Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 01.12.2020, Az.: 11 U 58/20
Kaufpreisrückzahlungsanspruch für ein vermeintlich vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug; Begriff der Sittenwidrigkeit; Zulässigkeit eines Thermofensters
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 01.12.2020
- Aktenzeichen
- 11 U 58/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 66588
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 13.05.2020 - AZ: 17 O 1965/19
Rechtsgrundlagen
- § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO
- § 280 Abs. 1 BGB
- § 826 BGB
- § 823 Abs. 2 BGB
- Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 4 Abs. 1
- Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 4 Abs. 2
- Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 5 Abs. 1
- § 263 StGB
In dem Rechtsstreit
AA, Ort1,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
gegen
1. BB AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden,
Ort2,
2. CC AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden,
Ort3,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte zu 1:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
Prozessbevollmächtigte zu 2:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Richterin am Oberlandesgericht
(...), den Richter am Oberlandesgericht (...) und den Richter am Oberlandesgericht
(...)
am 1. Dezember 2020
einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Berufung des Klägers vom 17.06.2020 gegen das am 13.05.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Oldenburg (Aktenzeichen: 17 O 1965/19) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 80.000 Euro.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Schadenersatz wegen des Kaufs eines PKW mit einem Dieselmotor. Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 30.04.2014 einen gebrauchten PKW der Marke Pkw1, mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (...) bei dem CC Händler DD GmbH & Co. KG, in Ort4 (Bl. 15 Bd. I) zu einem Preis von 88.000 € brutto. Die Erstzulassung des Fahrzeugs erfolgte am 01.10.2013 (Bl. 16 Bd. I). Der Kläger überwies den Kaufpreis vollständig an den Verkäufer. Bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger betrug die Laufleistung des streitgegenständlichen PKWs 12.700 km. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein Dieselmotor verbaut. Laut Angaben der Beklagten zu 2) als Fahrzeughersteller ist in dem Fahrzeug Typ Pkw1 ein Dieselmotor des Typs1 verbaut (Bl. 74 und 20 Bd. II). Das Fahrzeug hat ausweislich der Zulassungsbescheinigung Teil I die Schadstoffklasse Euro 5 (Bl. 16 Bd. I).
Die Schadstoffklasse Euro 5 ist erfüllt, wenn der Stickoxidgrenzwert von 180 mg/km eingehalten wird. Die Einhaltung wurde im Rahmen des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ermittelt. Auf dem Rollenprüfstand des NEFZ wird folgender Strecke-Zeit-Korridor abgefahren: Unmittelbar nach dem Motorstart werden vier hintereinander liegende, identische Fahrkurven von jeweils 195 Sekunden, die jeweils pro Abschnitt aus drei unterschiedlichen, nachzufahrenden auf- und abbauenden Geschwindigkeiten bestehen (15, 30 und 50 km/h) auf einer Wegstrecke von 4,052 Kilometer sowie anschließend, nach einer definierten Pause, 400 Sekunden lang eine Fahrlinie mit einem erneut vorgegebenen Geschwindigkeitsauf- und -abbau zwischen ca. 70, 50, 70, 100 und 120 km/h auf einer Wegstrecke von insgesamt exakt 6,955 km (Bl. 51 Bd. I). Die Durchschnittsgeschwindigkeit von 33,6 km/h auf dem Rollenprüfstand des NEFZ entspricht nicht der Lebenswirklichkeit eines Fahrzeuges mit einer Leistung von 250 PS (Bl. 52 Bd. I).
Mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 07.08.2019 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) unter Fristsetzung bis zum 21.08.2019 auf, den gesamten Kaufpreis Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs nebst deliktischer Zinsen in Höhe von 4 % ab dem 30.04.2019 zu zahlen. Gezogene Nutzungen brachte er nicht in Abzug. Zudem begehrte er von der Beklagten zu 1) die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.348,94 €. Die gesetzte Frist verstrich fruchtlos. Der Kläger berief sich in diesem Schreiben darauf, dass der PKW mit einem Typ2-Motor ausgestattet und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sei.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat bis heute keinen verpflichtenden Rückruf aller Fahrzeuge des EE-Konzerns mit den Typ2 Motoren, zu der der streitgegenständliche PKW ausweislich der Herstellerangaben gehört, angeordnet.
Vom 29.11.2019 bis September 2020 führte das KBA ein sog. Anhörungsverfahren bzgl. der Fahrzeuge des Typs Pkw1 wegen deren Emissionsverhaltens durch. Im Zuge dieses Anhörungsverfahrens stellte das KBA nach einer von ihr erteilten amtlichen Auskunft vom 11.09.2020 (Anlage B 24, Bl. 361-363 Bd. II) fest, dass in den Motoren der Fahrzeuge Typ Pkw1 keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut und dementsprechend kein amtlicher Rückruf angeordnet worden sei. Eine Unzulässigkeit für die festgestellten emissionsbezogenen Abschaltstrategien sei nicht festgestellt worden, da umfangreiche Unterlagen des Herstellers zu spezifischen Feldausfällen, verbunden mit entsprechenden Nachweistests, deren Notwendigkeit zur Gewährleistung des Motorschutzes belegten. Damit sei ein Fall des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) 715/2007 gegeben. Es sei keine Nebenbestimmung gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV erlassen worden, die ein unzulässiges Emissionsverhalten der Fahrzeuge betreffe. Jedoch sei die vom Hersteller im Rahmen des Nationalen Forums Diesel vorgeschlagene freiwillige Serviceaktion zur Emissionsverbesserung durch die Motorsteuerungssoftware akzeptiert und entschieden worden, dass diese im Verlauf auf der Grundlage von § 25 Abs. 2 EG-FGV überwacht werde (Bl. 361ff Bd. II).
Bzgl. der sog. Thermofenster erklärte das KBA in seiner amtlichen Auskunft vom 11.09.2020, dass die Problematik von umgebungstemperaturgeführten Regelungen dem KBA bei der Zulassung bekannt war. Es sei bereits in einer Kommissionsmitteilung (2008/C 182/08) unter Nr. 8 festgestellt worden, dass Dieselfahrzeuge mit Abgasrückführung bei niedrigen Temperaturen erhöhte NOx-Emissionen verursachen können. In Anerkennung dieses damals vorherrschenden technischen Standes sei in der Durchführungsverordnung 692/2008 unter Art. 3 Abs. 9 festgelegt worden, dass die Prüfung Typ 6 zur Messung von Emissionen bei niedrigen Temperaturen nicht für Dieselfahrzeuge durchzuführen sei (Bl. 361 Bd. II). Für Fahrzeuge ohne NOx-Nachbehandlung, wie die in Rede stehenden Pkw1, sei ausschließlich festgelegt worden, dass der Hersteller der Typgenehmigungsbehörde Angaben zur Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems mache, einschließlich ihres Funktionierens bei niedrigen Temperaturen. Vertiefende technische Anforderungen seien hierzu nicht festgelegt worden. Eine genaue Beschreibung der Emissionsstrategien sei erst ab dem 16.05.2016 mit der Verordnung (EU) 2016/646 eingeführt worden, also deutlich nach Erteilung der Typgenehmigung für den Pkw1. Bei Fahrzeugen des Typs Pkw1, habe das KBA keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt und keinen Rückruf angeordnet (Bl. 362 Bd. II). Im Rahmen der Typgenehmigung für dieses Fahrzeug habe nach Angaben des KBA der Hersteller im Beschreibungsbogen zur Abgasrückführung (AGR) folgende Angaben gemacht (Bl. 362 Bd. II):
"Die AGR-Rate wird durch folgende Parameter hinsichtlich Abgasverhalten und Kraftstoffverbrauch bei Umgebungsbedingungen angepasst/optimiert:
- Motor-Last und -Drehzahl
- zugeführte Kraftstoffmasse
- Kühlwasser- und Ansaugluft-Temperatur
- Atmosphärendruck; Bei niedrigen Temperaturen wird in Abhängigkeit der genannten Parameter die AGR-Funktion angepasst und aufrecht erhalten so lange wie einwandfreier Motorbetrieb bei angepassten Abgasemissionen gewährleistet ist."
Nach Auskunft des KBA war diesem der exakte Wirkungsbereich der AGR in Bezug auf die konkrete Ansaugluft-/Umgebungslufttemperatur zum Zeitpunkt der Erteilung der Typgenehmigung für das Fahrzeug der Marke Typ Pkw1 nicht bekannt, weil eine Nennung der konkreten Parameter zum damaligen Zeitpunkt in der für die Typgenehmigung einschlägigen Vorschrift nicht gefordert war (Bl. 362 Bd. II). Eine Typgenehmigung wäre nach dem KBA auch bei Angabe der konkreten Parameter des Thermofensters zu erteilen gewesen, da im Rahmen der Typgenehmigung nur eine Pflicht zur Beschreibung und keine Anforderungen an die Systemleistung definiert waren (Bl. 362 Bd. II). Untersuchungen des KBA hätten gezeigt, dass vergleichbare umgebungstemperaturgeführte Emissionsstrategien wie beim Motor des Pkw1 insbesondere in anderen Euro5-Fahrzeugen zu finden seien. Die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung sei generell als technische Notwendigkeit bekannt gewesen. Untersuchungen würden zudem zeigen, dass die Entwicklung der ausfallkritischen Bauteile der Abgasrückführung in der Entwicklung von Euro4 bis Euro6 heute von Fahrzeuggeneration zu Fahrzeuggeneration verbessert worden seien (Bl. 363 Bd. II).
Dem KBA lägen Ergebnisse aus dem sogenannten "Sundern-Test" für Fahrzeuge des zugehörigen Motorenherstellers BB vor, welche zur Begründung von Motorschutz (Versottung/Verlackung AGR-Strecke) geeignet seien (Bl. 363 Bd. II).
Der Kläger hat behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei mit einem Dieselmotor des Typs2 ausgestattet. Das Fahrzeug habe eine EG-Typengenehmigung nach der Schadstoffklasse EU6 und sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen. In dem Motor sei ein Thermofenster, also eine temperaturbasierte Abschaltung der Abgasrückführung, die außerhalb der üblichen Temperaturen auf dem Prüfstand aktiviert werde, eine Prüfstandkennung zur Aktivierung eines emissionsarmen Getriebeschaltprogramms sowie unzureichender Harnstoffdosierung (Ad-Blue) für den SCR-Katalysator außerhalb des Prüfstandes implementiert, weswegen das Fahrzeug nicht zulassungsfähig sei und dessen Stilllegung drohe. Der Schadstoffausstoß liege über den angegebenen und zulässigen Werten. Das KBA habe betreffend den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp eine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt und deren Beseitigung im Rahmen eines verpflichtenden Rückrufs gefordert. Er war der Ansicht, die Beklagten hätten ihn bewusst über wesentliche Eigenschaften des Fahrzeugs und dessen Motor getäuscht.
Die Beklagten hätten den Motor des Fahrzeugs mit einer Software ausgestattet, die erkenne, ob sich das Fahrzeug im Prüfmodus auf dem Rollenprüfstand befinde. Auf dem Rollenprüfstand schalte die Motorsteuerung in den NOx-optimierten Modus (sog. Modus 1) mit höherer Abgasrückführung, während dies dann nicht der Fall sei, wenn der Motor im normalen Fahrbetrieb durchgängig im sog. partikeloptimierten Modus (Modus O) betrieben werde, was zu einem höheren Stickoxidationsausstoß führe. So würde das Fahrzeug im normalen Straßenverkehr die Laborwerte hinsichtlich des Stickoxidwertes um das Vielfache überschreiten.
Der streitgegenständliche PKW verfüge damit über eine unzulässige Abschalteinrichtung, zu deren Entfernung die Beklagten verpflichtet seien. Zudem gebe es keine technische Lösung, die diesen Mangel beseitigen könnte, jedenfalls dann nicht, wenn diese keinerlei Auswirkung auf den Verbrauch, die Leistung und andere Eigenschaften des Fahrzeugs haben solle.
Der Kläger war der Ansicht, dass die Beklagte zu 1) durch die Entwicklung und Herstellung des Motors und die Beklagte zu 2) durch den Einbau des Motors sowie das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB begangen habe.
Das Verhalten der Beklagten verstoße gegen die guten Sitten, da sie die potentiellen Käufer, über den Einbau und Folgen der Abgassoftware getäuscht hätten. Diese Täuschung habe dem Zweck der Kostensenkung und möglicherweise Umgehung technischer Probleme gedient, um auf diesem Wege den Einbau technisch einwandfreier und umweltfreundlicherer Abgassoftware zu umgehen. Die Beklagten hätten dabei auch mit Schädigungsvorsatz gehandelt. Denn sie hätten bei Einbau der mangelhaften Software deren Folgen und die eintretenden Schäden voraussehen können, dies aber gleichwohl billigend in Kauf genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 106.709,04 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2019 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Pkw1 mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer (...) mit dem amtlichen Kennzeichen (...), dessen Rückübereignung und Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil I und II und der zugehörigen Fahrzeugschlüssel,
2. festzustellen, dass sich die Beklagten in Annahmeverzug mit der Rücknahme des im Antrag zu 1. aufgeführten Fahrzeugs befinden,
3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.348,94 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2019 zu zahlen,
4. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihm alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über das im Antrag zu 1. genannte Fahrzeug zusammenhängen, zu ersetzen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, sie hätten den Kläger nicht getäuscht. Sie seien bei den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt gewesen. Die Kenntnis anderer Personen müssten sie sich nicht zurechnen lassen. Letztlich fehle es auch an einer Kausalität zwischen dem Vertragsabschluss und einer arglistigen Handlung. Denn der Kläger habe den Kaufvertrag nicht aufgrund einer sittenwidrigen Veranlassung geschlossen. Die Kaufmotivation eines Käufers des hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyps habe hinsichtlich der Umweltaspekte entgegen dem Vortrag des Klägers nur eine nachgeordnete Stellung, was im Detail empirische Untersuchungen ergeben hätten.
Die Beklagten waren der Ansicht, der geltend gemachte Zinsanspruch sei unbegründet, da keine Entziehung bzw. Beschädigung im Sinne von § 849 BGB vorliege.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger weder aus § 826 BGB noch aus § 823 BGB Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aufgrund des Erwerbs des streitgegenständlichen Fahrzeugs zustehe. Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass er den Kaufvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er gewusst hätte, dass in dem Fahrzeug möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden sei. Insoweit folge das Gericht dem Vortrag der Beklagten, wobei für den Käufer des hier streitgegenständlichen Fahrzeugs Umweltaspekte gänzlich in den Hintergrund treten. Wäre es dem Kläger um den Erwerb eines umweltfreundlichen Fahrzeugs gegangen, hätte er zur Überzeugung des Gerichts nicht das hier streitgegenständliche Fahrzeug erworben.
Selbst wenn vorliegend in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden wäre, was vorliegend streitig sei, würde dies keinen Schadensersatzanspruch des Klägers begründen. Bei Einbau einer unzulässigen Abgassoftware komme ein Verstoß gegen das Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen aus Art. 5 Abs. 2 Ziff. 10 der Verordnung (VO) 715/2007/EG in Betracht. Dem Vermögensinteresse des einzelnen PKW-Käufers sei der Hersteller nach dieser Norm aber nicht verpflichtet. Die Richtlinie 2007/46/EG und die VO 715/2007/EG dienten der Harmonisierung des Binnenmarktes und zielten auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung ab. Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer könnten durch die VO als Einzelrechtsakt im gemeinschaftlichen Typgenehmigungssystem allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeugs geschützt werden. Hieraus folge jedoch kein subjektives Recht eines jeden PKW-Käufers, so dass diese VO als Anspruchsgrundlage ausscheide.
Die Beklagten hätten den Kläger auch nicht durch eine arglistige Täuschung bzgl. der Schadstoffemission vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Aussagen, die zur Typgenehmigung oder zu Werten in der Übereinstimmungsbescheinigung getroffen werden, bezögen sich immer auf die Emissionen im NEFZ. Nur diesbezüglich seien die Wertangaben in etwaigen Prospekten miteinander vergleichbar. Auch das mögliche Verschweigen der Software, die den Prüfstandlauf erkennt, führe nicht zu einem Anspruch des Klägers wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Ein Verschweigen könne nur sittenwidrig sein, wenn eine entsprechende Offenbarungspflicht bestehe. Eine solche komme bei Kaufverträgen - und im vorliegenden Fall bestünde noch nicht einmal eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien - bzgl. erheblicher wertbildender Faktoren oder der Verwendbarkeit des Kaufgegenstandes zu seinem Zweck in Betracht, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei.
Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aufgrund der Diskussion über die Abgassoftware ein erheblicher Wertverlust eingetreten sei, lasse sich dies nicht hinreichend belegen. Denn danach seien die Preise nur im Monat September 2016 stark rückläufig gewesen und hätten danach wieder angezogen. Zudem seien die Preise derzeit bei allen Diesel-PKWs rückläufig, unabhängig von der Schadstoffklasse, so dass es an einer Kausalität zwischen der Abgassoftware und einem Preisrückgang fehle. Dies resultiere daraus, dass der Einsatz von Dieselmotoren zurzeit, unabhängig von der Schadstoffklasse, im Zusammenhang mit den Schadstoffbelastungen in einigen Großstädten in Deutschland, generell in Frage gestellt werde. Damit sei zu berücksichtigen, dass unterstellt, der streitgegenständliche PKW sei nicht mit einer unzulässigen Abgassoftware ausgestattet worden, sondern hätte von Anfang an die Euro 5 Norm erfüllt, der Kläger gleichwohl aufgrund der Umweltdiskussion bzgl. derjenigen Dieselfahrzeuge, die die Euronorm 5 erfüllen, einen Wertverlust erlitten hätte und ggf. mit einem Fahrverbot für sein Fahrzeug habe rechnen müssen. Bereits durch die Überschreitung der Abgaswerte in einigen Großstädten in Deutschland sei es zur Diskussion über ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit der Norm Euro 5 oder weniger gekommen, unabhängig davon, ob die Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgassoftware ausgestattet worden seien. Die Abgassoftware habe sich somit nicht kausal dahingehend ausgewirkt, dass dem Kläger ein Schaden entstanden sei.
Dem Kläger stehe kein Anspruch gem. §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zu, da der Vortrag des Klägers zum subjektiven Tatbestand des Betruges unsubstantiiert sei. Der Kläger sei insoweit für alle Umstände, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergeben solle, darlegungs- und beweispflichtig. In diesem Zusammenhang trage der Kläger nicht hinreichend schlüssig vor, dass die Mitglieder des Vorstands der Beklagten positiv gewusst bzw. angeordnet haben, dass die illegale Abschaltsoftware in Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs eingebaut werden. Die Ausführungen des Klägers hierzu seien nur allgemeiner Art ohne konkret unter Beweisantritt anzugeben, dass ein entsprechendes Wissen bis zum Vorstand der Beklagten vorgedrungen sei. Eine Zurechnung gem. § 31 BGB entfalle somit. Gleichfalls entfalle ein Anspruch aus § 831 BGB, da der Kläger nicht substantiiert dargelegt habe, dass die Beklagten ein Verschulden bei der Auswahl oder Leitung seiner Verrichtungsgehilfen im Sinne von § 831 Abs. 1 S. 2 BGB treffe.
Eine Täuschung der Beklagten gegenüber dem Kläger im Hinblick auf eine Unterlassung der Aufklärung über die Funktionsweise der Abgassoftware bestehe gleichfalls nicht. Die Einstellung der Motorsteuerungssoftware stelle bereits keinen wertbildenden Faktor von erheblichem Gewicht dar, der eine Offenbarungspflicht des Verkäufers begründen würde. Wenn den Verkäufer des Fahrzeugs selbst keine Offenbarungspflicht treffe, gelte dies erst Recht für den Hersteller des Motors. Der Kläger lege nicht schlüssig dar, dass er von den Beklagten über die Art der verbauten Motorsteuerung getäuscht worden sei und er deshalb das streitgegenständliche Fahrzeug gekauft hätte. Der Kläger habe schon nicht schlüssig vorgetragen, dass bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug überhaupt eine unzulässige Abgassoftware verbauten worden sei, zumal auch das KBA für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp keine Rückrufaktion angeordnet habe. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Deliktszinsen zu. Dies gelte selbst bei Begründetheit des Schadensersatzanspruches, da die Nutzungsmöglichkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht beeinträchtigt worden sei.
Gegen das Urteil des Landgerichts wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er trägt mit der Berufung im Wesentlichen vor, dass das Urteil des Landgerichts auf Rechtsverletzungen beruhe und Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen bestünden. Der Kläger verfolgt seinen erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch weiter, wobei er nunmehr einen Nutzungsersatz in Abzug bringt.
Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass es keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung gebe. Er habe bereits erstinstanzlich für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten. Die Beklagten treffe eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Bei der Software handele es sich um eine solche, die in codierter Form in der Motorsteuerungssoftware hinterlegt sei. Diese sei für den Kläger nicht auslesbar. Die Codierung der Software und insbesondere das Verstecken der Abschalteinrichtung beruhten auf einer bewussten Entscheidung der Beklagten. Es sei technisch möglich, eine Motorsteuerungssoftware so zu programmieren, dass die Funktion für Dritte erkennbar sei. Die Beklagte habe sich jedoch bewusst dagegen entschieden und eine Programmierung durchgeführt, die für Dritte nicht erkennbar sei. Lediglich die Beklagte sei in der Lage, die Funktion der Motorsteuerungssoftware offen zu legen. Der Nachweis einer unzulässigen Abschalteinrichtung, für die hier erhebliche Indizien sprechen würden, sei dem Kläger lediglich im Rahmen einer symptomatischen Untersuchung möglich. Tatsächlich sei es so, dass die symptomatische Untersuchung eine unzulässige Abschalteinrichtung zwar unter Umständen positiv nachweisen, jedoch nicht negativ ausschließen könne, solange die Bedingungen, unter denen die Abschalteinrichtung arbeitet, nicht bekannt seien. Diese Bedingungen kenne nur die Beklagte. Ein positiver Nachweis sei durch ein Sachverständigengutachten möglich.
Es handele sich bei dem streitgegenständlichen Motor um einen Motor mit der Bezeichnung Typ2. Der Kläger hat zunächst behauptet, es habe bereits verpflichtende Rückrufe für diesen Motor gegeben (Bl. 157 Bd. II). Sodann hat er behauptet, die Beklagte versuche durch das Aufspielen eines freiwilligen Software-Updates einen offiziellen Rückruf zu vermeiden (Bl. 9 Bd. III). Es gebe bereits einen offiziellen Rückruf des KBA zum Pkw2, so dass auch beim streitgegenständlichen Fahrzeug ein solcher zu erwarten sei (Bl. 10 Bd. III).
Die seitens der Beklagten verwendete Abschalteinrichtung in Form des Thermofensters sei nicht gem. Art. 5 Abs. 2 lit. a der VO 715/2007/EG zum Schutze des Motors notwendig. Dem Kläger seien fünf Abschalteinrichtungen im streitgegenständlichen Fahrzeug bekannt. Zum einen erkenne das Fahrzeug am Einschlag des Lenkrades, ob es sich auf dem Prüfstand befinde. Sei das Lenkrad nicht eingeschlagen, und registriere die Software keine Längs- oder Querbeschleunigung, erkenne das Fahrzeug die Testsituation und die Abgasreinigung werde vollständig aktiviert sowie die Abgasrückführungsrate über das AGR-Ventil erhöht. Werde das Lenkrad hingegen um mehr als 15 Grad eingeschlagen, werde die Abgasreinigung gedrosselt und die Emissionen erhöhten sich. Im normalen Fahrbetrieb werde daher mehr CO2 und NOx ausgestoßen als im Testbetrieb.
Zum anderen existiere als zweite Abschalteinrichtung ein Höhenmesser, welcher die Abgasreinigung oberhalb einer Höhe von kurz unter 1.000 m über Meereshöhe ausschalte. Weiter existiere eine Warmlauffunktion des Motors, währenddessen die Abgasrückführung erheblich reduziert sei. Das sog. "Alternative Aufheizen" laufe deutlich länger als notwendig. Die notwendige Motortemperatur sei in der Regel in weniger als 3 Minuten erreicht. Auf dem Prüfstand werde der normale Aufheizmodus verwendet, der innerhalb der drei Minuten beendet ist. Es existiere auch eine Zeitschaltung, wonach generell nach 20 Minuten Fahrtzeit das Fahrzeug die Abgasrückführung ausschalte. Dies sei technisch nicht notwendig. Grund hierfür sei allein, dass der NEFZ ca. 20 Minuten dauere. Zuletzt existiere eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters. Dies habe das KBA auch bereits in Bezug auf mehrere FF-Modelle festgestellt und verpflichtende Rückrufe angeordnet. Das Thermofenster sei nicht gem. Art. 5 Abs. 2 lit. a der VO 715/2007/EG zulässig. Denn es bestehe keine Notwendigkeit zum Schutze des Motors.
Die Beklagten hätten auch vorsätzlich gehandelt. Das Umweltbundesamt habe in einer Reihe von Untersuchungen seit 1993 festgestellt, dass es Dieselfahrzeugen in Feldversuchen erhebliche Schwierigkeiten bereitet habe, die Grenzwerte der Stickoxidemissionen einzuhalten. Die Beklagten hätten in Kenntnis der Nutzung einer illegalen Abschalteinrichtung unvollständige Angaben bei den Behörden vorgelegt, um die Typgenehmigung zu erhalten. Die Stickoxidgrenzwerte des streitgegenständlichen Fahrzeugs überschritten die Grenzwerte der EU-Verordnung. Der Kläger ist der Ansicht, die fahrlässige Verletzung der EU-Zulassungsregeln begründe einen Schadensersatzanspruch. Aufgrund eines Kilometerstandes von 155.000 km sei ein Nutzungsersatz in Höhe von 37.125,41 € vom Schadensersatzanspruch in Abzug zu bringen.
Neben Ansprüchen aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 5 Abs. 1 der VO 715/2007/EG hafteten die Beklagten nach Auffassung des Klägers auch nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Kaufvertrag i.V.m. den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung Dritter. Die Voraussetzungen für eine Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich des Vertrages mit welchem die Beklagte den streitgegenständlichen "Pkw3" nach Herstellung als Neuwagen verkaufte, lägen vor (Bl. 12 Bd. III). Mängel der Konstruktion sowie Fehler bei der Herstellung würden jeden treffen, der das Fahrzeug zu irgendeinem Zeitpunkt von Dritten kaufe.
Die Beklagten hätten insgesamt bisher keine Umstände dargelegt oder bewiesen, die geeignet seien, die Annahme ihres Verschuldens auszuräumen. Vom Handeln eines verfassungsmäßigen Vertreters - hier in Gestalt der Verkennung der Vorgaben der VO 715/2007/EG - sei zwingend auszugehen, nachdem die Vorgaben so bedeutsam seien, dass diejenigen Personen, die bei den Beklagten mit der Erfüllung der Vorgaben betraut seien, als verfassungsmäßige Vertreter anzusehen seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Oldenburg zum Aktenzeichen 17 O 1965/19 abzuändern und wie folgt zu entscheiden:
1. Die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 69.583,63 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2019 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Pkw1 mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer (...) mit dem amtlichen Kennzeichen (...), dessen Rückübereignung und Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil I und II und der zugehörigen Fahrzeugschlüssel,
2. festzustellen, dass sich die Beklagten in Annahmeverzug mit der Rücknahme des im Antrag zu 1. aufgeführten Fahrzeugs befinden,
3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.348,94 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2019 zu zahlen,
4. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihm alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über das im Antrag zu 1. genannte Fahrzeug zusammenhängen, zu ersetzen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das angefochtene Urteil, die Berufungsbegründung (Bl. 154-162 Bd. I, Bl. 4-18 Bd. III) sowie die Berufungserwiderungen (Bl. 2-71, Bl. 73-363 Bd. II) Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 26.10.2020 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Der Senat hat in diesem ausgeführt:
"Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Angriffe der Berufungsbegründung geben keinen Anlass zu einer anderen Entscheidung.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz nebst Zinsen sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zusteht. Ein Anspruch ergibt sich weder aus § 280 Abs. 1 BGB und den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung Dritter in Verbindung mit dem Kaufvertrag, mit dem die Beklagte zu 2) das Fahrzeug nach dessen Herstellung an den Erstkäufer verkaufte, noch aus § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 Abs. 2, Art. 5 Abs. 1 der VO 715/2007/EG bzw. § 263 StGB.
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten ergibt sich nicht aus § 826 BGB. Die Beklagten haben den Kläger nicht vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.
Der Kläger hat bereits nicht schlüssig dargetan, dass die Beklagten vorsätzlich einen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motor in den Verkehr gebracht haben. Er hat auch nicht schlüssig dargetan, mit welchem Motor das streitgegenständliche Fahrzeug versehen ist. Nach Vortrag der Beklagten, insbesondere der Beklagten zu 2) als Hersteller, wurde im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht der Motor Typ2, sondern der Motor Typ1 verbaut (Bl. 119 Bd. I).
Soweit der Kläger vorträgt, das Fahrzeug sei mit dem Motor Typ2 der Schadstoffklasse EU6 versehen, trägt er nicht ausreichend substantiiert und widersprüchlich vor. Das erworbene Fahrzeug weist ausweislich der vom Kläger vorgelegten Zulassungsbescheinigung Teil I nämlich nicht die Schadstoffklasse EU6, sondern vielmehr die Schadstoffklasse EU5 auf. Der Kläger hat trotz dieses Umstandes vorgetragen, er habe ein Fahrzeug der Schadstoffklasse EU6 erworben (Bl. 4 Bd. I). Da dies ausweislich der vom Kläger vorgelegten Zulassungsbescheinigung Teil I gerade nicht der Fall ist, ist das substantiierte Vorbringen der Beklagten zu dem nach der Schadstoffklasse EU5 hergestellten Fahrzeugen der Marke Pkw1 zugrunde zu legen. Der streitgegenständliche Pkw1 mit der Schadstoffklasse EU5 verfügt über keinen SCR-Katalysator, in den AdBlue eingespritzt werden könnte (Bl. 82 Bd. I), so dass auch das diesbezüglich unsubstantiierte Vorbringen des Klägers nicht zu berücksichtigen ist.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 1) vorsätzlich den Motor Typ1 mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung entwickelt und hergestellt hat und die Beklagte zu 2) einen solchen Motor vorsätzlich in das von ihr hergestellte Fahrzeug eingebaut hat.
Es bestehen bereits Zweifel daran, ob der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeuges mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen ist. Dagegen sprechen jedenfalls die Ausführungen des KBA zu dem streitgegenständlichen Motor Typ1, welcher in den Fahrzeugen der Marke Typ Pkw1 verbaut wurden. Das KBA hat in seinem Schreiben vom 11.09.2020 ausgeführt, dass die Motoren des EE-Konzerns mit dem V6-TDI Euro 5 Generation 2 Motoren nicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sind (Bl. 361 Bd. II) und deswegen auch keine Nebenbestimmung gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV erlassen wird. Das KBA geht davon aus, dass die Abschalteinrichtung ausnahmsweise im Sinne des Artikel 5 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zulässig ist.
Entgegen des Vorbringens des Klägers liegt bezüglich des Pkw1 mit der Schadstoffklasse EU5 kein verpflichtender Rückruf des KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vor. Das Gegenteil ist der Fall. Das KBA hat nach der erfolgten Prüfung des Motors festgestellt, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem freiwilligen angebotenen Update, welches das KBA überwachen will. Dabei ist dem Kläger darin zu folgen, dass Fahrzeughersteller verpflichtende Rückrufe durch freiwillige Maßnahmen umgehen können. Hier liegt eine solch zu bewertende freiwillige Maßnahme indes nicht vor, da das KBA ausdrücklich festgestellt hat, dass gerade keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt (Bl. 361ff Bd. II). Mithin liegt auch keine Rückrufaktion vor, die im Fall des Unterlassens des Updates zu einer Stilllegung des Fahrzeuges führen könnte.
Solche freiwillige Servicemaßnahmen der Hersteller dienen "lediglich" der Luftverbesserung und liefern damit einen wirksamen Beitrag zu einer raschen und nachhaltigen Reduktion der NOx-Emissionen, was zum Gesundheits- und Verbraucherschutz der Bürgerinnen und Bürger beiträgt. Freiwillige Maßnahmen werden nur bei Fahrzeugen durchgeführt, bei deren amtlicher Untersuchung keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde. Im Rahmen von freiwilligen Maßnahmen droht also gerade keine Betriebsuntersagung (...).
Der Hinweis des Klägers, es sei irrelevant, dass das streitgegenständliche Fahrzeug bei derzeit rechtswirksamer Typengenehmigung keinem Rückruf unterliege, weil bereits offizielle Rückrufe des KBA zum Pkw2 existierten, sodass auch beim Pkw1 ein solcher zu erwarten sei, stellt eine reine Spekulation dar. Es handelt sich diesbezüglich um einen anderen Motortyp als beim streitgegenständlichen Fahrzeug. Streitgegenständlich ist der Motortyp V6 mit der Schadstoffklasse EU5. Bei dem Hersteller sind indes ausweislich der Liste des KBA vom Rückruf die Motortypen V6 mit der Schadstoffklasse EU6 und die Motortypen V8 betroffen. Ein Rückschluss auf das streitgegenständliche Fahrzeug und dessen Motor ist daher nicht möglich.
Letztlich kann es vorliegend aber dahinstehen, ob der Motor tatsächlich mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehen ist. So vertritt die Generalanwältin GG in ihren Schlussanträgen vom 30.04.2020 vor dem EuGH, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig und nur unter engen Voraussetzungen zulässig sind (Az: C-693/18, beck-online). Diese hat klargestellt, dass das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, den Einsatz einer solchen Vorrichtung ausnahmsweise nicht rechtfertigt.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen des KBA kann vorliegend jedenfalls von keinem vorsätzlichen Handeln der Beklagten bei Inverkehrbringen des Motors bzw. des Fahrzeuges ausgegangen werden.
Eine Haftung setzt Vortrag des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers zur konkreten Schädigungshandlung, der schlüssig sein und hinreichend unter Beweis gestellt werden muss, sowie Vortrag zum Schädigungsvorsatz voraus (vgl. OLG München, Beschl. v. 29.8.2019 - 8 U 1449/19 - NJW-RR 2019, 1497).
Bei der im Motor Typ3 der EE AG verwendeten Motorsteuerungssoftware ergibt sich das vorsätzliche Handeln per se aus der Verwendung einer Umschaltlogik, weil die Verwendung einer solchen Abschalteinrichtung eindeutig unzulässig ist und dies den Handelnden bzw. Verantwortlichen auch bewusst ist (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864).
Auch bei der im Motor Typ2 der BB AG verwendeten Motorsteuerungssoftware ergibt sich die Sittenwidrigkeit des Handelns aus der Verwendung einer Umschaltlogik. Die im Motor Typ2 verwendete Umschaltlogik ist zwar nicht identisch mit der im Falle des Motors Typ3. Sie ist aber dergestalt ähnlich programmiert, so dass sie rechtlich genauso zu behandeln ist (siehe Urteil des Senats vom 16.10.2020, Aktenzeichen: 11 U 2/20).
Indes kann bei einer anderen, die Abgasreinigung (Abgasrückführung und Abgasnachbehandlung) beeinflussenden Motorsteuerungssoftware, wie dem hier in Rede stehenden Thermofenster, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand arbeitet, und bei der Gesichtspunkte des Motor- bzw. des Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, bei Fehlen jedweder konkreter Anhaltspunkte nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden (vgl. OLG Koblenz Urt. v. 05.10.2020 - 12 U 51/20 - BeckRS 2020, 25773; OLG Köln, Urt. v. 03.07.2020 - 19 U 9/20 -, juris; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864). Vielmehr muss diesbezüglich, selbst wenn hinsichtlich des Thermofensters von einer objektiv unzulässigen Einflussnahme auf die Abgaswerte auszugehen sein sollte, eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden (vgl. OLG Koblenz Urt. v. 05.10.2020 - 12 U 51/20 - BeckRS 2020, 25773; OLG Hamm, Urt. v. 06.07.2020 - 17 U 168/19 -, Rn. 76, juris; OLG Köln, Urt. v. 03.07.2020 - 19 U 9/20 -, juris; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 - 12 U 246/19 - BeckRS 2019, 25135; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.7.2019 - 10 U 134/19 - BeckRS 2019, 17247; OLG Köln, Beschl. v. 04.07.2019 - 3 U 148/18 -, juris, Rn. 6).
Ein vorsätzliches Handeln kommt nur in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von der Verwendung einer Software mit der in Rede stehenden Funktionsweise in dem streitgegenständlichen Motor hinaus zugleich Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass dies seitens der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen, und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde (vgl. OLG Koblenz Urt. v. 05.10.2020 - 12 U 51/20 - BeckRS 2020, 25773; OLG Hamm, Urt. v. 02.09.2020 - 30 U 192/19 -, juris; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 - 12 U 246/19 -, juris, Rn. 42).
Solche Anhaltspunkte sind von dem Kläger weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der Kläger wirft den Beklagten vielmehr vor, sie hätten die gesetzlich vorgesehene Ausnahme zu weit interpretiert. So sei insbesondere der Einsatz eines sog. "Thermofensters" zum Motorschutz nicht zwingend notwendig. Unabhängig davon, dass Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO 2007/715/EG nicht voraussetzt, dass keine andere technische Lösung möglich sein darf (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.07.2020 - 17 U 168/19 -, Rn. 76, juris; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.07.2019 - 10 U 134/19 - BeckRS 2019, 17247) und eine diesbezügliche sekundäre Darlegungslast der Beklagten zweifelhaft sein dürfte (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.07.2020 - 17 U 168/19 -, Rn. 76, juris; OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 - 12 U 246/19 - BeckRS 2019, 25135), lässt dieser Vortrag des Klägers keinen Rückschluss auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB zu.
Die Gesetzeslage ist an dieser Stelle nämlich nicht eindeutig. Die Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO 2007/715/EG wird kontrovers geführt (vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 06.07.2020 - 17 U 168/19 -, Rn. 77, juris). Die vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) eingesetzte Untersuchungskommission EE gelangte im Bericht zur Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO 715/2007/EG (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission EE, Stand April 2016, S. 123) zu dem Ergebnis:
"Zudem verstößt eine weite Interpretation durch die Fahrzeughersteller und die Verwendung von Abschalteinrichtungen mit der Begründung, dass eine Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten, angesichts der Unschärfe der Bestimmung, die auch weite Interpretationen zulässt, möglicherweise nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
Konsequenz dieser Unschärfe der europäischen Regelung könnte sein, dass unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein."
Dies ist vorliegend der Fall. Die Beklagten haben substantiiert das Erfordernis des Thermofensters zum Zwecke des Motorschutzes u.a. unter Bezugnahme auf im Jahr 2020 durchgeführte und dem KBA vorgestellte sog. Sundern-Tests dargelegt (Bl. 22f. Bd. II, Bl. 88-117 Bd. II). Die Temperaturabhängigkeit des Abgasrückführungssystems war dem KBA nach eigener Auskunft bei Erteilung der Typengenehmigung zudem bekannt (Bl. 362f. Bd. II).
Der Senat folgt diesbezüglich den Ausführungen des Oberlandesgericht Koblenz. Dieses hat auf den in der Literatur betriebenen Begründungsaufwand hingewiesen (vgl. Führ, NVwZ 2017, 265), um das "Thermofenster" als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 - 12 U 246/19 -, Rn. 47, juris). Es ist damit gerade keine klare und eindeutige Rechtslage gegeben, gegen welche die Beklagte bewusst verstoßen hätte. Obergerichtlich wird in Bezug auf die über Jahre hinweg beanstandungslos gebliebene Praxis der Verwendung von Thermofenstern in der Tendenz daher vertreten, dass gerade keine klare und eindeutige Rechtslage gegeben ist, gegen welche die Beklagte bewusst verstoßen hätte (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.07.2020 - 17 U 168/19 -, juris; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG München, Urt. v. 20.01.2020 - 21 U 5072/19 -, juris; OLG Köln, Beschl. v. 04.07.2019 - 3 U 148/18 -, juris, Rn. 6; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.07.2019 - 10 U 134/19 -, juris, Rn. 89; OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 - 12 U 246/19 -, juris, Rn. 42, 48).
Auch der Senat hält eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, jedenfalls nicht für unvertretbar (vgl. auch OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864). Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann aber nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.09.2019, 14 U 61/19 - BeckRS 2019, 38790; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.07.2019 - 10 U 134/19 -, juris, Rn. 90).
Gleichzeitig kann bei einer Abschalteinrichtung, die im normalen Fahrbetrieb und auf dem Prüfstand gleich arbeitet, für die das Argument des Bauteilschutzes als Rechtfertigung angeführt wird und die der Zulassungsbehörde ohne vorgetragene Täuschung seitens der Beklagten vorgestellt wurde, ein vorsätzliches Handeln der Beklagten bezogen auf das Verwenden einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht festgestellt werden (so auch OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.07.2019 - 10 U 134/19 -, juris, Rn. 82; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urt. v. 18.09.2019 - 12 U 123/18 -, juris, Rn. 46).
Selbst wenn - wie die Klägerseite wenig überzeugend argumentiert - eine "freiwillige Serviceaktion" als Vorstadium eines sich mit großer Wahrscheinlichkeit anschließenden Rückrufs einzuordnen wäre bzw. eine das streitgegenständliche Fahrzeug betreffende Rückrufaktion des KBA demnächst eingeleitet würde, dürfte sich nichts an vorstehendem Ergebnis ändern. Bei der Beantwortung der Frage, ob die von der Beklagten vorgenommene Gesetzesauslegung vertretbar ist, ist nämlich auf die Umstände zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs abzustellen (vgl. ebenso: OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.07.2019 - 10 U 134/19 -, juris, Rn. 92).
Jedenfalls bis zum Beginn des sog. "EE-Dieselskandals" wurden seitens des KBA Thermofenster nicht als bedenklich eingestuft. Hinzu tritt, dass der Streit um die grundsätzliche Zulässigkeit, jedenfalls aber die zulässige Größe eines Thermofensters, nicht nur von Juristen, sondern auch von Ingenieuren geführt wird (vgl. dazu z.B. Führ, NVwZ 2017, 265f.). Vor diesem Hintergrund führt der Umstand, dass das im Fahrzeug des Klägers verbaute Thermofenster möglicherweise in seiner technischen Ausgestaltung als unzulässig anzusehen sein könnte, nicht dazu, dass von einem Sittenverstoß ausgegangen werden könnte (ebenso OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 - 12 U 246/19 -, juris, Rn. 49).
Haben die Beklagten die Rechtslage fahrlässig verkannt, fehlt es ihnen an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.07.2020 - 17 U 168/19 -, juris; OLG Stuttgart Urt. v. 30.07.2019 - 10 U 134/19 - BeckRS 2019, 17247). Dass auf Seiten der Beklagten das Bewusstsein eines möglichen Gesetzesverstoßes, verbunden mit einer zumindest billigenden Inkaufnahme desselben, vorhanden war, ist vom Kläger weder substantiiert dargetan noch ersichtlich.
Der Kläger kann einen Anspruch aus § 826 BGB auch nicht auf die weiteren - erstmals in der Berufungsinstanz - behaupteten Manipulationen (Abschalteinrichtung "Lenkwinkelerkennung", "Höhenmessung", "Warmlauffunktion" sowie "Zeitschaltung") stützen. Dieses Vorbringen ist im Berufungsverfahren neu und schon mangels entsprechender Berufungsrüge i.S.v. § 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nicht mehr gem. § 531 Abs. 3 ZPO zuzulassen. Im Übrigen hätte der verspätete Vortrag selbst bei der Annahme, dass er das erstinstanzliche Vorbringen lediglich weiter konkretisiert oder verdeutlicht, aber auch keine andere Entscheidung gerechtfertigt, wie nachfolgend auszuführen sein wird. Bei dem Vorbringen des Klägers bleibt unklar, auf welches Fahrzeug er sich diesbezüglich überhaupt beziehen will, da er zum einen auf den Motor Typ2 (Bl. 11 Bd. III) sowie zum anderen auf einen Pkw3 Bezug nimmt (Bl. 12 Bd. III). Ein Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist jedenfalls nicht ersichtlich.
Der Kläger behauptet auch keine Anknüpfungstatsachen, die Grundlage eines Sachverständigengutachtens sein könnten. Vielmehr liefe eine solche Beweiserhebung auf eine reine Ausforschung hinaus (vgl. auch OLG Oldenburg, Urt. v. 27.09.2019 - 6 U 33/19 - unveröffentlicht (Anlage B20) in ähnlicher Konstellation). Allein die Behauptung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie der Verweis auf derartige Software bei anderen Fahrzeugmodellen (EU6) bzw. Nachfolgemodellen oder der Hinweis auf amtliche Rückrufe bei Modellen desselben Herstellers reichen nicht aus (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 09.01.2019 - 28 U 36/18 - BeckRS 2019, 26076). Es ist allgemein bekannt, dass Fahrzeuge ständig weiterentwickelt und verbessert werden. Es gibt keinen Erfahrungssatz, der einen Generalverdacht gegenüber sämtlichen Dieselmotoren eines Konzerns begründen kann (vgl. OLG Oldenburg Urt. v. 25.06.2019 - 2 U 69/19, BeckRS 2019, 25899).
Der amtlichen Auskunft des KBA, dass der streitgegenständliche Fahrzeugtyp über keine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt, ist der Kläger nicht entgegengetreten. Mangels amtlichen Rückrufes oder anderer tatsächlicher Anhaltspunkte stellen die Ausführungen des Klägers zum vorsätzlichen sittenwidrigen Handeln der Beklagten bloße Behauptungen ohne Substanz dar. Sie sind damit auch nicht geeignet, zu Lasten der Beklagten eine sekundäre Darlegungslast auszulösen.
Eine deliktische Haftung im Übrigen, insbesondere gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bzw. Art. 4 Abs. 1, 2, Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 der VO Nr. 715/2007/EG scheitert an dem Vorliegen eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten (vgl. hierzu OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.09.2019 - 14 U 61/19 - BeckRS 2019, 38790). Wie bereits ausgeführt, stellt die Annahme der Beklagten, dass es sich bei dem in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Thermofenster nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, jedenfalls zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs eine zulässige Auslegung des Gesetzes dar, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Verantwortlichen mit dem Vorsatz handelten, den Kläger über eine Eigenschaft des Fahrzeugs zu täuschen und ihm dadurch einen Vermögensschaden zuzufügen. Darüber hinaus fehlt es auch insofern hinsichtlich der weiteren behaupteten Manipulationen an der hinreichenden Substanz des Vortrags (vgl. ebenfalls oben).
Mit der ganz überwiegenden Auffassung ist im Übrigen der Schutzgesetzcharakter der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bzw. von Art. 4 Abs. 1, 2, Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 der VO Nr. 715/2007/EG zu verneinen (vgl. OLG Koblenz Urt. v. 7.9.2020 - 12 U 2020/19 - BeckRS 2020, 21727; OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019 - 7 U 134/17 - BeckRS 2019, 2737; OLG München, Beschl. v. 29.08.2019 - 8 U 1449/19 - NJW-RR 2019, 1497). Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 25.05.2020 (VI ZR 252/19) klargestellt, dass das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Schutzbereich der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV liegt.
Dem Kläger steht ein Anspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Kaufvertrag nicht zu. Wer ein Kraftfahrzeug kauft, das nach einer bestimmten Schadstoffnorm zugelassen ist, darf davon ausgehen, dass es die Eigenschaften aufweist, die die Anforderungen dieser Norm erfüllen. Der Kläger hat nicht ausreichend dargelegt, inwiefern dies bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht der Fall ist.
Das streitgegenständliche Fahrzeug ist nicht mangelhaft aufgrund eines "Thermofensters" oder anderweitiger Abschalteinrichtungen.
Hat der Fahrzeughersteller die Prüfer im Rahmen der Erteilung der Typengenehmigung weder durch den Einsatz einer Prüfstanderkennungssoftware getäuscht, noch gegenüber der Genehmigungsbehörde eine temperaturabhängige Abschaltvorrichtung im Sinne des Artikel 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG verschwiegen und erteilt die Behörde die EG-Typengenehmigung, beinhaltet dies die Billigung der Abschaltvorrichtung im Rahmen ihres Bewertungsermessens. In einem solchen Fall fehlt es schon an einem Sachmangel, weil die behördliche Genehmigung vorliegt und anders als beim Einsatz einer Schummelsoftware eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung nach § 5 Abs. 1 FZV durch die Zulassungsbehörde nicht drohen kann (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Celle, Urt. v. 13.11.2019 - 7 U 367/18 -, juris, Rn. 40).
Hinsichtlich des klägerischen Vortrags, die Beklagte habe eine objektiv rechtswidrige temperaturabhängige Abschaltvorrichtung ("Thermofenster") oder anderweitige unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut, ist auf die Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes zu verweisen. Ein Ausnahmefall von dieser Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes liegt nicht vor.
Erteilt die Zulassungsbehörde die Typenzulassung, haben die Zivilgerichte bis auf Weiteres von der Rechtmäßigkeit der Motorkonfiguration auszugehen (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.07.2020 - 5 U 4765/19 - BeckRS 2020, 17693; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864; OLG Celle Urt. v. 18.12.2019 - 7 U 511/18 - BeckRS 2019, 33326 Rn. 26).
Denn solange ein solcher Verwaltungsakt nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben worden oder nichtig ist, ist die Zulässigkeit der betreffenden Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG einer Nachprüfung durch die Zivilgerichte entzogen (sogenannte Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes: vgl. BGH, Urt. v. 30.04.2015 - I ZR 13/14 -, juris, Rn. 31; BGH, Urt. v. 19.12.1978 - VI ZR 43/77 -, juris, Rn. 37; BGH, Urt. v. 14.06.2007 - I ZR 125/04 -, juris, Rn. 14; für die vorliegende Konstellation der Typengenehmigung so auch: OLG Stuttgart Urt. v. 22.09.2020 - 16a U 55/19 - BeckRS 2020, 25570; OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.07.2020 - 5 U 4765/19 - BeckRS 2020, 17693; OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.7.2020 - 2 U 176/19 - BeckRS 2020, 18765; OLG Celle, Urt. v. 18.12.2019 - 7 U 511/18 -, juris; Urt. v. 13.11.2019 - 7 U 367/18 -, juris, Rn. 38).
Gründe, warum dies vorliegend nicht gelten sollte, sind nicht ersichtlich.
Zwar könnte sich die Beklagte auf die Tatbestandswirkung der EG-Typgenehmigung nicht berufen, wenn sie diese Genehmigung durch eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörde, also des KBA, erschlichen hätte, wie auch der BGH im Falle des EE-Konzerns in seinem Urteil vom 25.05.2020 (BGH, Urt. v. 25.5.2020 - VI ZR 252/19 - NJW 2020, 1962) angenommen hat (vgl. auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.07.2020 - 5 U 4765/19 - BeckRS 2020, 17693; KG, Urt. v. 18.02.2020 - 14 U 74/19 - BeckRS 2020, 9869). Eine solche Täuschung liegt auf der Hand, wenn der Hersteller die Motorsteuerung mit einer Einrichtung versieht, die die Prüfungssituation erkennt und infolgedessen eine besonders intensive Abgasreinigung, etwa durch eine hohe Abgasrückführungsrate, veranlasst, während im Realbetrieb außerhalb der Prüfungssituation die Abgasreinigung nur in verringertem Umfang arbeitet (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.07.2020 - 5 U 4765/19 - BeckRS 2020, 17693).
Denn in diesem Fall wird die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß nur vorgetäuscht, so dass zweifelsfrei bei Kenntnis dieser Funktion das KBA eine Typgenehmigung nicht erteilt hätte. Im Streitfall hat zwar der Kläger die Behauptung aufgestellt, das KBA sei bei der Erteilung der Typgenehmigung getäuscht worden, indem die Beklagte hinsichtlich der Funktionsweise der Abgasrückführung unvollständige Angaben gemacht habe. Es ist allerdings bezogen auf das Thermofenster unstreitig, dass dem KBA, wie dieses in ihrer Auskunft vom 11.09.2020 (Bl. 361ff. Bd. II) angibt, aufgrund der Anträge der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren bzgl. des Typ Pkw1 bekannt war, dass die Abgasrückführungsrate u.a. durch die Ansaugluft-Temperatur und niedrige Umgebungstemperaturen beeinflusst wird. Jedenfalls haben die Beklagten das KBA daher insoweit nicht getäuscht. Denn für die Behörde war aufgrund dieser Angaben offensichtlich, dass die Abgasrückführung nicht mit einer konstanten Abgasrückführungsrate arbeitet, sondern in Abhängigkeit verschiedener Parameter, u.a. Umgebungstemperatur, gesteuert wird Sollte hierin eine ungenügende Beschreibung der Arbeitsweise zu sehen sein, war dieser Umstand für die Behörde ebenfalls offensichtlich. Wenn sie davon absah, der Beklagten detailliertere Angaben abzufordern, dann geschah dies nicht aufgrund einer Täuschung, sondern offensichtlich deshalb, weil es ihr nicht darauf ankam.
Dies bestätigen auch die Ausführungen des KBA vom 11.09.2020, wonach die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung generell als technische Notwendigkeit bekannt war (Bl. 363 Bd. II). Dem KBA war nach eigener Auskunft zum Zeitpunkt der Erteilung der Typgenehmigung der exakte Wirkungsbereich der Abgasrückführung des Typ Pkw1 in Bezug auf die konkrete Ansaugluft-/Umgebungslufttemperatur nicht bekannt, weil die Nennung der konkreten Parameter zum damaligen Zeitpunkt der Erteilung in der für die Typgenehmigung einschlägigen Vorschrift nicht gefordert war (Bl. 362 Bd. II).
Hieraus folgt, dass im Streitfall eine nähere Untersuchung der tatsächlichen Ausgestaltung des sog. thermischen Fensters oder der anderen behaupteten Abschalteinrichtungen entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich ist.
Eine andere Beurteilung der Tatbestandswirkung der erteilten Typenzulassung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus dem Urteil des Landgerichts Regensburg vom 19.03.2020 (Az. 73 O 1181/19 - BeckRS 2020, 7252). Die angeführte Rechtsprechung ist nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. In dem vom Kläger zitierten Fall ging es um ein Fahrzeug mit dem Motor Typ4. Zudem war dort die konkrete Programmierung der Motorsteuerungssoftware zwischen den Parteien unstreitig.
Die klägerische Behauptung, das Fahrzeug halte die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxide im normalen Straßenbetrieb nicht ein, legt einen Mangel ebenfalls schon nicht dar. Denn die gesetzlichen Grenzwerte sind mit normierten Prüfbedingungen verknüpft, so dass eine (behauptete) Abweichung des Schadstoffausstoßes außerhalb der Prüfbedingungen im Realbetrieb schon keinen Verstoß gegen gesetzliche Bedingungen darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.1997 - VIII ZR 52/96 -, juris; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.01.2020 - 5 U 395/19 - BeckRS 2020, 8864).
Mangels Schadensersatzanspruchs des Klägers stehen diesem auch keine Ansprüche auf Zinsen oder Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu."
Mit Schriftsatz vom 26.11.2020 hat der Kläger hierzu Stellung genommen und auf seine Stellungnahme vom 06.10.2020 sowie die unter dem Aktenzeichen VIII ZR 57/19 ergangene Entscheidung des BGH hingewiesen.
Der Senat hält auch nach erneuter kritischer Prüfung an seinen Ausführungen im Hinweisbeschluss fest.
Das weitere Vorbringen des Klägers verhilft seiner Berufung nicht zum Erfolg.
Soweit der Kläger auf seine Stellungnahme vom 06.10.2020 Bezug nimmt, ist zu bemerken, dass der dortige Vortrag zum Motor des Typs2 erfolgt, der indes bei Herstellung des Fahrzeuges nicht im streitgegenständlichen Motor verbaut worden ist. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass der Vortrag insgesamt nicht auf das seitens der Beklagten hergestellte streitgegenständliche Fahrzeug bezogen ist und auch nicht die zu dem in dem Fahrzeug herstellerseits verbauten Motor vorliegende Stellungnahme des KBA Stellung nimmt. Vor diesem Hintergrund hat die Bezugnahme des Klägers auf die höchstrichterliche Entscheidung vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, ebenfalls keinen Erfolg. Wer ohne Bezugnahme auf das streitgegenständliche Fahrzeug und den in diesem Fahrzeug herstellerseits verbauten Motor sowie der hierzu vorliegenden aktuellen Stellungnahme des KBA vom 11.09.2020 vorträgt, trägt offenkundig ins Blaue hinein vor.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.