Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.08.2001, Az.: 13 U 152/01

Rechtsanwaltswerbung ; Internetadresse; Sittenwidrigkeit; Unlauterer Wettbewerb; Wiedererkennungswert; Homepage ; Irreführung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.08.2001
Aktenzeichen
13 U 152/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 21617
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:0823.13U152.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 22 O 1849/01 55 -

Fundstellen

  • AfP 2002, 89
  • CR 2001, 857
  • ITRB 2002, 58
  • K&R 2002, 46-47
  • KGReport Berlin 2001, 120
  • MDR 2002, 118 (Volltext mit red. LS)
  • MMR 2001, 811 (Volltext mit red. LS)
  • MittRKKöln 2001, 329
  • NJP 2002, 72
  • NJW 2001, 3133 (Volltext mit red. LS)
  • OLGR Düsseldorf 2001, 120
  • OLGR Frankfurt 2001, 120
  • OLGR Köln 2001, 120
  • OLGReport Gerichtsort 2001, 305-306
  • OLGReport Gerichtsort 2001, 120
  • ZUM-RD 2002, 175-176

Amtlicher Leitsatz

Die Internet-Adresse eines Rechtsanwalts 'recht-freundlich. de' ist keine Werbung im Sinne der BRAO und der Berufsordnung für Rechtsanwälte.

Tenor:

Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 18. April 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Verfügungskläger zur Last.

Streitwert für beide Instanzen: 20. 000 DM.

Gründe

1

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

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I.

Die Internetadresse der Verfügungsbeklagten verstößt nicht gegen § 1 UWG i. V. m. §§ 43 b BRAO, 6 BO.

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Die Internetadresse der Verfügungsbeklagten ist zwar im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eingerichtet und ausgewählt. Sie verstößt jedoch nicht gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG. Denn die Adresse stellt keine Werbung im Sinne der §§ 43 b BRAO, 6 BO dar. Sie wird von den genannten Normen, die die Werbetätigkeit eines Rechtsanwalts beschränken, gerade nicht verboten. Dann kann sie auch nicht unlauter im Sinne des Wettbewerbsrechts sein.

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Werbung im Sinne der §§ 43 b BRAO, 6 BO ist nach ständiger Rechtsprechung ein Verhalten, das darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung desjenigen in Anspruch zu nehmen, für den geworben wird (vgl. nur BGH, NJW 1992, 45 [BGH 07.10.1991 - AnwZ B 25/91]; Feuerich/Braun, BRAO, 5. Aufl. , § 43 b Rn. 5). Davon abzugrenzen ist bloßes werbewirksames Verhalten (BVerfG, MDR 1997, 984). Denn nicht jede Maßnahme, der ein gewisser Werbeeffekt innewohnt, stellt schon Werbung des Rechtsanwalts dar. Seine schlichte Darstellung nach außen ist dem bloß werbewirksamen Verhalten zuzuordnen.

5

Vorliegend hebt sich die Internetadresse von den 'üblichen' Adressen, in denen lediglich der Name eines oder mehrerer Mitglieder einer Sozietät oder des einzelnen Rechtsanwalts genannt ist, ab. Sie verfügt damit über einen erhöhten Wiedererkennungswert. Wer einmal die Homepage der Verfügungsbeklagten besucht hat, wird sich sofort wieder an den Namen erinnern, wenn er ihm auf dem Bildschirm vor Augen steht.

6

Ein Wiedererkennungswert kann auf unterschiedliche Weise erreicht werden. Dazu bedienen sich Rechtsanwälte vielfältiger Formen: Auf den Briefköpfen sind Logos, das Briefpapier ist in bestimmten Farben gehalten usw. Häufig wird indes über diese 'internen' Maßnahmen, die nur erkennbar sind, wenn das Mandat einmal erteilt ist, hinausgegangen.

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So gehen Rechtsanwälte - erlaubtermaßen - mit Praxisbroschüren und Rundschreiben an die Öffentlichkeit, um sich zu präsentieren (Feuerich/Braun, BRAO, 5. Aufl. , § 6 BO Rn. 20 ff. ). Dann ist es nur konsequent, wenn diese Broschüren - genauso wie Briefköpfe - graphisch oder farblich in einer Weise gehalten werden, die dem Mandanten (und dem potentiellen Mandanten) eine sofortige Wiedererkennung ermöglicht. Zu diesem Zweck ist der Aufdruck eines Logos zulässig, ohne dass damit bereits geworben werden würde.

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Nicht anders ist die hier in Rede stehende Internetadresse zu beurteilen. Sie ist Teil des 'Outfits' der inhaltlich nicht zu beanstandenden Homepage der Verfügungsbeklagten. Dabei kommt diesen vorliegend zu Gute, dass sie eine werbewirksame - aber eben keine werbende - Idee gehabt haben, um sich nach außen darzustellen. Die Adresse weckt in erster Linie Assoziationen; der Leser denkt unwillkürlich an 'Bitte recht freundlich', was aufgrund der Wortspielerei einen erhöhten Wiedererkennungswert hat. Sie ist im Vergleich mit anderen Internetadressen eben pfiffig gestaltet. Das macht ihren Wert aus, ohne dass sie deshalb als Werbung zu qualifizieren wäre.

9

Die Adresse lässt sich gut merken, was angesichts der Vielzahl von Rechtsanwälten in einer Stadt wie ....... allemal von Vorteil ist. Diesen Vorteil haben die Verfügungsbeklagten sich durch eine gute Idee verschafft. Genau das - nicht mehr - kommt in der Adresse zum Ausdruck.

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Andere Rechtsanwälte mögen eher Wert auf nach außen getragene Seriosität legen. Das tun die Verfügungsbeklagten jedenfalls in ihrer Internetadresse nicht; sie haben sich - offenbar bewusst - für eine einprägsame Formel entschieden.

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Dabei wird der Name der Homepage nicht besonders - geschweige denn reklamehaft - herausgestellt; er fällt nicht etwa sofort ins Auge. Aus dem von dem Verfügungskläger eingereichten Abdruck aus der Domain '....... Online' wird dies mehr als deutlich. Denn auch die Verfügungsbeklagten sind dort nicht als Kanzlei 'recht-freundlich. de', sondern unter ihren Namen aufgeführt. Erst im 'Kleingedruckten' - nämlich unter den in Fettdruck gehaltenen Namen der Verfügungsbeklagten und nach der Angabe ihrer Tätigkeitsschwerpunkte - findet sich die Internetadresse mit dem hier streitgegenständlichen Namen. Nichts anderes gilt für den Abdruck im Branchenverzeichnis.

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Demgegenüber tritt der von dem Verfügungskläger in den Vordergrund gestellte Ansatz, dem Mandanten werde eine besondere Freundlichkeit der Verfügungsbeklagten suggeriert - jedenfalls angesichts der mit der Adresse verbundenen Assoziation - in den Hintergrund. Auf eine derartige Idee kommt der Betrachter der Adresse nämlich erst, wenn er länger über die gewählte Kurzformel nachdenkt. Auch dann kommt er nur auf den Gedanken, dass die Anwälte eine Eigenschaft nennen, die im täglichen Umgang selbstverständlich ist, aber alles andere als eine speziell juristische Qualität darstellt.

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II.

Ein Verstoß gegen § 3 UWG liegt nicht vor. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Darüber hinaus ist nichts dargetan, aus dem sich ergibt, dass die Internetadresse einen irreführenden Inhalt hätte.

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Da dieses Urteil rechtskräftig ist, ist eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit entbehrlich.

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