Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.11.1990, Az.: 10 L 143/89
Tierarzt; Tranport von Arzneimittel; Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz; Fahrpraxis; Tagesbedarf; Zwangsgeld
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.11.1990
- Aktenzeichen
- 10 L 143/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 13032
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1990:1120.10L143.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Schleswig - 16.03.1988 - AZ: 11 A 6/88
- nachfolgend
- BVerwG - 23.07.1991 - AZ: BVerwG 3 B 23.91
- BVerwG - 02.12.1993 - AZ: BVerwG 3 C 42.91
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 16. März 1988 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger ist approbierter Tierarzt. Er betreibt seit 1981 eine Kleintierpraxis in Hamburg. Darüber hinaus hat er sich auf die Bestandsbetreuung von Großviehbeständen spezialisiert. Er betreut rund 150 Betriebe in Schleswig-Holstein. An zwei bis drei Tagen in der Woche ist er - eigenen Angaben zufolge - deshalb mit seinem Pkw in Schleswig-Holstein unterwegs. Dabei führt er u.a. Medikamente zur evtl. Behandlung der Tiere mit sich.
Am 22. Mai 1986 kontrollierten Beamte des Beklagten in T.-... das Praxisfahrzeug des Klägers, als er sich auf einer mehrtägigen Praxisfahrt befand. Die Beamten stellten ausweislich des Berichtes vom 23. Mai 1986, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, fest, daß der Kläger neben tierärztlichen Instrumenten und Hilfsmitteln 110 verschiedene Fertigarzneimittel mit sich führte, die sich in sechs Kunststoffkästen mit Deckel, neun Styroporkästen, einem geschlossenem Metallbehälter und sechs Pappkartons mit zuklappbaren Deckeln befanden. Ein Teil der Medikamente war nicht in Transportbehältern untergebracht. Die mitgeführten Medikamente füllten das Fahrzeug des Klägers, dessen Rückbanklehne umgeklappt war, bis an das Dach und waren mit einer Decke aus Kunststoff abgedeckt. Der rechte Vordersitz war entfernt worden. Hier war das Fahrzeug bis zur Fensterunterkante mit Medikamenten beladen, darüber war eine Wolldecke gebreitet.
Der Beklagte erstattete daraufhin gegen den Kläger Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Kiel (546 Js 08936/86). Diese erhob im November 1988 wegen verschiedener Vorkommnisse Anklage, in der dem Kläger Verstöße gegen §§ 43 und 56 a Abs. 1 AMG vorgeworfen werden (595 Js 03207/88). Das Hauptverfahren ist noch nicht eröffnet.
Mit Verfügung vom 26. März 1987 ordnete der Beklagte, ohne den Kläger zuvor anzuhören, unter gleichzeitiger Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,-- DM folgendes an:
1. In Ihrem Fahrzeug dürfen Arzneimittel nur in einem für die Außenpraxis erforderlichen Umfang mitgeführt und aufbewahrt werden. Der Umfang der mitgeführten Arzneimittel ist dabei auf einen Vorrat zu beschränken, wie er dem Ihrer tierärztlichen Praxis entsprechenden Tagesbedarf entspricht.
2. Die in Ihrem Fahrzeug mitgeführten Arzneimittel sind in allseits geschlossenen Behältnissen unterzubringen, die Schutz bieten vor einer nachteiligen Beeinflussung der Arzneimittel, insbesondere durch Licht, Temperatur, Witterungseinflüsse oder Verunreinigungen.
3. Wärmeempfindliche Arzneimittel, wie z.B. Sera und Impfstoffe, dürfen in Ihrem Fahrzeug nur mitgeführt werden, wenn durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, daß eine nachhaltige Beeinflussung durch Wärme nicht erfolgt.
Wegen der Begründung wird auf die Verfügung vom 26. März 1987 Bezug genommen.
Gegen diese Verfügung legte der Kläger Widerspruch ein, den er im wesentlichen wie folgt begründete: Die Verfügung sei nicht in rechtlich einwandfreier Weise zustande gekommen, denn er habe sich nicht vor ihrem Erlaß zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen äußern können. Darüber hinaus sei der Beklagte für den Erlaß der Ordnungsverfügung weder sachlich noch örtlich zuständig. Sachlich zuständig sei die Arzneimittelüberwachungsstelle Kiel. Zwar sei der Beklagte für die Überwachung tierärztlicher Hausapotheken zuständig, bei der Kontrolle seines Fahrzeuges handele es sich jedoch nicht um die Überwachung einer tierärztlichen Hausapotheke. Aus der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) ergebe sich eindeutig, daß ein Kraftfahrzeug nicht ein örtlich getrennter Betriebsraum einer tierärztlichen Hausapotheke sei, weil das Kraftfahrzeug nicht Betriebsraum im Sinne dieser Verordnung sei. Die Kontrolle eines Fahrzeugs stelle daher keine Überwachung der Hausapotheke, sondern eine solche der Außenpraxis dar. Die Kontrolle der Außenpraxis obliege jedoch nicht dem Beklagten, sondern - aufgrund der allgemeinen Ermächtigung - allein der Arzneimittelüberwachungsstelle. Selbst wenn man das Fahrzeug als Teil seiner tierärztlichen Hausapotheke ansehen wolle, so wäre für deren Überwachung die Hamburger Überwachungsbehörde zuständig, weil Praxis und Betriebsräume der Hausapotheke sich in Hamburg befänden. Da die Beamten des Beklagten sein Fahrzeug nicht hätten überprüfen dürfen, sei auch die Ordnungsverfügung rechtswidrig. Die Verfügung sei auch in der Sache nicht haltbar. Verstöße gegen §§ 9 und 11 der TÄHAV bzw. § 39 der Tierimpfstoffverordnung lägen nicht vor.
Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 TÄHAV sei nicht gegeben. Vielmehr habe er Arzneimittel nur in dem für die Außenpraxis erforderlichen Umfang mit sich geführt. Im Mai 1986 habe er eine mehrtägige Praxisfahrt durchgeführt, in deren Verlauf er 40 Tierhalter habe besuchen wollen. Angesichts dieser mehrtägigen Praxisfahrt habe die vorgefundene Arzneimittelmenge den für die Außenpraxis erforderlichen Umfang nicht überschritten. § 9 Abs. 1 Satz 3 TÄHAV könne nicht dahin ausgelegt werden, daß ein Tierarzt nur die für eintägige Praxisfahrten notwendigen Arzneimittel in seinem Fahrzeug mitführen und aufbewahren dürfe. Er habe die mitgeführten Arzneimittel auch nicht entgegen § 9 Abs. 3 TÄHAV so aufbewahrt, daß ihre einwandfreie Beschaffenheit nicht erhalten geblieben wäre. Die Arzneimittel seien weder verdorben noch in ihrer Qualität erheblich gemindert gewesen, denn er habe sie in seinem trockenen und gelüfteten Fahrzeug bei Raumtemperatur aufbewahrt. Schließlich könne ihm auch kein Verstoß gegen § 11 TÄHAV vorgeworfen werden. Die Arzneimittel seien ordnungsgemäß verpackt aufbewahrt worden. Dabei seien besonders temperaturempfindliche Arzneimittel in den Originalstyroporkartons der jeweiligen Hersteller verpackt gewesen und nachts in einer Kühlbox aufbewahrt worden. Zusätzlich könne er die Temperatur in seinem Fahrzeug durch ein Thermometer kontrollieren und ggf. durch Ventilator und Heizung regulieren.
Wärmeempfindliche Arzneimittel wie Sera und Impfstoffe habe er am 22. Mai 1986 nicht mitgeführt, ohne durch geeignete Maßnahmen sichergestellt zu haben, daß eine nachhaltige Beeinflussung durch Wärme nicht erfolgen kann. Die Impfstoffe hätten sich in den Styroporkartons der Händler befunden, bei Übernachtungen habe er sie in einer Kühlbox aufbewahrt.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 29. Oktober 1987 zurück und führte zur Begründung im wesentlichen aus: Auf eine Anhörung vor Erlaß der Ordnungsverfügung sei verzichtet worden, weil ein Schreiben des Klägers an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel vorgelegen habe, in dem dieser sich bereits zu den ihm vorgeworfenen Verstößen gegen die Vorschriften der TÄHAV geäußert habe. Seine sachliche Zuständigkeit ergebe sich daraus, daß nach der Arzneimittelüberwachungsverordnung die Überwachung tierärztlicher Hausapotheken dem Veterinäruntersuchungsamt obliege und es in diesem Rahmen auch für Maßnahmen zur Abwehr von Zuwiderhandlungen gegen das Arzneimittelgesetz zuständig sei. Sofern das Fahrzeug eines Tierarztes gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 TÄHAV zur Aufbewahrung von Arzneimitteln benutzt werde, sei es der tierärztlichen Hausapotheke zuzurechnen. Der Betrieb einer tierärztlichen Hausapotheke, der in Ausübung des Tierärzten eingeräumten Dispensierrechtes erfolge, umfasse den Erwerb, die Herstellung, die Prüfung sowie die Aufbewahrung und Abgabe von Tierarzneimitteln durch Tierärzte. Auf alle diese Bereiche erstrecke sich auch der Überwachungsauftrag des Veterinäruntersuchungsamtes. Wenn - was § 9 Abs. 1 TÄHAV unter bestimmten Voraussetzungen erlaube - Arzneimittel in einem Fahrzeug aufbewahrt werden, werde diese weitere Aufbewahrungsstelle automatisch Bestandteil der tierärztlichen Hausapotheke. Eine Ausklammerung des Fahrzeugs laufe angesichts des ständigen Medikamentenübergangs von den Betriebsräumen zum Fahrzeug dem Zweck der arzneimittelrechtlichen Vorschriften, eine lückenlose Kontrolle über Arzneimittel und deren Verbleib zu ermöglichen, zuwider.
Die örtliche Zuständigkeit für die Überwachungsmaßnahme und den Erlaß der Ordungsverfügung ergebe sich aus § 31 Abs. 1 Ziff. 2 LVwG, wonach in Angelegenheiten, die sich auf die Ausübung eines Berufes beziehen, die Behörde örtlich zuständig sei, in deren Bezirk der Beruf ausgeübt werde. Da der Begriff der Berufsausübung nicht an den Ort der Niederlassung gebunden sei, der Tierarzt seinen Beruf vielmehr überall dort ausübe, wo er tatsächlich tierärztliche Leistungen erbringe und die Aufbewahrung und Abgabe von Arzneimitteln Teil der tierärztlichen Berufsausübung sei, obliege die Kontrolle seines Fahrzeugs, sofern er bei der Außenpraxis in Schleswig-Holstein angetroffen werde, der in Schleswig-Holstein für die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken zuständigen Behörde. Die Auffassung, die Aufbewahrung des Medikamentenbedarfs im Praxisfahrzeug für drei Tage verstoße gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 TÄHAV, habe auch das Amtsgericht Neumünster in einem im wesentlichen rechtskräftig gewordenen Urteil vertreten. Ein Verstoß gegen § 11 TÄHAV habe vorgelegen, weil bei der Kontrolle festgestellt worden sei, daß ein Teil der mitgeführten Arzneimittel "frei" im Fahrzeug gelegen habe oder in offenen Pappkartons untergebracht gewesen sei, wobei die "offen" gelagerten Arzneimittel einer nachteiligen Beeinflussung z.B. durch Temperatur- oder Witterungseinflüsse oder durch Verunreinigungen in besonderem Maße ausgesetzt gewesen seien. Die Medikamentenverpackungen der Hersteller böten in der Regel nur unzureichenden Schutz und könnten, wenn sie nicht zusätzlich durch eine Transportverpackung geschützt seien, leicht beschädigt werden.
Die Impfstoffe hätten sich inmitten anderer Arzneimittel in einem offenstehenden Pappkarton befunden. Vorkehrungen zur Erzielung einer Lagerungstemperatur zwischen plus 2 ° und plus 6 °C seien nicht getroffen worden. Die Impfstoffe hätten sich nicht in einer Kühlbox befunden. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre den §§ 35 und 39 der Tierimpfstoffverordnung vermutlich deshalb nicht genüge getan, weil sich über drei Tage der für die Lagerung - von einem Transport könne hier nicht mehr gesprochen werden - erforderliche Temperaturbereich kaum erzielen lasse.
Am 27. November 1987 hat der Kläger Klage erhoben und zu deren Begründung zunächst seine Widerspruchsbegründung wiederholt. Darüber hinaus hat er vorgetragen: Auch wenn ihm bereits im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Kiel Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu den ihm vorgeworfenen Verstößen zu äußern, könne dies nicht zum Verzicht auf die Anhörung vor Erlaß der Ordnungsverfügung führen. Ziff. 1 der Anordnung des Beklagten sei offensichtlich rechtsgrundlos, denn der Wortlaut der TÄHAV gebe für diese Anordnung nichts her. Auch Ziff. 2 sei in der gewählten abstrakten Form unzulässig, weil lediglich der Gesetzeswortlaut wiederholt werde. Schließlich verstießen die Ziff. 1 und 3 der Anordnung gegen das Bestimmtheitsgebot. Die Formulierung "den ihrer tierärztlichen Praxis entsprechenden Tagesbedarf" sei nicht hinreichend bestimmt. Das Gebot lasse nicht erkennen, welche Menge an Arzneimitteln von der Behörde noch als therapeutisch erforderlich angesehen werde. Eine Konkretisierung sei vielmehr erst durch Werturteil der Behörde möglich. Auch Ziff. 3 des Bescheides entspreche nicht dem Bestimmtheitsgebot für Verwaltungsakte, denn aus der gewählten Formulierung gehe für den Kläger nicht eindeutig hervor, welche konkreten Maßnahmen er zur Erfüllung dieses Gebotes zu treffen habe. Der Hinweis auf "geeignete Maßnahmen" sei wegen Verletzung des Rechtsstaatsprinzips nichtig. Verstöße gegen die TÄHAV und die Tierimpfstoffverordnung könnten ihm nicht vorgeworfen werden, dem Urteil des Amtsgerichts Neumünster habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Hinsichtlich der Aufbewahrung der Arzneimittel könne ihm ein Verstoß gegen § 11 TÄHAV nicht vorgeworfen werden. Entgegen der Behauptung des Beklagten hätten Arzneimittel in seinem Fahrzeug nicht frei herumgelegen. Auch hätten sich die Impfstoffe nicht in einem offenen Pappkarton befunden. Vielmehr hätten sich diese in den von den Herstellern mitgelieferten Styroporkartons befunden und seien somit für Transportzwecke vor Wärme geschützt gewesen. Derartige Styroporkartons seien für den Transport temperaturempfindlicher Impfstoffe zweckmäßig und zulässig, auch wenn die vorgeschriebene Lagertemperatur kurzfristig während eines Transports überschritten werden sollte. Jedenfalls der kurzfristige Transport bzw. das Mitsichführen im Praxisfahrzeug könne nicht als unsachgemäße Lagerung im Praxisfahrzeug angesehen werden. Konkrete Umstände für eine fehlerhafte Beschaffenheit der Impfstoffe aufgrund erhöhter Temperatur seien nicht angeführt worden.
Der Kläger hat beantragt,
die Verfügungen des Beklagten vom 26. März 1987 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 1987 aufzuheben.
Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide beantragt,
die Klage abzuweisen.
Darüber hinaus hat der Beklagte erwidert: Selbst wenn eine Anhörung des Klägers erforderlich gewesen wäre, so wäre dieser Fehler dadurch geheilt, daß der Kläger sich im Widerspruchsverfahren zu den für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen geäußert habe.
Entgegen den Behauptungen des Klägers seien die auf der Beifahrerseite befindlichen Arzneimittel lediglich mit einer Wolldecke abgedeckt gewesen. Bei den Pappkartons habe es sich zwar um solche mit Klappdeckeln gehandelt, diese seien jedoch nach innen geklappt gewesen, so daß die Kartons nicht geschlossen gewesen seien. Die temperaturempfindlichen Arzneimittel hätten sich nicht in Styroporkartons befunden, sondern inmitten anderer Arzneimittel in einem offenstehenden Karton. Der angefochtene Verwaltungsakt sei hinreichend bestimmt, denn es komme für die Frage, welcher Grad an Bestimmtheit möglich und erforderlich sei, auf die Umstände des Einzelfalles an.
Eine weitergehende Konkretisierung sei nicht möglich gewesen, weil einzig der Kläger selbst bestimmen könne, welche Medikamente er auf einer Praxisfahrt an einem Tag benötige. Auch die Ziff. 2 und 3 der Verfügung seien hinreichend bestimmt, da sie das Ziel der Verfügung genau bezeichneten. Anders habe das Ziel nicht formuliert werden können.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 16. März 1988 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der Beklagte sei zum Erlaß der angefochtenen Verfügung sachlich und örtlich zuständig. Das Praxisfahrzeug des Klägers sei, soweit es zur Aufbewahrung von Medikamenten benutzt werde, der tierärztlichen Hausapotheke zuzurechnen, deren Kontrolle dem Beklagten obliege. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 LVwG, weil die Aufbewahrung und Abgabe von Medikamenten im Rahmen des Dispensierrechts Teil der tierärztlichen Berufsausübung sei. Offenbleiben könne, ob eine Anhörung des Klägers erforderlich gewesen sei, nachdem er sich im laufenden Ermittlungsverfahren bereits zur Sache geäußert habe, denn er habe jedenfalls im Widerspruchsverfahren Gelegenheit gehabt, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Dadurch sei ein evtl. Verfahrensfehler als geheilt anzusehen. Die getroffenen Anordnungen seien inhaltlich bestimmt im Sinne des § 108 LVwG. Die Anordnung unter Ziff. 1 habe nicht mehr konkretisiert werden können, weil die von einem Tierarzt mitgeführte Menge an Medikamenten einem ständigen Wechsel unterworfen sei und daher nicht zahlenmäßig begrenzt werden könne. Auch sei der Anordnung unter Ziff. 2 zweifelsfrei zu entnehmen, was vom Kläger verlangt werde. Es handele sich nicht um eine bloße Wiederholung des Gesetzestextes, vielmehr werde der Normbefehl durch diese Anordnung auf den Kläger konkretisiert. Gleiches gelte für die Anordnung unter Ziff. 3. Der Beklagte müsse nicht im einzelnen die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der empfindlichen Arzneimittel vorschreiben, diese mußten, weil sie abhängig von Art und Zahl der mitgeführten Arzneimittel seien, dem Kläger überlassen bleiben.
Auch die Voraussetzungen zum Erlaß der Verfügung im übrigen seien gegeben. Das Mitführen von Medikamenten für eine mehrtägige Praxisfahrt verstoße gegen § 9 Abs. 1 Satz 3 TÄHAV und stelle damit eine Störung der öffentlichen Sicherheit dar. Darüber hinaus habe der Kläger gegen § 11 TÄHAV verstoßen, weil Medikamente in offenen Pappkartons und lose in seinem Fahrzeug herumgelegen hätten.
Der Kläger hat gegen das ihm am 24. Mai 1988 zugestellte Urteil am 21. Juni 1988 Berufung eingelegt und zur Begründung - unter teilweiser Wiederholung seines bisherigen Vorbringens - ergänzend ausgeführt: Die Ordnungsverfügung sei auch deshalb inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, weil er ihr nicht entnehmen könne, ob er nur Arzneimittel mitführen dürfe, die er tatsächlich verordne oder auch solche, deren Verordnung therapeutisch notwendig werden könne, und ob die Arzneimittelmenge sich an der Kleintierpraxis oder an der Betreuung von Nutztiergroßbeständen zu orientieren habe.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Verfügung des Beklagten vom 26. März 1987 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 1987 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erwidert unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide und sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren: Aus seiner Zuständigkeit für die Kontrolle des Betriebs der tierärztlichen Hausapotheke, zu der, wie sich aus § 1 TÄHAV ergebe, Erwerb, Herstellung, Prüfung, Aufbewahrung und Abgabe von Arzneimitteln gehörten und die nach § 64 Abs. 4 des Arzneimittelgesetzes neben der Befugnis zum Betreten und Besichtigen der Betriebsräume auch diejenige zum Betreten und Besichtigen der Beförderungsmittel umfasse, folge, daß sich die Überwachungsbefugnis auch auf ein Praxisauto erstrecke, wenn dieses der Aufbewahrung und Abgabe von Arzneimitteln diene.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen. Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die den Kläger betreffenden Strafakten haben dem Senat vorgelegen; sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden.
II.
Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26. März 1987 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 1987 erhalten hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Der Beklagte ist sowohl sachlich als auch örtlich für den Erlaß der ordnungsrechtlichen Verfügung zuständig.
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Buchst. a der Landesverordnung über die Errichtung der Arzneimittelüberwachungsstelle Schleswig-Holstein und über die zuständigen Behörden nach dem Arzneimittelgesetz und dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens (Arzneimittelüberwachungsstellenverordnung - AMüwVO -) vom 22. Februar 1977 (GVOBl. Schleswig-Holstein, S. 46), im hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Landesverordnung vom 19. November 1982 (GVOBl. Schleswig-Holstein, S. 288). Danach ist das Veterinäruntersuchungsamt zuständig für Maßnahmen zur Abwehr von Zuwiderhandlungen gegen das Arzneimittelgesetz, soweit es nach § 2 Abs. 1 zuständig ist. Nach § 2 Abs. 1 Ziff. 4 c AMüwVO ist das Veterinäruntersuchungsamt zuständige Behörde nach § 64 Abs. 1 - 3 des Arzneimittelgesetzes (AMG) für tierärztliche Hausapotheken.
Die Auffassung des Klägers, bei der Kontrolle seines Praxisfahrzeugs handele es sich nicht um ein Kontrolle seiner tierärztlichen Hausapotheke, sondern um eine Kontrolle seiner Außenpraxis, trifft nicht zu. Dies ergibt sich aus den Regelungen der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1985 (BGBl. I S. 442), einer Betriebsordnung im Sinne des § 54 AMG, in der im einzelnen geregelt ist, wie eine tierärztliche Hausapotheke zu betreiben ist. Nach § 1 TÄHAV umfaßt der Betrieb einer tierärztlichen Hausapotheke den Erwerb, die Herstellung, Prüfung, Abgabe und Aufbewahrung von Arzneimitteln durch Tierärzte. Dabei sind Arzneimittel grundsätzlich in den Betriebsräumen aufzubewahren (§ 9 Abs. 1 Satz 1 TÄHAV), im Rahmen des § 11 dürfen sie in einem für die Außenpraxis erforderlichen Umfang auch in Fahrzeugen aufbewahrt werden. Daraus kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Schluß gezogen werden, daß die im Praxisfahrzeug aufbewahrten Arzneimittel ihre Zugehörigkeit zur tierärztlichen Hausapotheke verlieren, denn es handelt sich auch insoweit um die Aufbewahrung von Arzneimitteln durch Tierärzte.
Für diese Auslegung spricht auch, wie der Beklagte zu Recht ausgeführt hat, daß die mit der Überwachung einer tierärztlichen Hausapotheke gemäß § 64 Abs. 1 AMG beauftragten Personen nach § 64 Abs. 4 Satz 1 AMG befugt sind, nicht nur Grundstücke, Geschäftsräume und Betriebsräume, sondern auch Beförderungsmittel zu betreten und zu besichtigen, sofern in ihnen Tierarzneimittel aufbewahrt werden (§ 64 Abs. 1 AMG).
Der Beklagte ist nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 LVwG auch örtlich zuständig, denn soweit der Kläger im Rahmen der Bestandsbetreuung von Großtierbeständen in Schleswig-Holstein tätig wird und zu diesem Zweck Tierarzneimittel im Praxis-Pkw mit sich führt, übt er seinen Beruf in Schleswig-Holstein aus. Deshalb ist auch die Zuständigkeit des Beklagten begründet (vgl. dazu auch Kopp, VwVfG, 3. Aufl., RdNr. 16 zum vergleichbaren § 3 VwVfG).
Der angefochtene Bescheid ist auch im übrigen in formeller Hinsicht nicht - mehr - zu beanstanden. Zwar ist dem Kläger nicht gemäß § 87 Abs. 1 LVwG vor Erlaß der Ordnungsverfügung vom Beklagten Gelegenheit gegeben worden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ob die angebliche Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens, die sich allerdings nicht in den Verwaltungsvorgängen befindet, die Anhörung ersetzen kann, ist fraglich, denn Anhörung im Sinne des gleichlautenden § 28 VwVfG bedeutet, daß die Behörde, die für die in der Sache zu treffende Entscheidung zuständig ist, dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme gibt (Kopp, VwVfG, 3. Aufl., RdNr. 5 zu § 28). Die fehlende Anhörung ist jedoch dadurch geheilt, daß der Kläger im Widerspruchsverfahren ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern (§ 115 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwG). Einer gesonderten Form der Anhörung bedurfte es nicht, weil der Beklagte im Ausgangsbescheid keine entscheidungserhebliche Tatsache übersehen hatte (vgl. BVerwG, Urt. v. 14. 10. 1982 - 3 C 46.31 -, BVerwGE 66, 184 ff.).
2. Die Voraussetzungen für den Erlaß der angefochtenen Verfügung gemäß § 69 Abs. 1 AMG haben vorgelegen. Der Kläger hat sowohl gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 und § 11 TÄHAV als auch gegen § 39 der Tierimpfstoffverordnung verstoßen.
a) Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 TÄHAV liegt deshalb vor, weil der Kläger in seinem Praxisfahrzeug Medikamente für eine mehrtägige Praxisfahrt mit sich geführt hat. Der Senat legt den unbestimmten Rechtsbegriff "in einem für die Außenpraxis erforderlichen Umfang" im Einklang mit dem Verwaltungsgericht Schleswig und dem Amtsgericht Neumünster (Urt. v. 17. 9. 1986 - 4 C Js 167/86 -) dahin aus, daß die Aufbewahrung von Arzneimitteln im Praxis-Pkw nur den Vorrat höchstens eines Tagesbedarfs umfassen darf (so auch Zrenner/Paintner, Arzneimittelrechtliche Vorschriften für Tierärzte, Stand 1989, TÄHAV, S. 26; Bay. VG Regensburg, Urt. v. 24. 7. 1989 - Az RN 5 K 85.1508 -, nicht rechtskräftig).
Mit dem Kläger ist zwar davon auszugehen, daß sich eine Beschränkung auf den täglichen Bedarf dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen läßt. Bei § 9 Abs. 1 Satz 2 TÄHAV handelt es sich aber um eine Ausnahmevorschrift, die deshalb restriktiv ausgelegt werden muß. Grundsätzlich müssen Arzneimittel nämlich in den Betriebsräumen aufbewahrt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 TÄHAV). In Fahrzeugen dürfen Arzneimittel nur im Rahmen des § 11 TÄHAV aufbewahrt werden, d.h. nur in allseits geschlossenen Behältnissen, die Schutz bieten vor einer nachhaltigen Beeinflussung der Arzneimittel, und zwar in einem für die Außenpraxis erforderlichen Umfang.
Für eine Auslegung, die lediglich die Aufbewahrung eines Tagesbedarfs im Praxis-Pkw erlaubt, sprechen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen. Der Tierarzt, der im Rahmen des sog. Dispensierrechts gemäß § 43 Abs. 4 Satz 1 AMG eine tierärztliche Hausapotheke betreiben und zu diesem Zweck Arzneimittel vorrätig halten darf, muß die Arzneimittel nicht nur so aufbewahren, daß sie Unbefugten nicht zugänglich sind (§ 9 Abs. 2 TÄHAV), sondern er muß auch dafür sorgen, daß ihre einwandfreie Beschaffenheit erhalten bleibt. Dabei muß er die Vorschriften des Arzneibuches über die Aufbewahrung beachten (§ 9 Abs. 3 TÄHAV). Bei Fertigarzneimitteln sollte er darüber hinaus die von den Herstellern gegebenen Lagerungshinweise sowie die vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit erlassenen Lagerungshinweise für Fertigarzneimittel beachten. Da aus der unsachgemäßen Lagerung von Arzneimitteln erhebliche Gesundheitsgefährdungen für Mensch und Tier entstehen können und die Aufbewahrung von Arzneimitteln im Praxisfahrzeug qualitativ mit der Aufbewahrung in der eigentlichen Hausapotheke nicht vergleichbar ist, muß der "für die Außenpraxis erforderliche Umfang" so eng ausgelegt werden, daß die Arzneimittel abends grundsätzlich wieder in die eigentlich dafür vorgesehenen Betriebsräume verbracht werden müssen. Dadurch wird auch § 9 Abs. 2 TÄHAV Genüge getan, wonach die Medikamente für Unbefugte nicht zugänglich sein sollen, denn die Gefahr des Diebstahls der Medikamente in der Nachtzeit ist erheblich reduziert (AG Neumünster, aaO).
Diese Auffassung ist angesichts der heutigen Tierarztdichte auch mit dem Berufsbild des normalen Tierarztes, der Großtierbestände betreut und dabei in der Regel von seinen Praxisräumen aus tätig wird, am ehesten vereinbar. Für die Ausübung der tierärztlichen Tätigkeit reicht es aus, wenn ihm die TÄHAV das Mitführen des Tagesbedarfs an Medikamenten im Praxisfahrzeug gestattet.
b) Der Kläger hat auch gegen § 11 TÄHAV verstoßen. Nach dieser Vorschrift dürfen Arzneimittel in der Außenpraxis nur in allseits geschlossenen Behältnissen mitgeführt werden, die Schutz bieten vor einer nachteiligen Beeinflussung der Arzneimittel, insbesondere durch Licht, Temperatur, Witterungseinflüsse und Verunreinigungen. Die Arzneimittel im Praxisfahrzeug des Klägers befanden sich, wie anläßlich der Kontrolle am 22. Juni 1986 festgestellt wurde, teilweise in offen Pappkartons, teilweise lagen sie frei im Fahrzeug herum. Dies belegen eindrücklich die vom Beklagten eingereichten, anläßlich der Kontrolle gefertigten Fotos (Beiakte B).
Soweit der Kläger Arzneimittel in den von den Herstellern mitgelieferten Styroporkartons aufbewahrt hat - dabei handelt es sich nach seiner Auffassung insbesondere um die Impfstoffe, während die Beklagte behauptet, diese seien in offenen Pappkartons aufgefunden worden - entsprach auch diese Art der Aufbewahrung nicht § 11 TÄHAV. Bei temperaturempfindlichen Arzneimitteln - um solche handelt es sich bei den Impfstoffen - muß sich der Tierarzt, um § 11 TÄHAV Genüge zu tun, an die Lagerungsvorschriften des Arzneimittelbuches und, soweit dort keine Angaben gemacht sind, an die anerkannten Regeln der pharmazeutischen Wissenschaft sowie an die Anweisungen des Herstellers halten und durch entsprechende Isolierbehältnisse, z.B. Umkartons mit Styroporauskleidung und Einlage von Kühlelementen eine nachhaltige Beeinflussung der Arzneimittel durch jahreszeitlich bedingte Temperaturschwankungen verhindern. Im Handel werden dazu auch eigene Tierarzthausapotheken angeboten (vgl. Zrenner/Paintner, Arzneimittelrechtliche Vorschriften für Tierärzte, aaO, § 11 TÄHAV). Die Auffassung des Klägers, es habe sich nicht um eine Lagerung, sondern um einen kurzfristigen Transport gehandelt und er habe deshalb die Lagerungsvorschriften nicht beachten müssen, ist unzutreffend. Bei der mehrtägigen Aufbewahrung von Arzneimitteln im Praxisfahrzeug handelt es sich um eine Lagerung (so auch Bay. VG Regensburg, aaO, S. 26).
c) Auch ein Verstoß gegen § 39 der Tierimpfstoffverordnung liegt vor. Nach § 35 der Verordnung über Sera, Impfstoffe und Antigene nach dem Viehseuchengesetz (Impfstoffverordnung-Tiere) vom 2. Januar 1978 (BGBl. I S. 15), geändert durch Verordnung vom 12. April 1984 (BGBl. I S. 624), dürfen Tierärzte und tierärztliche Bildungsstätten Mittel in tierärztlichen Hausapotheken vorrätig halten. Nach § 39 der Tierimpfstoffverordnung gelten für die Mittel die Vorschriften des in § 55 AMG geregelten Arzneibuches entsprechend. Das als Rechtsverordnung erlassene Arzneibuch, eine Sammlung pharmazeutischer Regeln über Qualität, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Bezeichnung von Arzneimitteln bestimmt, daß Sera- und Impfstoffe zwischen 2 ° und 6 °C aufzubewahren sind. Somit kommt grundsätzlich nur die Aufbewahrung in einem entsprechend eingestellten Kühlschrank in Frage. Selbst wenn der Kläger die Impfstoffe entgegen der Behauptung des Beklagten nicht inmitten anderer Arzneimittel in einem offenstehenden Pappkarton, sondern in den Styroporkartons der Hersteller aufbewahrt hätte, wäre diese Art der Aufbewahrung nicht mit § 39 der Tierimpfstoffverordnung in Einklang zu bringen, weil der Kläger die Impfstoffe über drei Tage in seinem Fahrzeug aufbewahrt und damit gelagert hat. Eine Unterbrechung der besonderen Lagerbedingungen ist aber allenfalls beim Transport von kurzer Dauer zulässig (Bay. VG Regensburg, aaO, S. 26). Auch wenn der Kläger die Impfstoffe nachts in einer Kühlbox aufbewahrt hätte, läge ein Verstoß vor.
3. Die Verfügung ist auch im übrigen nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die angefochtene Verfügung auch hinreichend bestimmt. Der Bestimmtheitsgrundsatz, wie er unter anderem in § 108 Abs. 1 LVwG seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, verlangt zwar, daß die getroffene Regelung hinreichend klar, verständlich und widerspruchsfrei ist, dabei genügt es jedoch, daß aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem auch aus der von der Behörde gegebenen Begründung der Regelung und aus den den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (Kopp, VwVfG, 4. Aufl., RdNr. 8 zu § 37 m.w.N.; Badura in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl., § 41 II 5).
Ziffer 1 der in der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnung genügt dem Bestimmtheitsgrundsatz. Für den Kläger wird deutlich, daß er die Anzahl der Medikamente, die er in seinem Praxisfahrzeug mit sich führt, künftig danach ausrichten soll, was er an einem Tag voraussichtlich benötigt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Konkretisierung dieser Anordnung nicht von einem Werturteil des Beklagten abhängig. Der Beklagte hat vielmehr den unbestimmten Rechtsbegriff "für die Außenpraxis erforderlicher Umfang" bereits dahin konkretisiert, daß nur der Tagesbedarf an Medikamenten mitgeführt werden darf. Es ist dem Beklagten zuzugeben, daß eine weitere Konkretisierung nicht möglich war. Er hat vielmehr - für den Kläger klar erkennbar - die Auswahl der Medikamente und auch die Menge im einzelnen dem Kläger überlassen, weil nur er den jeweiligen Tagesbedarf abzuschätzen in der Lage sein wird. Damit ist dem Gebot hinreichender Bestimmtheit, das der Behörde Raum läßt für eine den Besonderheiten des Einzelfalles angepaßte Gestaltung ihrer Anordnungen, Rechnung getragen (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27. 11. 1979 - X 808/79 - GewArch. 1980, S. 393, 394).
Der im Berufungsverfahren erhobene Einwand des Klägers, er könne der Verfügung nicht entnehmen, ob er nur Arzneimittel mit sich führen dürfe, die er tatsächlich verordne oder auch solche, deren Verordnung therapeutisch notwendig werden könne, ist ebenso wie der Einwand, er wisse nicht, ob sich die Arzneimittelmenge an der Kleintier- oder an der Großtierpraxis zu orientieren habe, unzutreffend. Letzteres ist schon deshalb eindeutig dahin zu beantworten, daß nur seine Großtierpraxis gemeint sein kann, weil nur diese in Schleswig-Holstein ausgeübt wird und nur insoweit eine Zuständigkeit des Beklagten gegeben ist. Im übrigen ist davon auszugehen, daß der Kläger in der Regel nicht vor Antritt einer Praxisfahrt wissen kann, welche Medikamente er tatsächlich benötigt, und daß deshalb die in Frage stehende Anordnung bei verständiger Auslegung nur so zu verstehen ist, daß die Medikamente mitgeführt werden dürfen, die bei der Praxisfahrt voraussichtlich therapeutisch notwendig werden. Ersichtlich kommt es dem Beklagten lediglich auf eine Begrenzung der Mengen der mitgeführten Arzneimittel an.
Die unter Ziffer 2 der Ordnungsverfügung getroffene Anordnung verstößt ebenfalls nicht gegen § 108 Abs. 1 LVwG. Auch bei dieser Anordnung sind Ziel und Zweck hinreichend bestimmt. Nicht erforderlich ist, daß dem Kläger im einzelnen aufgegeben wird, mit welchen Mitteln er dieses Ziel erreichen soll (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17. 3. 1971 - VI 496/71 - GewArch. 1971, 252 f.), zumal der Kläger selbst über die erforderliche Fachkunde verfügt oder jedenfalls verfügen muß, um beurteilen zu können, auf welche Weise den Anforderungen des § 11 TÄHAV entsprochen werden kann.
Auch Ziffer 3 der Ordnungsverfügung kann noch als hinreichend bestimmt gelten, obwohl der Beklagte hier den Begriff der "geeigneten Maßnahmen", also einen unbestimmten Rechtsbegriff, verwandt hat. Für diese Anordnung gilt aber, daß die Besonderheiten des Falles es erfordern, dem Kläger die Auswahl der Maßnahmen zu überlassen, wobei er sich an die ihm bekannten Rechtsvorschriften für die Lagerung von Arzneimitteln halten muß und danach je nach Art und Menge der mitgeführten Impfstoffe entscheiden muß, wie er die Einhaltung der nach dem Arzneibuch vorgeschriebenen Temperaturen gewährleisten will. Das Ziel ist auch hinsichtlich dieses Verfügungsteils hinreichend bestimmt.
Anhaltspunkte für Ermessensfehler (§ 73 LVwG) bestehen nicht, die Ordnungsverfügung des Beklagten verstößt insbesondere nicht gegen den eine Ermessensgrenze bildenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die Zwangsgeldandrohung, die auf §§ 202, 203 LVwG beruht, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Bestimmung einer Frist (§ 202 Abs. 2 LVwG) bedurfte es nicht, weil dem Kläger, worauf allerdings die sprachliche Fassung der Ordnungsverfügung hindeutet, kein Gebot zum Handeln auferlegt worden ist, sondern ein Unterlassen (vgl. dazu Foerster, Allgemeines Verfahrensgesetz für das Land Schleswig-Holstein, Stand August 1990, Bd. II, Anm. 3 zu § 202).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Dr. Jank
Dr. Greve
Merz-Bender