Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 22.02.2008, Az.: 13 A 1795/07

Ausbildungsförderung; Auslandsstudium; Förderungsdauer; Förderungshöchstdauer

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
22.02.2008
Aktenzeichen
13 A 1795/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 46014
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2008:0222.13A1795.07.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    § 5a BAföG betrifft nicht die Voraussetzungen für eine Förderung von im Ausland betriebenen Ausbildungen, sondern regelt die Folgen einer solchen Ausbildung nach Rückkehr in den Geltungsbereich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. § 5a BAföG begründet also keinen selbständigen Förderungsanspruch für Auslandsausbildungen, sondern regelt nur die Anrechnungsfolgen, die bei der Berechnung künftiger Ausbildungsförderungsleistungen im Inland zugrunde zu legen sind.

  2. 2.

    § 5a BAföG kann auch dann Anwendung finden, wenn der Auszubildende sein Auslandsstudium nach Ablauf der Förderungshöchstdauer absolviert. Dafür sprechen neben dem Wortlaut der Regelung und dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers auch der Sinn und Zweck der Vorschrift.

Tenor:

  1. Der Bescheid des Studentenwerks O. vom 23. Mai 2007 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für die Monate April 2007 bis Juli 2007 zu gewähren.

  2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

  3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

  4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

2

Sie studiert seit dem Sommersemester 2001 an der Beklagten in der Fachrichtung Diplom-Sozialwissenschaften. Die Förderungshöchstdauer für ihr Studium endete im September 2005. Am 29. Juli 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Verlängerung der Förderungshöchstdauer wegen Gremientätigkeiten nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG um zwei Semester.

3

Von Oktober 2005 bis Januar 2006 war die Klägerin für die Durchführung eines Auslandsstudiums in S. beurlaubt. Mit Bescheid vom 7. April 2006 bewilligte ihr das Studentenwerk Heidelberg für dieses Auslandsstudium dem Grunde nach Ausbildungsförderung.

4

In der Zeit von März 2006 bis einschließlich Juli 2006 studierte die Klägerin wieder im Inland und erhielt Leistungen der Ausbildungsförderung.

5

Mit Bescheid vom 21. Juni 2006 erkannte das Studentenwerk O. an, dass die Förderungshöchstdauer aufgrund nachgewiesener Gremientätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG überschritten worden sei und dass sich deshalb das Studium um zwei Semester verzögert habe. Weiter heißt es in diesem Bescheid, dass vorbehaltlich der rechtzeitigen Antragstellung Ausbildungsförderung von April 2006 bis November 2006 geleistet werde. Im Wintersemester 2005/2006 sei die Klägerin vom Studium beurlaubt gewesen, weil sie im Zeitraum von Oktober 2005 bis einschließlich Januar 2006 im Ausland studiert habe. Für diese vier Monate habe sie Förderung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG über die Förderungshöchstdauer hinaus erhalten, so dass bei einem Gesamtanspruch von zwei Semestern ein Restanspruch von acht Monaten verbleibe.

6

Mit Schreiben vom 13. Juli 2006 bat die Klägerin um Überprüfung des Bescheides vom 21. Juni 2006. Sie wies unter Berufung auf § 5a BAföG darauf hin, dass die Zeit ihres Auslandsstudiums von vier Monaten von der Verlängerung der Förderungshöchstdauer durch Gremientätigkeit abgezogen worden sei.

7

Mit Bescheid vom 8. August 2006 wies das Studentenwerk O. den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 21. Juni 2006 zurück. Die Klägerin habe ihr Studium im Ausland erst durchgeführt, nachdem die Förderungshöchstdauer nach § 15a BAföG für das Inlandsstudium bereits abgelaufen gewesen sei. Es sei daher nicht möglich, diese Zeit nach § 5a BAföG unberücksichtigt zu lassen.

8

In der Zeit von August bis Dezember 2006 studierte die Klägerin in C.. Für dieses Studium beantragte sie am 28. August 2006 die Gewährung von Ausbildungsförderung. Diesen Antrag lehnte das Landesamt für Ausbildungsförderung B. mit Bescheid vom 24. Oktober 2006 ab. Der Widerspruch der Klägerin vom 5. November 2006 gegen diesen Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, die Voraussetzungen des § 16 BAföG hätten nicht vorgelegen. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig, da die Klägerin - soweit ersichtlich - Klage nicht erhoben hat.

9

Am 8. September 2006 erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid des Studentenwerkes O. vom 8. August 2006. Zur Begründung machte sie geltend, dass der Wortlaut des § 5a BAföG nicht danach differenziere, ob das Auslandsstudium vor oder nach Ablauf der Förderungshöchstdauer absolviert werde. Dieses Verfahren (Az.: 13 A 4225/06) stellte die Kammer ein, da die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten.

10

Am 30. Januar 2007 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung. Mit Schreiben vom 16. Mai 2007 teilte sie mit, sie könne die Studienabschlusshilfe nicht beantragen, da sie sich noch nicht zur Diplomarbeit angemeldet habe. Ihr stehe ein Anspruch auf Ausbildungsförderung für weitere vier Monate wegen Gremienarbeit zu.

11

Diesen Antrag lehnte das Studentenwerk O. mit Bescheid vom 23. Mai 2007 ab. Zur Begründung führte es aus: Mit dem Auslandsstudium in S. habe die Klägerin vier Monate ihres Anspruchs nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG verbraucht. Sie habe daher grundsätzlich für weitere acht Monate Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus beanspruchen können. Daher sei mit Bescheid vom 21. Juni 2006 Ausbildungsförderung für den Zeitraum von April 2006 bis November 2006 bewilligt worden. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Förderung sei mit Ablauf des Monats November 2006 vollständig verbraucht gewesen. Dabei komme es nicht darauf an, ob sie für das Studium im Ausland tatsächlich Ausbildungsförderung erhalten habe. Da der Anspruch nach § 15 Abs. 3 BAföG im November 2006 beendet gewesen sei, hätte die Klägerin ab Dezember 2006 allenfalls Förderung in Form der Studienabschlusshilfe beanspruchen können. § 5a BAföG stehe dem nicht entgegen. Nach dieser Regelung bleibe die Ausbildung im Ausland während einer anschließenden Ausbildung im Inland unberücksichtigt bei der Zählung der Fachsemester für die Vorlage der Eignungsnachweise nach § 48 BAföG, für die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer und bei der Prüfung, ob der Auszubildende die Fachrichtung gewechselt oder die Ausbildung abgebrochen habe. § 5a BAföG sei im Fall der Klägerin nicht anzuwenden, da sie ihr Studium im Ausland erst durchgeführt habe, nachdem die Förderungshöchstdauer für ihr Inlandsstudium bereits abgelaufen gewesen sei. Es sei daher nicht mehr möglich gewesen, die Zeit des Auslandsstudiums bei der Zählung der Fachsemester nach § 48 BAföG oder bei § 15a BAföG unberücksichtigt zu lassen.

12

Die Klägerin hat am 25. Juni 2007 Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend: Die Zielsetzung des § 5a BAföG bestehe darin, einen Anreiz zur Durchführung von Auslandsstudien zu schaffen. Die Zeitspanne des absolvierten Auslandsstudiums bleibe deshalb bei der Gewährung von Ausbildungsförderung außer Betracht. Dieser Zielsetzung und auch dem Wortlaut dieser Vorschrift entspreche es, wenn der Auszubildende sein Auslandsstudium - wie hier - zum Ende einer Förderungshöchstdauer aufnehme und sich dieses über die Förderungshöchstdauer hinziehe könne.

13

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für die Monate April 2007 bis einschließlich Juli 2007 zu gewähren und den Bescheid des Studentenwerks O. vom 23. Mai 2007 aufzuheben.

14

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

15

Zur Begründung macht sie geltend: Die Klägerin habe sich nach Ablauf der Förderungshöchstdauer darauf einstellen müssen, dass sie eine Ausbildung im Ausland nutze, um ihr Studium innerhalb der verlängerten Zeit tatsächlich zum Abschluss zu bringen. Das Studium sei nach dem Willen des Gesetzgebers innerhalb der Förderungshöchstdauer abzuschließen und nur darüber hinaus komme gemäß § 15 Abs. 3 BAföG eine zielgerichtete Studienabschlussförderung in Betracht. Von daher könne § 5a BAföG nicht dahingehend interpretiert werden, es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, diese zusätzliche Zeit durch einen Auslandsstudienaufenthalt weiter zu verlängern. Die Gewährung von Leistungen nach § 15 Abs. 3 BAföG sei aber auch deshalb nicht möglich, weil die Klägerin den entsprechenden Antrag erst am 30. Januar 2007 und damit 15 Monate nach dem Verbrauch des Grundförderungsanspruches gestellt habe. Im Rahmen des § 15 Abs. 3 BAföG sei die Zeit zwischen dem Ende der Förderungshöchstdauer und der Antragstellung mit zu berücksichtigen. Es könne nicht richtig sein, dass ein Auszubildender selbst bestimme, wann die Verlängerungszeit beginne. Durch den Auslandsaufenthalt in C. könne sich keine zusätzliche Verlängerung ergeben.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf die Gewährung von Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für die Monate April 2007 bis Juli 2007 zu. Der Bescheid des Studentenwerkes O. vom 23. Mai 2007 ist rechtswidrig und daher aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

18

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet, wenn sie infolge einer Mitwirkung in gesetzlich vorgesehenen Gremien und satzungsmäßigen Organen der Hochschulen und der Länder sowie in satzungsmäßigen Organen der Selbstverwaltung der Studierenden an diesen Ausbildungsstätten sowie der Studentenwerke überschritten worden ist. Die Voraussetzungen dieser Regelung liegen vor. Das im Auftrag der Beklagten handelnde Studentenwerk O. hat mit bestandskräftigem Bescheid vom 21. Juni 2006 die "angemessene Zeit" mit zwei Semestern, also zwölf Monaten, bemessen.

19

Von den zwölf Monaten sind nicht bereits vier Monate durch die Beurlaubung für die Absolvierung eines Auslandsstudiums in S. oder in C. verbraucht. Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 5a Satz 1 BAföG Anwendung. Danach bleibt die Zeit einer Ausbildung, die der Auszubildende im Ausland durchgeführt hat, längstens jedoch bis zu einem Jahr, bei der Leistung von Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Inland unberücksichtigt. Diese Vorschrift betrifft nicht die Voraussetzungen für eine Förderung von im Ausland betriebenen Ausbildungen, sondern regelt die Folgen einer solchen Ausbildung nach Rückkehr in den Geltungsbereich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. § 5a BAföG begründet also keinen selbständigen Förderungsanspruch für Auslandsausbildungen, sondern regelt nur die Anrechnungsfolgen, die bei der Berechnung künftiger Ausbildungsförderungsleistungen im Inland zugrunde zu legen sind ( BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1986 - 5 B 48.86 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. März 1991 - 12 A 12517/90 -, FamRZ 1992, 241 [OVG Rheinland-Pfalz 21.03.1991 - 12 A 12517/90]).

20

Der Wortlaut der Vorschrift differenziert nicht danach, ob die Auslandsausbildung vor oder nach Ablauf der Förderungshöchstdauer im Sinne des § 15a BAföG stattfindet. § 5a Satz 1 BAföG spricht lediglich von der Zeit einer Ausbildung, die der Auszubildende im Ausland durchgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich Abweichendes auch nicht aus § 5a Satz 2, 2. Hs. BAföG ableiten. Danach gilt § 5a Satz 1 BAföG nicht, wenn die Förderungshöchstdauer des Auszubildenden vor dem 1. Juni 1999 endet. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der Gesetzgeber hier den Begriff der Förderungshöchstdauer verwendet und damit Bezug auf § 15a BAföG nimmt. Bei § 5a Satz 2, 2. Hs. BAföG handelt es sich aber lediglich um eine Übergangsvorschrift. Mit dieser Regelung, die durch das Zwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (20. BAföGÄndG) vom 7. Mai 1999 (BGBl. I S. 850) in das Gesetz eingefügt wurde und am 8. Mai 1999 (Art. 8 Abs. 1 20. BaföGÄndG) in Kraft trat, sollte sichergestellt werden, dass § 5a Satz 1 BAföG nur auf die Auszubildenden Anwendung findet, die infolge der Änderung des § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BAföG nach einer Ausbildung im Ausland wieder mit Zuschuss/Staatsdarlehen gefördert werden (BT-Drs. 14/371, S. 13). Es sollte erreicht werden, dass nur solche Auszubildenden erfasst werden, die sich nicht ohnehin schon in der Phase der Bankdarlehensförderung befunden hatten (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, Kommentar zum BAföG, 4. Auflage, § 5a Rn. 5). Eine weitergehende Bedeutung kommt dieser Übergangsregelung nicht zu. Insbesondere kann ihr nicht entnommen werden, dass der Anwendungsbereich des § 5a Satz 1 BAföG danach differenzieren soll, ob die Auslandsausbildung vor oder erst nach Ablauf der Förderungshöchstdauer durchgeführt wurde.

21

Die Auffassung der Beklagten, nach § 5a BAföG bleibe die Ausbildung im Ausland während einer anschließenden Ausbildung im Inland nur unberücksichtigt bei der Zählung der Fachsemester für die Vorlage der Eignungsnachweise nach § 48 BAföG, für die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer und bei der Prüfung, ob der Auszubildende die Fachrichtung gewechselt oder die Ausbildung abgebrochen habe (vgl. Tz. 5a.0.3 zu § 5a BaföGVwV), findet demgegenüber keine Stütze im Wortlaut. Entsprechende Einschränkungen enthält die Vorschrift nicht.

22

Auch der Wille des Gesetzgebers spricht gegen die von der Beklagten für zutreffend gehaltene Auslegung. Die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien zum Sechsten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (6. BAföGÄndG; BT-Drs. 8/2868), mit dem § 5a BAföG erstmalig in das Gesetz eingefügt wurde und zum Zwanzigsten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (20. BAföGändG; BT-Drs. 14/371), mit dem die Vorschrift wieder in das Gesetz aufgenommen wurde, nachdem sie mit dem Achtzehnten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 17. Juni 1996 (BGBl. I S. 1006) aufgehoben worden war, sprechen dafür, die Auslandsstudienzeiten der Klägerin nicht auf ihren Anspruch auf Förderung wegen Gremientätigkeiten nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG anzurechnen. So heißt es in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BT-Drs. 8/2868, S. 25), dass es zweckmäßig erscheine, eine Vorschrift in das Gesetz in der Gestalt aufzunehmen, dass bei der Leistung von Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Geltungsbereich des Gesetzes die Zeit einer Ausbildung, die der Auszubildende außerhalb dieses Geltungsbereiches durchgeführt habe, in jeder Hinsicht (Unterstreichung durch das Gericht) unberücksichtigt bleibe. Durch eine solche Regelung werde nicht nur die generelle Verlängerung der Förderungshöchstdauer um ein Jahr bewirkt, so dass der BAföG-Empfänger sich auch für ein fachfremdes Sprach-Semester oder Studienjahr-Stipendium im Ausland bewerben könne, ohne eine schädliche Wirkung auf eine spätere Weiterförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befürchten zu müssen. Weiter heißt es dort (S. 26), mit der Einfügung eines neuen § 5a BAföG werde die Möglichkeit geschaffen, dass sowohl ein einjähriges fachbezogenes Auslandsstudium, für das dem Grunde nach ein Anspruch auf Förderung bestehe, als auch ein einjähriges fachfremdes Auslandsstudium, das nicht gefördert werden könne, bei der Vorlage des Eignungsnachweises nach § 48 Abs. 1 BAföG sowie bei der Bemessung der Förderungsdauer (Unterstreichung durch das Gericht) unberücksichtigt bleiben und ein fachfremdes Auslandsstudium nicht mehr zum Verlust der Zuschussförderung bei Fortsetzung des Fachstudiums im Inland führe. Schließlich heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BT-Drs. 14/371, S. 9 und 13), dass mit der Wiedereinführung des § 5a BAföG die Attraktivität des Auslandsstudiums gestärkt werden und eine auch unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität bewährte Regelung wieder Gültigkeit erlangen solle. Es solle einen deutlichen Anreiz zur Durchführung von Auslandsstudien geben. Deshalb bleibe die Zeit der Ausbildung im Ausland förderungsrechtlich bis zu einem Jahr unberücksichtigt. Es wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber einen Anreiz zur Durchführung von Auslandsstudien geben wollte und dass er es aus diesem Grund für sachgerecht angesehen hat, diese Ausbildungszeiten in jeder Hinsicht bei der Bemessung der Förderungsdauer unberücksichtigt zu lassen.

23

Die Auffassung der Beklagten, es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, § 5a BAföG lasse die Ausbildung im Ausland während einer anschließenden Ausbildung im Inland nur unberücksichtigt bei der Zählung der Fachsemester für die Vorlage der Eignungsnachweise nach § 48 BAföG, für die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer und bei der Prüfung, ob der Auszubildende die Fachrichtung gewechselt oder die Ausbildung abgebrochen habe, findet demgegenüber auch in den Gesetzesmaterialien keine Stütze. Zur Begründung ihrer Auffassung beruft sich die Beklagte auf die Bundestagsdrucksache 14/1927. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil in dieser der Wille des Gesetzgebers nicht zum Ausdruck kommt. Bei der Bundestagsdrucksache 14/1927 handelt es sich lediglich um eine Unterrichtung des Bundestages durch die Bundesregierung ("Dreizehnter Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Abs. 2"). Sie gibt somit nur die Auffassung der Bundesregierung bzw. des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wieder.

24

Die Auffassung der Beklagten, dass nur Auslandsstudien, die vor Ablauf der Förderungshöchstdauer absolviert werden, unberücksichtigt bleiben sollen, widerspricht nach Auffassung der Kammer auch dem Sinn und Zweck der Einführung des § 5a Satz 1 BAföG. Ziel des Gesetzgebers bei der Einführung bzw. Wiedereinführung dieser Regelung war es, einen besonderen Anreiz zur Durchführung von Auslandsstudien zu schaffen (vgl. BT - Drs. 8/2868 S. 25 und 14/371, S. 13; OVG Münster, Urteil vom 29. November 1995 - 16 A 69/93 -, FamRZ 1996, 768 [OVG Nordrhein-Westfalen 29.11.1995 - 16 A 69/93]; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, Kommentar zum BAföG, 4. Auflage, § 5a Rn. 1; Rothe/Blanke, Kommentar zum BAföG, § 5a Rn. 1). Ferner bezweckt diese Regelung, den Auszubildenden, der ein Auslandsstudium während seiner förderungsfähigen Ausbildungszeit betreibt, davor zu bewahren, dass er - aufgrund dadurch möglicherweise eintretender Verzögerungen - in der letzten Phase seiner Ausbildung Gefahr läuft, nicht mehr gefördert zu werden ( OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. März 1991 - 12 A 12517/90 -, FamRZ 1992, 241 [OVG Rheinland-Pfalz 21.03.1991 - 12 A 12517/90]; VGH Mannheim, Urteil vom 3. November 2003 - 7 S 1609/02 -, FamRZ 2004, 1754 [VGH Baden-Württemberg 03.11.2003 - 7 S 1609/02]). Vor diesem Hintergrund erscheint der Kammer nur die oben dargelegte Auslegung sachgerecht; zumal gleichzeitig mit der Wiedereinführung des § 5a BAföG die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 BAföG, wonach Ausbildungsförderung für eine angemessene Zeit über die Förderungshöchstdauer hinaus geleitstet wird, wenn sie infolge einer Ausbildung im Ausland (§ 5 Abs. 2 und 3 BAföG) überschritten worden ist, gestrichen wurde (Art. 1 Nr. 5a 20. BaföGÄndG). Letztendlich ersetzt § 5a Satz 1 BAföG die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 2 BAföG, also eine Regelung über die Förderungsdauer. Aus Sicht der Kammer macht es keinen Unterschied, ob ein Auszubildender während des Laufs der Förderungshöchstdauer nach § 15a BAföG oder während des Laufs der Förderungsdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG gefördert wird. In beiden Fällen hält der Gesetzgeber die Ausbildung für förderungswürdig. Dass der Gesetzgeber Auslandsstudien nur dann fördern wollte, wenn sie im Rahmen der Förderungshöchstdauer nach § 15a BAföG absolviert worden sind, vermag die Kammer nicht zu erkennen (so wohl auch OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., dass nur auf die "förderungsfähige" Ausbildungszeit abstellt; a.A. wohl auch Tz. 5a.03 zu § 5a BAföGVwV).

25

Ohne Belang ist die Tatsache, dass die Klägerin den Antrag auf Ausbildungsförderung für den hier streitgegenständlichen Zeitraum erst im Januar 2007 stellte. Der Gesetzgeber hat eine entsprechende zeitliche Grenze nicht in das Gesetz, insbesondere nicht in § 15 Abs. 3 BAföG, aufgenommen.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO. Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.