Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 20.08.2003, Az.: 6 B 290/03
Benotung; Klassenarbeit; Leistungsbeurteilung; Lernzielkontrolle; Nichtversetzung; Notenfestsetzung; Punktergebnis; Schule; Schüler; Versetzung; Zeugnisnote
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 20.08.2003
- Aktenzeichen
- 6 B 290/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48424
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 59 Abs 4 SchulG ND
- § 2 Abs 2 VersetzV ND
- § 4 VersetzV ND
- § 5 VersetzV ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Mit Punktergebnissen versehene schriftliche Lernzielkontrollen sind keine bewerteten schriftlichen (Klassen-)Arbeiten, für die die für Zeugnisnoten geltenden Bestimmungen über die Notenfestsetzung maßgeblich sind.
Tatbestand:
I. Die im Jahre 1988 geborene Antragstellerin besuchte im Schuljahr 2002/03 die 8. Jahrgangsstufe der Realschule. Am Schuljahresende wurde sie auf Grund eines Beschlusses der Klassenkonferenz nicht in die 9. Klasse versetzt. In dem Zeugnis vom 9. Juli 2003 wurden ihr folgende Fachnoten erteilt:
Deutsch gut
Biologie ausreichend
Englisch ausreichend
Musik ausreichend
Geschichte ausreichend
Kunst gut
Erdkunde ausreichend
Sport gut
Religion ausreichend
Französisch (wahlfrei) ungenügend
Mathematik ungenügend
PC-Textbearbeitung (wahlfrei) mangelhaft
Physik mangelhaft
Bereits im Halbjahreszeugnis sowie mit einer weiteren gesonderten Mitteilung war der Schülerin der Hinweis erteilt worden, dass die Versetzung gefährdet sei.
Gegen die Zeugnisentscheidung vom 9. Juli 2003 erhob die Antragstellerin am 17. Juli 2003 Widerspruch mit der Begründung, dass der Notendurchschnitt im Fach Mathematik einen Wert von 5,5 ergeben und zu der Fachnote "ungenügend" geführt habe (schriftlich: 5, 6, 6; mündlich: 6, 6, 6, 3). Die Note "ungenügend" solle nach der Notendefinition im Erlass des Kultusministeriums vom 22. März 1996 über die Zeugnisse in den allgemeinbildenden Schulen nur erteilt werden, wenn die Leistungen den Anforderungen nicht genügten und selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft seien, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden könnten. Zwei der mit "ungenügend" bewerteten Leistungen seien dadurch zustande gekommen, dass sie den Fachlehrer gebeten habe, den Sachverhalt nochmals zu erklären, weil sie diesen noch nicht genau verstanden habe. Daraufhin habe der Fachlehrer geantwortet: "Geh zu Neckermann, Neckermann machts möglich". Diese Nachfrage habe der Lehrer wohl als Lücke in den Grundkenntnissen interpretiert und die Note "ungenügend" erteilt. Die durchgeführte punktuelle Leistungsmessung verstoße gegen den Erlass des Kultusministeriums vom 25. März 1997 über die Arbeit in der Realschule, indem der Ablauf eines Lernprozesses nicht mit einbezogen worden sei. Dass sie zum Ende des Schuljahres die Note "befriedigend" für eine mündliche Leistung erhalten habe, zeige, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden seien und in absehbarer Zeit die Mängel behoben werden könnten. Auch sei bei einer positiven Leistungsentwicklung im Zweifelsfall die bessere Note zu erteilen. Im Fach Mathematik müsse ihr deshalb die Note "mangelhaft" erteilt werden. Im Fach Physik habe sie auf der Grundlage von schriftlichen Lernzielkontrollen (mit den Noten 2, 5, 6, 5) die Note "mangelhaft" erhalten. Mündliche Leistungen seien nach der Auskunft des Fachlehrers nicht beurteilt worden. Dies mache die festgesetzte Fachnote fehlerhaft. Da der Fachlehrer nach seinen eigenen Angaben hierüber keine Aufzeichnungen geführt habe, könne die mündliche Leistung auch nicht mehr nachträglich ermittelt werden. Von den schriftlichen Lernzielkontrollen dürften nur die ersten beiden Ergebnisse mit "gut" und "mangelhaft" berücksichtigt werden, weil in diesem Fach lediglich bis zu drei benotete schriftliche Lernzielkontrollen zulässig seien, die über das gesamte Schuljahr gleichmäßig zu verteilen seien. Hiernach wären im 2. Halbjahr höchstens zwei bewertete schriftliche Arbeiten zulässig gewesen. Deshalb seien die letzten beiden Noten zu streichen, so dass die Fachnote in Physik mindestens auf "ausreichend" festzusetzen sei.
Über den Rechtsbehelf ist - soweit ersichtlich - von der Bezirksregierung Braunschweig noch nicht entschieden worden.
Am 18. Juli 2003 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie trägt unter Bezugnahme auf ihr Widerspruchsvorbringen ergänzend vor:
Auf der Grundlage der nach ihrer Auffassung neu festzusetzenden Noten in den Fächern Mathematik und Physik müsse die Versetzung in die nächsthöhere Klasse ausgesprochen werden. Eine nachträgliche Versetzung durch eine gerichtliche Entscheidung im Klageverfahren, mit der erst im Laufe des Schuljahres 2003/04 zu rechnen sei, sei für sie praktisch wertlos, weil sie den bis dahin versäumten Lehrstoff nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen aufholen könne.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr die vorläufige Teilnahme am Unterricht der 9. Jahrgangsstufe im Schuljahr 2003/04 zu gestatten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie entgegnet:
Die der Antragstellerin erteilten Noten "ungenügend" im Fach Mathematik und "mangelhaft" im Fach Physik seien nach den Bestimmungen der Versetzungsverordnung nicht ausgleichbar. Die Leistungsbewertung in Bezug auf diese Fächer sei weder formal noch inhaltlich zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin aus dem Umstand, dass sie für eine mündliche Leistung im Fach Mathematik die Bewertung "befriedigend" erhalten habe, auf das Vorhandensein von Grundkenntnissen schließe und daraus eine Abänderung der Fachnote auf "mangelhaft" herleite, könne dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Die Zeugnisnote am Ende eines Schuljahres beziehe sich auf das Leistungsverhalten in dem gesamten Schuljahr. Im 1. Halbjahr habe die Antragstellerin im Fach Mathematik Leistungen gezeigt, die insgesamt ebenfalls mit "ungenügend" bewertet worden seien. Der Fachlehrer habe in seiner Stellungnahme dargelegt, dass die mit "befriedigend" bewertete Leistung der Antragstellerin keine Trendwende in ihrem Arbeits- und Lernverhalten eingeleitet habe. Die von der Antragstellerin in diesem Fach gezeigten Mängel seien derart lückenhaft gewesen, dass sie in absehbarer Zeit nicht behoben werden könnten. Hinsichtlich der Bemerkung "Neckermann machts möglich" sei der Sachverhalt von der Antragstellerin verzerrt dargestellt worden. Nach den Angaben des Fachlehrers sei diese Bemerkung gefallen, nachdem er auf Bitten einiger Schüler im Mathematikunterricht den Sachverhalt wiederholt erklärt habe. Als am Ende der nochmaligen Erläuterungen zur Anfertigung einer Lernzielkontrolle Übungsaufgaben gestellt worden seien, habe sich die Antragstellerin, die während der vorangegangenen Erklärungen unaufmerksam gewesen sei und in ihrem Heft gemalt habe, gemeldet und angegeben, sie habe den Sachverhalt noch immer nicht verstanden. Hierauf sei ihr geantwortet worden, dass sie kein Anrecht auf einen Einzelunterricht habe; sofern sie einen solchen jedoch für sich beanspruche, müsse sie - übertragen formuliert - "zu Neckermann gehen". Im Hinblick auf die pädagogische Verantwortung des Lehrers auch gegenüber anderen Schülern sei dieses Verhalten rechtlich nicht zu beanstanden. Ein formaler Rechtsverstoß sei in dieser pointierten, gleichwohl aber nicht unsachlichen Äußerung nicht zu erkennen. Von der Antragstellerin sei schließlich auch nicht dargelegt worden, inwieweit dieser Vorfall überhaupt für die Bewertung im Fach Mathematik relevant gewesen sei. Die Darstellung der Antragstellerin in Bezug auf die Leistungsbewertung im Fach Physik sei unzutreffend. Entgegen ihren Angaben seien nach der Stellungnahme des zuständigen Fachlehrers auch die mündlichen Leistungen bewertet worden; außerdem seien Lernziel- und Hausaufgabenkontrollen sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form in die Beurteilung eingegangen. Bei den der Antragstellerin im Fach Physik erteilten Noten 2, 5, 6 und 5 habe es sich nicht nur um schriftliche Lernzielkontrollen, sondern auch um mündliche Zensuren gehandelt. Die Sichtweise der Antragstellerin hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit nur eines Teils der ausgewiesenen Leistungsbewertungen greife deshalb nicht. In diesem Fach habe die Antragstellerin in den zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Zensuren des 1. Halbjahres im Unterricht mitgearbeitet und Interesse am vorgegebenen Stoff gezeigt, so dass in dieser kurzen Zeit die Mitarbeit mit "gut" habe bewertet werden können. In der darauf folgenden Zeit bis zum 25. März 2003 habe ihr Interesse und die Mitarbeit derart stark nachgelassen, dass die Leistungen in diesem Zeitraum nur mit "mangelhaft" hätten bewertet werden können. Auch bis zum 17. Juni 2003 habe die Schülerin demonstrativ ihr Desinteresse am Unterricht gezeigt und sei weder durch Ermahnungen noch durch die Veränderung ihres Sitzplatzes im Klassenverband und wiederholte Aufforderungen zur Mitarbeit zu einer Änderung ihres Verhaltens zu bewegen gewesen. Trotz ausführlicher Besprechungen der Aufgabenstellungen im Unterricht seien von der Schülerin die ihr aufgegebenen Hausaufgaben nicht bzw. unvollständig bearbeitet worden, ein gefordertes Nacharbeiten der Hausarbeiten sei unterblieben. Dies habe zu immer größer werdenden Lücken bei den Fähigkeiten und Kenntnissen für das Fach Physik in dieser Jahrgangsstufe - vor allem im Bereich der Strahlenoptik - geführt. Schließlich habe sich bis zum 30. Juni 2003 das Verhalten der Schülerin nur marginal verändert. Diese geringfügige Verbesserung habe aber nicht ausgereicht, um ihr die Teilnote "mangelhaft" für diesen Zeitraum zu erteilen. Unter Berücksichtigung der im 1. Halbjahr erbrachten Leistungen in diesem Fach (mangelhaft) sei die Gesamtzensur ebenfalls auf "mangelhaft" festgesetzt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
Mit der Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO begehrt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache, da ihr bei einer Stattgabe für die Dauer des verwaltungsbehördlichen Verfahrens und eines später nachfolgenden Klageverfahrens die Rechtsposition vermittelt wird, die sie in einem Klageverfahren erst zu erreichen suchen müsste. Ihrer Natur nach darf mit einer von der Antragstellerin angestrebten Anordnung jedoch grundsätzlich nur eine einstweilige Regelung oder ein vorläufiger Zustand geschaffen und im Allgemeinen einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vorgegriffen werden (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rn 208 f.). Von diesem Grundsatz ist im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eine Ausnahme dann zuzulassen, wenn schon jetzt zu erkennen ist, dass der Rechtsuchende in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird und unzumutbar schweren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens verwiesen würde (Finkelnburg/Jank, aaO., Rn 217 m.w.N.). Die bloße Möglichkeit eines Klageerfolgs genügt allerdings nicht. Lässt sich eine solche Vorausbeurteilung nicht vornehmen, kann sich die gerichtliche Entscheidung an den Folgen, die mit einer Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für die Antragstellerin verbunden sind, orientieren, wenn dies die einzige Rechtsschutzmöglichkeit ist (vgl. hierzu: BVerfG, Beschl. vom 25.07.1996, NVwZ 1997, 479 m.w.N.). Hier ist indes schon jetzt zu erkennen, dass die Antragstellerin in einem evtl. nachfolgenden Klageverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Versetzung nicht wird erreichen können.
Nach § 59 Abs. 4 NSchG kann eine Schülerin den nächsthöheren Schuljahrgang einer Schulform oder eines Schulzweiges erst besuchen, wenn die Klassenkonferenz entschieden hat, dass von ihr eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden kann (Versetzung). Die Voraussetzungen für eine solche Versetzung sind in der Versetzungsverordnung in der hier anzuwendenden Fassung vom 1. Juli 1999 (Nds. GVBl. 1999, 139) geregelt. Nach § 2 Abs. 2 VersetzungsVO ist eine Schülerin zu versetzen, wenn die Leistungen in allen Pflicht- und Wahlpflichtfächern mindestens mit "ausreichend" bewertet worden sind. Nicht ausreichende Leistungen in diesen Fächern können nach Maßgabe der §§ 4 und 5 VersetzungsVO ausgeglichen werden. Liegen mangelhafte Leistungen nur in einem Fach vor, bedarf es keines Ausgleichs (§ 4 Abs. 1 VersetzungsVO). Liegen dagegen mangelhafte Leistungen in zwei Fächern oder ungenügende Leistungen in einem Fach vor, so kann die Versetzungskonferenz eine erfolgreiche Mitarbeit der Schülerin in der nächsthöheren Jahrgangsstufe in der Regel nur annehmen, wenn für die nicht ausreichenden Leistungen ein Ausgleichsfach im Sinne der Ausgleichsregelung der §§ 4 und 5 VersetzungsVO vorhanden ist. Hierbei darf die in der Stundentafel vorgeschriebene Stundenzahl eines Ausgleichsfachs nur um eine Stunde geringer sein als die vorgeschriebene Stundenzahl des auszugleichenden Faches. Liegen - wie hier - ungenügende Leistungen in einem und mangelhafte Leistungen in einem weiteren Fach vor, finden die Ausgleichsregelungen des § 4 VersetzungsVO, soweit es um die Zeugnisnoten einer Realschule oder eines Gymnasiums geht, keine Anwendung.
Nach Maßgabe dieser Regelungen hat die Klassenkonferenz zutreffend die Nichtversetzung der Antragstellerin beschlossen, weil die Schülerin zusätzlich zu der Note "ungenügend" im Fach Mathematik noch die Fachnote "mangelhaft" in Physik erhalten hat. Für einen solchen Fall lassen die Bestimmungen der VersetzungsVO eine Zuweisung in den nächsthöheren Schuljahrgang der besuchten Schulform nicht zu.
Die Entscheidung der Versetzungskonferenz ist auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin erhobenen Rügen rechtlich nicht zu beanstanden. Im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Prüfungsrechts geht die Kammer davon aus, dass den Lehrern ebenso wie den Prüfern und Prüfungsgremien im Bereich einer fachlich-wissenschaftlichen Bewertung von Prüfungsleistungen wegen der Eigenart des Bewertungsvorgangs ein der verwaltungsgerichtlichen Prüfung entzogener Bewertungsspielraum zusteht (vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. vom 13.03.1998, 6 B 28.98 m.w.N.; Nds. OVG Lüneburg, Beschl. vom 15.11.1999, 13 M 3932/99 und 13 M 4354/99; Beschl. vom 23.11.1999, 13 M 4473/99 und 13 M 3944/99; VG Braunschweig, Urt. vom 25.11.1998, 6 A 61196/97, Beschl. vom 23.08.2000, 6 B 362/00). Im Rahmen einer solchermaßen eingeschränkten Kontrollbefugnis können die Gerichte das Bewertungsergebnis lediglich daraufhin überprüfen, ob es auf der Grundlage eines fehlerfreien Bewertungsverfahrens, auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage, unter Beachtung allgemein anerkannter Bewertungsgrundsätze sowie frei von sachfremden Erwägungen und Willkür zustande gekommen ist. In diesem Sinne eingeschränkt ist auch die Kontrolle von Versetzungsentscheidungen der Klassenkonferenz; die Klassenkonferenz hat einen Einschätzungsspielraum, soweit die Entscheidung von einer positiven Leistungsprognose für die nächsthöhere Klasse abhängt. Mangels eigener fachlicher Kompetenz ist es nicht Sache der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ihre eigene Auffassung über die zu erwartende Mitarbeit eines Schülers oder einer Schülerin im nächsthöheren Schuljahrgang an die Stelle der durch die gesetzlichen Vorschriften allein zu der Beurteilung berufenen Mitglieder der Klassenkonferenz zu setzen (vgl. auch: Nds. OVG Lüneburg, aaO.; VGH Mannheim, Beschl. vom 28.09.1992, NVwZ-RR 1993, 358 [VGH Baden-Württemberg 28.09.1992 - 9 S 2187/92]).
In seiner dienstlichen Äußerung vom 30. Juli 2003 hat der Fachlehrer für die Fächer Mathematik und Physik die Grundlagen seiner Leistungsbewertung, von der die Klassenkonferenz bei der Notenfestsetzung im Zeugnis vom 9. Juli 2003 ausgegangen ist, dargelegt. Danach sind in diesen Fächern die Noten nicht fehlerhaft zustande gekommen. Der Fachlehrer hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Leistungen im Fach Mathematik, die schon im 1. Halbjahr mit "ungenügend" bewertet worden waren, sich auch im 2. Halbjahr nicht maßgeblich verändert haben. Bis zum 19. Juni 2003 sind die Leistungen der Antragstellerin in diesem Fach wiederum nur mit "ungenügend" beurteilt worden. Nach den Angaben des Fachlehrers hatte sich die Antragstellerin bis zum 18. März 2003 nicht am Unterrichtsgeschehen beteiligt und war nur durch Störungen und Ablenkungen von Mitschülern aufgefallen. Hausaufgaben seien, sofern sie überhaupt bearbeitet worden seien, trotz wiederholter Abmahnungen nur unvollständig abgeliefert und nicht nachbearbeitet worden. Auf Fragen nach dem Inhalt des in den vorangegangenen Unterrichtsstunden behandelten Lehrstoffs sei die Mitarbeit verweigert worden. Im nachfolgenden Zeitraum bis zum 19. Juni 2003 habe die Schülerin eine Änderung ihrer Leistungsbereitschaft nicht gezeigt, so dass die mündliche Note wieder auf "ungenügend" festgesetzt worden sei. Eine geringe Verbesserung habe sie in der Zeit nach dem 30. Juni 2003 gezeigt, indem die Schülerin weitgehend korrekt die Quadratzahlen von 1² bis 25² und die Kubikzahlen von 1³ bis 10³, die als Hausaufgabe auswendig zu lernen gewesen seien, wiedergegeben habe. Diese punktuelle Leistung sei außerordentlich stark von den sonst erbrachten schriftlichen wie mündlichen Leistungen abgewichen. Da es sich um eine erste positive Änderung des Verhaltens der Schülerin und ihrer Mitarbeit im Unterricht gehandelt habe, sei zu ihrer Motivation diese Leistung überdurchschnittlich gut mit "befriedigend" bewertet worden. In den Klassenarbeiten seien jedoch gravierende Verständnislücken hinsichtlich der in dieser Jahrgangsstufe geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse im Fach Mathematik offenbar geworden. Dies habe zu den Benotungen mit "mangelhaft" in einem Fall sowie mit "ungenügend" in zwei weiteren Arbeiten geführt. Berichtigungen seien von der Schülerin trotz ausführlicher Besprechung im Unterricht und wiederholt gestellter Hausaufgaben nicht bzw. nur unzureichend und unvollständig angefertigt worden. Eine unzulässige Leistungsbewertung, die sich lediglich in der punktuellen Beurteilung einzelner Leistungsergebnisse erschöpft und das Zustandekommen einer solchen Leistung sowie auch eine im Einzelfall notwendige Leistungsergänzung nicht berücksichtigt, vermag das Gericht darin nicht zu erkennen. In Anbetracht des erheblichen Leistungsversagens der Schülerin in diesem Fach, wie es von dem Fachlehrer skizziert worden ist, stellen sich die von der Schülerin gezeigten Leistungen und Kenntnisse in diesem Fach als derart lückenhaft dar, dass die daraus vom Fachlehrer abgeleitete Überzeugung, die Schülerin könne in absehbarer Zeit diese Mängel nicht beheben, den Vorschriften über die Notenbezeichnungen und Festsetzung von Fachnoten nicht widerspricht.
Die von der Antragstellerin beanstandete Bemerkung des Lehrers "geh zu Neckermann, Neckermann machts möglich" erscheint zwar unter pädagogischen Gesichtspunkten als fragwürdig, selbst wenn die Äußerung nicht genau mit diesem Wortlaut gefallen sein sollte. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese oder eine ähnliche Äußerung des Lehrers ein Ausdruck sachfremder Erwägungen war, die die Leistungsbewertung beeinflusst haben. Die Annahme der Antragstellerin, dass der Fachlehrer ihre Nachfrage nach dem Sachverhalt "wohl als Lücke in den Grundkenntnissen interpretiert" und ihr deshalb die Note "ungenügend" gegeben habe, erschöpft sich in einer bloßen Vermutung. Die Darstellung der Antragstellerin gibt zudem den Sachverhalt nicht vollständig wieder. Aus der dienstlichen Äußerung des Lehrers ergibt sich, dass sich die Antragstellerin während der Sachverhaltserläuterungen durch den Fachlehrer mit anderen Dingen wie dem Ausmalen eines Blatt Papiers (Wortlaut: "Fuck it all"), das sich bei den Schulakten befindet, beschäftigt hatte und die Schülerin erst dann, als die Übungsaufgaben für die Lernkontrollen gestellt werden sollten, zu einem unpassenden Zeitpunkt eine Wiederholung der Erläuterungen begehrt hatte. Dafür, dass der Fachlehrer allein diese Nachfrage und nicht das Ergebnis der Lernkontrolle in die Leistungsbeurteilung einbezogen hat, hat die Antragstellerin weder konkrete Tatsachen aufgewiesen noch sind für diese Annahme der Antragstellerin Anhaltspunkte ersichtlich.
Soweit die Antragstellerin in Bezug auf das Fach Physik davon ausgeht, dass in diesem Fach mündliche Leistungen nicht bewertet worden seien und die von ihr aufgeführten Noten sich auf schriftliche Arbeiten bezogen hätten, trifft diese Annahme offenkundig nicht zu. Die Noten wurden für mündliche Leistungen der Schülerin erteilt. Die Aufzeichnungen des Fachlehrers in einer Notenübersicht für alle Schüler weisen diese Zensuren als Bewertungsergebnisse für mündliche Leistungen aus. Im Fach Physik wurden bewertete schriftliche Arbeiten (Klassenarbeit, Klausuren) im Sinne des Erlasses des Kultusministeriums vom 21.10.1997 (SVBl. 1997, 383) nicht angefertigt. Die von der Antragstellerin bearbeiteten Lernkontrollen zählen nicht zu solchen "bewerteten schriftlichen Arbeiten". Dies wird schon darin deutlich, dass - wie die Antragstellerin eingeräumt hat - die gezeigten Leistungen mit Punkten versehen und nicht, wie dies bei Klassenarbeiten vorgeschrieben ist, nach Maßgabe der für Zeugnisse geltenden Bestimmungen benotet wurden (Nr. 7 des Erlasses vom 21.10.1997, aaO.). Es handelt sich hierbei - soweit bei der im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens nur summarisch möglichen Prüfung der Sachlage festgestellt werden kann - um in schriftlicher Form durchgeführte fachspezifische Überprüfungen der Lernstände, auf die die Vorschriften über die Anzahl der in einem Fach zulässigen Klassenarbeiten keine Anwendung finden, auch wenn die Lernkontrollen mit einer Punktzahl versehen wurden und die Wertigkeit dieser Punktzahl später an der Tafel erläutert wurde. Aus diesen schriftlichen wie auch mündlich abgefragten fachspezifischen Lernkontrollen, der Mitarbeit im Unterricht nach Häufigkeit und Qualität sowie aus den gelegentlichen Beurteilungen der häuslichen Arbeitsleistungen sind im Fach Physik vier Teilnoten ermittelt worden (2, 5, 6, 5), die zusammen mit der für das erste Schuljahr erteilten Note "mangelhaft" zu der Jahresendzensur "mangelhaft" geführt haben. Diese Leistungsbeurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Antrag ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG und beläuft sich auf die Hälfte des in einem Hauptsacheverfahren anzunehmenden Wertes.