Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 10.04.2008, Az.: 2 A 7/08
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 10.04.2008
- Aktenzeichen
- 2 A 7/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 45334
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2008:0410.2A7.08.0A
Rechtsgrundlagen
- 7 II MGV
- 7 Nr. 2 VO (EWG) 1546/88
- 7 I VO (EWG) 857/84
Tatbestand
Der Kläger ist (Nebenerwerbs-) Landwirt und wendet sich dagegen, dass die Beklagte dem Beigeladenen die Übertragung einer Referenzmenge nach der Milchgarantiemengenverordnung im Umfang von 12 513 Kg bescheinigt hat.
Der Kläger übernahm von seinem Vater, L.C., dessen landwirtschaftlichen Betrieb. Dieser hatte am 28. Juni 1972 mit dem Landwirtwirt M.N. über das Grundstück Flurstück 12 der Flur 11 der Gemarkung O. mit einer Größe von 5,0051 ha einen Pachtvertrag abgeschlossen. Nach § 14 des Vertrages verjähren Ansprüche des Verpächters gegen den Pächter aus diesem Vertrag in 6 Monaten nach Rückgabe des Pachtlandes und verjähren Ansprüche des Pächters gegen den Verpächter aus diesem Vertrag in 6 Monaten nach Vertragsende.
Am 19. Januar 1988 erwarb der Vater des Beigeladenen, Herr P.F., von den Erben des mittlerweile Verstorbenen Landwirts N. durch notariellen Kaufvertrag das fragliche Grundstück. Irgendwelche auf diesem Grundstück liegende Milchreferenzmengen waren nicht Vertragsgegenstand. Zum 1. Oktober 1989 wurde das Grundstück nach Ablauf der Pachtdauer an den Vater des Beigeladenen zurückgegeben; der Beigeladene ist seit 1995 Betriebsnachfolger seines Vaters.
Im Frühjahr 2004 wollte der Beigeladene die zum Betrieb gehörende Milchreferenzmenge veräußern. Durch Beratung der örtlichen Geschäftsstelle der Beklagten erfuhr er in diesem Zusammenhang, dass ihm möglicherweise noch ein Referenzmengenübergang wegen der Rückgabe des streitbefangenen Grundstücks in O. nach Pachtrückgabe im Jahre 1989 bescheinigt werden könne. Am 13. April 2004 beantragte der Beigeladene, ihm die auf diesem Grundstück ruhende Referenzmenge zu übertragen. Im Verfahren machte er geltend, die Fläche habe vor Rückgabe der Pachtsache der Milcherzeugung gedient. Zum Beweis dessen legte er Kopien aus den Jahreskalendern des Lohnunternehmers Jäger für das Kalenderjahr 1986 vor, aus denen sich nach seiner Auffassung ergeben sollte, dass sämtliches Rübenblatt der Ernten 1986 und 1989 eingesammelt bzw. einsiliert worden war und damit der Milchviehhaltung zugeführt worden sei. Dem widersprach der Kläger, dessen Vater seinerzeit noch Milchvieh gehalten hatte, und behauptete, in den Jahren 1986 und 1989 Zuckerrüben und in den Jahren 1987 und 1988 Weizen angebaut zu haben. Die geernteten Feldfrüchte seien nicht, auch nicht teilweise, der Milchviehhaltung zugeführt worden; sie seien sämtlich verkauft worden. Zum Beweis dessen legte er im Wesentlichen inhaltsgleiche Bescheinigungen der Landwirte Q. und R. vom 1. Juli 2004 vor, nach denen diese im Jahre 1986 bzw. 1989 das Rübenblatt der Rübenernte des fraglichen Grundstücks erhalten hätten. Auf Nachfrage der Beklagten gab Herr Q. an, sich nicht erinnern zu können, von welcher Fläche er die Silage bekommen habe und ob es die gesamte Miete gewesen sei. Der Landwirt R. äußerte sich auf eine entsprechende Nachfrage der Beklagten nicht.
Daraufhin bescheinigte die Beklagte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 28. September 2004 die Übertragung einer Referenzmenge im Umfang von 2 500 Kg/Ha = 12 513 Kg infolge Übernahme eines Teilbetriebes zum 01.10.1989. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 zurück. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an, die Fläche habe zur Silagegewinnung und damit der Milcherzeugung gedient. Ein Referenzmengenübergang könne nicht, was der Kläger eingewandt hatte, durch privatrechtliche Vereinbarung abbedungen werden.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Mai 2005 Klage erhoben.
Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der Beigeladene sei nicht antragsberechtigt. Eine Milchreferenzmenge sei nicht Gegenstand des notariellen Kaufvertrages zwischen dem Vater des Beigeladenen und den Rechtsnachfolgern des Landwirts N. vom 19. Januar 1988 gewesen. Die fragliche Referenzmenge sei deshalb bei der Erbengemeinschaft N. verblieben. Zudem habe das Pachtverhältnis für die fragliche Fläche im Herbst 1989 geendet; laut § 14 des Pachtvertrags seien damit sämtliche Ansprüche aus dem Pachtverhältnis im Frühjahr 1990 verjährt gewesen. Der Beigeladene könne fast 15 Jahre nach Pachtende einen Referenzmengenübergang nicht mehr in Anspruch nehmen. Es sei auch zwischen seinem, des Klägers, Vater und dem Vater des Beigeladenen bei Pachtrückgabe vereinbart worden, dass eine Milchreferenzmenge nicht übergehen soll. Der Vater des Beigeladenen sei im Zeitpunkt der Pachtrückgabe auch kein Milcherzeuger gewesen. Schließlich sei die fragliche Fläche während der gesamten Nutzungszeit zur Gewinnung von Marktfrüchten und zu Zwecken des Ackerbaus und damit nicht zur Milcherzeugung genutzt worden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 28. September 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Maßgeblich sei die Rechtslage im Zeitpunkt der Pachtrückgabe. Am 1. Oktober 1989 sei der Übergang einer Milchreferenzmenge nach der damaligen Rechtslage der MGVO allein an den Besitzwechsel geknüpft und nicht an zivilrechtliche Willenserklärungen. Unerheblich sei deshalb, ob einer der Beteiligten oder einer ihrer Rechtsvorgänger den Übergang der Referenzmenge, die auf dem Flurstück 12 der Flur 11 in der Gemarkung O. lag, gewollt habe oder nicht. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die Milchquote Gegenstand des notariellen Kaufvertrages vom 19. Januar 1988 gewesen sei, denn sie gehe kraft öffentlich-rechtlicher Vorschriften auf den Erwerber der Fläche über. Die Antragsbefugnis des Beigeladenen scheitere auch nicht daran, dass zwischen dem Vater des Klägers und dem Vater des Beigeladenen zum Zeitpunkt der Pachtrückgewähr Einigkeit bestanden hätte, Ansprüche im Hinblick auf einen Referenzmengenübergang nicht zu stellen. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass vor Einführung des § 7 Abs. 2a MGV 1993 der in § 7 Abs. 2 MGV normierte Referenzmengenübergang bei Übergabe oder Überlassung eines Teilbetriebes der Milcherzeugung nicht abgedungen werden konnte. Eine solche Vereinbarung sei auch nicht rückwirkend nach Einführung des § 7 Abs. 2a MGV wirksam geworden.
Die streitige Fläche habe der Milcherzeugung gedient habe. Der abweichende Vortrag des Klägers sei widersprüchlich und deshalb unglaubhaft. Zumindest der Landwirt Q. habe sich nicht erinnern können, Rübensilage vom fraglichen Grundstück abgefahren zu haben. Soweit der Kläger angebe, in den Jahren 1987 und 1988 auf der Fläche Winterweizen angebaut zu haben, müsse er sich fragen lassen, wie sein Vater seinen Abkalbbereich bzw. seinen Krankenbereich bis zum Jahre 1989 ausgestattet habe. Im Übrigen komme es nicht allein auf die letzten 4 Jahre vor Pachtrückgabe, sondern nach der Rechtsprechung des Nds. OVG auf die Nutzung während der gesamten Pachtdauer an.
Zum Zeitpunkt der Pachtrückgabe, auf den abzustellen sei, sei der Vater des Beigeladenen auch aktiver Milcherzeuger gewesen, so dass ein Referenzmengenübergang habe bescheinigt werden können. Selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, sei der Anspruch dadurch nicht beeinträchtigt; denn die hier anzuwendenden Rechtsvorschriften machten es nicht zur Voraussetzung für die Bescheinigung eines Referenzmengenübergangs, dass der Verpächter, an den der Pachtgegenstand zurückgegeben wird, Milcherzeuger ist. Die vom Kläger herangezogene abweichende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei hier nicht einschlägig, da andere Rechtsvorschriften betroffen seien.
Der Anspruch auf Bescheinigung eines Referenzmengenübergangs sei schließlich auch nicht zu spät gestellt worden mit der Folge, dass entsprechende Rechte des Klägers entfallen seien. Der Anspruch, einen solchen Referenzmengenübergang bescheinigt zu bekommen, verjähre in 30 Jahren. Eine abweichende Verjährungsregelung, wie sie § 14 des Pachtvertrages treffe, habe auf das öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen dem Kläger und ihr, der Beklagten, keinen Einfluss. Ebenso wenig handele es sich um einen Anspruch nach § 197 a.F. BGB, der der 4-jährigen Verjährungsfrist unterlegen hätte. Der Anspruch auf Bescheinigung sei auch nicht verwirkt, da der Beigeladene beim Kläger keinen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, den es in Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu schützen gäbe.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und tritt der Argumentation der Beklagten bei.
Der Kläger und der Beigeladene sind in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Wegen der Einzelheiten ihrer Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 28. September 2004 und ihr Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 der Milch-Garantiemengen-Verordnung - MGV - vom 21. März 1994 (BGBl. I S. 586) i.d.F. der 33. Änderungsverordnung vom 25. März 1996 (BGBl. I S. 535) bescheinigt die Beklagte als zuständige Landesstelle nach § 1 Nr. 7 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben auf die Landwirtschaftskammern vom 05. März 1997 (Nds. GVBl.S. 62) im Falle des Übergangs von Referenzmengen, welche Referenzmengen, zu welchem Zeitpunkt, von welchem Milcherzeuger, mit welchem Referenzfettgehalt auf einen Milcherzeuger übergegangen sind. Zwar ist die MGV inzwischen mit Wirkung vom 1. April 2000 durch die Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung (Zusatzabgabenverordnung) vom 12. Januar 2000 (BGBl. I S. 27) aufgehoben worden. Dies gilt jedoch gemäß § 30 der Zusatzabgabenverordnung nicht, soweit in der Zusatzabgabenverordnung die Fortgeltung einzelner Regelungen der MGV bestimmt ist. Letzteres ist nach der Übergangsregelung des § 28a der Zusatzabgabenverordnung hier der Fall. Danach sind die bisherigen Vorschriften der MGV in der jeweils geltenden Fassung weiter anzuwenden, soweit - wie hier - Anlieferungs-Referenzmengen aufgrund anhängiger Verfahren ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit neu zu berechnen sind. Maßgebend für die Beurteilung des Klagebegehrens in materieller Hinsicht sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, die Normen, die für den Zeitpunkt des streitigen Referenzmengenüberganges, für den der Wechsel des Besitzes und damit der Verfügungsbefugnis an dem zu Grunde liegenden Pachtgegenstand das entscheidende Kriterium ist, Geltung beanspruchen ( BVerwG, Urteil vom 01. September 1994 - 3 C 1.92 - Buchholz 451 512 MGVO, Nr. 97 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall erfolgte die Rückgabe der Pachtfläche, Flurstück 12 der Flur 11 in der Gemarkung O., zum 1. Oktober 1989.
Von den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen ist hier unter Berücksichtigung des bezeichneten maßgeblichen Zeitpunktes des Flächenüberganges Art 7 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 857/84 vom 31. März 1984 i.d.F. des Art. 1 Nr. 4 der VO (EWG) Nr. 590/85 vom 26. Februar 1985 i.V.m. Art. 7 Nr. 2,3 der VO (EWG) Nr. 1546/88 vom 03. Juni 1988 einschlägig. Für den Fall, dass nur ein Teil eines Betriebes, wie hier bei der Verpachtung von Stückländereien, übertragen wird, bestimmt Art. 7 Nr. 2 VO (EWG) Nr. 1546/88, dass die entsprechende Referenzmenge nach den für die Milcherzeugung verwendeten Flächen oder nach anderen von den Mitgliedstaaten aufgestellten "objektiven Kriterien", die der nationale Verordnungsgeber nicht getroffen hat, auf die den Betrieb übernehmenden Erzeuger aufgeteilt wird. Durch diese Vorschriften wird zwar nicht unmittelbar die Rückgewähr von Pachtflächen nach Beendigung des Pachtverhältnisses erfasst. Nach Art. 7 Nr. 3 VO (EWG) Nr. 1546/88 gelten die gleichen Bestimmungen jedoch sinngemäß für sonstige Übergangsfälle, die nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vergleichbare rechtliche Folgen für den Erzeuger mit sich bringen. Das trifft nach nationalem Recht für die Rückgabe einer gepachteten Fläche, bei der der Verpächter (wieder) den Besitz an dem verpachteten Grundstück erlangt, zu (vgl. BVerwG, Urt.v. 19.3.1992 - BVerwG 3 C 58.88 -, Buchholz 451 512 MGVO Nr. 54).
Als für die Milcherzeugung verwendete Flächen im Sinne des Art. 7 VO (EWG) Nr. 1546/88 und § 7 Abs. 2 MGV sind alle Flächen des milchviehhaltenden landwirtschaftlichen Betriebes zu berücksichtigen, die unmittelbar oder mittelbar zu dessen Milcherzeugung beitragen ( EuGH, Urteil vom 17.12.1992 -Rs C 79/91 -, AgrarR 1993, 19 f.). Für die Milcherzeugung werden jedenfalls alle diejenigen landwirtschaftlichen Flächen verwendet, auf denen Futter für die Milchkühe des Betriebes gewonnen wird ( BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 -3 C 82.90 -, AgrarR 1994, 232f). Die Bewertung einer Fläche als Milcherzeugungsfläche hängt davon ab, ob sie sich im Zeitpunkt des Flächenübergangs unter Berücksichtigung des Fruchtfolgesystems als solche darstellt; nicht entscheidend ist, ob die Fläche zur Entstehung der dem Betrieb mitgeteilten Referenzmenge im Jahre 1983 beigetragen oder nur irgendwann vor der Flächenrückgabe zur Milcherzeugung gedient hat (BVerwG, Urteile vom 01. September 1994, a.a.O., und vom 23. Juni 1995 - 3 C 6.94 -, AgrarR 1996, 31, 32). Als Milcherzeugungsflächen haben auch solche Flächen zu gelten, auf denen erst nach Inkrafttreten der Milchkontingentierung die Milcherzeugung aufgenommen und nicht eindeutig wieder aufgegeben worden ist (BVerwG, Urteil vom 01. September 1994, a.a.O.; Nds. OVG, Urteil vom 10. September 1998 - 3 L 3608/96 -). Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 18. September 1998 - 3 L 4165/98 - und Urteil vom 10. September 1998 - 3 L 3608/96 -) ist für die Beurteilung der Frage, ob eine Pachtfläche der Milcherzeugung gedient hat, auf die gesamte Dauer der Pachtzeit abzustellen. In diesem Zusammenhang geht die Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 2. Dezember 1993, a.a.O. und vom 1. September 1994, a.a.O.) und des Nds. Oberverwaltungsgerichts (vgl. etwa das Urteil vom 23. Oktober 1995 - 3 L 3092/93 -) davon aus, dass für die Nutzung der zu einem milchviehhaltenden landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlichen Nutzflächen (Acker- und Grünland) zur Milcherzeugung eine tatsächliche Vermutung spricht. Diese widerlegliche Vermutung gilt gleichermaßen für Eigentums- wie auch Pachtflächen, weil praktisch jede landwirtschaftliche Nutzfläche zur Futtergewinnung für das Milchvieh genutzt werden kann und von den milchviehhaltenden Betrieben, unabhängig davon, ob es sich um eine Eigentums- oder um eine Pachtfläche handelt, in der Regel auch genutzt wird. Für Ackerflächen folgt dies daraus, dass auf ihnen im Rahmen wechselnder Fruchtfolge im Hauptfutterbau oder Zusatzfutterbau (Zwischenfruchtbau) regelmäßig Futter für das Milchvieh gewonnen wird. Dafür reicht es aus, dass die Fläche während des Pachtverhältnisses im Rahmen der wechselnden Fruchtfolge in einem Jahr zur Milcherzeugung des Pächters beigetragen hat und anschließend nicht aus der die Milcherzeugung einschließenden Fruchtfolge herausgenommen worden ist, die nur durch eine signifikante Änderung der Bodennutzung dokumentiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1993, a.a.O.; Nds. OVG, Urteil vom 10. September 1998 - 3 L 3608/96; Urteil vom 01.03.2004 -10 LB 3692/01 -). Die hier streitige Pachtfläche zur Größe von ca. 5 ha ist danach als Milcherzeugungsfläche anzusehen. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest. Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob in Anbetracht des langen, nach Pachtrückgabe abgelaufenen Zeitraums von einer Beweislastumkehr für diesen Beweis, die Fläche habe der Milcherzeugung gedient, auszugehen ist, kommt es daher nicht an.
Das Klagevorbringen, die Pachtfläche sei jedenfalls in den Jahren 1986 - 1989 durchgehend als Ackerfläche genutzt und die Ernte jeweils verkauft worden, überzeugt nicht. Der Kläger hat die tatsächliche Vermutung, das landwirtschaftliche Flächen eines Milchvieh haltenden Betriebes für die Milchviehhaltung dienen, nicht entkräftet. Die von ihm vorgelegten Bescheinigungen der Landwirte R. und Q. belegen eine solche Nutzung nicht. Zwar haben beide im Jahre 2004 entsprechende Bestätigungen ausgestellt, jedoch kann diesen kein Glauben geschenkt werden. Zum einen erscheint es schon sehr unwahrscheinlich, dass jemand sich nach 15 und mehr Jahren noch genau daran erinnern kann, was er mit der Rübensilage eines bestimmten landwirtschaftlich genutzten Flächenteils gemacht hat. Diese Annahme wird durch die Nachfrage der Beklagten beim Landwirt Q. bestätigt. Er konnte, so hat er der Bezirksstelle S. der Beklagten schriftlich mitgeteilt, nicht genau sagen, welche Menge Rübensilage er von welchem konkreten Grundstück abgefahren habe. Der Landwirt R. hat sich auf eine entsprechende Nachfrage nicht geäußert. Demgegenüber hat der Beigeladene durch Vorlage von Kopien aus dem Jahreskalender des Lohnunternehmers Jäger für das Jahr 1986 ein Indiz vorgelegt, nach dem Rüben samt Blatt gesammelt und einsiliert worden sei. Dies spricht dafür, dass es der Milchviehhaltung zugeführt wurde. Zu Recht wirft die Beklagte auch die Frage auf, wie der Vater des Klägers seinen Abkalbbereich und seinen Krankenstall ausgestaltet hat. Denn soweit dafür das auf der Fläche anfallende Weizenstroh genutzt wurde, handelt es sich um eine mittelbare Nutzung zur Milcherzeugung im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung. Dass eine derartige Nutzung stattgefunden hat, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts eingeräumt.
Auf die Frage, ob der Verpächter, der Vater des Beigeladenen, im Zeitpunkt der Rückgabe der Pachtsache selbst Milcherzeuger war, kommt es aus Rechtsgründen nicht an. Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Referenzmengenübergang unter der Geltung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 590/85 des Rates vom 26. Februar 1985 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 und der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 der Kommission vom 3. Juni 1988, die im Zeitpunkt der Pachtlandrückgabe noch anzuwenden waren, in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass die auf die Pachtfläche entfallende Referenzmenge auch dann auf den Verpächter übergeht, wenn dieser nicht Milch erzeugt und die Pachtflächen auch nicht wieder an einen Milcherzeuger verpachtet hat (Urt.v. 15.11.1990 - BVerwG 3 C 42.88 - BVerwGE 87, 94, 97 ff [BVerwG 15.11.1990 - 3 C 42.88]; v. 19.3.1992 - BVerwG 3 C 58.88 - Buchholz 451 512 MGVO Nr. 54 und vom 7.9.1992 - BVerwG 3 C 23.98 - Buchholz 451 512 MGVO Nr. 60). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 18. Dezember 2003 (BVerwG 3 C 48.02 ), auf das der Kläger für seinen Rechtsstandpunkt abhebt, unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH (Urt.v. 20.6.2002 - Rs. C - 401/99 - Slg. I - 5775) zum Übergang von Anlieferungs-Referenzmengen auf einen Nicht-Milcherzeuger unter der Geltung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 nicht infrage gestellt. Mit dem Nds. Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 01.03.2004, a.a.O.) sieht die Kammer deshalb keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzugehen, so dass es auf die Eigenschaft des Verpächters als Milcherzeuger vor Inkrafttreten der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 nicht ankommt.
Ferner greift der Einwand des Klägers nicht durch, bei Rückgabe der Pachtsache sei zwischen seinem Vater und dem Landwirt N. vereinbart worden oder jedenfalls Geschäftsgrundlage gewesen, dass eine Milchquote nicht zurückgegeben werden soll.
Eine solche Vereinbarung, wäre sie getroffen worden, wäre unwirksam. Der Referenzmengenübergang ist streng flächenakzessorisch und knüpft normativ an den Besitzwechsel und nicht, jedenfalls für den hier in Frage kommenden Zeitpunkt - 01. Oktober 1989 - an behördliche Maßnahmen oder Willenserklärungen der Beteiligten an (ständige Rechtsprechung des BVerwG, z.B. Urteile vom 30. November 1989 - BVerwG 3 C 47.88 - Buchholz 451 512 MGVO Nr. 18, vom 20. Januar 1994, a.a.O., und vom 1. September 1994, a.a.O., und des Nds. OVG, vgl. etwa das Urteil vom 7. Januar 1999 - 3 L 196/97 -).
Weiter unerheblich ist der klägerische Einwand, die Milchquote sei nicht Gegenstand des notariellen Kaufvertrags zwischen der Erbengemeinschaft N. und dem Vater des Beigeladenen vom 19. Januar 1988 gewesen, so dass der Beigeladene auch nicht Inhaber der Referenzmenge geworden sei. Die Milchreferenzmenge geht gemäß § 7 Abs. 3 MGV kraft Gesetzes auf den Erwerber der Fläche über, so dass es einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung nicht bedarf.
Schließlich ist der Anspruch des Beigeladenen auf Bescheinigung des Übergangs eine Referenzmenge weder verjährt noch verwirkt.
Ob ein derartiger Anspruch überhaupt der Verjährung unterliegt, was in Anbetracht des nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften kraft Gesetzes erfolgenden Referenzmengenübergangs und dem damit einhergehenden Umstand, dass die Bescheinigung dieses Übergangs durch die Beklagte nur deklaratorischen Charakter hat, fraglich erscheint, kann offen bleiben. Denn selbst wenn die Bescheinigung der Verjährung unterläge, wäre diese im Zeitpunkt der Bescheiderteilung am 28. September 2004 noch nicht eingetreten. Dabei kommt es indes nicht auf die von der Beklagten in Bezug genommene alte Fassung der Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an. Denn seit Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist nur noch drei Jahre. Indes ergibt sich aus der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB, dass diese Frist, die kürzer als die bisherige regelmäßige Verjährungsfrist von dreißig Jahren ist, erst ab dem 1. Januar 2002 zu laufen beginnt. Sie war daher bei Erteilung der angefochtenen Bescheinigung noch nicht abgelaufen. Die zwischen dem Vater des Klägers und dem Landwirt N. in § 14 des Pachtvertrages vom 28. Juni 1972 getroffene Verjährungsabrede findet auf die vom Beklagten erteilte Bescheinigung keine Anwendung, da mit ihr nur Ansprüche zwischen Verpächter und Pächter, nicht aber solche Dritten gegenüber geregelt werden.
Schließlich ist der Anspruch des Beigeladenen auf Erteilung der Bescheinigung des 1989 erfolgten Referenzmengenübergangs auch nicht verwirkt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ( BVerwG, Urteil vom 09.12.1998 -3 C 1.98 - Agrarrecht 1999, S. 151) besteht die Möglichkeit einer Verwirkung des Rechts auf die Geltendmachung eines Referenzmengenübergangs. Im vorliegenden Fall liegen jedoch die vom Bundesverwaltungsgericht geforderten Voraussetzungen, unter denen eine Verwirkung anzunehmen ist, nicht vor. Das Rechtsinstitut der Verwirkung wird aus dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet ( Nds. OVG, Urteil vom 23. Oktober 1995 - 3 L 3092/92 - unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 23.05.1975 - BVerwG IV C 73.73 -, BVerwGE 48,247,250 ). Die Ausübung eines materiell- oder verfahrensrechtlichen Rechts kann ausgeschlossen sein, wenn der Berechtigte das Recht nach seiner Entstehung oder Fälligkeit über einen längeren Zeitraum, der nach Art, Inhalt und Bedeutung des Rechts unterschiedlich zu bemessen ist, nicht geltend macht und besondere Umstände vorliegen. Beides zusammen, nämlich ein längerer Zeitablauf und besondere Umstände, müssen dazu führen, dass der Verpflichtete nach Treu und Glauben nicht mehr mit der Geltendmachung rechnen musste und das Geltendmachen des Rechts nach der jeweiligen Sachlage als rechtsmissbräuchlich, zumindest aber als illoyal anzusehen ist (vgl. Nds. OVG, a.a.O., unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 22.05.1990 - BVerwG 8 B 156.89 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 13). Das späte Geltendmachen eines Rechts rechtfertigt nach herrschender Auffassung nur dann den Vorwurf, verwerflich oder "unvernünftig" gehandelt zu haben, wenn sich der Betroffene seines Rechts vor dessen Geltendmachung bewusst war. Die Unkenntnis oder Verkennung der eigenen Rechtsposition schließt die Bewertung der späten Geltendmachung als treuwidrig aus (BVerwG, Urteil vom 09.12.1998, a.a.O.).
Zwar ist der hier verstrichene Zeitraum, in dem ein Referenzmengenübergang vom Beigeladenen bzw. dessen Vater nach Pachtrückgabe am 1. Oktober 1989 nicht geltend gemacht worden ist, mit fast 15 Jahren so lang, dass an Verwirkung zu denken ist. Unterstützung mag dieses Zeitmoment zusätzlich durch die Verjährungsregelung in § 14 des Pachtvertrages zwischen dem Vater des Klägers und dem Landwirt N. erfahren, wonach gegenseitige Ansprüche aus dem Vertrag innerhalb von sechs Monaten nach Pachtrückgabe bzw. Vertragsende verjähren; dennoch liegt eine Verwirkung im Sinne der Rechtsprechung nicht vor. Es fehlt nämlich an besonderen Umständen, die das Verhalten des Beigeladenen als illoyal oder rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen.
Das gilt zum einen deshalb, weil der Beigeladene nachvollziehbar dargelegt hat, von der fraglichen Referenzmenge keine Kenntnis gehabt zu haben. Er hat insoweit, bestätigt durch den Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, vorgetragen, erst von der Bezirkstelle S. auf diese Referenzmenge aufmerksam gemacht worden zu sein, als er die Absicht hatte, die gesamte, auf seinem Betrieb ruhende Referenzmenge an der Börse zu verkaufen. Da die Höhe der jeweils auf dem Betrieb ruhenden Milchreferenzmenge bares Geld bedeutet, leuchtet es unmittelbar ein, dass eine frühere Geltendmachung der Bescheinigung des Überganges einer Menge infolge Pachtrückgabe aus Unkenntnis des Beigeladenen nicht beantragt worden ist. Nach der entsprechenden Einlassung des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist dies ein in der Praxis durchaus nicht seltener Fall. Die gesamten Umstände sprechen daher für die Einlassung des Beigeladenen.
Zum zweiten hat die längere Untätigkeit des Beigeladenen beim Kläger eine Vertrauensgrundlage nicht gebildet, die die Annahme rechtfertigte, der Beigeladene werde sein Recht nicht mehr in Anspruch nehmen. Erforderlich für einen derartigen Vertrauensschutz sind bestimmte Maßnahmen und Vorkehrungen, durch die der Verpflichtete sich in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm durch die spätere Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Diese Dispositionen müssen kausal verknüpft sein mit dem Verhalten des Berechtigten, denn eine verzögerte Rechtsausübung verdient die Qualifizierung als treuwidrig nur dann, wenn die zunächst gezeigte Untätigkeit den anderen Teil zu bestimmten Reaktionen veranlasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.1998, a.a.O.). Derartige Dispositionen hat der Kläger erkennbar nicht getroffen und werden von ihm auch nicht behauptet. Es war vielmehr so, dass es bei allen Beteiligten, auch beim Kläger, über die Jahre in Vergessenheit geraten war, dass auf der zurückgegebenen Pachtfläche noch eine Referenzmenge lag, deren Übergang auf den Beigeladenen noch bescheinigt werden konnte. Eine schützenswerte Vermögensdisposition hat der Kläger oder sein Vater auch nicht dadurch erlangt, dass er auf die streitbefangene Referenzmenge über die Jahre entsprechend Milch geliefert hat. Irgendwelche nachteiligen Rechtsfolgen für die Vergangenheit sind aus dem Umstand, dass dem Kläger bzw. seinem Vater diese Menge tatsächlich nicht zustand, nicht zu ziehen. Ein Vermögensschaden, den es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu vermeiden gelte, wird daher nicht eintreten. Dies hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt.
Pächterschutz ist dem Kläger nach der Pächterschutzbestimmung des § 7 Abs. 3a MGV in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Pachtrückgabe (1. Oktober 1989) Geltung beanspruchenden Fassung der Verordnung, soweit sich diese als wirksam erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1993 - 3 C 37.91 -, die Unwirksamkeit betrifft den hier nicht vorliegenden Fall der einvernehmlichen Auflösung des Pachtvertrages und der Begrenzung des Pächterschutzes auf 5 Ha große Flächen), ist dem Kläger als Rechtsnachfolger seines Vaters in dem angefochtenen Bescheid gewährt worden. Auch im Übrigen lässt sich nicht feststellen, dass die berechnete Referenzmenge je Ha, die mit dem gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrag von 2 500 Kg/Ha berechnet worden ist, den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da er keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.