Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 16.07.2013, Az.: 5 T 385/13

Möglichkeit der Änderung einer Prozesskostenhilfeentscheidung (hier: Widerruf der bewilligten Prozesskostenhilfe bei Erhalt eines Abfindungsbetrags)

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
16.07.2013
Aktenzeichen
5 T 385/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 43395
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2013:0716.5T385.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Bad Iburg - 11.06.2013 - AZ: 6 K 64/08

Fundstellen

  • JurBüro 2013, 653-654
  • RENOpraxis 2013, 226

In der
Zwangsversteigerungssache
,
Beschwerdeführerin
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück am 16.07.2013 durch die Richterin am Landgericht ..... als Einzelrichterin
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Iburg vom 11.06.2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 11.06.2013 hat das Amtsgericht die bewilligte Prozesskostenhilfe widerrufen, weil die Beschwerdeführerin im Zwangsversteigerungsverfahren einen Abfindungsbetrag in Höhe von 15.000,- Euro erhalten habe. Das Amtsgericht hat der Beschwerdeführerin deswegen aufgegeben, einen Betrag in Höhe von 3.808,68 Euro an die Staatskasse zu zahlen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin, mit der sie geltend macht, sie habe die erhaltenen 15.000,- Euro für die Bezahlung von offenen Rechnungen verwandt und sei zur Rückzahlung der Prozesskosten nicht in der Lage.

Das Gericht hat eine Stellungnahme des Bezirksrevisors eingeholt, auf dessen Inhalt vollumfänglich Bezug genommen wird.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die Änderung einer Prozesskostenhilfeentscheidung ist nach § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO möglich, wenn sich die für die Bewilligung maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Zu vergleichen sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der ursprünglichen Entscheidung mit denjenigen, die zum Zeitpunkt des möglichen Erlasses einer Abänderungsentscheidung vorliegen.

Im Rahmen dieses Vergleichs ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin nach der bewilligten Prozesskostenhilfe 15.000,- Euro aus der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Grundbesitzes an ihren geschiedenen Ehemann zugeflossen sind.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe dieses Geld zur Tilgung von Schulden verwendet, beseitigt nicht die Verpflichtung, die Mittel vorab zur Bestreitung der Prozesskosten einzusetzen. Soweit einer Partei bekannt ist, dass Kosten für einen Rechtsstreit anfallen, hat sie einen angemessenen Teil des zugeflossenen Kapitals hierfür zurückzuhalten (OLG München, FamRZ 1999, 303). Dies war hier der Fall, denn der Beschwerdeführerin ist am 01.03.2012 Prozesskostenhilfe mit folgender Einschränkung bewilligt worden: Sollte sie im Rahmen der Auseinandersetzung einen Erlösüberschuss erzielen, so wäre sie verpflichtet, aus dem ihr zustehenden Anteil die Kosten, die aufgrund der bewilligten Prozesskostenhilfe von der Staatskasse getragen werden, zurückzuzahlen. Die Beschwerdeführerin wusste folglich, dass sie verpflichtet war, den erzielten Erlösüberschuss für die Kosten des Verfahrens 6 K 64/08 zu verwenden. Aus diesem Grund besteht kein Vertrauensschutz der Beschwerdeführerin dahingehend, dass sie die gewährte staatliche Sozialleistung behalten darf, wenn sich ihre Verhältnisse so ändern, dass sie in der Lage ist, die Kosten selbst zu tragen.

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin den Erlösüberschuss für unvermeidbare Kosten oder wegen einer Zwangslage anderweitig verwendet hätte, so dass aus diesem Grund die Rückforderung der bewilligten Prozesskostenhilfe unbillig erscheinen würde.

Die eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten sind ausweislich der vorgelegten Unterlagen sämtlich über einen langfristigen Zeitraum abgeschlossen, so dass keine Notwendigkeit der Rückführung in Form einer Vorabtilgung besteht. So sollte der Darlehensvertrag mit dem Arbeitgeber über einen Betrag in Höhe von 1.500,- Euro in monatlichen Raten á 100 Euro und der mit den Eltern geschlossene Darlehensvertrag über 15.000,- in monatlichen Raten á 125 Euro zurückgeführt werden.

Auch im Hinblick auf die Anschaffung eines anderen PKW zum Kaufpreis von 15.888,- Euro ist nichts dafür ersichtlich, dass die Anschaffung aufgrund einer Zwangslage erfolgte oder dass es sich insoweit um unvermeidbare Kosten gehandelt hat. Insbesondere die Höhe des aufgewendeten Kaufpreises spricht gegen eine solche Annahme.

Insgesamt ist damit der Einsatz des zugeflossenen Vermögens für die Bestreitung der Prozesskosten zumutbar. Auf die zutreffenden Ausführungen des Bezirksrevisors in seiner Stellungnahme vom 09.07.2013 wird insoweit vollumfänglich Bezug genommen. Sowohl der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz als auch das Sozialstaatsprinzip gebieten dem Staat nur, dafür Sorge zu tragen, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung einer Partei nicht durch Geldmangel unverhältnismäßig erschwert wird. Dieser Zugang zum Gericht ist der Beschwerdeführerin durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gewährt worden. Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe ist es dagegen nicht, einer Partei die erstrittene Leistung ungeschmälert zu belassen und sie damit letztlich anders als eine Partei zu behandeln, die keine Prozesskostenhilfe bekommen hat und insoweit auch nur den Reingewinn (Zahlung abzüglich der Kosten) für sich verbuchen kann (vgl. OLG Oldenburg, B. v. 14.09.2009, Az. 12 W 168/09).

Ob die Antragstellerin in der Lage war, die angeordnete Einmalzahlung in Höhe von 3.808,68 Euro zu leisten, war für die amtsgerichtliche Entscheidung unerheblich. Denn die Beschwerdeführerin hätte sich bei ihrem Zahlungsverhalten aufgrund des ausdrücklichen Hinweises im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung darauf einstellen müssen, dass sie ggfls. die Verfahrenskosten zu tragen haben würde. Weil das Geld nicht für zwangsläufig zu erbringende Zahlungen verwendet wurde, ist die Beschwerdeführerin so zu stellen, als hätte sie das Vermögen noch (vgl. insoweit OLG Oldenburg, Beschluss vom 18.07.2011, Az. 1 W 40/11).

Eine Kostenentscheidung ist aufgrund von § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu treffen.