Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.06.2023, Az.: 24 U 17/23

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.06.2023
Aktenzeichen
24 U 17/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 32127
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 28.12.2022 - AZ: 5 O 161/22

In dem Rechtsstreit
K. R., ...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro W. Rechtsanwalts GmbH, ...,
Geschäftszeichen: ...
gegen
1. A. AG, vertreten durch den Vorstand, ...,
2. V. AG, vertreten durch den Vorstand, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Anwaltsgesellschaft F. PartG mbB, ...,
Geschäftszeichen: ...
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 28. Juni 2023 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 40.000 € festgesetzt.

  2. 2.

    Es wird erwogen, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 28. Dezember 2022 durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

  3. 3.

    Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme und zur evtl. Rücknahme der Berufung aus Kostengründen binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

Gründe

Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sein. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg:

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil etwaige, dem Kläger aus dem streitgegenständlichen Fahrzeugerwerb zustehenden (deliktischen) Schadensersatzansprüche verjährt und damit nach § 214 BGB nicht mehr durchsetzbar sind und der Kläger auch nicht mit seinem auf § 852 BGB gestützten Begehren durchdringen kann.

Im Einzelnen:

1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagten aus § 826 BGB im Zusammenhang mit dem Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs jedenfalls verjährt sind.

a) Die Verjährung des Anspruchs aus § 826 ZPO richtet sich nach §§ 195, 199 BGB. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, erlangte der Kläger die für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen spätestens im Jahr 2018, so dass die Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2018 zu laufen begann.

aa) Die Beklagten haben ausführlich und nachvollziehbar unter Bezugnahme auf die von der Beklagtenseite veranlasste Pressemitteilung vom 21. Juli 2017, den erstmals am 8. Dezember 2017 per Pressemitteilung bekannt gemachten Rückruf des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps durch das KBA, die in der nachfolgenden Zeit in Funk, Fernsehen und den Print- und Onlinemedien erfolgten Veröffentlichungen sowie die in der Öffentlichkeit bekannt gemachte Möglichkeit der Online-Ermittlung der individuellen Schadensbetroffenheit dargelegt, dass die betroffenen Geschädigten sämtliche für eine erfolgversprechende Klageerhebung erforderlichen Informationen bereits seit dem Jahr 2017, spätestens jedoch seit Beginn des Jahres 2018, diesen Veröffentlichungen entnehmen konnten.

Zwar lässt sich der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht darauf stützen, dass ein Geschädigter einen wenigstens gelegentlichen Medienkonsum unterlassen hat und dementsprechend die Informationen aus der Medienberichterstattung nicht mitbekommen hat; denn niemand ist verpflichtet, im Verjährungsinteresse des deliktischen Schuldners generell die Medien zu verfolgen (vgl. BGH, Urteil v. 29. Juli 2021 - VI ZR 1118/20, juris-Rn. 18). Umgekehrt ist angesichts der sich an die Pressemitteilung anschließenden, die Medien über Monate hinweg beherrschenden Berichterstattung eine Kenntniserlangung vom auch den streitgegenständlichen Fahrzeug- und Motorentyp betreffenden sog. "Dieselskandal" in Anbetracht des Ausmaßes der seinerzeitigen Medienpräsenz des Themas aber so naheliegend, dass nur unter besonderen Umständen wie beispielsweise langer Krankenhaus- oder Auslandsaufenthalte nachvollziehbar wäre, dass jemand von diesem Ereignis nichts mitbekommen haben will, und dies selbst auch nur dann, wenn von einem - orts- oder gesundheitsbedingten - "Abgeschnittensein des Betroffenen von der Außenwelt" vernünftigerweise ausgegangen werden kann. Dass in seinem Fall derartige besondere Umstände vorgelegen hätten und er deswegen von der massiven, die Medien beherrschenden Berichterstattung nichts mitbekommen hätte oder außer Stande gewesen sei, eine konkrete Prüfung der Schadensbetroffenheit für das von ihm erworbene Fahrzeug durchzuführen, hat der Kläger im Rahmen des gesamten Rechtsstreits nicht dargetan.

Hervorzuheben ist grundsätzlich, dass die Darlegungs- und Nachweislast für die Verjährung des Anspruchs begründende Umstände die Beklagten als Schuldner trifft; der Gläubiger hat auch keine generelle Obliegenheit, im Interesse des Schädigers an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Initiative zur Klärung von Schadenshergang oder Person des Schädigers zu entfalten. Es hängt allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit der Gläubiger zur Vermeidung der groben Fahrlässigkeit zu einer aktiven Ermittlung gehalten ist, wobei das Unterlassen einer solchen Ermittlung nur dann als grob fahrlässig einzustufen ist, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Unterlassen aus der Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Gläubigers als unverständlich erscheinen lassen. Grundsätzlich müssen für den Gläubiger konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein, so dass er aus verständiger Sicht gehalten ist, die Voraussetzungen des Anspruchs aufzuklären, soweit sie ihm nicht ohnehin bekannt sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - VII ZR 422/21, NJW 2022, 3284 Rn. 18 mwN).

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass dem Kläger, welcher Halter eines weiteren, mit dem Motortyp EA 189 ausgestatteten Fahrzeuges war und ein entsprechendes Rückrufschreiben der Beklagten zu 2 erhalten hat, grundsätzlich bekannt war, dass von der Beklagten zu 2 hergestellte Fahrzeuge vom sog. "Dieselskandal" betroffen waren. Es bestand mithin die Veranlassung und auch die Möglichkeit, sich über die in der Presse veröffentlichten und auch im Internet leicht zu recherchierenden Online-Plattformen oder eine Nachfrage beim Händler vor Ort bis spätestens Ende 2018 über die Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu informieren. Diese auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeiten, die weder besondere Kosten noch nennenswerte Mühe verursacht hätten, hat der Kläger indes nicht ausgenutzt (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juli 2022, aaO Rn. 19 mwN).

Hinzu tritt, dass auf das hier streitgegenständliche Fahrzeug bereits am 8. Mai 2018 das Softwareupdate der Beklagten zu 2 aufgespielt wurde, was nach Vorlage der Einträge im Serviceheft und der Auszüge aus der internen Datenbank der Beklagten zu 2 als unstreitig zu behandeln ist. Wenngleich die sich in dem bloßen Kürzel " 2343 krit.01" (GA 352) erschöpfende Eintragung im Serviceheft für sich betrachtet noch kein Indiz für eine Kenntnis des Klägers darstellen kann, sprechen doch die weiteren äußeren Umstände dafür, dass der Kläger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt bzw. dasjenige nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen, und mithin auch unter diesem Gesichtspunkt grob fahrlässig im Sinne des § 199 Abs. 1 Satz 2 handelte. So hat der Kläger im Rahmen seiner mündlichen Anhörung angegeben, im Rahmen seines Wartungsvertrages immer dann zur Werkstatt zu fahren, wenn "der Wagen dies anzeige" (GA 316). Ausweislich des Servicehefts (GA 329 ff) wurde das streitgegenständliche Fahrzeug seit der Übergabe am 24. August 2015 wie folgt in der Werkstatt vorgestellt: am 25. April 2016 (Arbeit außerhalb des Service-Umfangs), am 18. Juli 2017 (Service-Nachweis 1), am 8. Mai 2018 (Arbeit außerhalb des Service-Umfangs), am 23. Juli 2018 (Service-Nachweis 2), am 22. Juli 2019 (Service-Nachweis 3) sowie am 21. Juli 2021 (Service-Nachweis 4). Wenn der Kläger indes eine weniger als drei Monate vor der regulären Wartung des Fahrzeugs am 23. Juli 2018 erfolgte, außerplanmäßige Vorstellung des Fahrzeugs in der Werkstatt, für die er keinen anderweitigen Grund vorgetragen hat und welche überdies das einzige Mal darstellt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zweimal im Jahr in die Werkstatt gefahren werden musste, nicht bei der Werkstatt hinterfragt, sondern ohne Prüfung des Servicehefts hinnimmt, obwohl er Kenntnis vom sog. "Dieselabgasskandal" als solchen hat, muss dieses schlichtweg gleichgültige Verhalten als schwerwiegender Sorgfaltsverstoß gewertet werden.

Unter diesen Voraussetzungen steht daher im Streitfall zur Überzeugung des Senats mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit fest, dass der Kläger spätestens seit dem Jahr 2018 entsprechende Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis vom sog. "Dieselabgasskandal" und der individuellen Betroffenheit des eigenen Fahrzeugs hatte. Denn selbst nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO bedarf es keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und keiner an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, a.a.O, juris-Rn. 19).

Damit wusste der Kläger, dass sein Fahrzeug als eines von mehreren Millionen mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor V-TDI (EU 6) ausgestatteten Fahrzeugen mit einer Motorsteuerungssoftware versehen war, die so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten wurden, und dass das KBA der Beklagten deshalb eine Nachbesserung der betroffenen Fahrzeuge aufgab. Ebenfalls wusste er naturgemäß, ob er beim Kauf des Fahrzeugs die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben als selbstverständlich vorausgesetzt hatte und ob er das Fahrzeug auch gekauft hätte, wenn er von dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung und den damit möglicherweise verbundenen Konsequenzen gewusst hätte.

bb) Bei dieser Sachlage reichten die dem Kläger bekannten Umstände aus, um den Schluss nahezulegen, dass der Einbau der Motorsteuerungssoftware, die nach ihrer Funktionsweise ersichtlich auf Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde abzielte, auf einer am Kosten- und Gewinninteresse ausgerichteten Strategieentscheidung beruhte. Denn die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung betraf die grundlegende strategische Frage, mit Hilfe welcher technischen Lösung die Beklagte zu 1 die Einhaltung der - im Verhältnis zu dem zuvor geltenden Recht strengeren - Stickoxidgrenzwerte der Euro-6-Norm sicherstellen wollte. Sie wirkte sich auf die Produktion von mehreren Millionen Fahrzeugen aus und war mit weitreichenden Konsequenzen, nicht zuletzt enormen Risiken, verbunden. Aus denselben Gründen war es weiter naheliegend, dass eine solche Strategieentscheidung nicht etwa von einem untergeordneten Mitarbeiter im Alleingang, sondern von einem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter, dessen Verhalten der Beklagten zu 1 gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist, getroffen oder jedenfalls gebilligt worden war (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20, VersR 2021, 324 Rn. 22). Dagegen bedurfte es für die Zumutbarkeit der Klageerhebung und damit den Beginn der Verjährungsfrist nicht näherer Kenntnis von den "internen Verantwortlichkeiten" im Hause der Beklagten zu 1. Insbesondere war es nicht erforderlich, das die Haftung auslösende Verhalten zuverlässig einer namentlich benannten Person im Hause der Beklagten zuzuordnen (BGH aaO Rn. 23).

Darauf, ob der Kläger im Zeitpunkt der Kenntniserlangung darüber hinaus in der Lage war, aus den ihm bekannt gewordenen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zu ziehen, kommt es dagegen nicht an. Denn es handelt sich nicht um einen eng begrenzten Ausnahmefall, in dem die Erhebung einer (Feststellungs-) Klage wegen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage unzumutbar war und der Verjährungsbeginn daher hinausgeschoben wurde. Vielmehr war unter Berücksichtigung der schon bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 826 BGB (insbesondere zu Sittenwidrigkeit und Schaden) sowie zur sekundären Darlegungslast bereits im Zeitpunkt der Kenntniserlangung erkennbar, dass sich diese Rechtsprechung auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragen lassen würde (BGH aaO Rn. 26).

b) Dementsprechend konnte die im Jahre 2022 erhobene Klage keine Hemmung der Verjährungsfrist mehr bewirken, so dass die Beklagten nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt sind, die Leistung zu verweigern.

2. Die Beklagten sind auch nicht an der Erhebung der Verjährungseinrede unter dem Gesichtspunkt der Treuwidrigkeit gehindert, weil sie den Kläger durch eine "Bagatellisierung" ihres Verhaltens sowie das Aufspielen des Software-Updates und eine damit vermeintlich einhergehende Vortäuschung der Beseitigung des rechtswidrigen Zustands an einer rechtzeitigen Durchsetzung seiner Ansprüche gehindert hätten.

a) Der Erhebung der Verjährungseinrede kann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengesetzt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die die Einrede als groben Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dabei kann es genügen, wenn der Schuldner den Gläubiger nur unabsichtlich von der Wahrung der Verjährungsfrist abgehalten hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2019 - IV ZR 317/17, BGHZ 224, 40 Rn. 37 mwN). Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2013 - IX ZR 215/12, juris-Rn. 15).

b) Dass die Beklagten den Kläger durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten haben, lässt sich nicht feststellen. Der Umstand, dass beide Beklagten den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zurückgewiesen haben, genügt hierfür offensichtlich nicht. Denn der Beklagten zu 2 kann jedenfalls ab Herbst 2015 nicht mehr der Vorwurf der Sittenwidrigkeit entgegengehalten werden, da diese beginnend mit der Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 ihre strategische unternehmerische Entscheidung, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse das KBA und letztlich die Fahrzeugkäufer zu täuschen, ersetzt hat durch die Strategie, an die Öffentlichkeit zu treten, Unregelmäßigkeiten einzuräumen und in Zusammenarbeit mit dem KBA Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes zu erarbeiten, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung (hierzu BGH, Urteil v. 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 20 f.) zu bannen (so ausdrücklich BGH, Urteil v. 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, juris-Rn. 37). Dies gilt entsprechend für das Vorgehen der Beklagten zu 1 seit spätestens dem Beginn des Jahres 2018.

3. Auch das Aufspielen des Software-Updates als solches ändert an dieser Betrachtung nichts. Insofern fehlt es jedenfalls an einer Kausalität des Software-Updates für den vom Kläger behaupteten Schaden. Denn da der Kläger den Wagen im Jahr 2015, mithin deutlich vor dem Aufspielen des Updates im Jahr 2018 erworben hatte, wäre eine etwaige Täuschung durch die Beklagten im Zusammenhang mit dem Software-Update nicht ursächlich für die von ihm behauptete Belastung mit einem ungewollten Vertrag.

4. Schließlich ergeben sich auch keine Ansprüche des Klägers unter dem Gesichtspunkt des sog. Restschadensersatzanspruchs gem. § 852 BGB.

a) Wie das Landgericht zutreffend herausgestellt hat, scheidet die grundsätzlich mögliche Haftung eines Fahrzeugherstellers nach § 852 BGB (vgl. grundlegend zum Neuwagenkauf: BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21) bereits dann aus, wenn der schadensauslösende Vertragsschluss zwischen Geschädigtem und Händler einerseits und der Erwerb des Anspruchs auf Zahlung des Händlereinkaufspreises bzw. der Erwerb des Händlereinkaufspreises durch den Hersteller andererseits nicht auf derselben, wenn auch mittelbaren Vermögensverschiebung beruhen. Insoweit steht die Beklagte zu 1 als Motorherstellerin nicht in einer das Fahrzeug betreffenden Absatzkette, sondern verkauft lediglich einen Bestandteil (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2022 - VIa ZR 667/21, juris Rn. 15 mwN). Dass die Beklagte zu 1 selbst und direkt das Fahrzeug an den Händler verkauft habe, lässt sich dem Parteivortrag nicht entnehmen. Zu betonen ist, dass der Umstand der wirtschaftlichen Verflechtungen der Beklagten regelmäßig zu keiner abweichenden Beurteilung führt, weil der Umsatzerlös einer Konzerngesellschaft aus dem Verkauf eines von ihr hergestellten Fahrzeugs weder unmittelbar noch mittelbar einen damit deckungsgleichen Wertzuwachs des Geschäftsanteils einer anderen Konzerngesellschaft begründet (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2022, aaO Rn. 17 mwN).

b) Aber auch eine Haftung der Beklagten zu 2 als Fahrzeugherstellerin scheidet aus. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass das klägerische Vorbringen zu den Voraussetzungen einer deliktischen Haftung der Beklagten zu 2 aus § 826 BGB nicht ausreicht.

aa) Auch in der Berufungsinstanz hat der Kläger konkrete Tatsachen, die dafür sprächen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) der Beklagten zu 2 durch das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit dem Dieselmotor aus der Baureihe V6 3,0 TDI sittenwidrig gehandelt hat, nicht ausreichend dargelegt.

(1) Grundsätzlich kommt zwar, wenn unter Täuschung im EG-Typengenehmigungsverfahren bewusst eine unzulässige Motorsteuerungssoftware verbaut wird, eine deliktische Haftung des Herstellers nach §§ 826, 31 BGB in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, juris; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19 -, juris; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 367/19 -, juris; Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 397/19 -, juris;Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 -, juris; Urteil vom 19. Januar 2021 - VI ZR 8/20 -, juris; vgl. ferner: OLG Celle, Urteile vom 20. November 2019 - 7 U 244/18 -, juris, Rn. 26 ff. und vom 22. Januar 2020 - 7 U 445/18 -, juris). Denn in einem solchen Fall weist das Fahrzeug bei Gefahrübergang einen Sachmangel auf, weil ihm hierdurch die Eignung für die gewöhnliche Verwendung i. S. d. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt. Käufer entsprechender Fahrzeuge müssen jederzeit damit rechnen, den Wagen aufgrund behördlicher Anordnung - unter Umständen sogar unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr nutzen zu dürfen und ihnen sogar eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung gem. § 5 Abs. 1 FZV droht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, Rn. 21 ff.; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, Rn. 53 ff.).

Daher begründet es im Regelfall ein sittenwidriges Verhalten des Automobilherstellers, wenn er entsprechend seiner grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzen, Fahrzeuge mit einer Motorsteuerung in Verkehr bringt, deren Software bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielt (BGH, Urteil v. 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, ZIP 2020, 1179 Rn. 16-27). Ein solches Verhalten steht einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleich (BGH, a. a. O., Leitsatz 1 und Rn. 23, 25).

(2) Allein hieraus rechtfertigt sich im Streitfall allerdings noch nicht der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten zu 2 als Herstellerin des Klägerfahrzeugs.

Vielmehr erforderte nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH eine Haftung der Beklagten zu 2 nach § 826 BGB, dass nicht nur bei der den Motor herstellenden und entwickelnden Tochtergesellschaft, der Beklagten zu 1, sondern auch bei ihr selbst eine auf arglistige Täuschung des Kraftfahrtbundesamts und letztlich der Fahrzeugerwerber gerichtete Strategieentscheidung getroffen wurde oder die für sie handelnden Personen an der von ihrer Tochtergesellschaft getroffenen Entscheidung zumindest beteiligt waren (BGH, Urteil v. 8. März 2021 - VI ZR 505/19, juris-Rn. 20).

Der Umstand, dass die Beklagte zu 2 rechtswidrig manipulierte Motoren in ihre Fahrzeuge einbaute, genügt dabei für sich genommen für die Annahme einer entsprechenden strategischen sittenwidrigen Entscheidung oder Beteiligung ihrer verfassungsmäßigen Vertreter an einer von der Beklagten zu 1 getroffenen Entscheidung regelmäßig nicht. Denn dies allein spricht - auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte für den Automobilhersteller und der mit dem Einsatz der rechtswidrigen Abschalteinrichtung verbundenen Risiken (vgl. BGH, Urteile v. 30. Juli 2020 - VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 18 und vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, ZIP 2020, 1179 Rn. 39) - noch nicht für die Annahme, die Unternehmensleitung der Beklagten zu 2 sei in die diesbezügliche strategische Entscheidung ihrer Tochtergesellschaft eingebunden gewesen (BGH, Urteil v. 8. März 2021 - VI ZR 505/19, juris-Rn. 30).

(a) Die Beklagte zu 2 ist zwar die Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs, nicht aber des darin eingebauten Motors. Unter diesen Voraussetzungen wäre für eine eigene Haftung der Beklagten wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung des Klägers grundsätzlich erforderlich, dass für den Fall des Vorliegens einer unzulässigen Manipulation der Motorsteuerungssoftware nicht nur bei ihrer Tochtergesellschaft, der Beklagten zu 1 als Motorherstellerin, sondern auch bei ihr selbst eine auf arglistige Täuschung des Kraftfahrtbundesamts und letztlich der Fahrzeugerwerber gerichtete Strategieentscheidung getroffen wurde oder die für sie handelnden Personen an der von ihrer Konzerntochter getroffenen Entscheidung jedenfalls beteiligt waren (BGH, Urteil v. 8. März 2021 - VI ZR 505/19, juris-Rn. 20).

Insbesondere lässt sich ein sittenwidriges Verhalten der verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten auch nicht mittels einer Zurechnung fremden Wissens entsprechend § 166 BGB begründen. Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt nämlich voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB persönlich verwirklicht hat. Über eine Wissenszusammenrechnung führt kein Weg zu dem für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB erforderlichen moralischen Unwerturteil (BGH, Urteil v. 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 13, 22 f., 27 m. w. N.). Denn so wie sich die die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lässt, dass die im Hause der juristischen Person vorhandenen kognitiven Elemente "mosaikartig" zusammengesetzt werden, weil eine solche Konstruktion dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB nicht gerecht würde (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 23), so lässt sie sich erst recht nicht mit einer Wissenszurechnung über die Grenzen rechtlich selbständiger (Konzern-)Gesellschaften hinaus begründen.

Zwar reichte es für eine Haftung der Beklagten zu 2 aus §§ 826, 31 BGB auch aus, wenn die für sie handelnden Personen gewusst hätten, dass die Motoren mit einer auf arglistige Täuschung des KBA abzielenden Software ausgestattet wären, und die Fahrzeuge sodann trotz Kenntnis dieses Umstandes mit dem betreffenden Motor versehen und in den Verkehr gebracht hätten (BGH, aaO, Rn. 17 ff.).

Anhaltspunkte für eine solche Kenntnis der verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten von der Verwendung einer unzulässigen Motorsteuerungssoftware können sich dabei aus einer Beteiligung von Mitarbeitern der Beklagten zu 2 an der Entwicklung der Software bei der Beklagten zu 1, einem Informationsaustausch mit der Tochtergesellschaft über die Strategie zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte, oder durch eine Überprüfung der Motorsteuerung ergeben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, juris Rn. 30). Ebenfalls kann die besondere Bedeutung des Motors als "Kernstück des Fahrzeugs", die Haftungsrelevanz des serienmäßigen Einsatzes eines manipulierten Motors, die eigene Befassung der Beklagten mit der Entwicklung und Herstellung von Dieselmotoren nebst Steuerungstechnik sowie der Schwierigkeit und besonderen Bedeutung der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte unter Berücksichtigung des grundsätzlichen Verbots von Abschalteinrichtungen ein Indiz für eine Kenntnis bei der Beklagten darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2021 - VII ZR 257/20, juris Rn. 31).

Allerdings reicht der klägerische Vortrag im Streitfall nicht, um dem Senat eine gem. § 286 Abs. 1 ZPO erforderliche Gewissheit zu verschaffen, dass wenigstens ein an der Entscheidung über den Einsatz des streitgegenständlichen Motortyps in Fahrzeugen der Beklagten beteiligter Repräsentant der Beklagten zu 2 in seiner Eigenschaft als solcher Kenntnis von der Verwendung einer - insoweit unterstellt - unzulässigen Motorsteuerungssoftware bei dem im streitgegenständlichen Fahrzeug eingebauten Motor gehabt hätte.

(b) Substantiierter Vortrag zu einer Kenntnis von Repräsentanten der Beklagten bezüglich Softwaremanipulationen bei 3-Liter-V6-Motoren leitet sich nach dem Klägervorbringen ausschließlich aus dem seitens des Vorstandsmitglieds Dr. W., der Generalbevollmächtigte der Konzern-Motorenentwicklung H. und des leitenden Ingenieurs Ha. erlangten Wissen aus deren Tätigkeit bei der A. AG her, das diese zur Beklagten "mitgenommen" hätten.

Hieraus lässt sich allerdings keine Kenntnis der Beklagten zu 2 von solchen Manipulationshandlungen begründen. Eine Zurechnung dieses von Dr. W., H. und Ha. aufgrund ihrer leitenden Tätigkeit bei der A. AG erlangten Wissens im Verhältnis zur Beklagten scheidet nämlich aus Rechtsgründen aus, weil nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG Vorstände über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, Stillschweigen bewahren müssen (vgl. OLG München, Beschluss v. 28. Mai 2021 - 8 U 6521/20, juris-Rn. 44). Entsprechendes gilt auch für andere Personen, die - wie etwa die leitenden Ingenieure Ha. und H. - vergleichbar mit einem Vorstandsmitglied in maßgeblichem Umfang Geschäftsführungsfunktionen übernehmen, zentrale Kompetenzen besitzen und auf maßgebliche Entscheidungen nachhaltigen Einfluss nehmen (Koch, in: Hüffer/Koch Aktiengesetz, 15. Aufl., § 93, Rn. 38 m.w.N.). Dabei müssen auch ausgeschiedene Organmitglieder (und entsprechend vergleichbar Verantwortliche) weiter Stillschweigen über die vertraulichen Angaben und Geschäftsgeheimnisse wahren, die ihnen während ihrer Amtszeit bekannt geworden sind. Das folgt aus der nachwirkenden Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, ohne dass es einer vertraglichen Vereinbarung bedarf (OLG München, a.a.O., juris-Rn. 44 m.w.N.).

Daher kommt in diesen Fällen auch eine Wissenszurechnung nicht in Betracht (OLG München, a.a.O., unter Verweis auf BGH, Urteil vom 26. April 2016 - XI ZR 108/15 zu einem Aufsichtsrat, der vom Vorstand des anderen Unternehmens dorthin entsandt worden war; Habersack in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 2008, § 116 Rn. 56-57; Hopt/Roth in: Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, 5. Aufl. 2018, § 116; Seibt in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 78 AktG, Rn. 10). Auf eine solche Zurechnung kommt es aber gerade an. Denn die Zurechnung des Wissens der für sie verantwortlich Handelnden ist Voraussetzung für eine Kenntnis der Beklagten; ohne eine solche Kenntnis scheidet nach der Grundsatzentscheidung des VI. Zivilsenats des BGH vom 8. März 2021 (Az.

VI ZR 505/19) eine Haftung der Beklagten zu 1 als Fahrzeugherstellerin, die einen anderweitig hergestellten Motor lediglich verbaut hat, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung jedoch aus.

(c) Angaben dazu, inwieweit die drei Vorgenannten im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für die Beklagte zu 2 oder sonstige namentlich benannte Mitarbeiter der Beklagten zu 2 konkret an der Entwicklung oder Überprüfung der im streitgegenständlichen V6-Motor implementierten Software beteiligt waren oder hierüber mit der Beklagten zu 2 kommuniziert hätten, lassen sich dem Klägervortrag nicht entnehmen.

Zwar wird insoweit pauschal auf eine "Involvierung" vieler weiterer Personen im Hause der Beklagten zu 1 in die Softwareentwicklung hingewiesen. Hieraus ergeben sich aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine Kenntnis verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 2 von der Verwendung einer unzulässigen Motorsteuerungssoftware im von der Beklagten zu 1 produzierten streitgegenständlichen Motor.

(3) Auch unter Beachtung der vom BGH in seinen Entscheidungen vom 25. November 2021 (insb. Az. VII ZR 257/20) genannten, für eine Kenntnis zumindest eines Verantwortlichen von der Implementierung unzulässiger Abschalteinrichtungen in die von der Beklagten zu 2 verbauten Motoren herangezogenen Indizien lässt sich eine solche Kenntnis im Streitfall unter Berücksichtigung des Klägervortrags nicht feststellen.

So genügt für die Annahme einer Kenntnis insbesondere nicht, dass die Beklagte zu 2 aufgrund ihrer eigenen Motorentwicklung im Vier-Zylinder-Bereich und der beim EA-189-Modell verwendeten sittenwidrigen Motorsteuerungssoftware sachkundig war und sich vor dem Hintergrund des sich nicht als zufriedenstellend erweisenden Verbrennungssystems im Rahmen der Entwicklungen in den Jahren 2005 und 2006 unter Erfolgsdruck sah. Dies mag den Einsatz einer unzulässigen Manipulationssoftware bei von der Beklagten zu 2 selbst entwickelten und produzierten Fahrzeugmotoren plausibel machen, stellt jedoch kein Anzeichen für eine Kenntnis vom Einsatz einer solchen Software in die seitens der Beklagten zu 1 entwickelten und produzierten V6-Motoren dar - zumal sich diese Softwaremanipulation von der im Motortyp EA 189 verwendeten "evident unzulässigen" Umschaltlogik (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 17) deutlich unterscheidet und sich die Beklagte zu 2 mit der "Verbrennungstechnik" für ein anderes Konzept entschieden hatte als die Beklagte zu 1 mit dem SCR-Katalysator.

An dieser Wertung ändert auch der Umstand einer von der Beklagten zu 2 erwähnten, danach seit 2007 existenten Organisationseinheit "Konzern Aggregate-Entwicklung" nichts. Denn dies begründet - gleichermaßen wie die dem Beklagtenvortrag zu entnehmende gemeinsame "Plattformstrategie" der Beklagten mit der A. AG und der P. AG - noch keine greifbaren Anhaltspunkte für einen Austausch auf Vorstandsebene über die technischen Details der von den als eigenständige juristische Personen organisierten Konzernmarken der Beklagten zu 2 entwickelten Motoren.

(4) Statt des pauschalen Verweises auf die Anklageschrift des Staates New York vom 19. Juli 2016 hätte es substantiierten Tatsachenvortrags durch den Kläger zu einer Beteiligung von Mitarbeitern der Beklagten (von welchen?) an der Entwicklung der Software, einem Informationsaustausch mit der Tochtergesellschaft (wann und zwischen wem?) über die Strategie zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte oder einer Überprüfung der Motorsteuerung seitens der Beklagten zu 2 (durch wen konkret?) bedurft unter Klarstellung, aus welchen genauen äußeren Umständen sich die jeweiligen Tatsachenbehauptungen herleiten (vgl. BGH, a. a. O., juris-Rn. 30). Erst wenn der Kläger diesen Anforderungen genügt hätte - wie jedoch gerade nicht -, lägen ausreichende Anhaltspunkte vor, die den Schluss auf eine Kenntnis der verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten zu 2 von der Verwendung unzulässiger Abschaltvorrichtungen rechtfertigten, und es wäre Sache der Beklagten zu 2, diesen Vortrag substantiiert zu bestreiten.

Da die Beklagte zu 2 zudem ihrerseits bereits (vorsorglich) zur Darlegung einer (Nicht)Kenntnis ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter von der Verwendung einer unzulässigen Motorsteuerungssoftware zu ihren Interna vorgetragen hat, hätte der Kläger zudem aufzeigen müssen, warum sich die Tatsachendarstellung der Beklagten zu 2 etwa zu dem Typengenehmigungsverfahren, den Produktionsabläufen und der Qualitätskontrolle sowie ihrer jeweiligen Beteiligung daran ggf. als unrichtig erweist, wenn sie dem Vortrag der Beklagten zu 2 rechtswirksam hätte entgegentreten wollen. Auch hierzu fehlt es jedoch an entsprechend konkretem Klägervortrag. Der insoweit gehaltene Klägervortrag erschöpft sich in einem bloßen Bestreiten.

Bestehen damit keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2 von einer etwaigen unzulässigen Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug wusste, sind die Voraussetzungen einer Haftung gem. §§ 826, 31 BGB jedoch nicht schlüssig dargelegt.

5. Im Ergebnis sind damit die Beklagten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Schadensersatz verpflichtet.

Insbesondere ist ein möglicher Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ebenfalls verjährt. Insoweit wäre die Verjährung für einen solchen Anspruch nicht anders zu beurteilen als für Ansprüche aus § 826 BGB (vgl. nur BGH, Urteil v. 13. Juni 2022 - VIa ZR 680/21, juris Rn. 25 ff.).

Hieran ändert auch die am 21. März 2023 verkündete Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-100/21 nichts. Denn die Verjährung des aus § 823 Abs. 2 BGB resultierenden Anspruchs tritt insoweit unabhängig von der Frage des aus Art. 18 Abs. 1, 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46 abzuleitenden Drittschutzes ein.

6. Der Kläger sollte daher erwägen, seine Berufung zurückzunehmen.