Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.05.2001, Az.: 3 K 165/00

Begünstigung für baurechtlich als Schwarzbau zu qualifizierende Baumaßnahmen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
16.05.2001
Aktenzeichen
3 K 165/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14613
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0516.3K165.00.0A

Fundstelle

  • DStRE 2001, 1085-1086 (Volltext mit amtl. LS)

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung einer Steuerbegünstigung nach § 10 h Einkommensteuergesetz (EStG).

2

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Auf den u.a. von der Klägerin gestellten Bauantrag erteilte die Stadt ... antragsgemäß am 21. Juni 1990 die Baugenehmigung zur Errichtung eines Zweifamilienhauses in .... In der Folgezeit wurde das Gebäude zunächst mit nur einer Wohnung errichtet. Diese Wohnung wurde am 1. Dezember 1991 fertiggestellt und seitdem von den Klägern für eigene Wohnzwecke genutzt. Ab 1. November 1995 wurde sodann die zweite Wohnung im Dachgeschoss ausgebaut. Diese wurde im Jahre 1996 fertiggestellt und nach dem Vorbringen der Kläger seitdem unterhaltsberechtigten Personen unentgeltlich überlassen. In ihrer Einkommensteuererklärung 1997 beantragten die Kläger eine Steuerbegünstigung nach § 10 h EStG in Höhe von ... (6 v.H. der Herstellungskosten von ....). Das beklagte Finanzamt - FA - setzte die Einkommensteuer 1997 durch Bescheid vom ...1999 fest und versagte die begehrte Steuervergünstigung im Hinblick auf die für die Baumaßnahme fehlende Baugenehmigung. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA durch Bescheid vom ... 2000 als unbegründet zurück. Es führte zur Begründung aus: Die Voraussetzungen der Steuervergünstigung nach § 10 h EStG lägen nicht vor, da der Bauantrag vor dem 30. September 1991 gestellt worden und ferner die Baugenehmigung vom 21. Juni 1990 im Zeitpunkt der Ausführung des Dachgeschossausbaus erloschen gewesen sei. Damit handele es sich bei dem fraglichen Dachgeschossausbau um einen Schwarzbau, für den eine Vergünstigung nach § 10 h EStG nicht zu gewähren sei.

3

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Kläger vortragen: Im Streitfall sei - den Anforderungen des § 10 h Satz 2 Nr. 1 EStG entsprechend - nach dem 30. September 1991 mit der Herstellung der begünstigten Wohnung begonnen worden. Auf die Baugenehmigung komme es insoweit nicht an. Der Gesetzgeber habe nicht bestimmt, dass für die Inanspruchnahme der Steuerabzugsbeträge die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften erforderlich sei.

4

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1997 vom ... 1999 in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom ... 2000 die Einkommensteuer 1997 auf ... DM festzusetzen.

5

Der FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Es tritt dem Klagevorbringen entgegen.

7

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und auf die beim FA geführte Einkommensteuerakte (Steuer-Nr. ...) sowie auf die Bauakten der Stadt ... betreffend das Baugrundstück in ... Bezug genommen.

8

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.

Gründe

9

Die Klage ist unbegründet.

10

Gemäß § 10 h EStG kann der Steuerpflichtige von den Aufwendungen, die ihm durch Baumaßnahmen zur Herstellung einer Wohnung entstanden sind, im Gesetz näher bezeichnete Beträge wie Sonderausgaben abziehen. Voraussetzung der Gewährung dieser Steuerbegünstigung ist u.a., dass der Steuerpflichtige nach dem 30. September 1991 den Bauantrag gestellt oder mit der Herstellung begonnen hat (§ 10 h Satz 2 Nr. 1 EStG). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

11

Ein Bauantrag für den hier fraglichen Dachgeschossausbau ist von den Klägern unstreitig nicht nach dem September 1991 gestellt worden. Vielmehr war der Bauantrag bereits am 21. Mai 1990 bei der Baugenehmigungsbehörde eingegangen; die Baugenehmigung wurde am 21. Juni 1990 erteilt. Die Steuervergünstigung nach § 10 h EStG kann auch nicht deshalb gewährt werden, weil die Kläger hier unstreitig mit der Herstellung der fraglichen Wohnung erst nach dem 30. September 1991 und noch vor dem 1. Januar 1996 (§ 52 Abs. 14 b EStG 1997) begonnen hatten. Denn der Beginn der Herstellung i.S.d. § 10 h Satz 2 Nr. 1 EStG führt ausschließlich dann zur Gewährung der Steuervergünstigung, wenn es zur Ausführung der Baumaßnahme keines Bauantrags bzw. keiner Baugenehmigung bedarf (Kirchhof/Söhn, Kommentar zum EStG § 10 h Rz. B 24). Diese Rechtslage erschließt sich auch unmittelbar aus dem Wortlaut des § 52 Abs. 14 b EStG. Die zeitlichen Anwendungsvoraussetzungen des§ 10 h EStG sind damit nicht erfüllt, weil der hier fragliche Dachgeschossausbau eine Baumaßnahme i.S.d. § 68 Niedersächsischen Bauordnung - NBauO - ist, die gemäß § 68 Abs. 1 NBauO der Baugenehmigung bedurfte. Es lag insoweit auch keine genehmigungsfreie Baumaßnahme i.S.d.§ 69 NBauO vor. Denn nach § 69 Abs. 4 Nr. 2 NBauO bedarf lediglich die Umnutzung von Räumen im Dachgeschoss eines Wohngebäudes mit nur einer Wohnung in Aufenthaltsräume, die zu dieser Wohnung gehören, keiner Baugenehmigung. Nicht genehmigungsfrei ist mithin die Umnutzung von Dachgeschossräumen, wenn - wie hier - eine zweite Wohnung entsteht (Große-Suchsdorf/Schmaltz/Wiechert, Kommentar zur NBauO, 6. Auflage 1996 § 69 Rz. 66).

12

Die begehrte Steuerbegünstigung des fraglichen Dachgeschossausbaus kann auch nicht im Wege der erweiternden Auslegung der Merkmale des § 10 h S. 2 Nr. 1 EStG gewährt werden. Insbesondere rechtfertigt sich die Anwendung des § 10 h EStG nicht deshalb, weil sich die Baugenehmigung vom 21. Juni 1990 auf die Errichtung eines Zweifamilienhauses - und damit auch auf den Einbau der hier fraglichen Dachgeschosswohnung - bezog. Auf die Erteilung dieser Baugenehmigung kann deshalb nicht abgestellt werden, weil sie erloschen war. Denn gem.§ 77 NBauO erlischt die Baugenehmigung u.a. dann, wenn die Ausführung drei Jahre unterbrochen worden ist. Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben, weil nach dem Vorbringen der Kläger die Erdgeschosswohnung am 1. Dezember 1991 fertiggestellt worden ist und mit dem Ausbau der zweiten Wohnung erst ab 1. November 1995 - mithin nach Ablauf der Dreijahresfrist des § 77 NBauO - begonnen worden war. Aufgrund Erlöschens der Baugenehmigung durfte demgemäß das Vorhaben nicht mehr weitergeführt werden (Große-Suchstorf/Schmaltz/Wiechert, a.a.O.§ 77 Rz. 4). Damit ist der Dachgeschossausbau baurechtlich als sog. Schwarzbau zu qualifizieren. Die Stadt ... hat auch in ihrem Schreiben vom ... ausdrücklich auf die sich aus§ 77 NBauO ergebende Erlöschenswirkung der Baugenehmigung hingewiesen.

13

Die baurechtliche Qualifikation des fraglichen Dachgeschossausbaus als Schwarzbau schließt die Steuerbegünstigung aus § 10 h EStG aus. Zwar liegt diesbezügliche Rechtsprechung - soweit ersichtlich - nicht vor. Jedoch kann für die Anwendung des§ 10 h EStG nichts anderes gelten als für § 10 e EStG. Nach letzterer Vorschrift werden nur Objekte gefördert, die dem materiellen Baurecht entsprechen. Die materielle Baurechtsmäßigkeit hat der Steuerpflichtige regelmäßig durch Vorlage der Baugenehmigung oder einer Bescheinigung der zuständigen Behörde, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nachzuweisen (Bundesfinanzhof - BFH -Urteile vom 31. Mai 1995 X R 245/93, BStBI II 1995 S. 875; vom 4. März 1998 X R 142/94, BFH/NV 1998, 965; vom 18. November 1998 X R 143/95 BFH/NV 1999, 915). Diese zu§ 10 e EStG ergangene Rechtsprechung ist auf § 10 h EStG schon deshalb entsprechend anzuwenden, weil sich § 10 h EStG eng an die Regelungen des § 10 e EStG anlehnt (BT-Drs. 12/1506 S. 171).Überdies beruht die zu § 10 e EStG ergangene vorgenannte BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil 31. Mai 1995, a.a.O.) auf der Auslegung des in dieser Vorschrift verwendeten Begriffs der "Wohnung". Für den ebenfalls in § 10 h EStG verwendeten Wohnungsbegriff kann insoweit nichts anderes gelten.