Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 02.02.2006, Az.: 6 A 440/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 02.02.2006
- Aktenzeichen
- 6 A 440/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44211
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2006:0202.6A440.05.0A
Amtlicher Leitsatz
Bei einer aus Anlass des Tankstellenneubaus neu geschaffenen zweiten Zufahrt zu einer Landesstraße außerhalb der Ortsdurchfahrt handelt es sich um eine straßenrechtliche Sondernutzung, die nach Maßgabe der damit verbundenen Einwirkung auf die Straße die Erhebung einer Sondernutzungsgebühr rechtfertigt.
Tatbestand
Der Kläger ist seit Ende 2004 Betreiber einer Tankstelle in B., die außerhalb der Ortsdurchfahrt über zwei Zufahrten an die Landesstraße L 625 angebunden ist. Für die Errichtung der Tankstelle wurde dem früheren Betreiber im August 1992 eine Baugenehmigung erteilt. Dem Bauherrn wurde außerdem für die Zufahrt zur Tankstelle gemäß § 18 NStrG eine widerrufliche (Sondernutzungs-)Erlaubnis erteilt, die auch für die Rechtsnachfolger fortgelten sollte.
Mit Bescheid vom 17. November 1992 setzte das Straßenbauamt Wolfenbüttel als Rechtsvorgänger der Beklagten die jährlich zu zahlenden Sondernutzungsgebühren zunächst auf insgesamt 560,00 DM fest. Auf den Widerspruch des früheren Tankstellenpächters änderte das Straßenbauamt Wolfenbüttel mit Gebührenbescheid vom 15. Dezember 1992 die jährliche Gebührenforderung auf 280,00 DM mit der Begründung, dass lediglich eine Zufahrt zu dem Grundstück aus Anlass des Tankstellenneubaus neu geschaffen worden sei; die zweite Zufahrt sei bereits seit alters her vorhanden gewesen, sodass insoweit eine Sondernutzungsgebühr nicht erhoben werde.
Mit Gebührenbescheid vom 22. April 1994 setzte das Straßenbauamt Wolfenbüttel die Höhe der Sondernutzungsgebühr für die Zufahrt unter Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens ab dem 1. Januar 1994 auf 360,00 DM, mit Bescheid vom 26. Januar 2000 ab dem 1. Januar 2000 auf 480,00 DM und mit Gebührenbescheid vom 15. Januar 2004 ab 1. Januar 2004 auf jährlich 240,00 Euro gegenüber dem früheren Betreiber der Tankstelle fest.
Nachdem der Kläger auf Grund eines notariellen Vertrages vom 21. Dezember 2004 mit Wirkung vom 28. Dezember 2004 den Geschäftsbetrieb der Tankstelle von dem früheren Betreiber übernommen hatte, setzte die Beklagte mit Gebührenbescheid vom 5. Juli 2005 entsprechend der Verkehrsdichte auf der Landesstraße L 625 und unter Berücksichtigung des Umfangs des Anliegerverkehrs die Sondernutzungsgebühr für die Zufahrt zur Tankstelle ab dem 1. Januar 2005 auf 300,00 Euro jährlich fest.
Hiergegen hat der Kläger am 25. Juli 2005 den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Zur Begründung der Klage trägt er vor:
Er sei nicht bereit, die geforderten Sondernutzungsgebühren zu zahlen, weil die Einfahrt auch von dem Landmaschinenhandel des früheren Tankstellenpächters und von einem landwirtschaftlichen Betrieb genutzt werde, der die hinter der Tankstelle gelegenen Äcker bewirtschafte.
Der Kläger beantragt,
den Gebührenbescheid der Beklagten vom 5. Juli 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie entgegnet:
Für die von dem Landmaschinenhandel und dem Landwirt genutzte Zufahrt an der Südseite des Tankstellengrundstücks, die von alters her bestanden habe, werde die Sondernutzungsgebühr nicht erhoben. Die Gebührenforderung betreffe nur die aus Anlass des Tankstellenneubaus angelegte nördliche Tankstellenzufahrt zu der Landesstraße L 625. Die Höhe von 300,00 Euro beruhe auf dem Ergebnis einer Verkehrszählung.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) und durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) entschieden werden kann, ist zulässig, aber nicht begründet. Der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 5. Juli 2005 über die Festsetzung von Sondernutzungsgebühren in Höhe von 300,00 Euro für das Jahr 2005 begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 NStrG ist eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung der Straße in der Regel eine erlaubnispflichtige Sondernutzung. Als Sondernutzung in diesem Sinne gelten gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 NStrG Zufahrten und Zugänge zu Landes- und Kreisstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten, wenn sie neu angelegt oder geändert werden. Als Änderung einer Zufahrt gilt auch, wenn die Zufahrt gegenüber dem bisherigen Zustand einem erheblich größeren oder einem andersartigen Verkehr als bisher dienen soll (§ 20 Abs. 2 Satz 2 NStrG).
Für Sondernutzungen an einer Straße können gemäß § 21 NStrG Sondernutzungsgebühren erhoben werden, die innerhalb der Ortsdurchfahrten den Gemeinden und im Übrigen dem Träger der Straßenbaulast zustehen (§ 21 Satz 2 NStrG). Soweit derartige Gebühren dem Land als Träger der Straßenbaulast zustehen, wie dies bei Landesstraßen der Fall ist, ist in § 21 Satz 3 NStrG der für den Straßenbau zuständige Minister ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen die Erhebung von Sondernutzungsgebühren durch eine Gebührenordnung zu regeln, in der für die Bemessung der Gebührenhöhe Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch zu berücksichtigen sind und auch das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners in die Gebührenbemessung einbezogen werden kann (§ 21 Satz 5 und 6 NStrG).
Von dieser Ermächtigung ist durch die Verordnung über Gebühren für Sondernutzungen an Bundesfernstraßen und an Landesstraßen vom 31. Januar 2003 - SNGebVO - (Nds. GVBl 2003, 48) Gebrauch gemacht worden. Gemäß § 1 SNGebVO werden für Sondernutzungen an Landesstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten Sondernutzungsgebühren nach dem in Anlage 1 ausgewiesenen Gebührentarif als Jahresbeiträge je Kalenderjahr (§ 2 SNGebVO) erhoben. Der hier maßgebliche Gebührentarif weist in Nr. 1.2 für ein gewerblich genutztes Grundstück einen Gebührenrahmen von 60,00 - 1.000,00 Euro je Zufahrt aus.
Nach Maßgabe dieser Vorschriften hat die Beklagte den Kläger zutreffend für das Jahr 2005 mit den im Bescheid vom 5. Juli 2005 festgesetzten Sondernutzungsgebühren veranlagt. Hierfür ist allein maßgeblich, dass die fragliche Zufahrt, die außerhalb der Ortsdurchfahrt der Gemeinde B. liegt, aus Anlass des Tankstellenneubaus im Jahre 1992 als zweite Zufahrt zu dem Grundstück neu angelegt worden ist. Hierfür wurde dem Bauherrn und früheren Tankstellenbetreiber von dem Straßenbauamt Wolfenbüttel unter dem 27. April 1992 eine Sondernutzungserlaubnis erteilt. In einem Bescheid vom 15. Dezember 1992 hatte das Straßenbauamt Wolfenbüttel außerdem klargestellt, dass die bis dahin vorhandene und seit alters her landwirtschaftlich genutzte Zufahrt im südlichen Teil des an der Landstraße L 625 gelegenen Grundstücks nicht von der Erlaubnis und der Gebührenfestsetzung erfasst wird. Als Rechtsnachfolger des früheren Tankstellenbetreibers trifft nunmehr den Kläger, der im Zusammenhang mit dem Betrieb der Tankstelle die Zufahrt auch weiterhin nutzt, die Gebührenpflicht.
Soweit der Kläger seine Eigenschaft als Gebührenschuldner mit dem Hinweis darauf bestreitet, dass die Zufahrt auch von den Kunden des auf dem Grundstück angesiedelten Landmaschinenhandels sowie zur Bewirtschaftung der dahinter gelegenen Ackerflächen von einem Landwirt benutzt werde, führt dieser Einwand zu keinem anderen Ergebnis. Allein entscheidend ist, dass seinerzeit die am nördlichen Straßenabschnitt gelegene Grundstückszufahrt aus Anlass des Tankstellenneubaus errichtet worden ist und dem mit diesem Gewerbebetrieb verbundenen Zu- und Abgangsverkehr dient (vgl. hierzu: Nds. OVG, Urt. vom 04.11.1993 - 12 L 1137/92 - m.w.N.). Ob diese Zufahrt inzwischen auch von dem Landmaschinenhandel und einem Landwirt genutzt wird, ist für die Gebührenpflichtigkeit des Klägers nicht maßgeblich. Der Kläger, der nach dem von ihm mit dem Vorbesitzer der Tankstelle geschlossenen notariellen Vertrag vom 2. Dezember 2004 ab dem 28. Dezember 2004 die mit dem Kaufobjekt (Tankstelle) verbundenen öffentlichen Lasten und Abgaben, zu denen auch die Sondernutzungsgebühren zählen, übernommen hat (§ 4 des Vertrages), hat sich im Übrigen unter § 4c des notariellen Vertrages verpflichtet, die fragliche Zufahrt auch weiterhin dem Landmaschinenhandel zur Verfügung zu stellen und den "Hinterliegern" Zu- und Überfahrt zu ihren Grundstücken zu gewähren.
Schließlich ist auch die Bemessung der Höhe der Gebühren nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Beklagten der Gebührenfestsetzung zugrunde gelegten Zahlen über die Verkehrsdichte auf der Landesstraße und den Umfang des Anliegerverkehrs bei der Ausfüllung des Gebührenrahmens unzutreffend ermittelt sein könnte, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.