Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 24.11.2005, Az.: 15 WF 321/05
2 Jahre; Anfechtungsfristbeginn; besondere Umstände; biologischer Vater; Ehescheidung; Familiensache; geschiedener Ehemann; Kenntniserlangungszeitpunkt; Kindesmutter; Klagefristbeginn; Neubeginn; nichteheliches Kind; Unzumutbarkeit; Unzumutbarwerden; Vaterschaftsanerkenntnis; Vaterschaftsanerkennung; Vaterschaftsanfechtungsklage; Vaterschaftsfolge; Vaterschaftsvermutung; Wegfall; Zweijahresfrist
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 24.11.2005
- Aktenzeichen
- 15 WF 321/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 50923
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 19.10.2005 - AZ: 36 F 145/05
Rechtsgrundlagen
- § 1592 Nr 1 BGB
- § 1592 Nr 2 BGB
- § 1599 Abs 1 BGB
- § 1600b Abs 1 BGB
- § 1600b Abs 5 BGB
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt.
Gründe
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 S. 2 u. 3, 569 Abs. 1 S. 1 u. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Rechtsverfolgung bietet nach Auffassung des Senats hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 S. 1 ZPO.
Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber mit Rücksicht auf eine unübersehbare Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen von einer Aufzählung oder einer näheren Umschreibung des Tatbestandsmerkmals der Unzumutbarkeit in § 1600 b Abs. 5 BGB abgesehen und die in § 1596 Abs. 1 BGB a.F. genannten Gründe lediglich als gewisse Anhaltspunkte herangezogen hat (vgl. BT-Drucks. 13/4899, 88), ist vorliegend die Kenntniserlangung von der am 7. Juli 2004 zur Urkundenregisternummer …/2004 der Landeshauptstadt H. beurkundeten Anerkennung der Vaterschaft durch H. Y. als zur Anfechtung der Vaterschaft des Beklagten berechtigender Umstand gemäß § 1600 b Abs. 5 BGB anzusehen. Denn diese Anerkennung - und damit die Begründung einer weiteren rechtlichen Vaterschaft (§ 1592 Nr. 2 BGB) - lässt die Folgen der Vaterschaft des Beklagten (§ 1592 Nr. 1 BGB) für den Kläger unzumutbar i.S.d. der vorgenannten Vorschrift werden, zumal in Verbindung mit der zwischenzeitlich durch Urteil vom 12. April 2005 erkannten Scheidung des Beklagten von der Kindesmutter (§ 1596 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F.). Denn gemäß § 1599 Abs. 1 BGB kann nur auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt werden, dass der Beklagte nicht Vater des Klägers ist.
Danach begann die zweijährige Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs. 1 S. 1 BGB mit der dem Kläger zuzurechnenden Kenntnis seiner Mutter von der Vaterschaftsanerkennung erneut, also am 7. Juli 2004 (§ 1595 Abs. 1 BGB).
Weil somit die Anfechtung nach der vom Kläger gemäß Art 20 EGBGB gewählten Rechtsordnung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, kommt es nicht darauf an, ob die Anfechtung auch nach türkischem Recht noch eröffnet ist (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 62. Aufl., Rdnr. 2 zu Art. 20 EGBGB).
Hinsichtlich der Gerichtskosten ist im Hinblick auf §§ 3 Abs. 2 (Nr. 1811 Kostenverzeichnis), 22 Abs. 1 S. 1 GKG eine Entscheidung nicht veranlasst.