Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 31.03.2020, Az.: 13 B 1079/20
Anordnung der sofortigen Vollziehung; Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung; Elternzeit; Elternzeit zählt nicht als Probezeit; Entlassung aus Beamtenverhältnis auf Probe; Ermessensausfall; Feststellung Nichtbewährung; gesetzliche Höchstprobezeit; Rahmenvereinbarung üer den Elternurlaub, RL 2010/18/EU; Verlängerung der Probezeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 31.03.2020
- Aktenzeichen
- 13 B 1079/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 72126
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs 3 S 1 LbV ND
- § 7 Abs 3 S 2 LbV ND
- § 114 S 2 VwGO
- § 80 Abs 2 S 1 Nr 4 VwGO
- § 80 Abs 5 S 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1.) Elternzeit zählt nach § 7 Abs. 3 Satz 1 NLVO nicht als Probezeit.
2.) Die nach § 7 Abs. 3 Satz 2 NLVO durch die Inanspruchnahme von Elternzeit eintretende Verkürzung der Probezeit steht einer (ggf. auch erneuten) Verlängerung der Probezeit nicht entgegen.
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 13. Februar 2020 (13 A 1078/20) gegen die Entlassungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2020 wird wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.
Die Antragstellerin steht seit dem 1. Januar 2015 als Obersekretärin im Justizvollzugsdienst (JVD) (BesGr. A 7 NBesO) in einem Beamtenverhältnis auf Probe im Dienst des Landes F. und versieht ihren Dienst bei der Antragsgegnerin. Im Jahr 2015 war sie an insgesamt 81 Tagen dienstunfähig erkrankt. Vom 13. April 2016 war sie - nach einem an diesem Tag erlittenen Verkehrsunfall, der als Dienstunfall anerkannt worden ist, - bis zum 1. Januar 2018 durchgehend dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 2. Januar 2018 bis zum 10. Juli 2018 versah sie aufgrund eines schwangerschaftsbedingten, ärztlich angeordneten Beschäftigungsverbotes keinen Dienst. Im Anschluss folgte die gesetzliche Mutterschutzzeit sowie eine von der Antragstellerin bis zum 6. Januar 2020 in Anspruch genommene Elternzeit, in der sie keinen Dienst versah.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2017 verlängerte die Antragsgegnerin die Probezeit der Antragstellerin bis zum 30. Juni 2018. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bewährung der Antragstellerin könne zum Ablauf der regulären dreijährigen Probezeit wegen langer Krankheitszeiträume, in denen die Antragstellerin keinen Dienst geleistet habe, und Mängeln bei den bisher erbrachten Leistungen sowie nicht einwandfreier dienstlicher Führung im Umgang mit Kollegen, im Auftreten gegenüber den Gefangenen und bei der Einhaltung von Regelungen nicht festgestellt werden. Zudem sei das Ergebnis einer zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Antragstellerin in Auftrag gegebenen amtsärztlichen Begutachtung abzuwarten.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2018 verlängerte die Antragsgegnerin die Probezeit der Antragstellerin erneut, nunmehr bis zum 31. Dezember 2019. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die im Bescheid vom 12. Dezember 2017 dargelegten Eignungszweifel beständen weiterhin, da neue Erkenntnisse über die dienstlichen Leistungen der Antragstellerin und ihre dienstliche Führung aufgrund ihrer schwangerschaftsbedingten Abwesenheit nicht hätten gewonnen werden können. Im Übrigen sei es angesichts der amtsärztlichen Feststellungen in dem Gutachten vom 20. Dezember 2017 unwahrscheinlich, dass die Antragstellerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Verbeamtung auf Lebenszeit erfüllen werde. Bei Würdigung der Gesamtumstände sei im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anzunehmen, dass sich die Antragstellerin bis zum Ende der verlängerten Probezeit bewähren werde. Eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe sei aber derzeit aufgrund der zugunsten der Antragstellerin eingreifenden Schutzvorschrift des § 4 Abs. 1 der Mutterschutz- und Elternzeitverordnung (MuSchEltZVO) rechtlich nicht möglich. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage der Antragstellerin wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 20. Dezember 2019 - 13 A 4885/18 - abgewiesen.
Mit Bescheid vom 27. Dezember 2019 stellte die Antragsgegnerin die Nichtbewährung der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Höchstprobezeit fest. Aufgrund der in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 12. April 2016 erbrachten dienstlichen Leistungen beständen erhebliche Eignungszweifel, die einer positiven Bewährungsfeststellung entgegenständen. Neue Erkenntnisse über Eignung, Befähigung sowie dienstliche Leistungen und Führung hätten in den letzten drei Jahren und acht Monate nicht mehr gewonnen werden können, da die Antragstellerin in dieser Zeit keinen aktiven Dienst verrichtet habe. Eine über den 31. Dezember 2019 hinausgehende Verlängerung der Probezeit sei wegen der dann erreichten gesetzlichen Höchstprobezeit von fünf Jahren nicht möglich. Insoweit sei § 7 Abs. 3 Satz 2 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung in der seit dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung einschlägig. Nach dieser Vorschrift verkürze die genommene Elternzeit die zuvor verlängerte Probezeit. Über die von der Antragstellerin gegen diesen Bescheid erhobene Klage (13 A 758/20) ist noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2020 verfügte die Antragsgegnerin gestützt auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG und § 19 NBG i. V. m. § 8 NLVO unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Entlassung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Ausführungen im Bescheid vom 27. Dezember 2019 Bezug genommen. Die Antragstellerin habe die Zweifel an ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bis zum Ablauf der gesetzlichen Höchstprobezeit nicht ausräumen können.
Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 13. Februar 2020 Klage erhoben (13 A 1078/20) und zugleich um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 13. Februar 2020 gegen die Entlassungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2020 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, d. h. in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, besonders angeordnet worden ist, wiederherstellen, wenn die im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage oder seines Widerspruches höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Antragstellers in der Hauptsache zu berücksichtigen, soweit diese bei summarischer Prüfung absehbar sind. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich keinen Erfolg haben wird, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Erweist sich der Rechtsbehelf bei summarischer Überprüfung demgegenüber als offensichtlich erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts, von dessen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, ist eine Interessenabwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vorzunehmen.
Gemessen an diesen Maßstäben überwiegt vorliegend das Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung der angefochtenen Entlassungsverfügung vorerst verschont zu bleiben. Denn diese erweist sich bei summarischer Prüfung wegen eines Ermessensausfalls als offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Höchstprobezeit von fünf Jahren erreicht und eine weitere Verlängerung der Probezeit rechtlich nicht zulässig ist (1.). Das ihr in Bezug auf eine eventuelle Verlängerung der Probezeit nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG zukommende Ermessen hat sie daher nicht ausgeübt (2.). Dieser Ermessensausfall ist nachträglich nicht heilbar. Er ist auch nicht wegen einer Ermessensreduzierung auf Null unbeachtlich (3.).
1.) Die nach § 10 Satz 1 BeamtStG gesetzlich zulässige Höchstprobezeit von fünf Jahren ist im Falle der Antragstellerin noch nicht ausgeschöpft, da die von ihr während des für die Probezeit vorgesehenen Zeitraums in Anspruch genommene Elternzeit nicht als Probezeit zählt.
Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 NLVO gehört eine Elternzeit ohne Dienstbezüge nicht zur Probezeit. Der Ablauf der Probezeit wird durch eine während des für die Probezeit vorgesehenen Zeitraums in Anspruch genommene Elternzeit also gehemmt. Erst nach Beendigung der Elternzeit läuft die Probezeit weiter. Um zeitliche Nachteile derjenigen Probebeamten, die Elternzeit in Anspruch nehmen, gegenüber denjenigen, die keine Elternzeit in Anspruch nehmen, zu vermeiden, bestimmt § 7 Abs. 3 Satz 2 NLVO in der zum 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Fassung, dass eine Elternzeit die Probezeit verkürzt, soweit sie während des für die Probezeit vorgesehenen Zeitraums in Anspruch genommen wird. Einer erneuten Verlängerung der nach § 7 Abs. 3 Satz 2 NLVO um die Zeit der Elternzeit verkürzten Probezeit in Fällen, in denen die Bewährung bis zum Ablauf der verkürzten Probezeit noch nicht festgestellt werden kann, steht § 7 Abs. 3 Satz 2 NLVO jedoch nicht entgegen.
Gemessen an diesen Maßstäben geht die Antragsgegnerin zwar zurecht davon aus, dass sich die (zuvor verlängerte) Probezeit der Antragstellerin gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 NLVO um den Zeitraum der in Anspruch genommenen Elternzeit verkürzt hat. Diese Verkürzung steht jedoch einer erneuten Verlängerung der Probezeit nicht entgegen. Da die Antragstellerin die gesetzlich zulässige Höchstprobezeit von fünf Jahren bei Beginn ihrer Elternzeit noch nicht erreicht hatte und die in Anspruch genommene Elternzeit - wie dargelegt - nicht als Probezeit zählt, ist die gesetzlich zulässige Höchstprobezeit noch nicht ausgeschöpft. Eine (erneute) Verlängerung der Probezeit bis zum Erreichen der gesetzlich zulässigen Höchstgrenze, also vorliegend um den Zeitraum der in Anspruch genommenen Elternzeit, ist mithin grundsätzlich möglich.
2.) Ausweislich der angefochtenen Entlassungsverfügung und des als „Feststellung der Nichtbewährung nach Ablauf der gesetzlichen Höchstprobezeit“ bezeichneten Bescheides vom 27. Dezember 2019 ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass die gesetzlich zulässige Höchstprobezeit der Antragstellerin am 31. Dezember 2019 ausgeschöpft und eine weitere Verlängerung der Probezeit daher rechtlich nicht zulässig war. Die Antragsgegnerin hat somit die Bandbreite der ihr zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten, namentlich die gegebenenfalls in Betracht kommende erneute Verlängerung der Probezeit, nicht erkannt und das ihr insoweit nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG zukommende Ermessen folglich nicht ausgeübt. Ein Ermessensausfall bzw. eine Ermessensunterschreitung liegt daher vor (vgl. insoweit Schoch/Schneider/Bier, 37 EL, Juli 2019, § 114 Rn. 60 f.; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 17). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass dem Dienstherrn nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG kein Ermessen zukommt, wenn die Nichtbewährung des Beamten auf Probe bereits endgültig feststeht, da in einem solchen Fall nur noch die Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 19. März 1998 - 2 C 5/97 -, juris Rn. 35; BeckOK Beamtenrecht Bund, Brinktrine/Schollendorf, 18. Ed., 15. Nov. 2019, BeamtStG, § 23 Rn. 55). Davon, dass die Nichtbewährung der Antragstellerin bereits endgültig feststeht, kann aber - wie unter 3.) b) näher ausgeführt wird - nicht ausgegangen werden. Die Antragsgegnerin stellt in der angefochtenen Entlassungsverfügung und der ebenfalls angefochtenen Feststellung der Nichtbewährung darauf ab, dass die Antragstellerin die bestehenden Eignungszweifel bis zum Ablauf der Höchstprobezeit nicht habe ausräumen können. Hieraus ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin von einer endgültigen Nichtbewährung auch ausgegangen wäre, wenn sie erkannt hätte, dass eine weitere Verlängerung der Probezeit möglich ist.
3.) a) Der Ermessensausfall kann im gerichtlichen Verfahren nicht mehr geheilt werden. § 114 Satz 2 VwGO ermöglicht lediglich, defizitäre Ermessenserwägungen im Gerichtsverfahren zu ergänzen, nicht jedoch ein zuvor verkanntes Ermessen erstmals auszuüben (BVerwG, Urt. v. 5. September 2006 - 1 C 20/05 -, juris Rn. 22 m. w. N.).
b) Schließlich ist der Ermessensausfall auch nicht wegen einer Ermessensreduzierung auf Null unbeachtlich. Eine dahingehende Ermessensreduzierung, dass nur die verfügte Feststellung der Nichtbewährung und die Entlassung der Antragstellerin aus dem Probebeamtenverhältnis ermessensfehlerfrei ergehen konnte, liegt nicht vor. Nach Aktenlage steht nicht fest, dass sich die Antragstellerin bis zum Ende einer verlängerten Probezeit nicht mehr bewähren kann:
Zunächst steht die Nichtbewährung der Antragstellerin nicht aus gesundheitlichen Gründen fest. In dem zuletzt eingeholten amtsärztlichen Gutachten vom 11. März 2019 wird ausgeführt, dass die im vorherigen amtsärztlichen Gutachten vom 20. Dezember 2017 festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr zu Leistungseinschränkungen im Aufgabenbereich einer Justizvollzugsbediensteten führen würden. Eine Versetzung der Antragstellerin in den vorzeitigen Ruhestand sei wegen aktuell bestehender voller Leistungsfähigkeit nicht angezeigt. Nach Beendigung der Elternzeit sei eine Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit durch die Antragstellerin gut möglich. Angesichts dieser Ausführungen kann - auch unter Berücksichtigung der erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten der Antragstellerin - jedenfalls nicht von einer gegenwärtig bereits feststehenden Nichteignung aus gesundheitlichen Gründen ausgegangen werden. Dementsprechend hat auch die Antragsgegnerin in einem an das G. Justizministerium gerichteten Schreiben vom 2. Oktober 2019, mit welchem sie um Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 8 Abs. 2 MuSchEltZV ersucht hat, selbst ausgeführt, dass die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Antragstellerin durch das amtsärztliche Gutachten vom 11. März 2019 weitestgehend ausgeräumt seien und als Begründung für eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe nicht mehr herangezogen werden könnten (Bl. 9 der BA 009 zu 13 A 758/20).
Auch die im Bescheid vom 27. Dezember 2019 dargelegten Zweifel an Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Antragstellerin, die mit dem dienstlichen Verhalten und den Leistungen der Antragstellerin im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 12. April 2016 begründet werden, führen nicht dazu, dass eine Bewährung der Antragstellerin in einer verlängerten Probezeit bereits ausgeschlossen erscheint. Denn dieselben Eignungszweifel lagen schon den Bescheiden der Antragsgegnerin vom 12. Dezember 2017 und 26. Juni 2018 zugrunde, mit denen sie die Probezeit der Antragstellerin verlängert hat. Wie bereits im Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 20. Dezember 2019 - 13 A 4885/18 - ausgeführt worden ist, kann nicht angenommen werden, dass die Antragsgegnerin bei Erlass der beiden Probezeitverlängerungen von einer endgültigen Nichtbewährung der Antragstellerin ausgegangen ist. Andernfalls hätten die Probezeitverlängerungen nicht erfolgen dürfen. Hielt die Antragsgegnerin seinerzeit eine Bewährung der Antragstellerin in einer verlängerten Probezeit mithin für möglich, erschiene es widersprüchlich, nunmehr, ohne dass neue Erkenntnisse bezüglich Eignung und Leistung der Antragstellerin vorliegen oder sonst ein neuer Sachverhalt eingetreten ist, von einer endgültigen Nichtbewährung auszugehen. Vor diesem Hintergrund stellt sich - unter dem Gesichtspunkt einer eventuellen Selbstbindung der Antragsgegnerin durch ihr vorheriges Verwaltungshandeln - vielmehr die Frage, ob das Ermessen der Antragsgegnerin nicht möglicherweise sogar (umgekehrt) dahingehend reduziert ist, dass nur eine weitere Probezeitverlängerung ermessensfehlerfrei ist. Für eine derartige Ermessensreduzierung könnte auch § 5 Nr. 2 Satz 1 der am 18. Juni 2009 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub (überarbeitete Fassung) im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU sprechen, welcher bestimmt, dass Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben. Es spricht einiges dafür, dass ein „Recht“ in diesem Sinne auch die vor der Elternzeit durch eine Verlängerung der Probezeit erlangte Möglichkeit ist, sich innerhalb der verlängerten Probezeit doch noch für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu bewähren (vgl. ausführlich zu § 5 Nr. 1 und 2 der genannten Rahmenvereinbarung: EuGH, Urt. v. 7. September 2017 - C 174/16). Letzten Endes kann die Kammer dies und die Frage, ob das Ermessen der Antragsgegnerin dahingehend reduziert ist, dass nur eine weitere Verlängerung der Probezeit in Betracht kommt, aber dahingestellt lassen. Denn entscheidungserheblich kommt es hier nur darauf an, dass das Ermessen der Antragsgegnerin jedenfalls nicht auf die verfügte Feststellung der Nichtbewährung und Entlassung der Antragstellerin beschränkt war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.