2.766 DM zu erhöhen. Gleichwohl kann die Einkommensteuer für das Streitjahr nicht entsprechend herabgesetzt werden, denn in Höhe der weiteren Werbungskosten aus V. u. V. kommt es gleichzeitig zu einer Kürzung der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Kl. Insoweit sind die im angefochtenen Steuerbescheid 1992 berücksichtigten Aufwendungen des Kl. für die Beschäftigung der Kl´in. zu korrigieren, da das zugrunde liegende Ehegatten-Unterarbeitsverhältnis steuerlich nicht anerkannt werden kann.
Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Arbeitsvergütungen für betrieblich veranlasste Leistungen, die ein Selbständiger an nahe Angehörige, insbesondere seinen Ehegatten, zahlt, gem. § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn die Aufwendungen auf klaren und eindeutigen Vereinbarungen beruhen, die nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Dabei eignen sich gelegentliche und geringfügige Hilfeleistungen im häuslichen Bereich, die üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage erbracht werden, nicht als Inhalt eines mit einem Dritten zu begründenden Arbeitsverhältnisses; hierüber mit Angehörigen geschlossene Verträge können deshalb steuerlich keine Anerkennung beanspruchen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22.11.1996 VI R 20/94, BStBl II 1997, 187; vom 09.12.1993 IV R 14/92, BStBl II 1994, 298; vom 25. 01.1989 X R 168/87, BStBl II 1989, 453). Noch nicht abschließend entschieden hat der BFH, unter welchen Voraussetzungen gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ein entsprechender Werbungskostenabzug in Betracht kommt, wenn ein Arbeitnehmer Arbeitsleistungen, die auch im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis anfallen, durch nahe Angehörige erbringen lässt und vergütet. Jedenfalls kommt nach Auffassung des BFH ein Werbungskostenabzug für solche Vergütungen nicht in Betracht, die unter sonst gleichen Umständen vom Arbeitnehmer mit fremden Dritten nicht vereinbart würden und insoweit als unüblich anzusehen sind (BFH-Urteil vom 22.11.1996, a.a.0.; BFH-Urteil vom 06.03.1995 VI R 86/94, BStBl II 1995, 394).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen der Senat folgt, kann im Streitfall das Ehegatten-Unterarbeitsverhältnis steuerlich nicht anerkannt werden.
Zunächst konnte der Senat nach Würdigung aller Umstände und der Darlegung der Kl. in der mündlichen Verhandlung nicht die Überzeugung gewinnen, dass das Arbeitsverhältnis auch tatsächlich vereinbarungsgemäß durchgeführt worden ist. Zwar hat der Kl. durch Vorlage der entsprechenden Bankbelege in ausreichendem Maße dargelegt und nachgewiesen, dass die Zahlung des Arbeitslohns vereinbarungsgemäß erfolgte. Auch die lohnsteuerrechtliche Behandlung des Arbeitsverhältnisses ist nicht zu beanstanden. Erhebliche Zweifel hat der Senat jedoch hinsichtlich der tatsächlichen Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung durch die Kl'in. Nach Auffassung des Senats sind die von der Kl?in. in der mündlichen Verhandlung beschriebenen Tätigkeiten, die sie im Rahmen der Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen erbracht haben soll, nicht geeignet, die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 12 Stunden auszufüllen. So haben die Schreibarbeiten nach eigenen Bekundungen der Kl´in. wöchentlich nur ca. ein bis zwei Stunden in Anspruch genommen. Das Lesen der Wirtschaftszeitschriften und Ankreuzen der für den Unternehmensbereich des Kl. betreffenden Artikel, die Vereinbarung von Terminen am Abend und die Entschlüsselung der Statistiken vom WDK-Verband nimmt nach Überzeugung des Senats üblicherweise einen Zeitumfang in Anspruch, der deutlich unter wöchentlich 10 bis 11 Stunden liegt. Auch die Darlegungen bezüglich der Durchführung von Arbeiten im Zusammenhang mit dem Verkauf des Unternehmens des Arbeitgebers des Kl. an eine amerikanische Firma sind zu unsubstantiiert, als dass sie den Senat von dem gegenteiligen Ergebnis überzeugen könnten. Im Übrigen kann die Kl´in. auch keinerlei Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden vorlegen. Verbleibende Zweifel gehen daher zu Lasten der Kl., denn sie haben insoweit die Feststellungslast für die steuermindernden Umstände.
Der Kernbereiche des vereinbarten Aufgabenbereichs (§ 1 des Arbeitsvertrages), insbesondere Schreibarbeiten streng vertraulicher Art - Gehaltserhöhungen, geheime Sitzungsprotokolle - sowie Statistikauswertung und -aufbereitung, wird üblicherweise nicht im Wege eines Unterarbeitsverhältnisses auf unternehmensfremde Personen übertragen. Hierbei handelt es sich um Verwaltungstätigkeiten, die im Betrieb geleistet werden und nicht geeignet sind, den Kläger zu entlasten. Ein Arbeitnehmer pflegt für Aufgaben, zu deren Erledigung er angesichts anderer beruflicher Verpflichtungen nicht in der Lage ist und deren Bewältigung in erster Linie Sache seines Arbeitgebers ist, fremde Arbeitskräfte nicht einzustellen und von seinem Gehalt zu bezahlten (BFH-Urteil vom 22.11.1996 a.a.O.) Dies erwarten große Unternehmen auch nicht von ihren leitenden Angestellten.
Der Senat geht weiterhin davon aus, dass die von der Kl?in. geschilderten Tätigkeiten im Übrigen zu den gelegentlichen und geringfügigen Hilfeleistungen im häuslichen Bereich gehören, die sich nicht als Inhalt eines steuerlich beachtlichen Ehegatten-Unterarbeitsverhältnisses eignen. Dies betrifft insbesondere gelegentliche Telefonate und Botenfahrten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).