Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 17.04.2008, Az.: 4 A 64/05

(Keine) Ausnahme/Befreiung von einem landschaftsschutzrechtlichen Bauverbot für eine Windkraftanlage; (kein) Nachschieben von Gründen; atypischer Sachverhalt; Ausnahme; Bauverbot; besonderer Schutzzweck; Ermäßigung; Ermessensausfall; Höchstgebühr; Kostenfestsetzung; Landschaftsschutzgebiet; überwiegender Belang der Allgemeinheit; unbeabsichtigte Härte; Veränderung des Landschaftbildes; Verhältnis zum Baurecht; Vorbelastung; Windkraftanlage

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
17.04.2008
Aktenzeichen
4 A 64/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 45347
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2008:0417.4A64.05.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für eine Windkraftanlage in einem Landschaftsschutzgebiet darf bei einer nachteiligen Veränderung des nicht vorbelasteten Landschaftsbildes oder bei einer Beeinträchtigung besonderer Schutzzwecke des Schutzgebietes keine Ausnahme von dem für das Schutzgebiet geltenden Bauverbot erteilt werden.

  2. 2.

    Die Erteilung einer Befreiung sowohl nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) NNatG als auch nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 NNatG setzt einen atypischen Sachverhalt voraus, den der Normgeber nicht vorhergesehen hat, jedoch von der Verbotsregelung ausgenommen hätte, wenn er ihn gekannt hätte.

  3. 3.

    Ein grundsätzlich anzuerkennender Belang der Allgemeinheit (hier: Nutzung der Windenergie) überwiegt gegenüber dem kollidierenden öffentlichen Belang des Landschaftsschutzes i.S.d. der Befreiungsvorschrift des § 53 Abs. 1 Nr. 2 NNatG und erfordert die Befreiung nur dann, wenn zu seiner Verwirklichung vernünftigerweise eine Zulassung des Vorhabens an dem vorgesehenen Standort im Landschaftsschutzgebiet geboten ist.

  4. 4.

    Zum Verhältnis zwischen allgemeinem Landschaftsschutz im Baurecht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) und besonderem (gebietsbezogenem) Landschaftsschutz (Verordnungen nach §§ 26, 30 NNatG und § 53 NNatG).

  5. 5.

    Kein Nachschieben von Ermessenserwägungen für die Festsetzung einer Höchstgebühr für einen ablehnenden Bescheid bei Ermessensausfall.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Erteilung einer Ausnahme bzw. Befreiung von einem Bauverbot aus einer Landschaftsschutzgebietsverordnung und wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid.

2

Die Klägerin plant, auf dem Grundstück im Außenbereich der Gemeinde P., Gemarkung Q., Flur ..., Flurstück ..., eine Windkraftanlage der Marke Enercon, Typ E-66, mit einer Nennleistung von 1,8 MW, einer Nabenhöhe von 98 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und drei Rotorblättern von jeweils 30,8 m Länge zu errichten. Die Herstellungskosten betragen etwa 1,2 Millionen Euro.

3

Der vorgesehene Standort liegt etwa 1,5 km nördlich des Ortskerns Q., westlich der nach R. führenden Kreisstraße ... im Übergangsbereich von offener Feldlandschaft zu einem bewaldeten Höhenzug unterhalb des S., der sich in östlicher bzw. nordöstlicher Richtung an das Gebiet anschließt. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde P. ist das betreffende Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt. Es wird ebenso wie seine Umgebung auch tatsächlich landwirtschaftlich (für den Getreideanbau) genutzt. In der Feldlandschaft, in der das Grundstück gelegen ist, findet sich keine weitere Bebauung. Nach Norden und Nordwesten wird das Gebiet von Wald, dem sog. "T.", einem Ausläufer des U. Genossenschaftsforstes, eingeschlossen. Der 98 m hohe Turm der geplanten Windkraftanlage soll in geschlossener Betonbauweise südlich des Waldes in einem Abstand von 50 m hiervon errichtet werden. Westlich vom geplanten Standort der Windkraftanlage verläuft in einer Entfernung von 500 m eine Überlandstromleitung (60 kV), die aus dem bewaldeten Bereich kommend über Masten nach Südosten in das freie Feld geführt wird, im weiteren Verlauf die Kreisstraße ... kreuzt, oberhalb des Ortskerns Q. durch das dortige Tal führt, sodann wieder ansteigt und über einen dortigen Höhenkamm verläuft, der im Bereich der Freileitungstrasse direkt darunter nicht bewaldet ist. Die zugehörigen Masten haben durchschnittlich eine Höhe von 47 m. Diese Höhe wurde nach einem Umbau der Leitung erreicht, welcher aufgrund einer landschaftsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung des Beklagten vom 22. Februar 1994 (661/67 17) durchgeführt worden war. Drei Masten im Umgebungsbereich der geplanten Windkraftanlage (einer am Waldrand - der mit mehr als der Hälfte seiner Höhenauslegung zu erkennen ist -, ein zweiter bei 2/3 der Strecke in Richtung der Kreisstraße ..., ein dritter direkt im Bereich der Kreisstraße) können vom geplanten Standort der Windkraftanlage gut gesehen werden. Die Masten oberhalb des Dorfrandbereichs Q. und auf dem hinter der Senke beginnenden Höhenkamm sind ebenfalls vom geplanten Aufstellungsort aus zu erkennen. Windkraftanlagen gibt es in der Umgebung des geplanten Standortes bislang nicht. Die Gemeinde P. hatte zwar ursprünglich vorgehabt, in zwei anderen Teilen ihres Gemeindegebietes durch die 19./21. Änderung ihres Flächennutzungsplans Vorranggebiete ("Konzentrationszonen") für Windenergie i.S.d. 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (in V. Nähe W. und in X. Nähe Y.) darzustellen. Diese Absichten wurden jedoch Anfang Mai 2006 aufgegeben.

4

Der geplante Standort für die Windkraftanlage befindet sich im räumlichen Geltungsbereich der am 14. Juni 2000 im Amtsblatt des Beklagten (Nr. 21, S. 306) öffentlich bekannt gemachten Landschaftsschutzgebietsverordnung Z. vom 12. Mai 2000 (fortan: LSG-VO). Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes ist es nach § 2 Abs. 1 LSG-VO, den Charakter des reich gegliederten Landschaftsschutzgebietes zu erhalten, der durch vornehmlich intakte landschaftliche Strukturen zusammenhängender Wälder, Höhenzüge unterschiedlicher Grundgesteine und zum Teil tief eingeschnittener Quertäler mit Fließgewässern mit reizvollen Übergängen von Wald zu offener Landschaft bestimmt ist. Das Landschaftsschutzgebiet stellt nach § 2 Abs. 2 LSG-VO ein bevorzugtes Naherholungsgebiet mit großem Erholungswert für den Bereich I., AA. und - im Süden - für den Großraum AB. dar. Besonderer Schutzzweck dieses Landschaftsschutzgebietes ist es nach § 2 Abs. 3 LSG-VO, Feuchtflächen und Stillgewässer sowie Bach- und Flussläufe mit ihren natürlichen Überschwemmungsbereichen sowie natürliche Waldränder zu erhalten und zu entwickeln und die Eignung des Gebietes für die Erholung zu erhalten. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO sind in dem zum Landschaftsschutzgebiet gehörenden Geltungsbereich Baumaßnahmen aller Art, auch genehmigungsfreie Vorhaben, verboten. Nach § 4 Abs. 1 LSG-VO hat die Naturschutzbehörde auf Antrag Ausnahmen von dem in § 3 LSG-VO geregelten Bauverbot zuzulassen, wenn durch das Vorhaben der Charakter des Landschaftsschutzgebietes nicht verändert und der besondere Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes nicht beeinträchtigt wird. Nach § 4 Abs. 2 LSG-VO kann die Naturschutzbehörde im Übrigen auf Antrag nach Maßgabe des § 53 NNatG Befreiungen von § 3 LSG-VO erteilen.

5

Am 15. Februar 2002 richtete die Klägerin eine Bauvoranfrage an den Beklagten hinsichtlich einer Errichtung der genannten Windkraftanlage auf dem betreffenden Grundstück. Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 26. Juli 2002 abgelehnt. Nach dem sich anschließenden, negativ verlaufenen Widerspruchsverfahren gegen die Versagung eines Bauvorbescheides erhob die Klägerin am 25. August 2003 Klage. Dieses Verfahren wurde von der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen unter dem Aktenzeichen 2 A 331/03 geführt. Mit Beschluss der 2. Kammer vom 12. Juli 2004 wurde das Ruhen dieses Klageverfahrens angeordnet.

6

Am 7. Juli 2004 beantragte die Klägerin beim Beklagten, ihr eine Ausnahme bzw. Befreiung von den Verboten der LSG-VO im Hinblick auf die geplante Windkraftanlage zu erteilen. Nach vorheriger Anhörung mit Schreiben vom 6. August 2004 lehnte der Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 28. Oktober 2004 ab. Die Errichtung der Windkraftanlage sei als bauliches Vorhaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO grundsätzlich verboten. Er, der Beklagte, sei nicht zur Erteilung einer Ausnahme nach § 4 Abs. 1 LSG-VO verpflichtet, da der Charakter des Landschaftsschutzgebietes durch eine solche Errichtung nachteilig verändert und der besondere Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes beeinträchtigt würden. Nachhaltige Beeinträchtigungen durch das Vorhaben seien u.a. für den wichtigen Übergangsbereich zwischen Wald und Feld zu erwarten; damit werde die insbesondere für Erholungssuchende attraktive Waldrandsituation nachhaltig negativ verändert. Infolgedessen sei eine Beeinträchtigung des Erholungswertes und des Naturgenusses in freier Landschaft auf Dauer zu befürchten. Aber auch eine Befreiung nach § 4 Abs. 2 LSG-VO i.V.m. § 53 NNatG könne nicht erteilt werden, da die Durchführung der Bauverbotsregelung vorliegend nicht zu einer unbeabsichtigten Härte führe und eine Abweichung von dem Bauverbot auch nicht mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege zu vereinbaren wäre. Überwiegende Gemeinwohlbelange, die die Errichtung einer Windkraftanlage gerade an diesem Standort erforderten, seien nicht zu erkennen. Im Gegenteil weise die Gemeinde P. gerade zwei "Sondergebiete für Windenergie" an anderen Stellen aus (eine Planung, die später im Entwurfsstadium steckenblieb, vgl. bereits oben, S. 3 Mitte). Somit verbleibe es bei den einer Errichtung entgegenstehenden öffentlichen Belangen des Landschaftsschutzes. Mit einem zweiten Bescheid vom selben Tage setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Verwaltungsgebühr für die Ablehnung des Antrags vom 7. Juli 2004 in Höhe von 7 100,00 Euro (Höchstgebühr) fest. Der Kostenfestsetzungsbescheid nahm lediglich auf Vorschriften des NVwKostG Bezug, enthielt aber keine weitere Begründung.

7

Den am 15. Dezember 2004 gegen beide Bescheide vom 28. Oktober 2004 erhobenen Widerspruch, der trotz mehrfacher Ankündigung entsprechender Schriftsätze und gewährter Fristverlängerungen nicht begründet wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2005 nach erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage als unbegründet zurück und verwies hierbei auf die angegriffenen Ausgangsbescheide.

8

Hiergegen hat die Klägerin am 29. März 2005 Klage erhoben. Ihrer Ansicht nach liegen die Voraussetzungen für eine zwingende Ausnahme nach § 4 Abs. 1 LSG-VO vor. Das geplante Vorhaben befinde sich am Rand des Landschaftsschutzgebietes außerhalb der besonders schutzbedürftigen Waldränder, nämlich im Bereich intensiv genutzter Ackerlandschaft. Das Umfeld sei bereits durch weitere Eingriffe vorbelastet. Insbesondere befänden sich in der Umgebung die Oberleitung eines Energieleitungsnetzbetreibers sowie eine Golfanlage. Damit aber stehe fest, dass der besondere Schutzzweck des Gebietes durch die hinzutretende Windkraftanlage nicht beeinträchtigt werde. Jedenfalls aber sei Ermessen des Beklagten zur Erteilung einer Befreiung nach §§ 4 Abs. 2 LSG-VO, 53 Abs. 1 NNatG eröffnet. Die Durchführung des § 3 LSG-VO führe im vorliegenden Einzelfall zu einer unbeabsichtigten Härte, weil die Klägerin als Windenergienutzerin auf "windhöffige Standorte" angewiesen sei, die nur in bestimmten Höhenlagen, die frei von Wald seien, zu finden seien. Die mit der Befreiung verbundene Abweichung von den Vorschriften des § 3 LSG-VO sei auch mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar. Im Übrigen erforderten hier überwiegende Allgemeinwohlbelange eine Befreiung. Wasserkraft als umweltfreundliche, importunabhängige Form der Energiegewinnung sei als besonders förderungsfähig anerkannt. Ebenso müsse es sich mit der Förderung der Windenergie verhalten, zumal es überhaupt nur wenige geeignete "windhöffige Standorte" wie den hier vorliegenden gebe. Zudem seien die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zur Verminderung der Schadstoffemissionen zu beachten. Die Nutzung der Windenergie könne zur Erfüllung dieser Verpflichtungen einen besonderen Beitrag leisten.

9

Die Klägerin beantragt,

  1. den Kostenfestsetzungsbescheid vom 28. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2005 aufzuheben,

  2. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2005 zu verpflichten, der Klägerin eine Ausnahme bzw. Befreiung von der Landschaftsschutzgebietsverordnung Z. bzgl. der Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Flurstück ..., Flur ..., Gemarkung Q. zu erteilen,

  3. hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung der im vorgenannten Antrag bezeichneten Bescheide zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von den Verboten der Landschaftsschutzgebietsverordnung Z. erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden,

  4. und weiter hilfsweise festzustellen, dass für die Bebauung des Grundstückes Gemarkung Q., Flur ..., Flurstück ... eine Ausnahme oder Befreiung von den Regelungen der Landschaftsschutzgebietsverordnung Z. nicht erforderlich ist.

10

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

11

Zur Begründung bezieht er sich auf die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Die Stelle des geplanten Vorhabens sei landwirtschaftliche Nutzfläche, die lediglich durch einen schmalen Feldweg vom Wald getrennt sei. Mit einer Errichtung des 50 m vom Wald entfernten Mastes der Windkraftanlage sei zwar keine direkte Zerstörung des eigentlichen Waldmantels mit Baum-, Strauch- und Krautzone durch eine Bebauung oder Versiegelung verbunden, aber das Landschaftsbild und der Naturhaushalt würden nachhaltig negativ verändert und verunstaltet. Die ökologische Bedeutung des wichtigen Übergangsbereiches zwischen Wald und freier Landschaft gemäß dem Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes werde herabgesetzt. Soweit es die vorhandene Überlandleitung angehe, würden deren nur durchschnittlich 47 m hohen Masten vollständig durch den Bewaldungshintergrund aufgehoben und stünden auch ansonsten in der Feldflur nicht derart exponiert wie der geplante Turm der Windkraftanlage, der mit einer Höhe von 100 m zzgl. Rotorblattlänge die gesamte Örtlichkeit deutlich überrage. Der von der Klägerin erwähnte Golfplatz befinde sich außerhalb der Umgebung des geplanten Standortes, nämlich nördlich der Ortschaft AC., die zur Stadt I. gehöre. Der Bereich des Golfplatzes mit Umgebung (insgesamt 145 ha) sei mittels einer Änderungsverordnung im Jahre 2001 förmlich aus dem Landschaftsschutz entlassen worden. Eine somit dort erfolgte Änderung der Grenzen des Landschaftsschutzgebietes, die bei der flächenhaften Ausdehnung des für den Golfplatz benötigten Gebietes in Betracht gekommen sei, weil sich keine negativen Auswirkungen auf Landschaftsbild und Naturschutz ergeben hätten, sei für ein Einzelbauvorhaben wie dasjenige der Klägerin nicht zu vertreten.

12

Die Kammer hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 4. März 2008 den geplanten Aufstellungsort sowie dessen Umgebung in der mündlichen Verhandlung vor Ort am 17. April 2008 in Augenschein genommen. Überdies hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Kostenfestsetzung unter Verweis auf das hohe wirtschaftliche Interesse der Klägerin und die hohen Herstellungskosten der Anlage verteidigt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Äußerung des Beklagten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die beigezogene Gerichtsakte und deren Beiakten aus dem ruhenden Verfahren 2 A 331/03 Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

15

I. Soweit sie sich mit dem ersten Hauptantrag gegen den Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2005 richtet, ist sie als Anfechtungsklage i.S.d. § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO zulässig und auch begründet. Denn die Kostenfestsetzung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Die Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Verwaltungsgebühren für den ablehnenden Bescheid findet sich in den §§ 1 Abs. 1, 3, 5, 9 und 11 NVwKostG i.V.m. Nr. 64.2.23 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO. Diese Tarifstelle sieht bei der Entscheidung über die Gewährung einer Befreiung i.S.d. § 53 NNatG eine Rahmengebühr von 70 bis 7 100 Euro vor.

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Der Bescheid ist indessen formell und materiell rechtswidrig.

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In formeller Hinsicht mangelt es ihm an der erforderlichen Begründung nach § 39 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG. Der Kostenfestsetzungsbescheid lässt jede Begründung dafür vermissen, warum im Falle der Klägerin die Höchstgebühr von 7 100,00 Euro festgesetzt worden ist. Ein bloßer Verweis auf die Rechtsgrundlage reicht nicht aus. Ob man die Äußerungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung so deuten kann, dass er nunmehr wegen des erheblichen Wertes des Gegenstandes der ablehnenden Entscheidung die Festsetzung der Höchstgebühr verteidigt und damit eine § 39 Abs. 1 VwVfG genügende Begründung gegenüber der Klägerin mit heilender Wirkung nachgeholt hat (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG), kann vorliegend offen bleiben.

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Denn jedenfalls verbleibt es bei einem materiellen Fehler (Ermessensausfall), der nicht durch ein Nachschieben von Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO geheilt werden kann. Weil es sich bei der vom Beklagten als gebührenpflichtig angesehenen Amtshandlung um eine ablehnende Entscheidung handelte, war dem Beklagten gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 NVwKostG - einer Vorschrift, die der Bescheid gar nicht erwähnt - Ermessen dergestalt eröffnet, den bei der Anwendung der Tarifstelle 64.2.23 i.V.m. § 9 Abs. 1 NVwKostG (Verwaltungsaufwand für die Entscheidung über die Befreiung einerseits, Wert des Gegenstandes dieser Amtshandlung andererseits) sich grundsätzlich ergebenden Betrag bis auf ein Viertel zu ermäßigen. Dieses Ermessen ist im vorliegenden Fall auch nicht auf Null zugunsten eines Absehens von einer Ermäßigung reduziert. Einerseits ist der Wert des Gegenstands der ablehnenden Entscheidung zwar sehr hoch, so dass sich bei entsprechender Begründung eine Höchstgebührfestsetzung unter Umständen rechtfertigen ließe. Andererseits erscheint der Kammer der Verwaltungsaufwand im Falle des Vorhabens der Klägerin eher gering (die hiesige Problematik wurde durch den Beklagten bereits im Bauvorbescheidsverfahren umfassend abgehandelt), so dass auch eine Ermäßigung nicht von vornherein ausscheidet.

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Das nach alledem eröffnete Ermäßigungsermessen wurde von dem Beklagten bei der Kostenfestsetzung nicht ausgeübt. Eine Heilung dieses Ermessensfehlers i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO findet nicht statt. § 114 Satz 2 VwGO bietet keine Handhabe, einen Ermessensausfall durch ein Nachschieben von Ermessenserwägungen durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu heilen, wenn und weil es insoweit nicht zu einer "Ergänzung" der Ermessenserwägungen, sondern zu einer erstmaligen Ausübung von Ermessen gekommen ist (vgl. hierzu VG Göttingen, Urteil vom 9. April 2008 - 1 A 40/07 -).

21

II. Im Übrigen sind sowohl der weitere Haupt- als auch der (erste) Hilfsantrag als Verpflichtungsklagen gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO zulässig, aber insgesamt unbegründet.

22

Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung vom Bauverbot aus der LSG-VO Z. noch einen Anspruch auf (ermessensfehlerfreie) Neubescheidung ihres darauf gerichteten Antrags vom 7. Juli 2004 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).

23

Die von der Klägerin geplante Errichtung einer Windkraftanlage vom Typ Enercon E-66 auf dem Flurstück ..., der Flur ..., der Gemarkung Q. (einer baulichen Anlage) ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO grundsätzlich verboten. Dieses durch Verordnung aufgrund von §§ 26, 30 NNatG begründete Verbot ist auch wirksam. Die LSG-VO verstößt weder in formeller noch in materieller Hinsicht gegen höherrangige Rechtsvorschriften. Insbesondere wahrt § 1 LSG-VO die Anforderungen des § 30 Abs. 5 Satz 1 NNatG in der zur Zeit des Erlasses der LSG-VO geltenden Fassung (Nds. GVBl. 1994, 155, 267), indem er in seinem Absatz 2 hinsichtlich der näheren Umgrenzung des Landschaftsschutzgebietes Z. auf die mitveröffentlichte maßgebliche dreiteilige Karte im Maßstab 1:15 000 verweist. Die im vorliegenden Fall einschlägige Regelung über ein grundsätzliches Bauverbot aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO findet ihre spezielle Ermächtigungsgrundlage in § 26 Abs. 2 NNatG. Anhaltspunkte für einen materiellen Verstoß der LSG-VO gegen höherrangiges Recht im übrigen, namentlich gegen die Voraussetzungen einer Unterschutzstellung aus § 26 Abs. 1 NNatG oder gegen das baurechtliche Gebot aus § 7 Satz 1 BauGB, die LSG-VO an einen bei ihrem Erlass bereits bestehenden Flächennutzungsplan der Gemeinde P. anzupassen, finden sich nicht.

24

Da die geplante Windkraftanlage auch keiner der in § 3 Abs. 2 LSG-VO geregelten materiell-gesetzlichen Bereichsausnahmen unterfällt, ist das unter wirksamem Ausnahme- bzw. Befreiungsvorbehalt stehende Vorhaben der Klägerin gestattungspflichtig.

25

Indessen liegen weder die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 4 Abs. 1 LSG-VO noch diejenigen für die Erteilung einer Befreiung nach § 4 Abs. 2 LSG-VO i.V.m. § 53 Abs. 1 NNatG im hier zu entscheidenden Fall vor.

26

Eine Ausnahme nach § 4 Abs. 1 LSG-VO kann nicht beansprucht werden, weil die geplante Windkraftanlage sowohl den Charakter des Landschaftsschutzgebietes (nachteilig) verändern als auch den besonderen Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes beeinträchtigen würde. Die der Kammer vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die am 17. April 2008 durchgeführte Beweisaufnahme haben zur Überzeugung der Kammer die tatsächliche und rechtliche Einschätzung des Beklagten bestätigt.

27

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 LSG-VO wird der Charakter des reich gegliederten Landschaftsschutzgebietes Z. durch vornehmlich intakte Landschaftsstrukturen zusammenhängender Wälder mit reizvollen Übergängen vom Wald zur offenen Landschaft bestimmt. Ganz wesentlich prägend für den Gebietscharakter sind mithin die nahezu unberührten Waldrandlagen. Mit Blick auf die den §§ 2 bis 4 LSG-VO zugrunde liegende Ermächtigungsnorm des § 26 Abs. 2 NNatG ist eine nachteilige Veränderung des "Charakters" des Landschaftsschutzgebietes anzunehmen, wenn das diesen Charakter manifestierende "Landschaftsbild" beeinträchtigt wird.

28

Im Hinblick auf die Auslegung des Begriffes "Landschaftsbild" kann die Kammer dabei auf die Rechtsprechung zu den ähnlichen Regelungen in §§ 18 und 19 BNatSchG zurückgreifen. Der dem Landschaftsbild durch die hier betroffene LSG-VO vermittelte Schutz bleibt jedenfalls nicht hinter dem zurück, den diese bundesrechtlichen Regelungen in ihrem Anwendungsbereich gewähren (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 17. November 2004 - 1 K 657/03 -, juris, Rn. 31 ff.). Das naturschutzrechtliche Schutzgut des "Landschaftsbildes" wird danach maßgeblich durch die mit dem Auge wahrnehmbaren Zusammenhänge von einzelnen Landschaftselementen bestimmt. Dabei sind alle tatsächlich vorhandenen Elemente des Landschaftsbildes von Bedeutung, die dieses unter den Aspekten Vielfalt, Eigenart oder Schönheit mitprägen. Beeinträchtigt wird das Landschaftsbild dann, wenn seine Veränderung von einem für Schönheiten der natürlich gewachsenen Landschaft aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter als nachteilig empfunden wird; die Veränderung muss außerdem erheblich und nachhaltig (dauerhaft) sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1990 - 4 C 44.87 -, BVerwGE 85, 348[BVerwG 27.09.1990 - 4 C 44.87] [359] ). Eine (nachteilige) Veränderung des Landschaftsbildes hängt maßgeblich davon ab, inwieweit in der Nähe eines Vorhabens bereits bestehende Vorbelastungen die Schutzwürdigkeit der Umgebung herabsetzen. Einzelne Bauten im Landschaftsschutzgebiet, die das Landschaftsbild zwar beeinträchtigen, aber nicht zerstören, lassen die Schutzwürdigkeit des betreffenden Bereichs allerdings unberührt (vgl. HessVGH Kassel, Beschluss vom 10. Januar 2003 - 4 UZ 2543/02 -, BauR 2004, 879; OVG Saarlouis, Urteil vom 6. Mai 1981 - 2 R 115/80 -, RdL 1981, 323 [324]). Ferner kommt es für eine Veränderung des Landschaftsbildes auf Art und Maß der Störung des schutzwürdig gebliebenen räumlichen Bereichs durch das Vorhaben an.

29

Eine Veränderung oder Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und damit des Landschaftscharakters i.S.d. § 4 Abs. 1 LSG-VO ist allerdings nicht gleichbedeutend mit einer "Verunstaltung" des Landschaftsbildes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, der generell für jede Art von Landschaft - insbesondere die nicht durch landschaftsrechtliche Schutzausweisung besonders geschützte - gilt. Andernfalls bedürfte es der Festsetzung von Landschaftsschutzgebieten nicht. Eine Veränderung oder Beeinträchtigung im Sinne der LSG-VO ist bereits gegeben, wenn das Landschaftsbild negativ berührt und beeinflusst wird. Eine Verunstaltung i.S.d. Bauplanungsrechts ist hingegen erst erreicht, wenn ein Bauvorhaben von einem für ästhetische Eindrücke offenen Durchschnittsbetrachter als belastend, grob unangemessen oder unlusterregend empfunden wird (VG München, Urteil vom 13. Juni 2002 - M 11 K 02 607 -, juris, Rn. 24). Überdies kann eine im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB grundsätzlich privilegierte Windkraftanlage wegen eines im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Belangs der Verunstaltung des Landschaftsbildes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB bauplanungsrechtlich sogar erst dann für unzulässig erachtet werden, wenn es sich ausnahmsweise um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt ( BVerwG, Beschluss vom 18. März 2003 - 4 B 7.03 -, BauR 2004, 295; vgl. zum Verhältnis von Landschaftsschutz im Bauplanungsrecht zu besonderem Landschaftsschutzrecht auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - 4 C 3.01 -, NVwZ 2002, 1112 [BVerwG 13.12.2001 - 4 C 3/01]).

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Von diesen Grundsätzen und Abgrenzungen ausgehend würde die geplante Windkraftanlage zur Überzeugung der Kammer das Landschaftsbild und damit den Charakter des Landschaftsschutzgebietes in einer mit den Zwecken seiner Unterschutzstellung unvereinbaren Weise bereits erheblich und nachhaltig beeinträchtigen.

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Die bei entsprechenden Rotorbewegungen insgesamt 136 m hohe Anlage würde das Landschaftsbild im reizvollen Übergangsbereich zwischen Feldlandschaft und Bewaldung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LSG-VO) im Gebiet "Vor dem T.", das in dem betroffenen Bereich bislang noch weitgehend "intakt" und weder von technischen Großanlagen noch von sonstiger Bebauung geprägt ist, deutlich negativ verändern. Dies folgt bereits daraus, dass die Gesamthöhe der Windkraftanlage das mehr als Vierfache der durchschnittlichen Höhe der sich in 50 m Entfernung befindenden Bewaldung beträgt. Die Anlage wäre wegen ihrer exponierten Lage auf freier Ackerlandschaft sowohl in der Nah- als auch in der Ferndistanz weiträumig sichtbar und würde wegen der Rotordynamik einen "Unruheherd" in der ansonsten weitgehend naturbelassenen und beruhigten Umgebung darstellen. Wegen ihrer 100 m überschreitenden Höhe müsste die Anlage gemäß §§ 16a Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 LuftVG überdies mittels einer farbigen, dem Umfeld gänzlich fremden Signalbefeuerung als Luftfahrthindernis gekennzeichnet werden.

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Windkraftanlagen überhaupt, erst recht solche vergleichbarer Größe, sind in der Umgebung des vorgesehenen Standortes - wie bereits das zur Verfügung stehende Luftbild (Bl. 33 der Beiakte A) zeigt und wie auch die Beweisaufnahme am 17. April 2008 ergeben hat - nicht vorhanden, können also keinerlei gleichartige Vorbelastung des Gebietes begründen.

33

Die in westlicher Richtung teils in der Feldlandschaft, teils in der Bewaldung "T." verlaufende 60-kV-Hochspannungsleitung verursacht entgegen der Auffassung der Klägerin ebenfalls keine Vorbelastung des betroffenen Gebietes, die die Schutzbedürftigkeit des Landschaftsbildes herabsetzen würde und somit das Hinzukommen der streitigen Windkraftanlage als unwesentlich erscheinen ließe. Die Einnahme des Augenscheins am 17. April 2008 hat den Eindruck bestätigt, dass die vorhandene Leitung das Landschaftsbild keineswegs so schwerwiegend belastet, dass weitergehende Störungen unerheblich sind. Die nur durchschnittlich 47 m hohen Stahlgittermasten werden ebenso wie die zugehörigen linienförmigen Elemente dieser Leitung von der Bewaldung im Hintergrund je nach Tal- oder Berglage optisch fast vollständig aufgenommen. Dies ergibt sich bereits aus dem Luftbild der Örtlichkeit (Bl. 33 der Beiakte A). Aber auch dort, wo die Überlandleitung im weiteren Verlauf auf dem freien Ackerland nach Südosten führt, um den Ortskern Q. nordöstlich zu umgehen, gilt nichts anderes. Zwar sind etliche der zugehörigen Masten insbesondere im Bereich der Durchquerung der Feldlandschaft zwischen dem Waldgebiet "T." und der Senke östlich der Kreisstraße ... sowie auf dem hinter dieser Senke folgenden, nordöstlich des Ortskerns Q. gelegenen Höhenkamm sowohl von Q. kommend als auch vom geplanten Standort der Windkraftanlage aus deutlich zu erkennen. Gleichwohl lässt sich die Stromleitung zur Überzeugung der Kammer nicht als die Landschaft in dem betroffenen Gebiet wesentlich negativ prägender Einfluss menschlicher Besiedlungstätigkeit einstufen. Von Bedeutung ist insbesondere, dass die Stahlgittermasten wegen ihrer transparenten Bauweise kein undurchdringliches optisches Hindernis bilden, sondern ihren natürlichen Hintergrund gegenständlich wie farblich noch erkennen lassen. Die zwischen den Masten verlaufende lineare Oberleitung als solche löst sich mit zunehmender Distanz vor dem flächenhaften Hintergrund der überspannten Felder optisch nahezu auf.

34

Demgegenüber würde die geplante Windkraftanlage wegen ihrer exponierten Lage und ihrer im Vergleich zur Umgebung außerordentlichen Höhe (136 m) geradezu auffällig in das Blickfeld des Betrachters treten, der sich ihren durch die kontinuierliche Drehbewegung der Rotoren verstärkten optischen Auswirkungen nicht entziehen könnte. Damit wäre zugleich eine weitreichende negative Vorbildwirkung verbunden, welche es aus Rechtsgründen erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen würde, weitere entsprechende oder vergleichbare Anlagen in der Umgebung zu verhindern. Einem solchen "Dammbruch" kann nur durch eine strenge Auslegung des Schutzes des hier vorgefundenen, nahezu unberührt gebliebenen Landschaftsbildes in dem betroffenen Bereich begegnet werden.

35

Selbst wenn man in der Existenz der Hochspannungsleitung grundsätzlich eine gewisse Vorbelastung der Umgebung sähe, änderte sich an dem Ergebnis, dass die hinzutretende Windkraftanlage eine nachhaltige Veränderung des Landschaftsbildes zeitigt, nichts. Denn im Gegensatz zu der rein statischen Einwirkung der vorhandenen Überlandleitung auf die Landschaft stellt die Errichtung einer mit dynamischen Rotorblättern ausgestatteten Windkraftanlage in jedem Fall wegen der anlagentypischen Drehbewegung des Rotors - der einen weithin sichtbaren Blickfang bildet - eine "unruhestiftende" Einwirkung von neuer Störungsqualität dar (vgl. OVG Münster, Urteil vom 18. November 2004 - 7 A 3329/01 -, NuR 2005, 192 [OVG Nordrhein-Westfalen 18.11.2004 - 7 A 3329/01] [194]; VG Arnsberg, Urteil vom 19. Juni 2002 - 1 K 3341/01 -, juris, Rn. 29). Überdies ist zu berücksichtigen, dass die in Aussicht genommene geschlossene Betonbauweise des Turms der Windkraftanlage eine weitaus massivere optische Wirkung auf den Betrachter des Landschaftsbildes ausübt als die transparenten Stahlgittermasten der vorhandenen Stromleitung.

36

Der von der Klägerin überdies als angebliche Vorbelastung der Umgebung erwähnte Golfplatz befindet sich weder im unmittelbaren noch im weiteren Umgebungsbereich des vorgesehenen Standortes der Windkraftanlage. Er ist vielmehr in einem 145 ha großen Gebiet im Bereich AD. der zum Stadtgebiet von I. gehörenden Ortschaft AC. gelegen. Dieser Bereich, der etwa 10 bis 12 km südwestlich von dem geplanten Standort der Windkraftanlage entfernt ist, wurde durch Änderungsverordnung zur LSG-VO vom 28. September 2001 (Amtsblatt des Beklagten vom 23. Oktober 2001, Nr. 45, S. 1354) förmlich aus dem Landschaftsschutzgebiet und damit aus der Unterschutzstellung entlassen. Er kann schon aus diesem Grunde nicht als Vorbelastung eines Landschaftsschutzgebietsteils im unmittelbaren Umgebungsbereich der geplanten Windkraftanlage angesehen werden, die ihrerseits in einem nach wie vor zum Landschaftsschutzgebiet gehörenden Bereich errichtet werden soll.

37

Ohne Rücksicht auf die durch die Windkraftanlage erfolgende Veränderung des Landschaftsbildes, die eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Ausnahme nach § 4 Abs. 1 LSG-VO bereits ausschließt, würde die Anlage auch besondere Schutzzwecke des Landschaftsschutzgebietes beeinträchtigen. Zwar gilt dies nicht für den auf die vorhandene Gewässerlandschaft bezogenen Erhaltungs- und Entwicklungszweck aus § 2 Abs. 3 Nr. 1 LSG-VO. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LSG-VO soll aber mit der Unterschutzstellung insbesondere auch die natürliche Waldrandlage erhalten und entwickelt werden. Dieser besondere Schutzzweck würde mit der Errichtung der Anlage am geplanten Standort konterkariert. Die Argumentation der Klägerin, dass der vorgesehene Aufstellungsort "außerhalb der besonders schutzbedürftigen Waldränder im Bereich einer intensiv genutzten Ackerbaulandschaft" läge, verfängt bereits deshalb nicht, weil sie von einem zu engen Verständnis des Begriffes "Waldrand" ausgeht. Denn nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LSG-VO ist der besondere Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes nicht gleichsam "trennscharf" auf die natürlichen Bewaldungsgebiete und damit auf ein durch (noch selbst bewaldeten) Waldrand im engeren Sinne umrissenes Areal begrenzt, sondern erstreckt sich erklärtermaßen gerade auch auf den reizvollen Übergang von der offenen Feldlandschaft zum Wald, mithin auch auf eben diejenige Waldrandlage im weiteren Sinne, in der die geplante Windkraftanlage errichtet werden soll.

38

§ 2 Abs. 3 Nr. 3 LSG-VO statuiert ferner als weiteren besonderen Schutzzweck die Erhaltung der Eignung des Gebietes als Naherholungsgebiet. Vor diesem Hintergrund ist die Errichtung einer derart hohen und in exponierter Lage befindlichen Windkraftanlage mit erheblicher Fernwirkung geeignet, die Naherholungssuchenden von einem Aufsuchen des umliegenden Waldrandgebietes abzuhalten, und zwar bereits in nicht angeschaltetem Zustand der Anlage. Die 136 m hohe Anlage dürfte im Vergleich zu der überwiegend niedrig bewachsenen, nahezu unberührten landschaftlichen Umgebung als "martialischer Fremdkörper" erscheinen und somit erdrückend wirken. Schon dies schlösse eine Suche nach Erholung in einem solchen Bereich in der Zukunft aus. Nimmt man noch hinzu, dass die Anlage bei günstigen Windverhältnissen möglichst ununterbrochen betrieben werden soll und sich dabei die Rotorblätter unter Geräuschentwicklung (die auch im dahinter liegenden Wald noch deutlich wahrnehmbar sein wird) und unter Schattenwurf (insbesondere mit einem einhergehenden Überstreichen alternierend heller und dunkler Flächen am Boden, aber auch in Gestalt des sog. "Discoeffekts", d.h. einer Reflexion des Sonnenlichts an den glänzenden Oberflächen der Rotorblätter) nahezu kontinuierlich bewegen werden, kann der Betrieb dieser Anlage nur als "erholungsfeindliche" Unruhequelle und fortwährende Belästigung, nicht jedoch als mit einer Erholungslandschaft vereinbare Handlung gesehen werden.

39

An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, dass der Standort für die geplante Windkraftanlage sich angeblich am Rand des Landschaftsschutzgebietes Z. befinden soll. Diese Einschätzung der Klägerin ist bereits unzutreffend. Das betreffende Grundstück ist ausweislich der zu § 1 Abs. 1 LSG-VO veröffentlichten Übersichtskarte im Gegenteil inmitten des nördlichen Bereichs des zweiteiligen Landschaftsschutzgebietes gelegen. Der von dem Geltungsbereich der LSG-VO (als Enklave) ausgenommene Ortskern Q. ist noch mehr als einen Kilometer von dem geplanten Standort entfernt. Selbst wenn man das Argument der Klägerin zu ihren Gunsten so deutet, dass der Übergangsbereich zu dieser Enklave in dem Landschaftsschutzgebiet als Zäsur aufzufassen sei, folgt daraus nichts anderes. Denn auch die sich an das betreffende Grundstück auf dem Weg zum Ortskern Q. in südlicher Richtung anschließende Umgebung weist zunächst keine landschaftliche Veränderung gegenüber dem geplanten Standort auf. Insbesondere ist kein schleichender Wechsel zu einem durch menschliche Besiedelung und Bebauung geprägten Umland gegeben; vielmehr beginnt mit dem Ortskern Q. unvermittelt der Bereich von Siedlungsbauten, d.h. der künstlich durch den Menschen veränderten Landschaft. Auch dies zeigt bereits das Luftbild (Bl. 33 der Beiakte A); die Augenscheinseinnahme vom 17. April 2008 hat diesen Eindruck bestätigt. Insoweit kann auch nicht unter diesem Gesichtspunkt von einer "Andersartigkeit" des Übergangsbereiches auf dem Weg zu der Enklave im Vergleich zum übrigen Landschaftsschutzgebiet ausgegangen werden.

40

Zu Recht hat der Beklagte ferner die Erteilung einer Befreiung nach § 4 Abs. 2 LSG-VO i.V.m. § 53 Abs. 1 NNatG abgelehnt, denn auch die Voraussetzungen für ihre Erteilung liegen nicht vor. Daraus folgt zugleich, dass auch für eine Neubescheidung kein Raum verbleibt.

41

Nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) NNatG kann der Beklagte als zuständige Naturschutzbehörde (§ 54 Abs. 1 Satz 1 NNatG) auf Antrag Befreiung von dem Verbot aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO - einer aufgrund der §§ 26, 30 NNatG erlassenen Verordnung - gewähren, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren ist. An beiden Tatbestandsvoraussetzungen mangelt es im vorliegenden Fall.

42

Entgegen der Auffassung der Klägerin würde die Nichtzulassung der Errichtung der Windkraftanlage an diesem Standort bereits nicht zu einer unbeabsichtigten Härte i.S.d. § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) NNatG führen. Das Institut der Befreiung von dem Verbot einer Norm rechtfertigt sich daraus, dass die mit einer Normierung regelmäßig verbundene Abstraktion oder doch Verallgemeinerung unvermeidbar zu Differenzen zwischen einerseits dem Regelungsgehalt und andererseits dem hinter der Regelung stehenden Schutzgut führt ( VGH Mannheim, Urteil vom 28. Oktober 1981 - 3 S 1539/80 -, NuR 1983, 67 [69]). Mit der Befreiung soll mithin einer rechtlichen Unausgewogenheit begegnet werden, die sich ergeben kann, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls der Anwendungsbereich einer Norm und deren materielle Zielrichtung nicht miteinander übereinstimmen ( BVerwG, Beschluss vom 14. September 1992 - 7 B 130.92 -, NuR 1993, 28, zu § 31 BNatSchG a.F.). Ein Dispens setzt daher stets voraus, dass es sich um einen - aus welchem Grunde auch immer - "an sich" dem Schutzgut der Norm entzogenen (Sonder-) Fall handelt. Für die Regelfälle dagegen ist das, was eine Vorschrift bestimmt, grundsätzlich auch dann beabsichtigt, wenn es sich als Härte erweist; denn eine durch die Verwaltung gewährte Befreiung für den Regelfall müsste sich notwendigerweise gerade über jene Interessenabwägung hinwegsetzten, die der Vorschrift zugrunde liegt und die in dieser durch den Normgeber selbst als maßgeblich positiviert ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1972 - IV C 69.70 -, BVerwGE 40, 268[BVerwG 14.07.1972 - BVerwG IV C 69.70] [272], zu § 31 BBauG a.F./BauGB).

43

Ein sonach vorausgesetzter "atypischer Sachverhalt", auf den das Verbot wohl in seinem Tatbestand, nicht aber in seinem normativen Gehalt passt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. April 1975 - IV C 55.74 -, BVerwGE 48, 123[BVerwG 04.04.1975 - BVerwG IV C 55.74] [127], zu § 9 FStrG), liegt indessen im Fall der Klägerin nicht vor. Er wäre allenfalls in einer Konstellation vorstellbar, an die der Beklagte beim Erlass der Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht gedacht hat. Die in der Durchführung des Bauverbots aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO für die Klägerin liegende Härte ist jedoch durch die LSG-VO gerade gewollt und entspricht auch dem Schutzzweck des festgesetzten Landschaftsschutzgebietes. Sie ist vom Beklagten als Verordnungsgeber zumindest als unvermeidbare Nebenfolge im Interesse der materiell-gesetzlichen Zielsetzung (Landschaftsschutz durch umfassendes Veränderungsverbot) in Kauf genommen worden. Der Fall weist insoweit keine Besonderheiten auf, welche die Beurteilung rechtfertigen würden, der Beklagte als Normgeber der LSG-VO hätte die Beachtung des Bauverbotes in diesem Fall als nicht notwendig angesehen, falls er ihn in den Blick genommen hätte. Das Gegenteil folgt weder aus der Art des von der Klägerin geplanten Vorhabens noch aus der Lage des vorgesehenen Standortes und den dort mit einer Verwirklichung des Vorhabens verbundenen landschaftsrechtlich bedeutsamen Auswirkungen. Insbesondere die Argumentation der Klägerin, eine Atypik des vorliegenden Falles sei dadurch begründet, dass der geplante Standort "außerhalb der besonders schutzbedürftigen Waldränder im Bereich einer intensiv genutzten Ackerbaulandschaft" läge, führt nicht weiter, weil sich der besondere Schutzzweck erklärtermaßen gerade auch auf den reizvollen Übergang von der Feldlandschaft zum Wald, mithin auch auf eben diejenige Waldrandlage im weiteren Sinne, in der die geplante Windkraftanlage errichtet werden soll, erstreckt (vgl. bereits oben S. 12). Wirtschaftliche Erschwernisse für die Klägerin, die aus dem Bauverbot des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO resultieren, sind typisch für Vorhaben, die auf Grundstücken im Landschaftsschutzgebiet realisiert werden sollen, und können daher einen außergewöhnlichen Einzelfall ebenfalls nicht begründen (vgl. Nds. OVG Lüneburg, Urteil vom 2. November 1988 - 3 A 149/87 -, NuR 1989, 186 [187]; Blum/Agena/Franke, NNatG-Kommentar, Stand: 8. NL 2004, § 53 Rn. 6).

44

Ungeachtet des Fehlens einer unbeabsichtigten Härte scheitert eine Befreiung aufgrund des § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) NNatG auch daran, dass die mit dem Vorhaben verbundene Abweichung von dem Bauverbot aus § 3 LSG-VO mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht zu vereinbaren wäre. Der von der Klägerin mehrfach hervorgehobene Gesichtspunkt, dass eine Windkraftanlage wegen ihres Zweckes, ihrer Ausgestaltung und Größe aus der Natur der Sache heraus exponiert an "windhöffigen" Standorten gelegen sein müsse und zwingend weithin sichtbar sein werde, begründet diese Befreiungsvoraussetzung jedenfalls nicht. Aus der jeder Windkraftanlage immanenten Gestaltung (außerordentliche Höhe, Drehbewegungen der Rotoren) ergeben sich keine entsprechenden Besonderheiten des vorliegenden Falles, weil die Festlegung des betroffenen Bereiches als Landschaftsschutzgebiet auch dazu dient, ihn von jeglichen baulichen Anlagen nach Möglichkeit freizuhalten. Im vorliegenden Fall ist insoweit zu Lasten der Klägerin zusätzlich der Umstand zu berücksichtigen, dass der geplante Standort für die Windkraftanlage im Zentrum eines großräumigen, bislang von entsprechenden Anlagen gänzlich freigehaltenen Bereiches im Übergang zwischen offener Feldlandschaft und der Bewaldung des "T." gelegen ist, d.h. die geplante Windkraftanlage ein zu unberührter Landschaft erstmalig hinzutretendes massives Bauwerk darstellt. Soweit in der Rechtsprechung aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) zum Teil versucht wird, in das Merkmal der "Vereinbarkeit" mit landschaftsschutzrechtlichen Belangen und Schutzzwecken eine umfassende Abwägung dieser Belange mit den für das Vorhaben sprechenden privaten Interessen des Grundstückseigentümers zu integrieren (vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 3. März 1999 - 7 A 2883/92 -, NuR 2000, 51 [OVG Nordrhein-Westfalen 03.03.1999 - 7 A 2883/92] [52]), führt dies im vorliegenden Fall nicht weiter. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin Eigentümerin des betreffenden Grundstücks ist.

45

Auch eine Befreiung nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 NNatG scheidet aus. Nach dieser Vorschrift kann der Beklagte von dem Bauverbot aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO befreien, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Als Gründe des Allgemeinwohls kommen alle öffentlichen Belange und öffentlichen Interessen in Betracht ( BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1978 - 4 C 54.75 -, BVerwGE 56, 71[BVerwG 09.06.1978 - BVerwG 4 C 54.75] [76] ). Diese "erfordern" eine Befreiung einerseits nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf keine andere Weise als durch den Dispens entsprochen werden kann, d.h. eine Befreiung das einzige denkbare Mittel für die Verwirklichung des öffentlichen Interesses ist; andererseits darf die Befreiung nicht dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich sein. Vielmehr erfordern die Allgemeinwohlbelange den Dispens schon dann, wenn es zu ihrer Wahrnehmung vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen (BVerwG, aaO.). Die Annahme einer solchen standortbezogenen Durchsetzungskraft für das Vorhaben sprechender öffentlicher Belange setzt - ebenso wie bei einer Befreiung wegen einer unbeabsichtigten Härte - einen atypischen Sonderfall voraus, um einer Randkorrektur der planerischen Entscheidung des Normgebers durch die Verwaltung die Grundlage zu verleihen (vgl. BVerwG, aaO., S. 74).

46

Es ist nicht ersichtlich, dass überwiegende Belange der Allgemeinheit vorliegend den von der Klägerin begehrten Dispens nach diesen Maßstäben erfordern.

47

Zwar ist der Klägerin darin zu folgen, dass es sich bei dem öffentlichen Interesse, das mit der Errichtung und Nutzung von Windkraftanlagen verfolgt wird, um ein in die Abwägung mit gegenläufigen öffentlichen Belangen einzustellendes qualifiziertes öffentliches Interesse handelt. Die Gewinnung von Windenergie dient der Nutzung regenerativer Energiequellen und damit letztlich der Reduktion von Treibhausgasemissionen und somit einem wichtigen umweltpolitischen Ziel. Dies fügt sich ein in gemeinschaftsrechtliche Bindungen, denen die Bundesrepublik Deutschland etwa in Form der Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (RL 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001, ABl. EG Nr. L 283 vom 27. Oktober 2001, S. 33) oder der Emissionshandelsrichtlinie (RL 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003, ABl. EG Nr. L 275 vom 25. Oktober 2003, S. 32) unterliegt, sowie in völkerrechtliche Reduktionsverpflichtungen, welche die Bundesrepublik etwa in Gestalt des Kyoto-Protokolls zum Klimarahmenübereinkommen der Vereinten Nationen (vgl. Zustimmungsgesetz vom 27. April 2002, BGBl. II, S. 966) eingegangen ist.

48

Indessen schreiben weder das Kyoto-Protokoll noch gemeinschaftsrechtliche Richtlinien die unter allen Umständen bestmögliche Förderung der Windenergie vor. Diese die Bundesrepublik Deutschland im Außenverhältnis hinsichtlich des Ziels bindenden Rechtsakte legen auch keine konkreten innerstaatlichen Umsetzungsstrategien, d.h. bestimmte Methoden zur Erreichung des Ziels, etwa in Gestalt eines Mindestanteils von Windenergie an der Gesamtenergieerzeugungsmenge, fest; allenfalls steigerungsfähige Mindestanteile der erneuerbaren Energien insgesamt an der gesamten Stromproduktion werden dort vorgeschrieben (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33[BVerwG 13.03.2003 - 4 C 4/02] [42 f.]; vgl. auch § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Erneuerbare Energien - EEG -). Vielmehr überlassen die Rechtsakte es gerade den Vertrags- bzw. Mitgliedstaaten, "geeignete Maßnahmen" zu ergreifen, um etwa die Steigerung des Verbrauchs von Strom aus regenerativen Energiequellen entsprechend den nationalen Richtzielen zu fördern. Eine verbindliche prozentuale Aufteilung des nationalen Richtziels auf die einzelnen Bundesländer, auf Planungsräume oder gar wie hier auf bestimmte, u.U. parzellenscharfe Gebiete oder eine abstrakte Vorrangregel zugunsten der Windenergie lassen sich weder diesen Bestimmungen noch den zu ihrer Umsetzung ergangenen bundesrechtlichen Vorschriften (§§ 1, 3, 10 EEG) entnehmen. Es handelt sich damit bei der Förderung der Windenergie zwar einerseits um ein gewichtiges öffentliches Interesse, dem aber andererseits entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von vornherein Priorität gegenüber anderen öffentlichen Interessen, hier der Landschaftspflege und des Naturschutzes, zukommt ( VG Darmstadt, Urteil vom 19. September 2007 - 8 E 1639/05 -, juris, Rn. 30 f.). Insbesondere ist aus den völkerrechtlich eingegangenen oder gemeinschaftsrechtlich erzeugten Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland und den innerstaatlichen Umsetzungsnormen eine Realisierung dieses Interesses im Einzelfall bezogen auf einen bestimmten Standort nicht abzuleiten ( VGH Mannheim, Urteil vom 13. Oktober 2005 - 3 S 2521/04 -, NuR 2006, 785 [VGH Baden-Württemberg 13.10.2005 - 3 S 2521/04] [789]).

49

Erst recht ist es nicht vernünftigerweise geboten, die Windkraftanlage gerade an dem im Klageantrag genannten Standort zu errichten. Zwar mag er wegen seiner hohen "Windhöffigkeit" in topographischer sowie aerodynamisch-meteorologischer Hinsicht besonders günstige Bedingungen für die Energiegewinnung aus Windkraft bieten. Die Anlage würde aber, wie oben ausgeführt, das Landschaftsbild unter Missachtung besonderer Schutzzwecke des Landschaftsschutzgebietes (insbesondere der Erhaltung des Waldrandes und der Eignung zur Erholung) erheblich nachteilig verändern. Es lässt sich nicht feststellen, dass öffentliche Gründe des Gemeinwohls, die grundsätzlich für eine Windenergiegewinnung sprechen, auch die Errichtung gerade an einem Standort vernünftigerweise gebieten, an dem die Energiegewinnungsanlage das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen würde (vgl. auch VG Arnsberg, Urteil vom 17. November 2004 - 1 K 657/03 -, juris, Rn. 45). Insbesondere gebietet die Vernunft es nicht, eine Anlage im Wege der Befreiung an einer solchen Stelle zuzulassen, an der ein Konflikt zwischen den öffentlichen Interessen "Windenergieförderung" und "besonderer (gebietsbezogener) Landschaftsschutz" offen zu Tage tritt. Vielmehr erscheint es vernünftiger, das öffentliche Interesse an einer Förderung der Energiegewinnung aus Windkraft in solchen Teilen des Gebiets der Gemeinde P. zu verwirklichen, die außerhalb des Landschaftsschutzgebietes gelegen sind. Dass die Gemeinde die diese Voraussetzung erfüllenden beiden Potentialgebiete Y. und W. entgegen ihren ursprünglichen Absichten bislang nicht als Konzentrationszonen für Windenergie i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ausgewiesen hat, weil sie die - als Gegenstück zu der weitreichenden negativen Wirkung dieser Vorschrift entwickelten - hohen Anforderungen an eine positive Standortplanung und an ein den gesamten Außenbereich erfassendes schlüssiges Plankonzept (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287[BVerwG 17.12.2002 - 4 C 15.01] [294 ff.] ) für noch nicht erfüllt angesehen hat (vgl. Pressemitteilung der Gemeinde P. vom 17. Mai 2006 zur Windkraft im Gemeindegebiet, Bl. 60 der Gerichtsakte), ändert an dieser Überlegung nichts. Denn bei der geplanten Windkraftanlage als im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiertes Vorhaben ist zu erwarten, dass sie bauplanungsrechtlich eher in außerhalb des Landschaftsschutzgebietes gelegenen Gebieten - in denen sie insoweit "nur" mit öffentlichen Belangen des allgemeinen Landschaftsschutzes aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB konfrontiert wird - für zulässig erachtet werden kann (vgl. Nachweise auf S. 10 oben).

50

Dass das Vorhaben der Klägerin nach Art, Lage und Auswirkungen keine Atypik des Sachverhaltes begründet, die im Hinblick auf den gewählten Standort ein anderes Ergebnis gebieten würde, ist bereits bei § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) NNatG dargelegt worden. Auf diese Ausführungen wird verwiesen.

51

Eine Befreiung nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) NNatG kommt nicht in Betracht, da nicht erkennbar ist, inwieweit durch die Zulassung des Vorhabens der Klägerin im Wege der Befreiung ein gemessen am Schutz von Natur und Landschaft günstigeres Ergebnis erzielt werden kann (vgl. Blum/Agena/Franke, aaO., § 53 Rn. 9) als bei Durchführung des Bauverbotes aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO.

52

Weitere Befreiungsgründe sind nicht ersichtlich.

53

III. Die als weiterer Hilfsantrag gestellte negative Feststellungsklage i.S.d. § 43 Abs. 1, 1. Alt. VwGO hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Feststellung, dass die Klägerin im vorliegenden Fall keiner Ausnahme oder Befreiung von den Verboten der LSG-VO bedarf, kann nicht ausgesprochen werden. Denn das Vorhaben der Klägerin ist nach dem bereits Dargelegten ausnahme- bzw. befreiungsbedürftig, jedoch nicht ausnahme- oder befreiungsfähig.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Bei einem Gesamtstreitwert des vorliegenden Verfahrens in Höhe von 97 100,00 Euro (vgl. Beschluss der Kammer vom heutigen Tage - 4 A 64/05 -) obsiegt die Klägerin lediglich im Umfang von 7 100,00 Euro, d.h. zu 1/13; im Übrigen (12/13) unterliegt sie.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO

Gründe für eine Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.