Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.02.2006, Az.: 7 A 232/04
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 21.02.2006
- Aktenzeichen
- 7 A 232/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44230
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2006:0221.7A232.04.0A
Fundstelle
- ZBR 2006, 318 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Stimmt der Zweitbeurteiler den Einzelbewertungen des Erstbeurteilers nicht zu, dann dürfen die Einzelbewertungen des Zweitbeurteilers nach den Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen -BRL Pol- nicht lediglich in einem Arbeitsvermerk des Zweitbeurteilers niedergelegt werden, der nicht Bestandteil der Beurteilung geworden ist.
- 2.
Zu den Anforderungen an die Bildung einer Gesamtnote, wenn die unterschiedlichen Einzelbewertungen eine (deutliche) Tendenz zur besseren Note aufweisen.
- 3.
Zur Notwendigkeit, von der nach Ziff. 5.32 Satz 2 BRL Pol vorgesehenen besonderen Gewichtung einzelner Leistungs- und Befähigungsmerkmale Gebrauch zu machen.
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung der Beurteilung zum Beurteilungsstichtag 01. September 2003 und des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 verurteilt, den Kläger zum Stichtag 01. September 2003 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu beurteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die ihm für den Beurteilungszeitraum vom 01. November 2000 bis zum 01. September 2003 erteilte Anlassbeurteilung.
Der im Jahre E. geborene Kläger versah seinen Dienst während des Beurteilungszeitraums als Sachbearbeiter im Einsatz- und Streifendienst im Polizeikommissariat Schöningen der Polizeiinspektion Helmstedt. Mit Wirkung vom 01.11.2002 wurde er vom Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9 mittlerer Dienst) zum Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 gehobener Dienst) befördert.
Der Erstbeurteiler erstellte am 31. Dezember 2003 für den Kläger den Entwurf einer dienstlichen Beurteilung, die mit dem Gesamturteil 4 - "Übertrifft erheblich die Anforderungen" schloss. Für die einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale vergab der Erstbeurteiler einmal die Wertungsstufe 5, fünfmal die Wertungsstufe 4,5, viermal die Wertungsstufe 4 und einmal die Wertungsstufe 3,5. Besonders gewichtet wurden fünf Leistungs- und Befähigungsmerkmale, die jeweils zweimal mit der Wertungsstufe 4 und der Wertungsstufe 4 - 5 und einmal mit der Wertungsstufe 5 bewertet wurden.
Der Zweitbeurteiler, Erster Polizeihauptkommissar F., kreuzte in dem für die Beurteilung verwendeten Formular an, dass er der Gewichtung und der Bewertung der Leistungsbefähigungsmerkmale des Erstbeurteilers und dem Gesamturteil des Erstbeurteilers nicht zustimme. Er vergab die Gesamtnote 3 - "Entspricht voll den Anforderungen". Die Beurteilung wurde dem Kläger am 05. Januar 2004 bekannt gegeben.
In einem Vermerk mit Datum vom 12. Januar 2004 führte der Zweitbeurteiler aus: Bei der Erstellung der Beurteilung sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger durch den Aufstiegslehrgang einer anderen Laufbahngruppe angehöre. Sofern der beförderte Beamte die Leistungen nicht steigere, führe dies dazu, dass die Beurteilung im neuen Amt schlechter ausfalle als in dem niedriger eingestuften Amt. Dies sei vom Erstbeurteiler verkannt worden.
Am 11. Februar 2004 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er geltend machte: Der Erstbeurteiler habe seinen Dienst beim PK Schöningen erst am Ende des Beurteilungszeitraums Anfang Juli 2003 aufgenommen. Beurteilungsbeiträge des über den Großteil des Beurteilungszeitraums zuständigen Zweitbeurteilers seien nicht eingeholt worden. Allein deshalb sei die Entscheidung des Zweitbeurteilers rechtswidrig. Aus dem von dem Zweitbeurteiler angefertigten Vermerk ergebe sich, dass dieser von seiner ihm eingeräumten Beurteilungsermächtigung überhaupt keinen Gebrauch gemacht habe, sondern lediglich einem vermeintlich allgemein geltenden Grundsatz gefolgt sei, die Wertungsstufe herabsetzen zu dürfen bzw. sogar zu müssen. Zu Unrecht nehme der Zweitbeurteiler an, er - der Kläger - habe im Beurteilungszeitraum seine Leistungen nicht gesteigert. Aus dem Beitrag des Erstbeurteilers unter Ziff. 7 des Beurteilungsformulars ergebe sich das Gegenteil. Entgegen der Behauptung des Zweitbeurteilers habe der Erstbeurteiler auch den Umstand des Laufbahnaufstiegs durchaus berücksichtigt. Die Herabsetzung des Gesamturteils sei auch deshalb rechtswidrig, weil es nicht unter Berücksichtigung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale und deren Gewichtung entwickelt worden sei.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten wies den Widerspruch nach Einholung einer Stellungnahme des Zweitbeurteilers durch Widerspruchsbescheid vom 21. April 2004 zurück.
Am 19. Mai 2004 hat der Kläger Klage erhoben. Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte einen Vermerk des Zweitbeurteilers eingereicht, der nach Angaben der Beklagten versehentlich nicht zur Akte genommen worden sei. Der Vermerk trägt das Datum vom 05. Januar 2004. In ihm ist im Wesentlichen angegeben, inwieweit der Zweitbeurteiler einzelne Leistungs- und Befähigungsmerkmale abweichend vom Erstbeurteiler gewertet hat. Danach hat der Zweitbeurteiler sechsmal die Wertungsstufe 4, viermal die Wertungsstufe 3,5 und einmal die Wertungsstufe 3 vergeben.
Zur Begründung seiner Klage vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der nachgereichte Aktenvermerk des Zweitbeurteilers stelle lediglich eine pauschale Herabsetzung einzelner Leistungs- und Befähigungsmerkmale dar, ohne zu erläutern, aus welchen Gründen die einzelnen Merkmale herabgesetzt worden seien. Auch wenn kein arithmetisches Mittel der Einzelbewertung zu bilden sei, so falle doch auf, dass die Beurteilung zur Notenstufe 4 tendiere. Zudem sei die Herabsetzung der einzelnen Merkmale vor allem in solchen Bereichen vorgenommen worden, die der Erstbeurteiler aus der täglichen Zusammenarbeit besser zu beurteilen in der Lage sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Beurteilung zum Beurteilungsstichtag 01. September 2003 und des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 zu verurteilen, den Kläger zum Beurteilungsstichtag 01. September 2003 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu beurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertieft die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor: Der Zweitbeurteiler habe alle für die Erstellung der Beurteilung ausschlaggebenden Informationen eingeholt. Ein schriftlicher Beitrag sei rechtlich nicht gefordert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die angegriffene Beurteilung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstellung einer neuen Anlassbeurteilung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
Dienstliche Beurteilungen sind von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht nur prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung, und mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (BVerwG, Urt. v. 02. März 2000, - 2 C 7/99 -; zit. nach Juris). Die für den Kläger erstellte Regelbeurteilung beruht auf den zur Ausführung des § 30 PolNLVO erlassenen Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen (BRLPol) vom 29. Dezember 1999 (NdsMBl. 2000, S. 127).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angegriffene dienstliche Beurteilung rechtswidrig. Das vom Zweitbeurteiler vergebene Gesamturteil der Wertungsstufe 3 ist in der dienstlichen Beurteilung nicht plausibel dargelegt worden. Nach Ziffer 5.3.1 BRLPol sind dienstliche Leistungen und Befähigungen nach den im Beurteilungsvordruck aufgeführten Merkmalen zu bewerten. Das Gesamturteil ist sodann aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu bilden (Ziffer 5.4.3 BRLPol). Der Zweitbeurteiler kann die vom Erstbeurteiler vorgenommene Beurteilung bestätigen, ergänzen oder ändern. Seine Entscheidung ist maßgeblich (Ziffer 13.2.6). Auf dieser Grundlage hat der Zweitbeurteiler zwar das vom Erstbeurteiler vergebene Gesamturteil durch Herabsetzung um eine Wertungsstufe geändert, das von ihm vergebene Gesamturteil der Wertungsstufe 3 aber nicht nach außen erkennbar aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale entwickelt und damit zugleich nicht hinreichend plausibel gemacht. So hat der Zweitbeurteiler in der Beurteilung an der entsprechenden Stelle des Beurteilungsvordrucks erklärt, er stimme der Gewichtung und Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale durch den Erstbeurteiler nicht zu. Trotz der im Beurteilungsvordruck an dieser Stelle vorgesehenen Möglichkeit, seine abweichende Meinung bzw. eine Begründung darzulegen, hat er aber weder im Beurteilungsvordruck selbst noch in einer der Beurteilung beigefügten Anlage zum Ausdruck gebracht, welche Bewertung der im Beurteilungsvordruck aufgeführten insgesamt 11 Leistungs- und Befähigungsmerkmale er stattdessen für zutreffend erachtet. Auch der Vermerk des Zweitbeurteilers vom 12. Januar 2004 enthält keine Bewertung der im Beurteilungsvordruck genannten Einzelmerkmale, sondern bezieht sich ausschließlich auf die Herabsetzung des Gesamturteils. Mangels in der Beurteilung erfolgter Vergabe von Bewertungen für die einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale ist das vom Zweitbeurteiler vergebene Gesamturteil, das nach Ziffer 5.4.3 BRLPol aus der Bewertung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu entwickeln ist, dementsprechend aus dem Inhalt der Beurteilung nicht nachvollziehbar.
Zugleich entspricht die Beurteilung mit dem ihr durch den Zweitbeurteiler gegebenen Inhalt damit nicht den Vorgaben der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinie, nach der in der Beurteilung nicht nur ein Gesamturteil zu vergeben ist, sondern auch die einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu bewerten sind (Ziffer 5.3.1 BRLPol). Indem der Zweitbeurteiler in der Beurteilung lediglich pauschal erklärt hat, der vom Erstbeurteiler vorgenommenen Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale nicht zuzustimmen, ohne in der Beurteilung andere Bewertungen zum Ausdruck zu bringen, hat er die vom Erstbeurteiler vorgenommene Bewertung der Einzelmerkmale aufgehoben, ohne andere Bewertungen an deren Stelle zu setzen. Bewertungen der Einzelmerkmale sind der Beurteilung damit nicht mehr zu entnehmen. Der nach dem Vortrag der Beklagten am 05. Januar 2004, dem Tag der Beurteilung des Klägers durch den Zweitbeurteiler, erstellte und erstmals im Klageverfahren vorgelegte Arbeitsvermerk des Zweitbeurteilers mit einer Aufstellung der Bewertungen der 11 Einzelmerkmale ist - wie die Beklagte einräumt - nicht Bestandteil der Beurteilung geworden und dem Kläger im Verwaltungsverfahren auch nicht gesondert bekannt gegeben worden.
Die im gerichtlichen Verfahren erfolgte Vorlage des Arbeitsvermerkes des Zweitbeurteilers vom 05. Januar 2004 mit den Bewertungen der 11 Leistungs- und Befähigungsmerkmale ist nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung nachträglich zu beheben. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Dienstherr in eine dienstliche Beurteilung aufgenommene allgemein gehaltene Werturteile grundsätzlich auch noch im gerichtlichen Verfahren erläutern kann, weil die Beurteilung selbst bzw. das einzelne vom Beamten angegriffene Werturteil durch die nachträgliche Darlegung der maßgeblichen Erwägungen des Dienstherrn nicht inhaltlich geändert und der Beamte in aller Regel in der Wahrung seiner Rechte nicht beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.06.1980, aaO.; Beschl. v. 19.08.2004 - 2 B 44/04 - juris). Die Beklagte hat sich demgegenüber aber nicht darauf beschränkt, in die Beurteilung aufgenommene Werturteile nachträglich zu erläutern und zu konkretisieren, sondern vielmehr die vom Zweitbeurteiler in Gestalt der Bewertung der Einzelmerkmale abgegebenen Werturteile selbst, die unter Berücksichtigung von Ziffer 5.3.1 BRLPol bereits Bestandteil der Beurteilung hätten sein müssen, im Klageverfahren erstmals vorgelegt. Damit ist der Rahmen des zulässigen Nachschiebens von Gründen bzw. der nachträglichen Plausibilisierung in der dienstlichen Beurteilung enthaltener Werturteile überschritten.
Die angegriffene Beurteilung ist auch deshalb zu beanstanden, weil das Gesamturteil 3 "Entspricht voll den Anforderungen" selbst bei Berücksichtigung des Inhaltes des Arbeitsvermerks des Zweitbeurteilers vom 05. Januar 2005 nicht im Sinne der Bestimmungen der Beurteilungsrichtlinien (vgl. Nummer 5.4.3 Sätze 1 und 2 BRLPol) schlüssig begründet wäre.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat zur Gesamtnotenbildung in einem Urteil vom 28. November 2000 (2 L 3264/00) zu der insoweit übereinstimmenden BRLPol vom 04. Januar 1996 ausgeführt:
"Schon aus dem Wortlaut "berücksichtigen" folgt dabei, dass die Behörde bei der Bildung der Gesamt(leistungs-)note nicht allein oder vorrangig auf die Bewertung der besonders gewichteten Leistungsmerkmale abstellen muss. Eine solche Vorgabe wäre zudem nicht mit der Rechtsprechung zur Bildung des Gesamturteils dienstlicher Beurteilungen zu vereinbaren. Danach darf das Gesamturteil nämlich gerade nicht aus dem arithmetischen Mittel von einzelnen Noten gebildet werden... Sofern sich das Gesamturteil nicht in Widerspruch zu dem Ergebnis der Einstufung der Leistungsbewertung und der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit setzt, dürfen vielmehr bei der Bildung der Gesamtnote neben den ausdrücklich bewerteten Einzelmerkmalen auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden, wie die allgemeinen Laufbahnanforderungen, der Vergleich des Beurteilten mit anderen, ihm laufbahnmäßig und funktionell gleichgestellten Beamten, das allgemeine Leistungsniveau im Zuständigkeitsbereich der Beklagten und die persönliche Auffassung des jeweils Beurteilenden über den zu fordernden "Durchschnitt" an Leistung und persönlicher Eignung. ...."
Hieran gemessen ist die Begründung für die Bildung der Notenstufe 3 zu beanstanden. Denn es ist nicht ersichtlich, auf welche Weise dieses Gesamturteil aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale (i. S. von Nr. 5.4.3 BRLPol) gebildet wurde. Unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten und des Arbeitsvermerks des Zweitbeurteilers vom 05. Januar 2004 waren für diese Bildung der Gesamtnote Einzelbewertungen zu Grunde gelegt worden, die deutlich zu der Notenstufe 4 tendierten. Denn der Zweitbeurteiler hatte sechsmal die Wertungsstufe vier, viermal die Wertungsstufe 3,5 und nur einmal die Wertungsstufe vergeben. Auch wenn das Gesamturteil nicht rechnerisch zu ermitteln ist, hätte besonderer Anlass bestanden plausibel zu machen, aus welchen Gründen dem Kläger die (schlechtere) Gesamtnote drei erteilt worden ist (vgl. auch Urt. der erk. Kammer v. 14. Dez. 2004 - 7 A 434/03 -, sowie VG Oldenburg, Urt. v. 28.08.2002 - 6 A 3345/00 -). Das ist hier nicht gelungen. Die Anwendung eines strengeren Beurteilungsmaßstabes nach einer erfolgten Beförderung rechtfertigt es allein noch nicht, Beamte, deren Einzelleistungen mit einer Ausnahme besser als 3 bewertet worden sind, mit der Gesamtnote 3 zu beurteilen. Nach der oben genannten Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts wäre es erforderlich gewesen, dass die Beklagte unter Berücksichtigung der dort beispielhaft aufgezählten Gesichtspunkte eine Begründung für die schlechtere Gesamtnote 3 herleitet. Angesichts des Umstandes, dass dem Kläger lediglich einmal die Einzelnote 3 erteilt worden ist, hätte die Beklagte detailliert darlegen müssen, aus welchen Gründen sie dem Kläger keine überdurchschnittliche Beurteilung erteilt hat. Der pauschale Hinweis auf den strengeren Beurteilungsmaßstab und die Beförderung während des Beurteilungszeitraumes reicht hierfür zur Überzeugung der Kammer nicht aus. Zwar trifft es zu, dass in Fällen, in denen - wie hier - das arithmetische Mittel der Benotung der Einzelmerkmale zwischen 3 und 4 liegt, sowohl ein Gesamturteil mit der Wertungsstufe 3 als auch ein Gesamturteil mit der Wertungsstufe 4 möglich ist (vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 22.06.2005 - 5 LB 306/04 -, S. 13 UA). Der pauschale Hinweis auf die Anlegung eines strengeren Beurteilungsmaßstabs vermag die Gesamtnote 3 aber deshalb nicht zu rechtfertigen, weil dieser strenge Maßstab auch bei der Bewertung der Einzelmerkmale hätte angewendet werden müssen und unerklärlich bliebe, weshalb hier die Wertungsstufe 3 nur einmal, die Wertungsstufe 4 aber sechsmal vergeben wurde.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die dienstliche Beurteilung des Klägers bei Einbeziehung der nachgereichten Bewertung der 11 Leistungs- und Befähigungsmerkmale durch den Zweitbeurteiler auch deshalb rechtswidrig ist, weil sie keine Gewichtung der Einzelmerkmale enthält. Mit der im Beurteilungsvordruck erfolgten Erklärung, neben der Bewertung auch der Gewichtung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale nicht zuzustimmen, hat der Zweitbeurteiler die vom Erstbeurteiler vorgenommene Gewichtung von fünf Einzelmerkmalen aufgehoben. Dem Arbeitsvermerk des Zweitbeurteilers vom 05. Januar 2004 ist eine besondere Gewichtung einzelner Leistungs- und Befähigungsmerkmale nicht zu entnehmen. Ohne eine solche ist die Beurteilung aber rechtswidrig. Die maßgebliche Beurteilungsrichtlinie sieht vor, dass einzelne Merkmale, die eine besondere Gewichtung erfahren, im Beurteilungsvordruck durch Ankreuzen kenntlich zu machen sind (Ziffer 5.3.2 Satz 2 BRLPol). Zwar ist dem Wortlaut der Beurteilungsrichtlinie nicht zu entnehmen, dass stets eine Gewichtung von Einzelmerkmalen zu erfolgen hat. Wie die Kammer mit Urteil vom 05. April 2005 (7 A 444/03) entschieden hat, ist aber zu berücksichtigen, dass die Verwaltungspraxis der Beklagten dahin geht, Gewichtungen vorzunehmen. Ein sachlich rechtfertigender Grund, von der Gewichtung einzelner Leistungs- und Befähigungsmerkmale, der nach Ziffer 5.4.3 BRLPol auch für die Bildung des Gesamturteils Bedeutung zukommen kann, gerade für den Kläger ausnahmsweise abzusehen, ist von der Beklagten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Der Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) sind nicht ersichtlich.