Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 26.08.2003, Az.: 5 B 90/03

Feuerwehr; Feuerwehrschwerpunkt; Hubrettungsfahrzeug; Kommunalaufsicht; Mindestausrüstung; Rettungsweg; zweiter Rettungsweg

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
26.08.2003
Aktenzeichen
5 B 90/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48278
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 15.1.2003 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.12.2002 i. d. F. des Bescheides v. 28.01.2003 wird bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 250.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine Samtgemeinde mit 12.500 Einwohnern, drei Feuerwehrstützpunkten i.S.d. MindeststärkeVO sowie mehr als zehn Ortsfeuerwehren, begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die kommunalaufsichtliche Anordnung, ein Hubrettungsfahrzeug anzuschaffen. Darunter ist ein Feuerwehrfahrzeug zu verstehen, das vorrangig zum Retten von Menschen aus größeren Höhen dient, daneben aber auch zum Vortragen eines Löschangriffs oder für technische Hilfeleistungen eingesetzt werden kann.

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Seit dem Jahr 1995 prüfte die Antragstellerin, ob sie ein solches Hubrettungsfahrzeuges anschaffen soll bzw. muss, um in ihrem Gemeindegebiet Menschen aus Wohnhäusern retten zu können. Aufgrund der schlechten Haushaltslage suchte die Antragstellerin zunächst nach Alternativen. Hierzu fragte sie in ihren Nachbargemeinden an, ob auf der Basis vertraglicher Vereinbarungen die Mitbenutzung der dort vorhandenen Drehleitern möglich sei. Derartige Verträge wurden sowohl von der Stadt Wolfsburg als auch von der Samtgemeinde Grasleben abgelehnt. Beide Gemeinden sagten jedoch zu, im Rahmen der Nachbarschaftshilfe die dort vorhandenen Drehleitern zur Verfügung zu stellen.

3

Im Frühjahr 1997 überprüfte der Samtgemeindebrandmeister der Antragstellerin die Rettungsmöglichkeiten der Freiwilligen Feuerwehr(en) im Gemeindegebiet. Nach seiner Einschätzung reichten die vorhandenen Rettungsmittel nicht aus, um eine Menschenrettung in jedem Gebäude der Samtgemeinde sicher zu gewährleisten. Die Obergeschosse von 120 Häuser seien unter Zugrundelegung ihrer vom Samtgemeindebrandmeister geschätzten Höhe (mehr als sieben Meter Fußbodenhöhe) mit den zur Verfügung stehenden vierteiligen Steckleitern der Feuerwehren nicht erreichbar. Ca. 25 weitere (niedrigere) Gebäude wiesen ausgebaute Dachgeschosse auf, welche aufgrund ihrer Lage und baulichen Gestaltung mittels der benannten Steckleitern voraussichtlich nicht erreicht werden könnten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 8 zum Schriftsatz der Antragstellerin v. 28.4.2003 Bezug genommen. Die Baugenehmigungsbehörde des Antragsgegners erwiderte allerdings mit Schreiben v. 24.7.1997, Anlage 12 zum Schreiben der Antragstellerin v. 28.4.2003, (sinngemäß), dass es sich bei den genannten „190“ Gebäuden überwiegend um Gebäude geringer Größe i.S.v. § 2 Abs. 9 NBauO handele; ob bei diesen Gebäuden mit den vorhandenen Rettungsmittel der Feuerwehr, insbesondere einer vierteiligen Steckleiter, ausreichten, sei nicht baurechtlich zu beurteilen. Eine vollständige baurechtliche Überprüfung aller angeführten Gebäude sei mittelfristig nicht möglich.

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Der Samtgemeindeausschuss der Antragstellerin beschloss am 10.11.1998 ein Hubrettungsfahrzeug nur dann zu beschaffen, wenn „Gesetz und Rechtsprechung sie dazu zwängen“.

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Am 20.11.1998 berichtete der Samtgemeindedirektor dem Antragsgegner als Kommunalaufsichtsbehörde von der Problematik. Daraufhin erging am 09.12.1998 eine erste „Beratungsverfügung“ des Antragsgegners, in welcher er die Erforderlichkeit eines Hubrettungsfahrzeuges für die Antragstellerin feststellte, und im Jahr 1999 eine weitere „Beratungsverfügung“ des Antragsgegners, diesmal unter Androhung von kommunalaufsichtlichen Maßnahmen. Mit Schreiben vom 24.07.2002 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, über den Sachstand zu berichten. Der Samtgemeindedirektor teilte daraufhin mit, dass der Samtgemeindeausschuss eine Beschlussfassung über die Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges abgelehnt habe. Der Antragsgegner kündigte der Antragstellerin daher mit Schreiben vom 25.11.2002 an, dass er beabsichtigte, die Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges kommunalaufsichtsrechtlich anzuordnen, und gab ihr Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Die Antragstellerin verwies in ihrer Stellungnahme auf den o.a. Beschluss ihres Samtgemeindeausschusses v. 10.11.1998.

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Mit Bescheid vom 19.12.2002 ordnete der Antragsgegner die Auftragserteilung für die Beschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges bis zum 15.03.2003 und die sofortige Vollziehung seiner Verfügung an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein Hubrettungsfahrzeug sei zur Sicherung der Menschenrettung im Brandfall erforderlich. Die vorhandene Ausrüstung der Feuerwehr der Antragstellerin genüge nicht, den zweiten Rettungsweg für alle bewohnten Gebäude der Mitgliedsgemeinden zu gewährleisten. Die nachträgliche Anordnung baulicher Maßnahmen sei nicht möglich, da die betroffenen Gebäude zum Teil unter Bestandsschutz fielen. Eine Anordnung gemäß § 99 Abs. 2 NBauO scheide aus, da eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht durch den Zustand der Gebäude an sich geschaffen werde. Erst das Fehlen der erforderlichen Rettungsmittel im Brandfall ließe eine solche Gefahr für Leben und Gesundheit der Bewohner entstehen. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Nachbarschaftshilfe gemäß § 2 Abs. 2 NBrandSchG genüge im Übrigen zur Sicherstellung der Menschenrettung nicht. Die Nachbargemeinden wären verpflichtet, zunächst den Brandschutz auf ihrem Gebiet zu gewährleisten. Im Falle gleichzeitiger Brände könnten die dort vorhandenen Drehleitern nicht für die Antragstellerin eingesetzt werden. Der Antragsgegner sah sein Entschließungsermessen bezüglich der kommunalaufsichtlichen Anordnung auf Null reduziert, da Leben und Gesundheit der Einwohner der Antragstellerin gefährdet seien. Mit dieser Gefährdung begründete der Antragsgegner auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

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Hiergegen legte die Antragstellerin am 15.01.2003 Widerspruch ein. Sie begründete ihren Widerspruch damit, dass die Notwendigkeit der Beschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges nicht feststehe. Der Haushalt der Antragstellerin werde durch eine solche Anschaffung übermäßig belastet. Darüber hinaus sei eine Auftragserteilung bis zum 15.03.2003 schon allein deshalb nicht möglich, weil ein erforderliches Ausschreibungsverfahren in so kurzer Zeit nicht durchführbar sei. In der Anordnung der sofortigen Vollziehung läge letztlich eine unbillige Härte, sofern die Antragstellerin im Rechtsbehelfsverfahren obsiege.

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Mit Schriftsatz 15.01.2003 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht.

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Sie wiederholt die Begründung aus ihrem Widerspruchsschreiben und führt ergänzend aus, dass ihre Verschuldung – was unstreitig ist - zum 31.12.2002 mehr als 3,5 Mio. Euro betrug. Für das Jahr 2003 sei bereits ein Fehlbetrag von mehr als 1,5 Mio. Euro eingeplant worden. Die Beschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges werde ein finanzielles Aufkommen von weiteren 500.000 Euro erfordern. Für eine Finanzierung dieses Vorhaben seien Kreditmittel zu beschaffen. Eine Kreditermächtigung müsse seitens des Antragsgegners erst erteilt werden. Eine solche zusätzliche Investition hindere die Antragstellerin an einer effektiven Aufgabenerfüllung in anderen Bereichen. Durch die Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges würde sich die Sicherheit der Einwohner nur geringfügig bzw. gar nicht verbessern. Bereits seit mehr als 30 Jahren seien Brandschutz und Hilfeleistung durch die Feuerwehr hinreichend sichergestellt worden. Ein Hubrettungsfahrzeug sei nie benötigt worden. Das einsatztaktische Konzept der Ortsfeuerwehren und drei Stützpunktwehren habe sich bewährt. Diese Ausrüstung entspreche auch der MindeststärkeVO. Soweit die Mittel ihrer Feuerwehr  nicht ausreichten, um eine Menschenrettung aus höheren Gebäuden durchzuführen, genüge es, Nachbarschaftshilfe aus den mit Drehleitern ausgestatteten Nachbargemeinden anzufordern. Diese könnten das gesamte Gemeindegebiet in der Regel innerhalb von etwa 15 Minuten erreichen. Viele von ihren 16 Mitgliedsgemeinden könnten durch die Nachbarschaftshilfe sogar eher mit einer Drehleiter erreicht werden, als dies durch ein zentral stationiertes eigenes Rettungsfahrzeug möglich wäre. In der Nachbargemeinde Wolfsburg seien drei Hubrettungsfahrzeuge stationiert. Diese würden über die feuerwehrtechnische Zentrale im Bedarfsfall sofort alarmiert. Lediglich die Gemeinden Saalsdorf, Volkmarsdorf und Mackendorf seien nicht innerhalb einer Anrückzeit von 15 Minuten mit einem Hubrettungsfahrzeug oder einer Drehleiter der Nachbargemeinden erreichbar. In Saalsdorf seien jedoch keine Gebäude vorhanden, welche über die Steckleitern der Feuerwehr nicht erreicht werden könnten. In Volkmarsdorf gäbe es vier eingeschossige Objekte mit ausgebautem Dachgeschoss, bei welchen der zweite Rettungsweg mittels der Steckleitern nicht gesichert wäre. In der Gemeinde Mackendorf seien zwei weitere Gebäude mit dem vorhandenen Rüstgerät der Feuerwehr im Obergeschoss nicht zugänglich. Für diese Gebäude sei jedoch die Menschenrettung mit der in Velpke befindlichen Schiebeleiter LF 16 TS möglich. Diese weise eine höhere Nennrettungshöhe auf. Auch die Beschaffung einer Anhängeleiter wäre ihr zusätzlich möglich. Diese habe ebenfalls eine ausreichende Höhe, um die Rettung aus den betroffenen Gebäuden zu gewährleisten. Eine solche Leiter wäre gegenüber dem Hubrettungsfahrzeug ein milderes Mittel, da die Kosten hierfür ca. 21.000 Euro betragen würden. Sowohl Schiebe- als auch Anhängeleitern seien auch für den Rettungseinsatz geeignet. Bei den eingeschossigen Gebäuden, welche wegen der Lage der Dachfenster oder –gauben nicht mit Leitern erreicht werden könnten, sei nicht geklärt, ob diese Dachgeschosse als Wohn- oder Aufenthaltsraum genutzt würden. Die Baugenehmigungsbehörde habe eine vollständige Überprüfung diesbezüglich abgelehnt. Erst auf der Grundlage der gesicherten Erkenntnisse über einen zusätzlichen Bedarf an Rettungsgeräten sei eine Abwägung möglich, ob im Einzelfall bauordnungsrechtlich einzugreifen oder die Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges erforderlich sei. Letztlich fühlt sich die Antragstellerin an den Beschluss ihres Samtgemeindeausschusses vom 10.11.1998 gebunden.

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Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 15.1.2003 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 19.12.2002 i. d. F. des Bescheides v. 28.01.2003 wiederherzustellen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

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Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiege gegenüber den Interessen der Antragstellerin. Die kommunalaufsichtliche Anordnung, ein Hubrettungsfahrzeug zu beschaffen, sei aus den in der Verfügung vom 19.12.2002 genannten Gründen rechtmäßig. Die MindeststärkeVO regele lediglich die Mindestausrüstung der Freiwilligen Feuerwehren in Niedersachsen. In Abhängigkeit von den örtlichen Verhältnissen müsste weiteres Rettungsgeräts vorgehalten werden. So reiche auch die tatsächliche Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehren in Niedersachsen weit über die in der MindeststärkeVO festgesetzten Anforderungen hinaus. Bauordnungsrechtlich könne hingegen schon deshalb nicht erfolgversprechend eingeschritten werden, weil ihm (dem Antragsgegner) als  Baugenehmigungsbehörde nicht bei jedem Gebäude bekannt sei, ob die Dachgeschosse ausgebaut seien. Den Einwohnern seien auch genehmigungsfreie Umnutzungen erlaubt. Die Prüfung aller Gebäude bedürfe des Einverständnisses ihrer Bewohner sowie aufwendiger Messarbeiten. Die Kosten für den Anbau eines zweiten Rettungsweges könnten zudem im Einzelfall 30.000 bis 50.000 Euro betragen. Weniger aufwendige Schutzmaßnahmen, wie Rauchmelder oder Brandschutztüren, seien unabhängig davon anzuordnen. Der im Übrigen vorgeschlagene Rückgriff der Antragstellerin auf Nachbarschaftshilfe im Brandfall könne nur als Rückversicherung angesehen werden, zumal einzelne Mitgliedsgemeinden der Antragstellerin von den Nachbarwehren nicht innerhalb von 15 Minuten erreicht werden könnten. Für die Bemessung dieser Eintreffzeit entsprechend der Regelung des  § 2 Abs. 3 BedarfsVO-RettD bzw. dem Erlass des MS v. 23.6.1993 seien nämlich die Alarmierungszeit, die Ausrückzeit, die Fahrtzeit und die Zeit für das „Instellungbringen“ des Einsatzgeräts heranzuziehen. Daraus ergäbe sich, dass die Rettungszeit von 15 Minuten, die in 95 Prozent der Fälle nicht überstiegen werden solle, überwiegend nicht eingehalten werden könne. Dass die Feuerwehr Velpke über eine Schiebeleiter verfüge oder eine Anhängeleiter beschaffen wolle, reiche nicht aus, um den Rettungsanforderungen zu genügen. Beide Leitern seien für die Rettung von Menschen ungeeignet. Die Antragstellerin könne sich schließlich auch nicht auf ihre (entgegenstehende) Haushaltsplanung berufen. Sie hätte die notwendigen Anschaffungskosten aufgrund der kommunalaufsichtsrechtlichen Anordnung vom 19.12.2002 noch im Wege eines Nachtrags in den Haushaltsplan für das Jahr 2003 einstellen können. Auch wenn die Haushaltssatzung für das Jahr 2003 seitens des Antragsgegners noch nicht genehmigt worden sei, könne die Antragstellerin Ausgaben im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung tätigen. Im übrigen läge in dem Fehlen eines Hubrettungsfahrzeuges ein erhöhtes Gefährdungspotential, da Leben und Gesundheit der Einwohner der Antragstellerin gefährdet seien. Eine weitere Verzögerung der Vollziehung durch die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen sei daher nicht hinnehmbar.

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Der Antragsgegner hat dem Widerspruch der Antragstellerin mit Bescheid vom 28.01.2003 teilweise abgeholfen und die Frist für die Auftragserteilung bis zum 01.06.2003 verlängert.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

II.

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Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin v. 15. 1.2003 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.12.2002 i. d. F. des Bescheides v. 28.01.2003  ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

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Zwar ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO hinreichend begründet worden.

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Das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit überwiegt jedoch nicht das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der kommunalaufsichtlichen Anordnung des Antragsgegners, ein Hubrettungsfahrzeug anzuschaffen, bestehen und bei dieser Sachlage die aufschiebende Wirkung – bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides - wiederherzustellen ist.

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Eine solche kommunalaufsichtliche Anordnung setzt gemäß § 131 Abs. 1 NGO voraus, dass die hier betroffene Samtgemeinde (§ 71 Abs. 4 NGO) die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten und Aufgaben nicht erfüllt. Dem Anordnungsrecht der Kommunalaufsicht sind dabei enge Grenzen gesetzt. Die Kommunalaufsichtsbehörde hat zu berücksichtigen, dass sich ihre Anordnungen direkt gegen die von den Gemeindebürgern unmittelbar gewählten Volksvertreter richten. Nur wenn eindeutig feststeht, dass die Gemeinde die Erfüllung ihrer Pflichten rechtswidrig unterlassen hat, darf die Kommunalaufsichtsbehörde tätig werden (vgl. Urteil des Nds. OVG v. 18.9.1996 – 13 L 7342/94 – NdsVBl 1997, 9 f m. w. N.). Eine derart eindeutige Pflichtverletzung durch die Antragstellerin ist nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand jedoch nicht hinreichend erkennbar.

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Die Antragstellerin hat gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3 NBrandSchG i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 NGO eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten, zu unterhalten und einzusetzen sowie die für die Brandbekämpfung und die Hilfeleistung erforderlichen Anlagen, Mittel und Geräte bereitzuhalten. Zur Konkretisierung dieser Anforderungen aus § 2  NBrandSchG hat das Niedersächsische Innenministerium aufgrund der Ermächtigung des § 37 Abs. 1 Nr. 2 NBrandSchG die Verordnung über die Mindeststärke der Freiwilligen Feuerwehren im Lande Niedersachsen erlassen - MindeststärkeVO - v. 21.9.1993 (Nds. GVBl. S. 365), geändert durch Verordnung v. 23.10.1998 (Nds.GVBl. S. 676). Nach § 5 Abs. 3 Satz 3 d) MindeststärkeVO gehört ein Hubrettungsfahrzeug (als eine von drei dort alternativ genannten Geräten) zur Mindestausstattung einer Ortsfeuerwehr als Feuerwehrschwerpunkt (vgl. insoweit den Beschluss des Nds. OVG v 5.2.1997 – 13 M 5881/96 – NdsVBl 1998, 96).  Mindestens ein solcher Feuerwehrschwerpunkt soll nach § 5 Abs. 3 Satz 3 MindeststärkeVO in Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern eingerichtet werden. Die Anschaffung eines solchen Hubrettungsfahrzeug ist für eine Gemeinde ohne Status als Feuerwehrschwerpunkt nach § 5 Abs. 1 und 2 MindeststärkeVO hingegen als Mindestausstattung nicht vorgesehen. 

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Nach der MindeststärkeVO besteht daher – unstreitig - für die Antragstellerin keine Verpflichtung zur Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges, weil sie bei einer Einwohnerzahl von ca. 12.500 bislang keinen Feuerwehrschwerpunkt darstellt und nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten, an deren Richtigkeit für die Kammer keine Zweifel bestehen, dazu auch keine Verpflichtung besteht (vgl. zur Verpflichtung, Feuerwehrstützpunkte einzurichten, nochmals das o.a. Urteil des Nds. OVG), weil die damit verbundene erhöhte (Mindest-)Personalstärke nach den örtlichen Verhältnissen nicht benötigt wird.

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Allerdings ist diese Regelung in der MindeststärkeVO nicht abschließend, da darin nur generalisierend der erforderliche Mindestausrüstungsbedarf festgelegt ist. Eine Samtgemeinde bzw. Gemeinde kann daher unter Rückgriff auf die o.a. Generalklausel des § 2 NBrandSchG verpflichtet sein, über die Verordnung hinausgehend weiteres zusätzliches Gerät vor- und zu unterhalten. Dazu müssen jedoch besondere örtliche Verhältnisse gegeben sein (vgl. LT-Drs. 13/3634, abgedruckt in Scholz/Thomas, NBrandSchG, 5. Aufl., Anhang 6, S. 247 f; ebenda, S. 33, sowie ergänzend die Ausführungen in der Verfügung der Kammer v. 26.3.2003, S. 1 f). Dass dies vorliegend der Fall ist und zur Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges zwingt, steht jedoch nach Ansicht der Kammer jedenfalls nicht hinreichend sicher fest. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass ein solches Fahrzeug zur Rettung von Menschenleben aus Gebäuden ohne zweiten Rettungsweg und mit nicht geringer Höhe erforderlich sein kann, wenn keine anderen geeigneten Rettungsmittel zur Verfügung stehen. Die Kammer geht allerdings davon aus, dass es gerade im Hinblick auf ältere bestandsgeschützte Häuser entsprechende Gebäude grundsätzlich auch in anderen nds. Gemeinde mit weniger als 15.000 Einwohnern gibt, ohne dass dies für den Verordnungsgeber Anlass war, für jede Gemeinde die Anschaffung eines solchen Fahrzeugs vorzuschreiben. Dafür sprechen auch die Angaben in dem Schreiben des NStGB v. 4.6.2003 (Anlage zum Schreiben der Antragstellerin v. 11.6.2003), auch wenn man dessen Interessengebundenheit berücksichtigt. Danach soll sich die Antragsgegnerin nicht von anderen Gemeinden vergleichbarer Größenordnung unterscheiden, ohne dass dort ein Hubrettungsfahrzeug vorhanden ist oder dessen Anschaffung gefordert wird. Dafür, dass der nds. Verordnungsgeber insoweit bewusst für den „Normalfall“ eine Entscheidung getroffen hat, spricht zusätzlich ein Vergleich mit anderen landesrechtlichen Regelungen in Sachsen –Anhalt und Hessen. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2  Nr. 2 der sachsen-anhaltinischen MindAusrVO-FF v. 9.9.1996 i. d. F. v.  13.1.2003 ist nämlich bereits für Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern zwingend ein Hubrettungsfahrzeug nach DIN 14701 ... oder eine Drehleiter ... vorzuhalten. Die Anlage zur hessischen FwOVO v. 29.8.2001 (Hess. GVBl. I 2001, S. 391) sieht ein Hubrettungsfahrzeug in der Risikokategorie B 3 (u.a. bei einer Gebäudehöhe von höchstens 12 m Brüstungshöhe) für die Ausrüstungsstufe II (Mannschaft und Geräte zur überörtlichen Hilfe mit einer Hilfsfrist von 20 Minuten) vor, „falls nach Bebauungshöhe notwendig“. Daher wäre nach Ansicht der Kammer zur Begründung einer solchen Anschaffungsverpflichtung der Antragstellerin darzulegen, in welcher Weise bei ihr ein besonderer, über die Verhältnisse in anderen Gemeinden gleicher Größenordnung bestehender Bedarf hierfür gegeben ist, insbesondere wegen besonders vieler Gebäude mit nicht anders erreichbaren Aufenthaltsräumen i.S.v. § 43 NBauO oder solchen ohne zweiten Rettungsweg. Hieran mangelt es bislang aber. Auch aus der ergänzend von der Kammer eingeholten, den Beteiligten bekannten Stellungnahme des Nds. MI v. 7.3.2003 ergibt sich dies nicht. Danach entspricht vielmehr die Anzahl der in Niedersachsen bei den freiwilligen Feuerwehren vorhandenen Hubrettungsfahrzeuge mit 171 in etwa der Zahl der Feuerwehrschwerpunkte von 168. Dies ist als Indiz dafür anzusehen, dass im Übrigen – soweit eben nicht besondere örtliche Verhältnisse vorliegen – in Gemeinden ohne den Status eines Feuerwehrschwerpunktes  keine Notwendigkeit für eine entsprechendes Hubrettungsfahrzeug gesehen wird. Bei dieser Sachlage kann es auch unter Berücksichtigung des nicht verkannten Gefahrenpotentials nicht Aufgabe des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren sein, ohne genaue Kenntnisse der landesweiten Gegebenheiten eine entsprechende sofortige Investitionsverpflichtung  der Antragstellerin und – soweit in anderen Gemeinden letztlich gleiche Verhältnisse gegeben sind – letztlich auch in anderen nds. Gemeinden zu bestätigen. 

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Selbst wenn man jedoch dieser Ansicht nicht folgt und unabhängig von den Verhältnissen in anderen, vergleichbaren nds. Gemeinden eine absolute Zahl von Gebäuden, in denen eine anderweitige Rettung von Menschen bei Fehlen des zweiten Rettungsweges bzw. anderen geeigneten Rettungsgeräts nicht möglich ist, als Grundlage für die Annahme eines besonderen, über die Anforderungen der MindeststärkeVO hinausgehenden Bedarfs gestützt auf § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 NBrandSchG ansieht – wie der Antragsgegner - so müsste doch jedenfalls diese Zahl feststehen. Auch dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn es ist letztlich unklar, in welchen Fällen eine Menschenrettung in Gebäuden im Gebiet der Antragsstellerin (ohne zweiten Rettungsweg) erfolgsversprechend nur mit einem Hubrettungsfahrzeug durchgeführt werden kann. Die Prüfung des Samtgemeindebrandmeisters der Antragstellerin im Jahr 1997 basierte lediglich auf Schätzungen und bezog außerdem offenbar z.T. auch Gebäude ohne Aufenthaltsräume i. S.d. § 43 NBauO – wie etwa in Machendorf eine Kirche mit wertvollem Inventar (Glocken) oder Getreidesilos - ein, die nach ihrer Zweckbestimmung allenfalls zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind und deshalb die Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeugs zum (vorrangigen) Zwecke der Menschenrettung nicht rechtfertigen können. Im Übrigen hat die Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners eine eingehende Einzelfallprüfung dieser Angaben abgelehnt, dafür aber mit Schreiben vom 24.07.1997 ausgeführt, dass von den genannten „190“ Gebäuden „kaum ein Gebäude aufgezählt werde, das nicht zu den Gebäuden geringer Höhe gemäß § 2 Abs. 9 NBauO zu rechnen wäre“, d.h. es handele sich überwiegend um Gebäude geringer Größe, die aber – soweit ersichtlich – unstreitig grundsätzlich auch mit anderen Rettungsgerät, insbesondere einer mehrteiligen Schiebeleiter, als einem Hubrettungsfahrzeug erreicht werden können. Wie viele Aufenthaltsräume in Gebäuden nicht geringer Höhe i.S.v. § 2 Abs. 9 NBauO ohne zweiten Rettungsweg im Gebiet der Antragstellerin vorhanden sind, kann die Kammer den Unterlagen daher nicht hinreichend sicher entnehmen. Angesichts dieser Ungewissheit kann nicht sicher festgestellt werden, dass die Gefahr jedenfalls so hoch, dass sofort durch Anschaffung eines Hubrettungsfahrzeuges gehandelt werden müsste. Dies gilt zusätzlich deshalb, weil mangels hinreichender Angaben nicht zuverlässig beurteilt werden kann, inwieweit – etwa gegenüber formell baurechtswidrigen Gebäude(teilen) - nach § 89 NBauO oder - bei Gebäuden aus der Zeit vor 1974 - nach § 99 NBauO die Gefahr, Menschen im Brandfall aus größerer Höhe nicht schnell genug retten zu können, erfolgsversprechend und zeitnah alternativ auch baurechtlich oder nach dem NBrandSchG durch die Anschaffung weniger kostenaufwendigeren Geräts, insbesondere einer mehrteiligen Schiebeleiter (die vom Hess. Landerechnungshof in dessen, hier nach dem internet zitierten Bericht unter Ziffern 5.28 und 6.9 für das Jahr 1996 (www . rechnungshof-hessen.de/lmk/...) in Hessen sogar für bis zu 4 geschossige Gebäude für ausreichend erachtet wird), „bekämpft“ werden könnte

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Bei dieser Sachlage war für die Zeit bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides die aufschiebende Wirkung des Widerspruches wiederherzustellen. Im Widerspruchsverfahren kann – sollte die Anordnung aufrechterhalten bleiben – eine genaue Feststellung der betroffenen Gebäude erfolgen und ggf. über das Nds. MI ( unter Beteiligung des betroffenen gemeindlichen Spitzenverbandes) eine nach Art. 57 Abs. 6 Nds. Verfassung sowie des Landesfeuerwehrverbandes nach § 37 Abs. 2 NBrandSchG Stellungnahme dazu eingeholt werden, ab welcher Anzahl von entsprechenden Gebäuden ein Hubrettungsfahrzeug und ggf. insoweit eine Änderung der MindeststärkeVO für erforderlich gehalten wird. Das verbleibende Restrisiko bis dahin erscheint der Kammer im Hinblick auf die Dauer der Auseinandersetzung, die bislang noch nicht gegebene Ersatznotwendigkeit für ein solches Fahrzeug im Gebiet der Antragsstellerin zur Menschenrettung sowie die – grundsätzlich zwar die etwaige eigene Verpflichtung der Antragsstellerin unberührt lassende (vgl. nochmals den o.a. Beschluss des Nds. OVG v. 5.2.1997), aber nach Ansicht der Kammer jedenfalls für den Übergangszeitraum bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zu berücksichtigende Nachbarschaftshilfe - hinnehmbar.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG. Ein Hubrettungsfahrzeug kostet etwa 500.000 Euro. Dieser Wert ist für die Streitwertfestsetzung in dem einstweiligen Rechtschutz halbiert worden.