Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 11.08.2010, Az.: 711 M 115785/10

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
11.08.2010
Aktenzeichen
711 M 115785/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 41451
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2010:0811.711M115785.10.0A

Fundstelle

  • FoVo 2010, 235-237

Tenor:

  1. wird festgestellt, dass der Schuldner von dem auf seinem "P - Konto" befindlichen Guthaben für den Kalendermonat Juli 2010 einen Betrag von 205,15 in den Kalendermonat August 2010 gemäß § 850k Abs. 1 Satz 2 ZPO nF übertragen konnte.

  2. Der weitergehende Antrag des Schuldners vom 05.08.2010 wird zurückgewiesen.

    Die Kosten dieses Beschlusses trägt der Schuldner gemäß § 788 Abs. 1 ZPO.

Gründe

1

Der Schuldner verfügt über ein "P - Konto" nach § 850k ZPO nF, er genießt also den automatischen Pfändungsschutz für Konten. Ihm steht also der monatliche Sockelbetrag von 985,15 € nach § 850k Abs. 1 Satz 1 ZPO nF für jeden Kalendermonat unstreitig pfandfrei zur Verfügung. Gemäß § 850k Abs. 1 Satz 2 ZPO nF besteht für den Schuldner auch die Möglichkeit, nicht verbrauchtes pfandfreies Guthaben aus einem Kalendermonat in den Folgemonat zu übertragen (vgl. Hk-ZV/Meller - Hannich 1. Aufl. § 850k ZPO nF Rn. 8).

2

Dem Antrag war deshalb nach erneuter gründlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage im Umfange des Tenors zu entsprechen; im Übrigen war er zurückzuweisen.

3

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in diesem Verfahren wurde der Drittschuldnerin am 02.07.2010 um 9.10 Uhr zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Pfändung gemäß § 829 Abs. 3 ZPO wirksam geworden.

4

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Schuldner, dessen Konto nach Gutschrift seiner Pension ein Guthaben von 1 180,70 € auswies, über folgende Beträge verfügt: 300,57 € (Abuchungen am 29. und 30.06.2010 gem. Kontoauszug 9 Seite 1) und 100,00 € (Abbuchung gem. Kontoauszug 10 Seite 1 vom 02.07.2010, 7.20 Uhr und somit vor Pfändung).

5

Der Begriff des Guthabens für das "P - Konto" meint alle bei der Pfändung auf dem Konto befindlichen und nach der Pfändung im jeweiligen Kalendermonat eingehenden Beträge; Ausgänge vor Wirksamwerden der Pfändung, hier der  02.07.2010, 9.10 Uhr gemäß § 829 Abs. 3 ZPO, sind für das Guthaben ohne Bedeutung. Sie erhöhen also weder den pfandfreien Betrag, noch senken sie ihn. Sie werden hier nicht mit in die Berechnung einbezogen. Nur Ausgänge nach der Pfändung werden vom Pfändungsfreibetrag abgezogen (zutreffend Hk-ZV/Meller - Hannich 1. Aufl. § 850k ZPO nF Rn. 12).

6

Nach Wirksamwerden der Pfändung wies das Konto des Schuldners hier für den Kalendermonat Juli 2010 noch ein Guthaben von 780,13 €, wovon der Schuldner gemäß Kontoauszug 12 über 780,00 € verfügte. Am 29.07.2010 wurde dann die noch dem Kalendermonat Juli zuzuordnende Pension in. Höhe von 1.318,68 € (vgl. insoweit auch Stöber Forderungspfändunng 15. Aufl. Rn. 1300g) dem gepfändeten Konto gutgeschrieben. Der Schuldner konnte also 205,15 € nach dem Kontoauszug 13 in den Monat August 2010 über tragen.

7

Weiteres Guthaben konnte nicht übertragen werden, da insoweit über den pfändungsfreien Sockelbetrag verfügt wurde, im Kalendermonat August 2010 steht dem Schuldner dann wieder nach entsprechenden Eingängen der ungeschmälerte Pfändungsfreibetrag von 985,15 € zuzüglich zum Übertrag zu (vgl. Hk-ZV/Meller - Hannich § 850k ZPO nF Rn. 14; Stöber Forderungspfändung 15. Aufl. Rn. 1300f). Nur das im Tenor bezifferte Restguthaben durfte noch pfandfrei in den Kalendermonat August 2010 übertragen werden darf (vgl. Hk-ZV/Meller-Hannich 1. Aufl. § 850k ZPO nF Rn. 10, 11).

8

Zu dem Guthaben des Kalendermonats Juli gehört auch die am 30.07.2010 auf dem Konto des Schuldners gutgeschriebene Pension für August, so dass auch deshalb nur noch das Restguthaben vom Kalendermonat Juli in den Kalendermonataugust übertragen werden durfte (so Hk-ZV/Meller-Hannich 1. Aufl. § 850k ZPO nF Rn. 8, Stöber Forderungspfändung 15. Aufl. Rn. 1300g).

9

Sofern hier nur ein Restguthaben von 205,15 € aus Juli in den August übertragen werden konnte, kommt insoweit keine gerichtliche Anordnung nach § 850k Abs. 4 ZPO nF nicht in Betracht.

10

Diese Vorschrift dient nicht dazu, für abgelaufene Zahlungsperioden nachträglich den Schutz zu verlängern und/oder zu erweitern. Eine Anordnung nach § 850k Abs. 4 ZPO nF kommt nicht in Frage. Der Pfändungsschutz des § 850k ZPO nF kann nur dann in derartigen Fällen, wenn kein oder nur noch ein geringes Restguthaben aus dem Vormonat übertragen wurde, eingreifen, wenn und soweit die gesetzliche geregelte Schutzfrist des Kalendermonats gerade noch nicht abgelaufen ist. Maßgebend muss insoweit nämlich der Zeitpunkt des Beschlusses nach § 850k Abs. 4 ZPO nF sein, weil dieser konstitutiv wirkt. Selbst wenn man den pfändungsfreien Betrag für den Kalendermonat August gemäß § 850k Abs. 4 ZPO nF i.V.m. § 850c Abs. 1 und 2 ZPO auf den insoweit pfändungsfreien Betrag anheben würde, hätte diese keinen Einfluss auf die im abgelaufenen Kalendermonat Juli eingegangenen Beträge.

11

Auch über § 765a ZPO lässt sich eine abweichende Entscheidung nicht rechtfertigen; es ist insoweit auch nicht zutreffend, dass es andere Entscheidungen des Amtsgerichts Hannover gibt.

12

Der Schuldner ist auch im Kalendermonat August ausreichend geschützt, da ihm neben dem tenorierten Restguthaben auch der Pfändungsfreibetrag für August nach Eingang entsprechender Beträge unstreitig zur Verfügung steht. Den vorübergehenden finanziellen Engpass bis zur Gutschrift im August muss der Schuldner als Folge und allgemeine Härte der gesetzlich zulässigen Zwangsvollstreckung gegen sich gelten lassen. Die Anwendung des § 765a ZPO ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Schuldner noch den Schutz des § 850k ZPO nF voll ausnutzen kann.

13

Das Vollstreckungsgericht hat bei seiner Entscheidung die durch § 850k ZPO nF vorgegebene Rechtslage zu beachten und kann diese nicht über § 765a ZPO hinsichtlich der Übertragbarkeit von Beträgen in den Folgemonat aushebeln, bzw. erweitern.

14

Ob mittlerweile über das übertragende Restguthaben aus Juli verfügt wurde, kann dahinstehen. Hat der Schuldner insoweit verfügt, kommt eine weitere Verfügung über Beträge aus Juli nicht mehr in Frage.