Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.11.1990, Az.: 14 L 38/90

Sozialhilfeleistung; Hilfe zum Lebensunterhalt; Kennzeichnung der Überweisungsträger; Überweisungsträger

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.11.1990
Aktenzeichen
14 L 38/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 12947
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:1101.14L38.90.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig 26.01.1990 - AZ: 10 A 83/89
nachfolgend
BVerwG - 04.03.1992 - AZ: BVerwG 5 B 36.91
BVerwG - 23.06.1994 - AZ: BVerwG 5 C 16.92

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 10. Kammer - vom 26. Januar 1990 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Kläger bezieht seit längerem vom Sozialamt der Beklagten Sozialhilfeleistungen in Form der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese werden ihm auf ein Girokonto überwiesen. Etwa ab Ende 1987 wurde auf diesen Überweisungsträgern, auch soweit sie Überweisungen von Sozialhilfe zum Gegenstand hatte, lediglich der Verwendungszweck "Leistung gemäß Antrag vom ..." angegeben. Seit März 1989 wird der Verwendungszweck mit "Sozialleistung" oder auch mit "Sozialleistung gemäß Antrag vom ..." versehen.

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Der Kläger vertritt die Auffassung, diese Kennzeichnung verstoße gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen.

3

Mit seiner am 5. Juni 1989 erhobenen Klage hat er beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, die Datenschutzverletzungen mit sofortiger Wirkung zu unterlassen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie vertritt die Auffassung, nach § 35 SGB I sei die von ihr zur Zeit vorgenommene Kennzeichnung der Überweisungsträger zulässig.

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Mit Gerichtsbescheid vom 26. Januar 1990 hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 10. Kammer - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die durch den auf den Überweisungsträgern enthaltenen Verwendungszweck erfolgte Offenbarung von Sozialdaten sei gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zulässig. Nach dieser Vorschrift dürften Sozialdaten offenbart werden, soweit dies für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach dem Sozialgesetzbuch durch eine in § 35 SGB I genannte Stelle erforderlich sei. Die Offenbarung diene der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe nach dem Sozialgesetzbuch. Aufgabe der Sozialhilfebehörde sei es auch, dafür Sorge zu tragen, daß der Hilfeempfänger die ihm zugedachten Mittel zweckentsprechend nutzt. Dies könne nur geschehen, wenn ihm erkennbar sei, bei welchen an ihn überwiesenen Leistungen es sich um Sozialleistungen handele. Außerdem müsse verhindert werden, daß gutgeschriebene Sozialleistungen von Gläubigern des Hilfeempfängers gepfändet werden. Dieses sei durch den Zusatz "Sozialleistungen" zu erreichen. Die Offenbarung der Sozialdaten sei auf das Notwendigste beschränkt worden, denn der Verwendungszweck sei nicht spezifiert angegeben worden, sondern pauschal mit "Sozialleistungen" gekennzeichnet. § 78 Satz 2 SGB X verpflichtet zudem das Kreditinstitut, die ihm gegenüber offenbarten Sozialdaten geheim zu halten. Die schützenswerten Belange des Klägers würden daher in ausreichender Weise beachtet. Es würde einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten, dem Kläger auf andere Weise mitzuteilen, bei welchen der eingegangenen Zahlungen es sich um Sozialleistungen handele.

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Gegen den am 6. Februar 1990 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Eingang vom 12. Februar 1990 Berufung eingelegt. Er verweist unter anderem auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 6. November 1984 (NJW 1985, 1785), das die Auffassung des Klägers stützt.

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Der Kläger beantragt,

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unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheides nach seinem Klagantrag erster Instanz zu erkennen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie verweist auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes.

15

Ein Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe blieb ohne Erfolg (Beschl.d.Schlesw.-Holst. VG vom 26. Januar 1990, Beschl.d. erkennenden Senats vom 21. August 1990).

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

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II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffenden Gründen, auf die, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß Art. 2 § 6 Abs. 1 EntlG Bezug genommen wird, ausgeführt, daß die Kennzeichnung von Überweisungsträgern mit dem Vermerk "Sozialleistungen" (also nicht: Sozialhilfe) nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt. Auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf, das die Auffassung des Klägers bestätigt, sieht der Senat - wie bereits im Prozeßkostenhilfebeschluß vom 21. August 1990 - 14 O 12/90 - ausgeführt - mit dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht die Bestimmung des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X als einschlägig an.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO, ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO.

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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

20

Thiem

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Figge

22

Vogel