Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 10.06.2020, Az.: L 3 KA 27/18

Vertragsärztliche Regresse wegen der Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren; Veranlassung unwirtschaftlicher Arzneianwendungen; Ausgleichspflicht in Höhe des der betroffenen KK entstandenen Schadens

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
10.06.2020
Aktenzeichen
L 3 KA 27/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 39047
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 25.04.2018 - AZ: S 65 KA 717/12

Redaktioneller Leitsatz

1. Bei der Prüfung, ob der Vertragsarzt unwirtschaftliche Arzneianwendungen veranlasst hat, haben die Prüfgremien zu untersuchen, ob die im Einzelfall vom Vertragsarzt ausgestellte Verordnung von Arzneimitteln unmittelbar gegen gesetzliche Regelungen verstößt oder außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung des Präparats erfolgt ist.

2. Sofern dies der Fall ist, setzen die Prüfgremien eine Ausgleichspflicht in Höhe des der betroffenen KK entstandenen Schadens fest, wobei die Gremien keinen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum haben.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin und die Berufung des Beigeladenen zu 2. werden das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. April 2018 geändert und die Bescheide des Beklagten vom 18. Dezember 2012 insgesamt aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, über die von der Klägerin im August 2008 und im November 2009 beantragten Regresse wegen der Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung des Beigeladenen zu 2. zurückgewiesen.

Der Beklagte und der Beigeladene zu 2. tragen jeweils die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zur Hälfte mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1., die diese selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 648.963 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung eines Regresses wegen der Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren.

Der Beigeladene zu 2. ist Facharzt für Transfusionsmedizin und Einzelunternehmer des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) K. in L ... Für das MVZ verordnete er in den Quartalen I/2007 bis I/2009 (außer in I/2008) für 14 der bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherten Mitglieder Blutgerinnungsfaktoren (Advate®, Fibrogammin®, Haemate®, Mononine®, Wilate®) iHv 3.360.784,30 Euro (brutto).

Im August 2008 und November 2009 beantragte die Klägerin bei der Prüfungsstelle Niedersachsen für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung die Festsetzung eines sonstigen Schadens. Bei den verordneten Blutgerinnungsfaktoren sei die in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorgesehene Möglichkeit des Direktbezugs - vom pharmazeutischen Unternehmer/Großhändler unter Umgehung der Apotheken direkt an den Arzt - nicht genutzt worden. Dadurch seien der KK zusätzliche Kosten iHv insgesamt 648.963,15 Euro entstanden. Dem trat der Beigeladene zu 2. entgegen: Nach dem Gesetzeswortlaut sei ein Direktbezug von Arzneimitteln nur möglich, wenn es sich dabei "( ) um Gerinnungsfaktorenzubereitungen ( ) im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern ( )" handele. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, weil von den 14 bei der KK versicherten Mitgliedern nur zwei (die Patienten M ... und N ...) Bluter seien und die Präparate Fibrogammin®, Haemate® sowie Wilate® nicht für Heimselbstbehandlungen eingesetzt würden. Außerdem sei die (Direkt-)Abgabe von Blutgerinnungsfaktoren an Patienten personell, strukturell und finanziell extrem aufwendig. Verhandlungen über diesen Umstand verweigere die Klägerin seit Jahren; die vorliegend durch den Bezug der Arzneimittel über eine Apotheke entstandenen Mehrkosten habe die KK daher selbst zu verantworten. Im Übrigen sei der von der Klägerin behauptete Schadensumfang weder nachvollziehbar noch hätte das MVZ die Blutgerinnungsfaktoren - ohne die weiterhin angestrebte Vereinbarung über eine Arzneimittelabgabe - kostengünstiger in Höhe der sogenannten Zentrumspreise direkt beim Hersteller/Großhändler beziehen können.

Im Anschluss setzte die Prüfungsstelle gegenüber dem Beigeladenen zu 2. mehrere Einzelregresse über insgesamt 648.963,15 Euro fest (Bescheide vom 25. November 2010, 17. Februar 2011, 14. Dezember 2011 und 9. Februar 2012). In dem sich daran anschließenden Widerspruchsverfahren hob der beklagte Beschwerdeausschuss die Bescheide der Prüfungsstelle aber wieder auf. Therapeutisch könnten die Präparate Fibrogammin®, Haemate® sowie Wilate® nur unter der Aufsicht eines in der Hämophilie-Behandlung erfahrenen Arztes eingesetzt werden. Dementsprechend hätten die im MVZ tätigen Ärzte die Präparate auch nicht zur Heimselbstbehandlung den Patienten überlassen, sondern in der Arztpraxis des MVZ verabreicht. Damit lägen schon die Voraussetzungen für einen Direktbezug nach § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG nicht vor. Soweit die in dem MVZ tätigen Ärzte die Präparate Advate® und Mononine® bei zwei (Bluter-)Patienten im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung eingesetzt und gleichwohl über eine Apotheke bezogen hätten, sehe der Ausschuss das Wirtschaftlichkeitsgebot aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls als nicht verletzt an. Insbesondere hätte bei dieser geringen Patientenanzahl in der Heimselbstbehandlung ein Direktbezug der Blutgerinnungsfaktoren nicht zu den kostengünstigen Zentrumspreisen ausgehandelt werden können. Es sei daher davon auszugehen, dass die durch den Bezug der Präparate über eine Apotheke entstandenen Kosten nicht signifikant (mehr als 10 vH) über denen gelegen haben, die bei einem Bezug direkt vom Hersteller/Großhändler angefallen wären (Bescheide vom 18. Oktober 2012).

Die Klägerin hat gegen die einzelnen Entscheidungen des Beklagten am 16. November 2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und sich dort zur Begründung insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Mai 2015 (Az: B 6 KA 18/14 R) gestützt, wonach die Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren über die Apotheke anstelle des Direktbezugs über den Hersteller/Großhändler gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verstoße. Dabei stelle die in § 47 Abs 1 S 2 Nr 2a AMG darüber hinaus geregelte Berechtigung des Arztes, entsprechende Arzneimittel im Rahmen einer kontrollierten Selbstbehandlung an den Patienten abgeben zu dürfen, keine Voraussetzung für die Berechtigung bzw Verpflichtung zum Direktbezug der Präparate dar. Im Übrigen seien die Bescheide des Beklagten nicht ausermittelt iS von § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bzw nicht ausreichend begründet iS von § 35 Abs 1 SGB X und auch deshalb rechtswidrig. So habe der Ausschuss bereits im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, dass das MVZ ein Behandlungszentrum mit einer ausreichend großen Patientenzahl sei und auf dieser Basis mit den Herstellern/Großhändlern von Blutgerinnungsfaktoren ohne Weiteres kostengünstige (Direkt-)Bezugspreise hätte vereinbaren können. Daneben habe der Ausschuss die Signifikanzgrenze von mehr als 10 vH ohne rechtliche Grundlage festgelegt und außerdem auf den Sachverhalt unzutreffend angewandt.

Mit Urteil vom 25. April 2018 hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2012 teilweise aufgehoben und den Ausschuss verurteilt, über die Widersprüche des Beigeladenen zu 2. gegen die Bescheide der Prüfungsstelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2012 seien rechtswidrig, soweit darin kein Regress wegen der Verordnung der Arzneimittel Advate® und Mononine® festgesetzt worden sei. Die Präparate seien für zwei bei der Klägerin versicherte (Bluter)-Patienten im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Heimselbstbehandlung verordnet worden und hätten daher nach § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG direkt von den im MVZ K. tätigen Ärzten bezogen werden können. In den streitbefangenen Quartalen hätten die Kosten der über eine Apotheke bezogenen Blutgerinnungsfaktoren auch signifikant (mehr als 10 vH) über denen gelegen, die durch einen Direktbezug angefallen wären. Der dagegen vom Beigeladenen zu 2. erhobene Einwand, die von der Klägerin berücksichtigten Zentrumspreise seien nicht nachvollziehbar, greife nicht durch, da sich die Kostenersparnis eines Direktbezugs geradezu aufdränge. Daneben habe der Beigeladene zu 2. weder einen Anspruch auf den Abschluss eines Arzneimittelabgabevertrags noch stehe ihm wegen der Lagerung der Blutgerinnungsfaktoren ein Aufwendungsersatz zu. Die sachgerechte Aufbewahrung der Arzneimittel sei auch nicht besonders aufwendig. Im Übrigen seien die Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2012 aber rechtmäßig. Die Arzneimittel Fibrogammin®, Haemate® sowie Wilate® seien von den im MVZ K. tätigen Ärzte nicht im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung eingesetzt worden. Das sei auch gar nicht möglich, weil die Präparate nur unter der Aufsicht eines in der Hämophilie erfahrenen Arztes verabreicht werden dürften.

Gegen das Urteil (zugestellt am 20./21 Juni 2018) wenden sich der Beigeladenen zu 2. und die Klägerin mit den Berufungen vom 13. Juli 2018 bzw 19. Juli 2018.

Dabei stützt sich die Klägerin zunächst auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und hält an der Auffassung fest, dass die Abgabe von Blutgerinnungsfaktoren im Rahmen einer kontrollierten Selbstbehandlung keine Voraussetzung für den Direktbezug entsprechender Arzneimittel sei. Das ergebe sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck von § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG. Daneben gehe das SG zu Unrecht davon aus, dass die Behandlungsmethode bei der Verabreichung von Blutgerinnungsfaktoren (durch den Vertragsarzt oder im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung) Gegenstand der Zulassung eines entsprechenden Präparats sei. Außerdem lasse sich den Patienteninformationen zu den Arzneimitteln Haemate® und Wilate® entnehmen, dass diese auch bei der Heimselbstbehandlung eingesetzt werden können. Eine Nachfrage bei den Arzneimittelherstellern habe das bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Zurückweisung der Berufung des Beigeladenen zu 2. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. April 2018 zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2012 insgesamt aufzuheben,

2. den Beklagten zu verurteilen, über die von ihr im August 2008 und im November 2009 beantragten Regresse wegen der Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren durch den Beigeladenen zu 2. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Ergänzend weist er darauf hin, dass der Sachverhalt des Verfahrens, der dem Urteil des BSG vom 13. Mai 2015 zugrunde gelegen habe, eine Besonderheit aufweise: Dort habe - anders als in dem hier anhängigen Verfahren - festgestanden, dass die über eine Apotheke verordneten Blutgerinnungsfaktoren an den Patienten im Rahmen einer kontrollierten Selbstbehandlung abgegeben worden seien. Insofern habe das BSG in dem Urteil über die Frage, ob es sich bei der kontrollierten Selbstbehandlung um eine Voraussetzung für den Direktbezug von Blutgerinnungsfaktoren handele, weder entscheiden müssen noch entschieden. Dabei sprächen entgegen der Auffassung der Klägerin sowohl der Wortlaut als auch die Entstehungsgeschichte von § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG dafür, dass ein solcher Direktbezug nur im Fall einer Heimselbstbehandlung möglich sei.

Der Beigeladene zu 2. beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. April 2018 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Auch er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Darüber hinaus macht er geltend, dass der mit dem Direktbezug bzw der sachgerechten Lagerung von Gerinnungsfaktoren verbundene Aufwand denen einer hochspezialisierten Apotheke gleiche und deutlich über den üblichen Verwaltungsaufwand einer Arztpraxis hinausgehe. Schon aus diesem Grund könne der Bezug von Blutgerinnungsfaktoren über eine Apotheke nicht als unwirtschaftlich angesehen werden.

Die Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag.

Zur weiteren Sachaufklärung hat der Senat vom Beigeladenen zu 2. die vollständigen Patientendokumentationen für den hier maßgeblichen Verordnungszeitraum angefordert.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die eingelegten Berufungen sind zulässig. Die Berufung der Klägerin ist dabei auch begründet, weil das SG deren (Neubescheidungs-)Klage zu Unrecht teilweise abgewiesen hat. Dagegen kann die Berufung des Beigeladenen zu 2. nur insoweit Erfolg haben, als die vom SG zum Teil ausgeurteilte Neubescheidungsverpflichtung des Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats (und nicht der des SG) zu erfolgen hat; im Übrigen ist die Berufung des Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

1. (Alleiniger) Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2012 (zu dieser Besonderheit der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 31 mwN). Mit den Bescheiden hat der Beklagte die im August 2008 und November 2009 gestellten Anträge der Klägerin auf Festsetzung eines Regresses wegen der Veranlassung unwirtschaftlicher Arzneimittelanwendungen abgelehnt.

2. Die gegen die einzelnen Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2012 von der KK erhobene Klage ist als Anfechtungs- und Neubescheidungsklage (§ 54 Abs 1 iVm § 131 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die Klage ist auch begründet. Der Beigeladene zu 2. hat für 14 bei der Klägerin versicherte Mitglieder in den Quartalen I/2007 bis I/2009 - außer in I/2008 - (durch die Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren unter Bezug über eine Apotheke) eine unwirtschaftliche Arzneimittelbeschaffung veranlasst. Der Beklagte ist daher zu verurteilen, hinsichtlich des der KK durch die Verordnungen entstandenen Mehraufwands dem Grunde nach einen Regress gegen den Beigeladenen zu 2. als Einzelunternehmer und damit Träger des MVZ festzusetzen. Dabei muss sich die KK allerdings den besonderen Verwaltungsaufwand anrechnen lassen, den sie bei einem Direktbezug der Gerinnungsfaktoren erspart hätte.

3. Zunächst ist der Beklagte aber zutreffend davon ausgegangen, dass der hier maßgebliche Regressantrag der Klägerin entsprechend den Regeln über den Arznei- und Heilmittelregress gemäß § 106 SGB V - und nicht anhand der Vorgaben zum "sonstigen Schaden" iSv § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) - zu beurteilen ist. Nach der mittlerweile ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 und Nr 29; BSG SozR 4-5540 § 48 Nr 2) liegt ein Fall des § 106 SGB V vor, wenn eine ärztliche Verordnung die Grenzen der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) überschreitet, weil sie eine inhaltliche Ausrichtung aufweist, die sich als unzulässig bzw unwirtschaftlich erweist. Hiervon wird auch die hier streitbefangene Konstellation eines unwirtschaftlichen Beschaffungswegs erfasst (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51). Ein "sonstiger Schaden" ist demgegenüber gegeben, wenn sich Fehler aus der Art und Weise der Ausstellung der Verordnung ergeben.

a) Konkrete Rechtsgrundlage für die Geltendmachung von Honorarrückforderungen wegen der unwirtschaftlichen Behandlungsweise eines Vertragsarztes ist die Regelung in § 106 Abs 2 S 4 SGB V (idFd Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003, BGBl I S 2190) iVm den Vorgaben der in Niedersachsen jeweils geltenden Vereinbarung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung (Prüfvereinbarung). Insoweit ist vorliegend zeitraumbezogen - darauf hat bereits das SG in der hier angefochtenen Entscheidung zutreffend hingewiesen - für die Quartale I/2007 bis IV/2007 die Regelung in § 29 der Prüfvereinbarung 2004 (vgl hierzu auch das Senatsurteil vom 28. Januar 2009 - L 3 KA 99/07 - juris mwN) bzw für die Quartale II/2008 bis I/2009 die Regelung in § 33 der Prüfvereinbarung 2008 einschlägig gewesen. Dort haben die Landesverbände der KKen und die Ersatzkassen jeweils gemeinsam und einheitlich mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) von der ihnen gesetzlich eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, für Niedersachsen über die in § 106 Abs 2 S 1 SGB V vorgesehenen Prüfungen (Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprüfungen) hinaus weitere Prüfungsverfahren zu vereinbaren (zur Berechtigung der Vertragspartner für den Abschluss solcher Prüfvereinbarungen vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18).

b) Hierzu gehört ua die nach den Prüfvereinbarungen auf Antrag (ua einer KK) durchzuführende Prüfung, ob der Vertragsarzt unwirtschaftliche Arzneianwendungen veranlasst hat. Im Rahmen dieser Prüfung haben die Prüfgremien zu untersuchen, ob die im Einzelfall vom Vertragsarzt ausgestellte Verordnung von Arzneimitteln unmittelbar gegen gesetzliche Regelungen (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 38) oder gegen Richtlinien (vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52) verstößt oder außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung des Präparats erfolgt ist (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26). Ist das zu bejahen, setzen die Prüfgremien eine Ausgleichspflicht in Höhe des der betroffenen KK entstandenen Schadens fest (vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 und BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 und 27). Dabei steht den Gremien weder ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zu noch ist vor Festsetzung einer Ausgleichspflicht eine Beratung des Vertragsarztes geboten (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26).

4. Der Beigeladene zu 2. hat in dem hier streitbefangenen Zeitraum durch die Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren für 14 bei der Klägerin versicherte Mitglieder über eine Apotheke unwirtschaftliche Arzneimittelanwendungen veranlasst. Die verordneten Präparate hätten erheblich kostengünstiger nach § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG beim Hersteller/Großhändler bezogen werden können.

a) In der Rechtsprechung der Sozialgerichte ist geklärt, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot aus den §§ 12 Abs 1, 70 Abs 1 S 2 und 72 Abs 2 SGB V bei der Verordnung von Arzneimitteln nicht allein bei der Auswahl der Präparate zu beachten ist, sondern auch dann, wenn es - wie hier - verschiedene Bezugsmöglichkeiten (entweder über die Apotheke oder direkt über den Hersteller/Großhändler) gibt. Hintergrund ist, dass, die Ärzte Leistungen, die unwirtschaftlich sind, ausdrücklich nicht "bewirken" dürfen (§ 12 Abs 1 S 2 SGB V). Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem Grund die konkrete Leistung unwirtschaftlich ist. Im Recht der GKV gilt daher der Grundsatz, dass dann, wenn Leistungen als gleichwertig anzusehen sind - weil sie voraussichtlich mit gleicher Wahrscheinlichkeit zu dem gleichen Behandlungserfolg führen werden - die kostengünstigere Leistung zu wählen ist. Davon ist erst recht auszugehen, wenn es sich bei der Leistung letztlich um die Anwendung identischer Arzneimittel handelt, die sich lediglich in der Art und Weise des Bezugs (indirekt über die Apotheke oder direkt über den Hersteller/Großhändler) unterscheiden (vgl zu alledem BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 mwN).

b) Dabei bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel daran, dass der im MVZ K. tätige Beigeladene zu 2. in den Jahren 2007 bis 2009 berechtigt gewesen ist, die für 14 bei der Klägerin versicherte Mitglieder verordneten Blutgerinnungsfaktoren direkt beim Hersteller/Großhändler (wesentlich kostengünstiger als über eine Apotheke) zu beziehen. Diese Bezugsmöglichkeit besteht - entgegen der Auffassung des Beklagten, des SG und des Beigeladenen zu 2. - auch für Blutgerinnungsfaktoren, die in der Praxis des Arztes verabreicht bzw nicht "im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an ( ) Patienten" abgegeben werden. Das ergibt sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Regelung in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG.

aa) Die Regelung lautet:

"Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur abgeben an

1. (...)

2. Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um

a) aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen,

b) (...)".

Dem Gesetzeswortlaut folgend regelt der Bundesgesetzgeber in § 47 AMG (mit der amtlichen Überschrift "Vertriebsweg") im Wesentlichen verschiedene Ergänzungen zu der in § 43 AMG normierten Apothekenpflicht, wonach Arzneimittel grundsätzlich nur über Apotheken in den Verkehr gebracht bzw dem Endverbraucher ausgehändigt werden dürfen (vgl hierzu Miller in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl 2016, § 47 Rn 3 f). Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich demnach überwiegend auf das (Rechts-)Verhältnis zwischen dem Hersteller/Großhändler von Arzneimitteln und den möglichen Direktbeziehern - also: Krankenhäusern und Ärzten.

Das gilt aber nicht für die hier maßgebliche (Teil-)Regelung in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG:

"<...>, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen,<...>".

Dieser Teilabschnitt bezieht sich dem Wortlaut der Vorschrift nach auf das Verhältnis zwischen dem behandelnden Arzt und seinen Patienten und berechtigt die in einer bestimmten Art und Weise qualifizierten Leistungserbringer dazu, Blutgerinnungsfaktoren bei einer Heimselbstbehandlung an die Endverbraucher direkt (und damit wiederum unter Umgehung der in § 43 geregelten Apothekenpflicht) abzugeben (vgl hierzu Miller: Kügel/Müller/Hofmann, aaO, Rn 11). Damit hat der Bundesgesetzgeber über § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG in einem Satz zwei unterschiedliche und sich nicht überschneidende Sachverhalte geregelt: Zum einen wird dort festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Krankenhäuser und Ärzte Arzneimittel direkt vom Hersteller/Großhändler beziehen können (Direktbezug). Zum anderen wird dort vorgegeben, unter welchen Voraussetzungen Ärzte Arzneimittel direkt an ihre Patienten weiter- bzw abgeben können (Direktabgabe). Schon hieraus lässt sich ableiten, dass die Tatbestandsmerkmale für die Direkt-abgabe von Arzneimitteln (Gerinnungsfaktorenzubereitungen/hämostaseologisch qualifizierter Arzt/ärztlich kontrollierte Selbstbehandlung/Bluter) keine zusätzlichen Vorgaben für den Direktbezug von Arzneimitteln (Abgabe an Krankenhäuser und Ärzte/aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile) sind.

bb) Die Entstehungsgeschichte von § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG bestätigt das vorangestellt dargelegte Auslegungsergebnis. So hat die Vorschrift ursprünglich (in der bis zum 6. Juli 1998 gültigen Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 17. August 1994 (BGBl I 2071)) noch keine sich auf die Direktabgabe von Blutgerinnungsfaktoren beziehende Sonderregelung enthalten. Die Vorschrift hat vielmehr folgenden Wortlaut gehabt:

"Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur abgeben an

1. (...)

2. Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um

a) aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile,

b) (...)"

Bereits dieser Umstand deutet darauf hin, dass es sich bei der Ergänzung in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG zu der Möglichkeit einer Direktabgabe von Blutgerinnungsfaktoren (durch das ab dem 7. Juli 1998 gültige Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (TFG) vom 1. Juli 1998 (BGBl I 1752)) nicht um zusätzliche Tatbestandsmerkmale für den Direktbezug von Arzneimitteln gehandelt hat, sondern um eine eigenständige gesetzliche Regelung. Hinzu kommt, dass der Bundesgesetzgeber den in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG eingeführten Teilabschnitt nur deshalb in das TFG aufgenommen hat, um klarzustellen, dass "der Arzt im Rahmen der kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern Gerinnungsfaktorenzubereitungen an diese Patienten abgeben darf" (vgl hierzu BT-Drucks 13/9594 S 30 zu § 47 AMG). Daher hat der ursprüngliche Änderungsvorschlag in dem Gesetzesentwurf zum TFG für § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG im Ergebnis noch gelautet:

"Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur abgeben an

1. (...)

2. Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um

a) aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile. Der Arzt darf im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern Gerinnungsfaktorenzubereitungen an seine Patienten abgeben,

b) (...)"

Dabei ist die derzeit gültige Gesetzesfassung von § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG mit dem (hier maßgeblichen und von dem Beklagten sowie dem SG unzutreffend ausgelegten) Teilabschnitt

a) "(...), die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen,

b) (...)"

erst auf Veranlassung des 14. Ausschusses (für Gesundheit) in den Gesetzestext aufgenommen worden. Mit der Umformulierung der ursprünglich beabsichtigten Gesetzesergänzung hat der Ausschuss aber lediglich sicherstellen wollen, dass nur entsprechend qualifizierten Ärzten die Berechtigung zur Durchführung einer Heimselbstbehandlung gewährt wird und dass sich das damit verbundene Privileg zur Direktabgabe von Blutgerinnungsfaktoren ausschließlich auf diese Arztgruppe bezieht (vgl hierzu BT-Drucks 13/10643 S 25 zu § 34 Nr 7 (entspricht der vom Bundesgesetzgeber ursprünglich vorgeschlagenen Ergänzung von § 47 AMG)). Insofern beschränkt sich der in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG mit dem TFG aufgenommene Teilabschnitt entstehungsgeschichtlich erkennbar auf eine Ergänzungsregelung zur Direktabgabe (und nicht zum Direktbezug) bestimmter Arzneimittel.

cc) Hierfür spricht letztlich auch der Sinn und Zweck des mit dem TFG in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG eingeführten Teilabschnitts. Dabei ist der Bundesgesetzgeber davon ausgegangen, dass es sich bei der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern um eine spezielle, seit Jahrzehnten bewährte und damit mittlerweile unverzichtbare Behandlungsform handelt. Die Abgabe der Blutgerinnungsfaktoren durch den behandelnden Arzt an die Patienten sei eine bewährte und bisher nur geduldete Praxis; diese einzigartige und unvergleichliche Behandlungskonstellation hat mit der vorgeschlagenen Ergänzungsregelung abgesichert werden sollen (vgl hierzu BT-Drucks 13/9594 S 30 zu § 47 AMG). Die Regelung zielt damit ausschließlich darauf ab, eine in der Praxis anerkannte, aber bis zur Einführung des TFG noch nicht normierte Behandlungsform - die ärztliche kontrollierte Selbstabgabe von Blutgerinnungsfaktoren - in dem Rechtsverhältnis zwischen dem behandelnden Arzt und seinen Patienten gesetzlich zu regeln. Eine Beschränkung oder Änderung hinsichtlich des in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG mitgeregelten Direktbezugs von Blutgerinnungsfaktoren ist dabei weder beabsichtigt gewesen noch erfolgt.

c) In der vorliegenden Konstellation ist der im MVZ K. tätige Beigeladene zu 2. daher unabhängig davon, ob die in den Jahren 2007 bis 2009 für die bei der Klägerin versicherten Mitglieder verordneten Blutgerinnungsfaktoren in der Praxis verabreicht oder im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung abgegeben worden sind, aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots zum Direktbezug der Arzneimittel verpflichtet gewesen.

Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 2. ist diese rechtliche Bewertung des Senats auch zwanglos mit der bisher ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung des Wirtschaftlichkeitsgebots beim Bezug von Arzneimitteln (indirekt über die Apotheke oder direkt über den Hersteller/Großhändler) vereinbar (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 mwN). Hintergrund ist, dass der hier maßgeblichen Entscheidung des BSG ein Sachverhalt zugrunde gelegen hat, in dem die über eine Apotheke bezogenen Blutgerinnungsfaktoren unstreitig im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an den Patienten abgegeben worden sind. Insofern ist in dem Rechtsstreit die Frage, ob die Gerinnungsfaktoren aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots auch dann direkt über den Hersteller/Großhändler hätten bezogen werden müssen, wenn sie dem Patienten in der Arztpraxis verabreicht worden wären, weder streitbefangen gewesen noch durch das BSG im Rahmen eines obiter dictum (mit-)beantwortet worden.

Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass dem Beigeladenen zu 2. in dem hier streitbefangenen Zeitraum bekannt gewesen ist, dass nach den gesetzlichen Vorgaben in § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG der Direktbezug von Blutgerinnungsfaktoren unabhängig davon möglich ist, ob die Gerinnungsfaktoren anschließend vom Arzt in der Praxis verabreicht oder zur Selbstbehandlung an den Patienten abgegeben werden. Deutlich wird das vor allem daran, dass der Beigeladene zu 2. zumindest anderen KKen schon im August 2005 einen Vorschlag für den Abschluss eines Arzneimittelabgabevertrags vorgelegt hat, der für alle bei der betreffenden KK versicherten Patienten und unabhängig von der konkreten Abgabeform den Direktbezug von Blutgerinnungsfaktoren zu den für 2005 gültigen Zentrumspreisen zum Inhalt gehabt hat (vgl hierzu die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 23. April 2018 eingereichte Vertragskopie auf Blatt 406 ff der Gerichtsakte). Insofern stützt sich der Beigeladene zu 2. in dem hier anhängigen Verfahren auf eine Rechtsauffassung, die er gegenüber den KKen erst eingenommen hat, nachdem diese den Abschluss eines Arzneimittelabgabevertrags zu seinen (Preis-)Konditionen abgelehnt haben.

In diesem Zusammenhang meint der Beigeladene zu 2. auch zu Unrecht, ihn treffe die sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgende Pflicht, Blutgerinnungsfaktoren nicht über die Apotheken, sondern direkt von pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändlern zu beziehen, nur dann, wenn er zuvor mit der jeweiligen KK einen entsprechenden Arzneimittelabgabevertrag geschlossen hat. Hierzu hat das BSG (aaO, Rn 44 ff) ausführlich und überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen sich in Fällen der vorliegenden Art eine unmittelbar aus § 12 Abs 1 SGB V folgende (gesetzliche) Pflicht zum Direktbezug ergibt und zur Begründung ua darauf verwiesen, dass sich schon angesichts der exorbitanten Kostenunterschiede die Nutzung der Direktbezugsmöglichkeit geradezu aufdrängt. Dabei bedarf es keiner weiteren Darlegung, dass die Kosten der Blutgerinnungsfaktoren letztlich von den KKen zu tragen sind, denen gegenüber der beim Direktbezug vorleistende Arzt entsprechende Erstattungsansprüche hat. Mit den KKen abgeschlossene Arzneimittelabgabeverträge dienen zwar der erleichterten Quantifizierung der Erstattungsbeträge (vgl hierzu Stallberg, GesR 2019, 619 f), sind aber nicht Voraussetzung für eine Pflicht zum Direktbezug.

d) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 2. entfällt diese Verpflichtung auch nicht deshalb, weil auf Seiten des behandelnden Arztes der Umgang mit Gerinnungsfaktoren ein mit zusätzlichen Kosten verbundenes Medikamentenmanagement (zur sachgerechten Aufbewahrung/Dokumentation/Bereitstellung der Arzneimittel) erfordert. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um eine apothekenähnliche und dem Arzt deshalb gesondert zu vergütende Tätigkeit; vielmehr sind die damit verbundenen Aufwendungen als Bestandteil der allgemeinen Praxiskosten anzusehen, die in die Vergütung der erbrachten vertragsärztlichen Leistungen eingeflossen sind.

aa) Nach § 95 Abs 3 S 1 SGB V bewirkt die Zulassung, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung "im Umfang seines aus der Zulassung folgenden ( ) Versorgungsauftrages" verpflichtet ist. Der Umfang des Auftrags entspricht im Grundsatz dem Inhalt der vertragsärztlichen Versorgung: Diese umfasst nach § 73 Abs 2 S 1 SGB V ua die ärztliche Behandlung (Nr 1) und die Verordnung von Arzneimitteln (Nr 7) und entspricht damit wiederum inhaltlich dem in § 27 Abs 1 S 2 SGB V definierten Umfang der "Krankenbehandlung". Nach § 28 Abs 1 S 1 SGB V umfasst die (vertrags-)ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist.

Auch für vertragsärztlich zugelassene Transfusionsmediziner gehören demnach (ua) die sachgerechte Lagerung/Dokumentation/Bereitstellung von Blutprodukten zu den selbstverständlichen Voraussetzungen der fachärztlichen hämostaseologischen Behandlung gesetzlich Krankenversicherter. Nach der schon seit 2005 gültigen (und 2007 insoweit fortgeschriebenen) Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) gemäß §§ 12 und 18 des TFG ist zum einen die Vorratshaltung beim "Anwender" - hier: der die Blutgerinnungsfaktoren anwendenden ärztlichen Einrichtung der Krankenversorgung - auf ein definiertes Minimum zu beschränken, da die Präparate im Regelfall zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt sind. Darüber hinaus muss die Lagerung der Blutprodukte in geeigneten Kühleinrichtungen erfolgen (Kapitel 4 Ziffer 4.1 der Richtlinie). Dabei gelten die von der Bundesärztekammer als Normgeber in die Richtlinie aufgenommenen Vorgaben unabhängig davon, ob die Blutprodukte von der ärztlichen Einrichtung der Krankenversorgung direkt vom Hersteller/Großhändler oder über die Apotheke bezogen worden sind. Daneben sind von den behandelnden (Fach-)Ärzten beim Umgang mit Blutprodukten ausnahmslos umfangreiche Dokumentationspflichten (vgl hierzu § 14 TFG) und Qualitätssicherungsvorgaben (vgl hierzu § 15 TFG) zu erfüllen. Die vom Beigeladenen zu 2. hier getroffenen Vorkehrungen zur sachgerechten Aufbewahrung, zur Dokumentation und zur Qualitätssicherung beim Umgang mit Blutgerinnungsfaktoren gelten demnach für jede Einrichtung der hämostaseologischen Krankenversorgung und gehen erkennbar nicht über das in vergleichbaren Fachpraxen Übliche hinaus.

bb) Die KKen tragen die Kosten dieser ärztlichen Leistungen im kollektivvertraglich organisierten Vertragsarztrecht grundsätzlich durch die Zahlung der Gesamtvergütung (vgl hierzu § 85 Abs 1 SGB V: "Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung"), die mit befreiender Wirkung entrichtet wird, sodass Vergütungsansprüche der Vertragsärzte nur gegenüber der jeweils zuständigen KÄV bestehen. Dabei sieht Nr I.7 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) vor, dass "Allgemeine Praxiskosten" (hierzu gehören zB Geräte- und Personalkosten &706;vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4&707;) in den Gebührenordnungspositionen des EBM enthalten sind, soweit nichts anderes bestimmt ist. Ansprüche des einzelnen Vertragsarztes gegenüber der KK oder die Möglichkeit, unter Bezug auf entsprechende Rechtspositionen Einwände gegen die Pflicht zur wirtschaftlichen Verordnungsweise zu erheben, bestehen daneben nicht.

Weiterhin ist es nach den im streitbefangenen Quartal geltenden Vorgaben in § 73c Abs 3 S 1 SGB V auf selektivvertraglicher Ebene aber auch möglich gewesen, dass die KKen zur Umsetzung einer besonderen ambulanten Versorgung Einzelverträge mit den (vertrags-)ärztlichen Behandlern abschließen. Derartige Verträge sind häufig mit Hämophiliezentren wie dem des Beigeladenen zu 2. auf der Grundlage von § 47 AMG geschlossen worden, wobei dort häufig auch Aufwandspauschalen für die vermehrte ärztliche und logistische Betreuung vorgesehen gewesen sind (vgl hierzu Altmiks in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: März 2020, § 132i SGB V Rn 4). Zum Abschluss eines solchen Vertrags zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 2. ist es aber nicht gekommen; nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben in § 73c Abs 3 S 2 SGB V hat darauf auch kein Anspruch bestanden. Deshalb lässt sich hieraus ebenfalls nicht ableiten, dass der Beigeladene zu 2. besondere Aufwendungen seines MVZ im vorliegenden Zusammenhang geltend machen kann.

Bestätigt wird diese Auffassung durch die zum 16. August 2019 mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom 9. August 2019 (BGBl I 1202) in Kraft getretene neue Regelung des § 132i SGB V. Dem Gesetzeswortlaut der Regelung in S 1 (und der Schiedsvorgabe in S 3) folgend sind die KKen erst jetzt verpflichtet, "mit ärztlichen Einrichtungen, die auf die qualitätsgesicherte Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie durch hämostaseologisch qualifizierte Ärztinnen oder Ärzte spezialisiert sind, ( ) Verträge über die Behandlung von Versicherten mit Gerinnungsstörungen bei Hämophilie" zu schließen. "In diesen Verträgen soll die Vergütung von zusätzlichen, besonderen ärztlichen Aufwendungen zur medizinischen Versorgung und Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Gerinnungsstörungen bei Hämophilie, insbesondere für die Beratung über die Langzeitfolgen von Gerinnungsstörungen, die Begleitung und Kontrolle der Selbstbehandlung, die Dokumentation nach § 14 des Transfusionsgesetzes und die Meldung an das Deutsche Hämophilieregister nach § 21 Absatz 1a des Transfusionsgesetzes sowie für die Notfallvorsorge und -behandlung geregelt werden" (§ 132i S 2 SGB V). Ausweislich der Gesetzesbegründung zählen hierzu auch die besonderen Aufwendungen der Ärzte zur Vorhaltung der Arzneimittel und zur Versorgung in medizinischen Notfällen (vgl hierzu BT-Drucks 19/8753, S 67). Die Einführung dieser Regelung wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die genannten Praxiskosten in Hämophiliezentren schon vorher - und damit auch in den hier streitbefangenen Quartalen - außerhalb der Gesamtvergütung hätten geltend gemacht werden können.

cc) Unabhängig davon steht die aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot resultierende Verpflichtung zum Direktbezug von Blutgerinnungsfaktoren mit den besonderen Aufwendungen des behandelnden Arztes für die sachgerechte Aufbewahrung/Dokumentation/Bereitstellung der Arzneimittel auch in keinem erkennbaren kausalen Zusammenhang. Insbesondere fallen in den Arztpraxen die mit einem sachgerechten Medikamentenmanagement zusammenhängenden Kosten regelmäßig losgelöst von dem tatsächlich für die Blutgerinnungsfaktoren genutzten Bezugsweg an. Vorliegend ergibt sich das letztlich aus den Darlegungen des Beigeladenen zu 2. gegenüber der Gewerbeaufsicht, wonach die in das MVZ K. gelieferten Gerinnungsfaktoren sowohl direkt von Arzneimittelherstellern als auch indirekt von drei Apotheken aus der näheren Umgebung bezogen werden (vgl hierzu den vom Beigeladenen zu 2. zur Gerichtsakte gereichten Anhang 3 zum Maßnahmenplan und Inspektionsbericht der Gewerbeaufsicht auf Blatt 20/21). Die Darlegungen des Beigeladenen zu 2. werden dabei durch die vorgelegte Patientendokumentation bestätigt, wonach für mehrere der 14 der bei der Klägerin versicherten Patienten die entsprechenden Blutgerinnungsfaktoren "( ) über O. bestellt (.)" worden sind. Demnach müssen im MVZ K. nicht nur die direkt vom Hersteller bezogenen Medikamente sachgerecht aufbewahrt/dokumentiert/bereitgestellt werden, sondern auch die indirekt über eine Apotheke bezogenen Präparate. Die im Anschluss daran - und zwar unabhängig von dem tatsächlich genutzten Bezugsweg - regelmäßig anfallenden Aufwendungen für ein Medikamentenmanagement sind daher für die Bewertung, ob der behandelnde Arzt beim Umfang mit Blutgerinnungsfaktoren wirtschaftlich oder unwirtschaftlich vorgegangen ist, ohne Relevanz.

e) Nach alledem steht fest, dass die Verordnung von Blutgerinnungsfaktoren in den Quartalen I/2007 bis I/2009 (außer in dem Quartal I/2008) über die Apotheke dem Grunde nach unwirtschaftlich gewesen ist, weil die Klägerin dadurch verpflichtet worden ist, die im Vergleich zum Direktbezug weitaus höheren Apothekenpreise zu bezahlen.

Auf ein Verschulden des Beigeladenen zu 2. kommt es im Rahmen des hier vorliegenden Verordnungsregresses nicht an (vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 106 Nrn 28 und 52). Unabhängig hiervon drängt sich aus den Darlegungen des Beigeladenen zu 2. zu den Auseinandersetzungen mit der Klägerin über den Abschluss von Arzneimittelabgabeverträgen der Eindruck auf, dass dieser den teureren Bezugsweg über die Apotheke bewusst gewählt hat, weil er über die Weigerung der Klägerin, den Vertrag zu den von ihm gewünschten Konditionen abzuschließen, verärgert gewesen ist oder die Klägerin auf diese Weise zum Nachgeben hat bewegen wollen.

Auch der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kann gegen die Regressierung der Mehrbeträge, die durch den unwirtschaftlichen Bezug der Gerinnungsfaktoren über die Apotheke verursacht worden sind, nicht ins Feld geführt werden. Das BSG hat wiederholt (vgl hierzu das Urteil vom 6. Mai 2009 - B 6 KA 3/08 R - juris; SozR 4-2500 § 106 Nr 26) angezweifelt, ob bei Arzneimittelregressen überhaupt Raum für die Anwendung dieses Grundsatzes bleibt. Jedenfalls in Konstellationen, in denen Zweifel an der Verordnungsfähigkeit des jeweils problematischen Arzneimittels offensichtlich waren, hat es eine Verletzung dieses Grundsatzes bzw des Übermaßverbots nicht angenommen (aaO). Nichts anderes kann angesichts der offensichtlich höheren Kosten bei Bezug über die Apotheke im vorliegenden Fall gelten.

5. Der Klägerin steht aber nicht der gesamte in ihrem Prüfantrag geltend gemachte Regressanspruch zu.

a) Allerdings hat sie bei der Ermittlung der Differenz zwischen den Kosten der Gerinnungsfaktoren bei Verordnung über die Apotheke (abzüglich der Eigenanteile der Versicherten) und bei dem Direktbezug nach § 47 Abs 1 S 1 Nr 2a AMG zutreffend von den von ihr ermittelten "Zentrumspreisen" im Direktbezug ausgehen können. Die vom Beigeladenen zu 2. an diesen Preisen geäußerten Bedenken sind als bloßes unqualifiziertes Bestreiten zurückzuweisen. Denn als Betreiber des MVZ K., in dem eine große Zahl von Patienten mit direkt bezogenen Gerinnungsfaktorpräparaten behandelt wird, hätte er selbst angeben können, zu welchen Preisen er die hier streitbefangenen Präparate von pharmazeutischen Unternehmen bzw Großhändlern hätte einkaufen können. Angaben hierzu hat er aber unterlassen, sodass er sich am Preisansatz der Klägerin festhalten lassen muss.

b) Die Klägerin muss sich bei der Bemessung ihres Schadens jedoch entgegenhalten lassen, dass sie bei einem vom MVZ des Beigeladenen zu 2. organisierten Direktbezug auch von eigenen finanziellen Belastungen für die Beschaffung und die Abrechnung der Gerinnungsfaktoren frei geworden wäre. Soweit dem MVZ nicht nur Praxiskosten, die jeder hämostaseologisch tätige Vertragsarzt tragen muss, sondern auch Verwaltungskosten für Arzneimittel entstehen, die von den Leistungspflichten der KKen umfasst werden, mindern diese den Regressbetrag.

Das zeigen die Regelungen in den §§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3, 31 Abs 1 SGB V, wonach der Anspruch der gesetzlich Krankenversicherten auf die "Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln" von der KK (und nicht von dem behandelnden Arzt) zu erfüllen ist, bei der der Patient (mit-)versichert ist. Die Leistungen der Krankenbehandlung werden dabei von den KKen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen erbracht, wobei die Sozialversicherungsträger dafür auf die Leistungserbringer nach den §§ 69 ff SGB V zurückgreifen (vgl hierzu Fahlbusch in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 27 Rn 75). Damit übernehmen zwar regelmäßig die Apotheken (als Leistungserbringer nach § 31 Abs 1 SGB V) die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln; im Gegenzug steht ihnen dafür aber ein Anspruch auf Vergütung nach dem Rahmenvertrag zu, der gemäß den Vorgaben in § 129 Abs 5 SGB V zwischen den KKen und ihren Verbänden sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Apotheker auf Landesebene abzuschließen ist (vgl hierzu Schneider in: jurisPK-SGB V, § 129 Rn 34 f mwN). Für die von einem Arzt aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots direkt vom Hersteller/Großhändler (und nicht indirekt von der Apotheke) zu beziehenden Arzneimittel kann - weil auch die Versorgung der Versicherten mit Blutgerinnungsfaktoren eine den KKen obliegende Aufgabe darstellt - nichts anderes gelten.

Damit muss die Klägerin im Ergebnis auch die Kosten tragen, die dem MVZ im Zusammenhang mit dem Einkauf der Gerinnungsfaktoren und der Abrechnung mit Lieferanten/KKen selbst entstehen (anders als in dem im BSG-Urteil vom 13. Mai 2015 - B 6 KA 18/14 R - entschiedenen Fall, in dem die Abrechnung zwischen Hersteller und KK erfolgte &706;vgl hierzu SozR 4-2500 § 106 Nr 51 Rn 43&707;). Nicht hierzu gehören allerdings evtl Kosten beim Einzug der Versichertenanteile, mit dem nach § 43b Abs 1 SGB V (heute: § 43c Abs 1 SGB V) nicht die KK, sondern der jeweilige Leistungserbringer betraut ist. Einen Anspruch auf Erstattung hiermit verbundenen Verwaltungsaufwands haben nur Krankenhäuser (vgl § 43b Abs 3 S 6 SGB V), mangels entsprechender Rechtsgrundlage aber nicht einzelne Vertragsärzte (so zutreffend zur früheren Praxisgebühr: Rixen, SGb 2004, 2, 11).

c) Den Umfang der Kosten, die sich die Klägerin hinsichtlich der im streitbefangenen Zeitraum vom MVZ K. über die Apotheke bezogenen Blutgerinnungsfaktoren erspart hätte, wenn diese direkt vom Hersteller/Großhändler bezogen worden wären, hat der Beklagte - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - bislang nicht (amts-)ermittelt. Dies wird der Ausschuss im Rahmen der anstehenden Neubescheidung nachzuholen haben. Zur Ermittlung der Höhe dieser Kosten könnte es sich dabei anbieten, die Klägerin die bei der KK für den Einkauf und die Abrechnung dieser Arzneimittel bei wirtschaftlicher Vorgehensweise üblicherweise anfallenden Personal- und sonstigen Sachkosten quartalsbezogen aufschlüsseln zu lassen. Im Anschluss ist die Differenz zwischen dem Apothekenpreis für die im MVZ K. verordneten Blutgerinnungsfaktoren und dem kostengünstigeren Zentrumspreis für deren Direktbezug beim Hersteller/Großhändler um die von der Klägerin auf dieser Berechnungsbasis ersparten Aufwendungen angemessen zu verringern. Nur in diesem Umfang sind die vorliegend über die Apotheke bezogenen Präparate unwirtschaftlich gewesen. Der Ausschuss kann den Umfang der Aufwendungen, die sich die Klägerin bei einem Direktbezug der Blutgerinnungsfaktoren erspart hätte, aber auch schätzen und als Grundlage dabei auf die Kalkulation des Angebots zurückgreifen, das die Klägerin dem Beigeladenen zu 2. bei den zurückliegenden Verhandlungen über einen Arzneimittelabgabevertrag unterbreitet hat. Aus Sicht des Senats bietet das Angebot ausreichende Anhaltspunkte dafür, die Kosten zu schätzen, die sich die KK durch die mit dem Direktbezug von Gerinnungsfaktoren verbundene Übernahme besonderer Verwaltungsaufgaben beim Einkauf der Medikamente durch die behandelnden Ärzte erspart hätte.

d) Dem steht schließlich auch nicht entgegen, dass dem Beklagten - wie vorangestellt unter 3.b) dargelegt - bei der Prüfung, ob der Beigeladene zu 2. im streitbefangenen Zeitraum unwirtschaftliche Arzneimittelanwendungen veranlasst hat, hinsichtlich der Festsetzung einer Ausgleichspflicht in Höhe des der klagenden KK entstandenen Schadens weder ein Beurteilungs- noch ein sonstiger Ermessensspielraum zusteht. Zum einen hat die Klägerin vorliegend ausdrücklich "nur" eine Neubescheidungsklage iS von § 131 Abs 3 SGG erhoben. Zum anderen ist in der Rechtsprechung der Sozialgerichte geklärt, dass selbst bei einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Bereich der gebundenen Verwaltung auch dann ein Bescheidungsurteil statthaft ist, wenn - wie hier - eine Leistung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach streitig ist und das vom Senat getroffene Grundurteil (wonach der Beigeladene zu 2. verpflichtet ist, den Schaden, der der Klägerin durch die über eine Apotheke bezogenen Blutgerinnungsfaktoren entstanden ist, dem Grunde nach zu ersetzen) um Bescheidungsvorgaben zur Leistungshöhe ergänzt wird (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5).

6. Nach alledem hat das SG die Klage der KK zu Unrecht teilweise abgewiesen. Daher hat der Senat auf die Berufung der Klägerin das Urteil der Vorinstanz insoweit aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt.

Soweit das SG in dem angefochtenen Urteil den Beklagten bereits zur Neubescheidung verurteilt hatte, ist aus den vorangestellt dargelegten Gründen auf die Berufung des Beigeladenen zu 2. das Urteil geändert und der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats verurteilt worden. Im Übrigen hat der Beigeladene mit seinem auf eine vollständige Klagabweisung gerichteten Rechtsmittel aber keinen Erfolg haben können.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm den §§ 154 Abs 1 und 3, 155 Abs 1 S 1 u 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), weil sie auslaufendes Recht betrifft und damit nicht mehr klärungsbedürftig ist. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Regelung in § 47 AMG mit dem insoweit ab dem 15. August 2020 gültigen Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (BGBl I 2019, 1202) insofern geändert worden ist, als nunmehr Gerinnungsfaktorzubereitungen nicht mehr direkt vom Hersteller/Großhändler bezogen werden können (bzw vom behandelnden Arzt aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots bezogen werden müssen).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf der Anwendung von § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG).