Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 16.02.2010, Az.: 9 A 2349/08

Änderung; Aufhebung; Erklärung; Formular; Kostenerstattung; Nachprüfungsverfahren; Prozesskostenhilfebewilligung; Rückzahlungsbereitschaft; Überprüfung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
16.02.2010
Aktenzeichen
9 A 2349/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 48042
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Auch wenn der Kläger im Prozesskostenhilfenachprüfungsverfahren nicht verpflichtet sein sollte, das angeforderte Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu verwenden, fehlt es an seiner Mitwirkung, wenn er die zur Berechnung seiner maßgeblichen Verhältnisse erforderlichen Belege nicht übersandt hat. Die Angabe seines aktuellen Monatsverdienstes mit ca. 4.000,00 Euro brutto reicht für die Neuberechnung nicht aus.

2. Erklärt der Kläger sich aufgrund seiner verbesserten Einkommensituation bereit, die gewährten Prozesskostenhilfeleistungen zurückzuzahlen, bedarf es trotzdem einer förmlichen gerichtlichen Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung.

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 25. Januar 2010 - Einzelrichter der 9. Kammer - über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird aufgehoben.

Gründe

I.

Das Verwaltungsgericht bewilligte dem Kläger für seine Klage gegen die Änderung eines Bewilligungsbescheides und die Rückforderung erbrachter Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz durch Beschluss vom 25. Oktober 2010 Prozesskostenhilfe und ordnete einen Rechtsanwalt bei. Ratenzahlungen wurden nicht angeordnet.

Das Klageverfahren wurde durch einen gerichtlichen Vergleich am 16. Februar 2010 beendet. Nach der im Vergleich vereinbarten Kostenregelung trugen die Beteiligten in dem gerichtskostenfreien Verfahren ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Dem beigeordneten Rechtsanwalt wurde im März 2010 eine Vergütung in Höhe von 712,22 Euro aus der Staatskasse gezahlt. Gleichzeitig wies das Gericht den Kläger auf die Änderungsmöglichkeit bei einer - in seinem Fall denkbaren - wesentlichen Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse hin und kündigte eine Überprüfung zum August 2011 an.

Mit der Nachfrage vom 17. August 2011 forderte das Gericht vom Kläger eine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und teilte vorsorglich mit, dass das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung aufheben könne, wenn er die erforderliche Erklärung sowie die notwendigen Belege nicht fristgerecht übersende. Nach zweimaliger Fristverlängerung teilte der beigeordnete Rechtsanwalt mit, der Kläger werde den Vordruck nicht ausfüllen. Er sei wieder berufstätig, fahre zur See und verdiene durch seine neue Arbeitsstelle ca. 4.000,00 Euro brutto monatlich. Er werde deshalb die vom Gericht verauslagten Kosten erstatten.

II.

Die Entscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 166 VwGO i. V. m. 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO. Danach kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn der Beteiligte eine verlangte Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat.

So liegt der Fall hier. Dem Kläger war Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Angesichts des Streitgegenstands, der im Zusammenhang mit einer vorübergehenden Lebensphase steht, war eine Änderung seiner Situation, in besonderem Maße naheliegend und für das Gericht Anlass, vom Kläger gemäß §§ 166 VwGO i. V. m. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Erklärung zu verlangen, ob sich dessen für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne von §§ 166 VwGO i. V. m. 120 Absatz 4 Satz 1 ZPO wesentlich geändert haben.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger verpflichtet war, für die Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO erneut eine (hier angeforderte) Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit dem amtlichen Vordruck zu § 117 Abs. 4 ZPO vorzulegen (dagegen etwa: Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl. 2010, § 120 Rn. 29; BeckOK ZPO, § 120 Rn. 41 m. w. N., Stand: 01.10.2011; Fischer in Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, §120 Rn. 14 m. w. N.; offen gelassen: Sächsisches LSG, Beschluss vom 31.08.2011 - L 7 AS 553/11 B - ), oder ob es ausgereicht hätte, wenn der Kläger die zur Berechnung seiner maßgeblichen persönlichen Verhältnisse und seiner wirtschaftlichen Lage erforderlichen Belege übersandt hätte. Mit seiner Erklärung, er verdiene jetzt ca. 4.000,00 Euro brutto monatlich ist er seiner Erklärungspflicht jedenfalls nicht ausreichend nachgekommen. Aufgrund dieser Angabe ist auch mit der bei den Gerichtsakten befindlichen, im Jahr 2008 ausgefüllten Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und den seinerzeit eingereichten Unterlagen nicht annähernd berechenbar, ob der Kläger die Prozesskosten immer noch nicht, nur teilweise oder nur in Raten aufbringen könnte.

Der Kläger hat offenbar die wesentliche Verbesserung seiner finanziellen Lage selbst erkannt und sieht sich zu einer Erstattung der verauslagten Kosten verpflichtet. Er hat schon seine Bereitschaft dazu mitgeteilt und möglicherweise deshalb die Übersendung von Unterlagen als überflüssig angesehen.

Seine Rückzahlungsbereitschaft macht die - wie dargelegt: materiell begründete - Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung jedoch nicht entbehrlich. Für eine geordnete Rückabwicklung der bewilligten Leistungen und um eine Grundlage für die Erstattung der verauslagten Kosten zu schaffen, ist dieser Beschluss erforderlich.