Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.02.2010, Az.: 1 A 2670/09
Anschlusskanal; Aufwendungen; Erstattung; Grundstücksanschluss; Kostenerstattung; Niederschlagswasser; Regenwasseranschluss; Reparatur; Unterhaltung; zentrale öffentliche Abwasseranlage
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 26.02.2010
- Aktenzeichen
- 1 A 2670/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 47853
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 8 KAG ND
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Th.Straße 5 in G. und wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Kostenerstattung für die „Reparatur“ eines Anschlusskanals für Niederschlagswasser durch die Beklagte.
Im Mai 2009 verständigte die Klägerin die Beklagte darüber, dass auf dem Bürgersteig vor ihrem Grundstück 3 bis 6 Pflastersteine abgesackt waren. Die Beklagte veranlasste daraufhin Reparaturarbeiten durch die Firma B. & O.. Bei den Grabungsarbeiten wurde festgestellt, dass der Regenwasserhausanschluss gebrochen war.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2009 zog die Beklagte die Klägerin zur Erstattung der Reparaturkosten für den Regenwassergrundstücksanschluss in Höhe von 908,74 EUR zzgl. 107,- EUR Verwaltungskosten, mithin insgesamt 1.015,74 EUR, heran. Die Forderung stütze sie auf § 20 Abs. 1 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen, Gebühren und Kostenerstattungen für die Abwasserbeseitigung vom 15. Juli 1985 in der Fassung vom 01. Dezember 2008 - im Folgenden: AABS -.
Am 09. Juli 2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht im Wesentlichen geltend: Der Anwendungsbereich der Abwassersatzung der Beklagten vom 24. Juni 1997 in der Fassung vom 02. Dezember 2002 (im Folgenden: AWS) erfasse nicht Regenwassergrundstücksanschlüsse. Sie bestreite, dass die Absackung im Gehweg auf einem Bruch des Regenwasserkanals beruhe. Ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, die Durchführung der Arbeiten zu begleiten. Sie sei für die Reparaturkosten am Fußweg nicht verantwortlich zu machen. Die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen sei ihr verweigert worden. Die Schadenbehebung sei durch die laufenden Benutzungsgebühren abgedeckt. Im Wege der Eigenhilfe hätte sie eine Reparatur kostengünstiger ausführen lassen können. Für die Verwaltungskosten sei keine Rechtsgrundlage erkennbar.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie ergänzend auf § 8 Abs. 5 der Abwassersatzung der Beklagten vom 24. Juni 1997 in der Fassung vom 02. Dezember 2002, wonach u .a. die Unterhaltung der Grundstücksanschlusses im Bereich öffentlicher Verkehrsflächen der Stadt obliege und die Grundstückeigentümer die hierfür entstehenden Aufwendungen zu erstatten hätten. Die Absackung der Steine beruhe auf einer Unterspülung des Bereichs aufgrund der gebrochenen Regenwasseranschlussleitung.
Die Kammer hat den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet, denn der angefochtene Leistungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der mit dem angefochtenen Bescheid geforderten Kostenerstattung ist § 8 NKAG i.V.m. § 20 Abs. 1 AABS der Beklagten. Nach § 8 Satz 1 NKAG werden die Gemeinden ermächtigt, zu bestimmen, dass ihnen die Aufwendungen für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung eines Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und Abwasseranlagen in der tatsächlich entstandenen Höhe oder nach Einheitssätzen erstattet werden. Von dieser durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch gemacht, indem sie eine entsprechende Regelung in ihre AABS vom 15. Juli 1985 in der Fassung vom 01. Dezember 2008 aufgenommen hat. § 20 Abs. 1 Satz 1 AABS sieht vor, dass der Aufwand für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse der Stadt in der tatsächlichen Höhe zu erstatten ist. Zur „Unterhaltung" eines Grundstücksanschlusses im Sinne des § 8 Satz 1 NKAG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 AABS gehören auch die Kosten notwendig gewordener Reparaturen.
Nach § 2 Abs. 4, Abs. 6, § 8 Abs. 5 AWS sind Grundstücksanschlüsse u. a. auch die Leitungen, die von der zentralen öffentlichen Abwasseranlage bis zur Grenze der zu entsorgenden Grundstücke verlaufen. Damit ist der im öffentlichen Gehweg verlaufende Anschlusskanal kein Teil der öffentlichen Abwasseranlage sondern Teil des Grundstücksanschlusses. Grundstücksanschlüsse umfassen entgegen der Ansicht der Klägerin auch die Niederschlagswasseranschlüsse (§ 2 Abs. 2 Satz 1 AWS). Denn Abwasser ist danach Schmutzwasser und Niederschlagswasser.
Der Grundstückseigentümer hat die für die Unterhaltung des Grundstücksanschlusses im Bereich öffentlicher Verkehrsflächen die der Stadt hierfür entstehenden Aufwendungen zu erstatten (§ 8 Abs. 5 Satz 2 AWS). Diese Regelung entzieht der Auffassung der Klägerin, die Unterhaltungsmaßnahmen seien durch die Benutzungsgebühren abgedeckt, den Boden.
Die Klägerin ist als Eigentümerin des Grundstücks Th.Straße 5 Schuldnerin der mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachten Forderung (§ 20 Abs. 1 Satz 2; § 6 Satz 1 AABS).
Die Beklagte hat im Rahmen des Klageverfahrens nachgewiesen und belegt, dass die der Klägerin in Rechnung gestellten Arbeiten in dem durchgeführten Umfang erforderlich waren und auch durchgeführt wurden.
Soweit die Klägerin bestreitet, dass die Absackung im Gehweg auf einem Bruch des Regenwasserkanals zurückzuführen sei, ist dieser Einwand unerheblich. Denn aufgrund des mit den Verwaltungsvorgängen vorgelegten Fotos von dem zerborstenen Rohr, steht fest, dass die Leitung beschädigt war und repariert werden musste. Zu diesem Zweck war es erforderlich, zu der Leitung vorzudringen, indem das Pflaster und der Unterbau aufgenommen wurden. Es spielt demnach keine Rolle, ob die Pflastersteine abgesackt waren, weil die Rohrleitung gebrochen war oder dafür andere Gründe maßgeblich waren. Jedenfalls gehören die für die Beseitigung eines Schadens an der Rohrleitung erforderlichen Aufbrucharbeiten und die anschließende Wiederherstellung zu den Kosten, die der Grundstückseigentümer zu erstatten hat. Ein Grundstückseigentümer kann darüber hinaus gegen einen Kostenerstattungsanspruch der Gemeinde grundsätzlich nicht mit Erfolg einwenden, ihn selbst treffe kein Verschulden an dem Grund für die Reparatur. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Maßnahme allein deshalb notwendig wurde, weil die Gemeinde zuvor ihr obliegende Leitungs- oder Straßenbauarbeiten schlecht, unter Missachtung der Regeln der Baukunst, hat ausführen lassen (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 17. Juli 1997 - 5 UE 3780/96 = KStZ 1998, 179, 180). Anhaltspunkte dafür, dass hier die Gemeinde den Rohrbruch an der Anschlussleitung zum klägerischen Grundstück unter Missachtung der Regeln der Baukunst verursacht haben könnte, sind nicht ersichtlich. Dieses hat die Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen und belegt.
Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, sie sei vor Beginn der Reparaturarbeiten an dem Grundstücksanschluss nicht informiert worden, so dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, selbst eine preiswertere Lösung ausführen zu lassen. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin vor der Auftragsvergabe an einen bestimmten Unternehmer in Kenntnis zu setzen. Eine entsprechende Informationspflicht findet sich weder im NKAG noch in den einschlägigen Satzungen der Beklagten. Vielmehr sieht § 8 Abs. 5 EWS vor, dass die Anschlussleitung ausschließlich von der Stadt unterhalten wird.
Unzutreffend ist das Vorbringen der Klägerin, ihr sei die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen verweigert worden. Mit Schreiben vom 07. Juli 2009 ist ihr diese Gelegenheit ausdrücklich eröffnet worden. Es liegt danach in ihrer Sphäre, wenn sie davon keinen Gebrauch gemacht hat.
Die Pflicht der Klägerin, die Verwaltungskosten zu tragen, beruht auf § 1 Abs. 1, § 2, § 6 Abs. 1, § 7, § 8 der Verwaltungskostensatzung der Beklagten vom 29. September 2003 i.V.m. Lfd. Nr. 17, 18 Nr. 2 der Anlage 1 sowie der Anlage 2. Gesichtspunkte, die insoweit zu einer Rechtswidrigkeit der geltend gemachten Forderung führen könnten, sind nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO.