Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 23.02.2010, Az.: 4 A 4031/08
Feststellungsklage; Immissionskonflikt; Veränderungssperre; hinreichende Konkretisierung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 23.02.2010
- Aktenzeichen
- 4 A 4031/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 41095
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2010:0223.4A4031.08.0A
Rechtsgrundlagen
- 14 BauGB
- 43 VwGO
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verlängerung einer Baugenehmigung für den Umbau des Planetencenters C..
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks F., das mit einem eingeschossigen Einkaufszentrum (u. a. ABC-Schuhe, Tschibo, insgesamt ca. 6.800 m2 Verkaufsfläche) bebaut ist. Das Grundstück grenzt im Nordwesten an das Grundstück G., auf dem sich ein zweigeschossiges Karstadt/Hertie - Warenhaus (ca. 3.700,00 m2 Verkaufsfläche) befindet. Beide Gebäude wurden Anfang der siebziger Jahren als gesamtstädtisches Zentrum der "alten" Stadt C. (vor der Gebietsreform) geplant, 1973 eröffnet und waren seiner Zeit die erste überdachte Shopping-Mall der Region. Im Süden grenzt das Baugrundstück an das Grundstück H., das seit Mitte der 1980er Jahre mit einem HIT-Supermarkt und weiteren kleineren Läden (insgesamt ca. 6.200 m2 Verkaufsfläche) bebaut ist.
Diese Grundstücke und zwei weitere, mit einem Hochhaus und einer Stellplatzanlage bebaute Grundstücke liegen im Geltungsbereich des seit 1982 rechtsverbindlichen Bebauungsplanes 1/5 A -Einkaufszentrum Planetenring - der Beklagten. Für das Grundstück F. und den überwiegenden Teil des Baugrundstücks setzt dieser Plan ein zweigeschossig bebaubares Sondergebiet "Einkaufszentrum" fest. Für das Flurstück 93/16 und die weiteren Grundstücke weist der Plan ein Kerngebiet aus.
Unter dem 26.03.04 erteilte die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Baugenehmigung für eine umfassende Modernisierung des in die Jahre gekommenen und in großen Teilen leerstehenden Einkaufszentrums: Die im Innern vorhandene Vielzahl von Gängen und Fluren soll auf eine Haupterschließungsachse und eine zentrale Halle reduziert werden. Zudem sollen die unzeitgemäßen Betonarkaden und -vordächer abgebrochen und durch eine Fassade mit modernen Glaselementen, einer neuen Dachkonstruktion und einem repräsentativen Eingangsbereich ersetzt werden. Die auf dem Baugrundstück vorhandene Verkaufsfläche soll durch die genehmigten Umbaumaßnahmen auf 6.892,77 m2 erhöht werden.
Im Zuge der Entwicklung des zwischen Autobahn und B 6 gelegenen Gebiets zum neuen zentralen Bereich C. -Mitte als gesamtstädtisches Zentrum und Einzelhandelsstandort beschloss der Rat der Beklagten im März 2006 - auch um raumordnerischen Bedenken der Region Hannover Rechnung zu tragen - ein Zentrenkonzept mit dem Ziel, das Planetencenter als Stadtteilzentrum mit teilweise stadtteilübergreifender Bedarfsdeckung zu stabilisieren und zu erneuern.
Auf Antrag der Klägerin verlängerte die Beklagte unter dem 26.01.07 die Geltungsdauer der 2004 erteilten Modernisierungsgenehmigung bis zum 26.03.08.
Am 08.03.07 beschloss der Rat der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplanes 1/5 A, 2. Änderung. Planungsziel ist die Festschreibung der vorhandenen Verkaufsflächen auf der Grundlage des vom Rat der Beklagten beschlossenen Zentrenkonzepts 2006. Diesen Beschluss konkretisierte der Rat der Beklagten am 02.07.07 dahingehend, dass die Verkaufsfläche auf 18.000 m2 festgeschrieben werden soll. Die Konkretisierung des Aufstellungsbeschlusses wurde nicht öffentlich bekanntgemacht.
Zur Sicherung dieser Planung veröffentlichte der Rat der Beklagten am 12.07.07 die Veränderungssperre Nr. 30.
Am 01.10.07 beschloss der Rat der Beklagten die Konkretisierung des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan 1/5 A, 2. Änderung. Planungsziel ist nunmehr die Überplanung des Planetencenters auf der Grundlage des Zentrenkonzepts mit der Funktion eines Stadtteilzentrums. Hierzu soll die Art der baulichen Nutzung als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Einkaufszentrum/Stadtteilzentrum" festgesetzt werden. Die Größe der mit diesem Planungsziel zu vereinbarenden Verkaufsfläche und die erforderlichen Sortimentslisten sollen im Bauleitverfahren ermittelt werden.
Zur Sicherung dieser Planung beschloss der Rat der Beklagten am 25.02.08 unter gleichzeitiger Aufhebung der Veränderungssperre Nr. 30 die Veränderungssperre Nr. 31 mit einer Geltungsdauer bis zum 11.07.09.
Den Antrag der Klägerin vom 28.02.08, die 2004 erteilte Modernisierungsgenehmigung erneut zu verlängern, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.03.08 mit Verweis auf die Veränderungssperre Nr. 31 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Region Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.08 zurück.
Am 29.09.08 beschloss der Rat der Beklagten das "Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt C.". Nach diesem Konzept soll das Planetenzentrum als Stadtteilzentrum gesichert und entwickelt werden. Das Konzept sieht keinen Erweiterungsbedarf, sondern empfiehlt vielmehr die Begrenzung der Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente auf 11.800 m2, "um konterkarierende Entwicklungen zum Ausbau der Stadtmitte zu vermeiden". Übergeordnetes Ziel sei die Stärkung der Grundversorgungsfunktion mit Sortimenten der kurz- und mittelfristigen Bedarfsstufe. Dagegen seien auch ergänzende zentrenprägende Nutzungen vorstellbar.
Am 22.06.09 beschloss der Rat der Beklagten, die Geltungsdauer der Veränderungssperre Nr. 31 bis zum 11.07.10 zu verlängern. Gleichzeitig beschloss er die Auslegung des Entwurfs zum Bebauungsplan 1 / 5A, 2. Änderung. Dieser Entwurf sieht anstelle des bisherigen Sondergebiets und des Kerngebiets ein einheitliches Sondergebiet "Stadtteilzentrum" vor. Nach § 1 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen soll im Sondergebiet im Erdgeschoss "ein Einkaufszentrum der Stadtteilversorgung mit Einzelhandelsbetrieben bis zu einer Gesamtverkaufsfläche von maximal 12.000 m2 " zulässig sein.
Am 02.10.09 beschloss der Rat der Beklagten die Konkretisierung des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan 1/5 A, 2. Änderung. Planungsziel ist nun die Umsetzung des Zentrenkonzepts 2008 durch Überplanung des Bereichs mit einem "Sondergebiet" Einzelhandel sowie Wohn-, Büro- und Dienstleistungsnutzungen.
Zur Sicherung dieser Planung beschloss der Rat der Beklagten am 02.10.09 unter gleichzeitiger Aufhebung der Veränderungssperre Nr. 31 die Veränderungssperre Nr. 32 mit einer Geltungsdauer bis zum 11.07.10.
Am 19.02.10 legte die Klägerin ein am 18.02.10 erstelltes Immissionsgutachten von Dr.-Ing. Heitkämper vor, nach dem das Umbauvorhaben der Klägerin nur realisiert werden kann, wenn zusätzliche Schallschutzmaßnahmen eingeplant werden.
Bereits am 22.08.08 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Veränderungssperre Nr. 32 sei unwirksam. Denn die beabsichtigte Planung nicht erforderlich sei, weil die Planungen der Beklagten zur "Neuen Mitte" durch eine Untersagungsverfügung gestoppt seien. Zudem sei der Bestandschutz für die vorhandenen Verkaufsflächen trotz teilweise längeren Leerstandes noch nicht erloschen und die beabsichtigte Reduzierung der Verkaufsfläche könne nur mit der - nicht vorliegenden - Zustimmung der Eigentümer verwirklicht werde. Die Veränderungssperre leide ferner an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe mit der Veränderungssperre Nr. 32 ihre rechtswidrige Veränderungssperre ersetzt. Daher hätte sich der Gedanke an Schadenersatzansprüche aufdrängen müssen, so dass die Angabe auf der Beschlussvorlage "finanzielle Auswirkungen: keine" unzutreffend gewesen sei. Die Ratsherren seien bei der Beschlussfassung von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen, was sich auch auf ihre Entscheidung übertrage.
Zumindest bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre Nr. 32 hätte die Baugenehmigung - gegebenenfalls unter Auflagen - erteilt werden müssen. Das vorgelegte Lärmschutzgutachten zeige, dass bestehende Grenzwertüberschreitungen durch zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen verhindert werden könnten. Dann aber sei es gegenüber der Ablehnung des Bauantrages verhältnismäßiger, die Baugenehmigung unter Auflagen zu erteilen. Die Beklagte habe jedenfalls amtspflichtwidrig gehandelt, weil sie ein Lärmschutzgutachten nicht bereits wesentlich früher in den vorangegangenen Verfahren verlangt habe. Ihr sei so ein Schaden entstanden, der auf 20 Millionen EURO beziffert werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27.03.08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Region Hannover vom 22.07.08 zu verpflichten, die Baugenehmigung vom 26.03.04 ein zweites Mal zu verlängern,
- 1.
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Baugenehmigung vom 26.03.04 unter Auflagen erneut zu verlängern und zwar
- a)
zum Zeitpunkt der Ablehnung des Verlängerungsantrags mit Bescheid vom 27.03.08
- b)
hilfsweise zu a) zum Zeitpunkt der Neufassung des Zentrenkonzepts der Beklagten durch Beschluss vom 29.09.08
- c)
hilfsweise zu b) zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Verlängerung der Veränderungssperre Nr. 31 am 22.06.08,
- 2.
weiter hilfsweise
festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid vom 27.03.08 rechtswidrig war und
- 3.
weiter hilfsweise
festzustellen, dass ihr Antrag auf Verlängerung der Baugenehmigung vom 26.03.04 unter Auflagen genehmigungsfähig war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Veränderungssperre Nr. 32 sei wirksam und stehe dem Vorhaben der Klägerin entgegen. Bis zum Erlass dieser Veränderungssperre seien die Bauvorlagen wegen des fehlenden Immissionsgutachtens unvollständig gewesen, so dass eine Baugenehmigung schon aus ordnungsrechtlichen Gründen nicht habe erteilt werden können.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die mit ihrem Hauptantrag als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 27.03.08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Region Hannover ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf nochmalige Verlängerung der unter dem 26.03.04 erteilten Baugenehmigung für den Umbau des Planetencenters nach § 75 Abs. 1, § 77 Satz 3 NBauO. Das 2004 genehmigte Umbauvorhaben der Klägerin widerspricht dem im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gültigen öffentlichen Baurecht. Dem Umbauvorhaben der Klägerin steht die am 02.10.09 vom Rat der Beklagten beschlossene Veränderungssperre Nr. 32 entgegen.
Nach § 3 Abs. 1 der Satzung über die Veränderungssperre Nr. 32 dürfen während ihrer Geltungsdauer in ihrem Geltungsbereich Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB nicht durchgeführt werden. Der geplante Umbau des Einkaufscenters stellt ein solches Vorhaben dar und die Veränderungssperre Nr. 32 ist zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer noch gültig. Auch in Addition mit den Zeiträumen der vorangegangenen Veränderungssperren Nr. 30 und Nr. 31 wird die maximale reguläre Geltungsdauer einer Veränderungssperre von 3 Jahren nicht überschritten, § 17 Abs. 1 BauGB.
Die Veränderungssperre Nr. 32 ist nach Auffassung der Kammer wirksam. Anhaltspunkte dafür, dass sie in formeller Hinsicht fehlerhaft zustande gekommen sein könnte, hat die Klägerin nicht vorgetragen; solche sind der Kammer auch nicht ersichtlich. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass der insoweit erforderliche Beschluss zur Neufassung des Aufstellungsbeschlusses für die 2. Änderung des Bebauungsplanes 1/5 A vom Rat der Beklagten in der gleichen Sitzung gefasst wurde wie der Beschluss über die Veränderungssperre und gleichzeitig mit dieser bekannt gemacht wurde (vgl. BVerwG, Bes. v. 09.02.89 - 4 B 236/88 -, Juris).
Die Veränderungssperre Nr. 32 hält auch einer materiell-rechtlichen Überprüfung stand. Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann eine Gemeinde zur Sicherung ihrer Planung eine Veränderungssperre beschließen. Eine derartige Veränderungssperre darf jedoch erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplanes sein soll. Allein das Ziel, ein bestimmtes Vorhaben zu verhindern, reicht hingegen nicht aus. Es ist auch nicht zulässig, dass erst nach Erlass der Veränderungssperre die notwendige Konkretisierung der Planung erreicht wird. Zweck der Veränderungssperre ist es, eine bestimmte Bauleitplanung zu sichern. Sie darf nicht eingesetzt werden, um lediglich die Planungszuständigkeit der Gemeinde zu sichern. Umgekehrt ist nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht. Das Konkretisierungserfordernis darf nicht überspannt werden, weil sonst die praktische Tauglichkeit der Veränderungssperre verloren gehen würde. Eine Gemeinde wird sich im Allgemeinen nicht bereits zu Beginn des Aufstellungsverfahrens auf ein bestimmtes Planungsergebnis festlegen können. Es ist gerade Sinn der Vorschriften über die Planaufstellung, dass der Bebauungsplan innerhalb des Planungsverfahrens - insbesondere unter Beachtung des Abwägungsgebotes - erst erarbeitet wird. Man darf daher für eine Veränderungssperre nicht soviel fordern wie für einen fertig ausgearbeiteten Bebauungsplan, ansonsten bräuchte man das Instrument der Veränderungssperre kaum noch und könnte sogleich den Bebauungsplan aufstellen. Welchen Grad die Konkretisierung der Planung erreicht haben muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.04 - 4 CN 16/03 -, NVwZ 2004, 858 [BVerwG 19.02.2004 - 4 CN 16.03] m.w.N. hinsichtlich der Rspr.).
Nach Auffassung der Kammer erfordern die Umstände des Einzelfalls hier ein erhöhtes Maß an Konkretisierung. Denn bei der von der Beklagten beabsichtigten Planung handelt es sich um eine Änderungsplanung für einen bereits vom Einzelhandel genutzten Bereich und nicht um die Überplanung einer "grünen Wiese". Außerdem beabsichtigt die Beklagte keine vollständige Neuplanung mit vollständig abweichender Nutzung, sondern die Feinsteuerung der bislang im Bebauungsplanbereich betriebenen Einzelhandelsnutzungen nach einem gesamtstädtischen Konzept. Daher sind schon im Stadium der Veränderungssperre konkrete Aussagen dazu erforderlich, ob der Verkaufsflächenbestand unangetastet bleibt, zurück gefahren oder erweitert werden soll.
Gemessen an diesen Vorgaben sind die bei Beschlussfassung über die Veränderungssperre Nr. 32 vorliegenden Planungsvorstellungen der Beklagten als hinreichend konkret zu bezeichnen. Nach dem Beschlussvorschlag des Bürgermeisters der Beklagten vom 29.09.09 sollen die bislang unbeschränkt zulässigen Einzelhandelsnutzungen im Bereich des Planetencenters, der derzeit teils als Sondergebiet "Einkaufszentrum", teils als Kerngebiet ausgewiesen ist, auf den für ein Stadtteilzentrum notwendigen Umfang begrenzt werden. Die Beklagte will so ihr am 29.09.08 beschlossenes Zentrenkonzept 2008 umsetzen, nach dem das Planetencenter als Stadtteilzentrum für die Stadtbereiche südlich der BAB 2 gesichert und entwickelt werden soll. Für diese dem Planetencenter zugewiesene Grundversorgungsfunktion sieht das Zentrenkonzept 2008 eine Gesamtverkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von 11 800 m2 vor. Dementsprechend will die Beklagte den überwiegenden Bereich des Plangebietes mit der Zweckbestimmung "Sondergebiet" und einer Verkaufsflächenbegrenzung für das Einkaufszentrum auf 12 000 m2 überplanen. Daneben sind Nutzungen wie Wohnen sowie Büro- und Dienstleistungsnutzungen vorgesehen. Derartige Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre erforderlich, aber auch ausreichend (vgl. Urt. v. 19.02.04 - 4 CN 13.03 -, Juris). Die Kammer hält es daher für unschädlich, dass noch nicht im Einzelnen festgelegt wird, welcher Sortimentsmix und welche konkrete Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente angestrebt wird. Es ist insoweit ausreichend konkret, wenn die Beschränkung der Gesamtverkaufsfläche auf 12 000 m3 und damit ein "Herunterfahren" des Bestandes beschlossen wurde.
Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht für die geänderte Planung der Beklagten auch ein Sicherungsbedürfnis. Denn die Kammer vermag nicht zu erkennen, dass die Planungsvorstellungen der Beklagten grundsätzlich nicht umgesetzt werden könnten. Im Planungsstadium "Veränderungssperre" sind Einzelheiten in Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis des zukünftigen Bebauungsplans nicht zu überprüfen; die beabsichtigte Planung darf lediglich prognostisch beurteilt werden. Eine antizipierte Normenkontrolle des künftigen Bebauungsplanes hat bei der rechtlichen Überprüfung einer Veränderungssperre grundsätzlich nicht stattzufinden (so BVerwG, Bes. vom 21.12.93 - 4 NB 40/93 -, Juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 17.12.98 - 1 K 1103/98 -, Juris).
Entgegen der Auffassung der Klägerin bezweifelt die Kammer nicht, dass die Überplanung des maroden und in weiten Teilen leerstehenden Planetencenters erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB ist. Die Ausführungen der Klägerin gehen an der Sache vorbei, soweit sie die Planungen der Beklagten zur "Neuen Mitte" betreffen. Ob für dieses neue Einkaufszentrum eine versorgungsrelevante Notwendigkeit besteht und ob dieses wegen der mittlerweile ergangenen raumordnungsrechtlichen Untersagungsverfügung der Region überhaupt verwirklicht werden kann, kann dahin stehen. Denn dies betrifft nicht die durch die hier streitige Veränderungssperre gesicherte Planung, die durchaus auch unabhängig von den planerischen Vorstellungen der Beklagten zur "Neuen Mitte" verwirklicht werden kann.
Auch der Umstand, dass eine Verkaufsflächenreduzierung im Plangebiet letztlich wohl nur im Einvernehmen mit den Grundeigentümern zu erzielen sein wird, die über Baugenehmigungen für Einzelhandel verfügen und diese auch ausnutzen, macht die Verwirklichung der Planung nicht von vornherein unmöglich. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass die Frage des Eingriffs in eine möglicherweise bestandsgeschützte Nutzung auf der Ebene der Abwägung zu klären sein wird und nicht von vornherein unlösbar erscheint. Hierzu wären im Planverfahren insbesondere die Dauer und der Umfang des Leerstandes von Verkaufsflächen und der damit u. U. einhergehende Verlust an Bestandsschutz zu ermitteln und zu bewerten. Zudem sind bereits die beiden gestellten Umbauanträge der Klägerin ein starkes Indiz dafür, dass die vorhandenen Verkaufsflächen zeitgemäßen Ansprüchen nicht mehr genügen und wirtschaftlich kaum mehr betrieben werden können. Das Gebiet befindet sich also trotz erteilter Baugenehmigungen "in Bewegung" und rechtfertigt die Planungen der Beklagten.
Es ist ebenfalls nicht schlechterdings ausgeschlossen, eine Verkaufsflächenbeschränkung für den im Plangebiet vorgesehenen Einzelhandel vorzuschreiben. Eine derartige Festsetzung ist keine Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung, die unzulässig wäre, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO insoweit zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschoßfläche) vorgenommen worden ist. Vielmehr handelt es sich - ungeachtet der mit ihr bezweckten Größenbegrenzung - um eine Vorschrift über die Art der baulichen Nutzung. Bereits der Verordnungsgeber hat innerhalb des Ersten Abschnitts der Baunutzungsverordnung in § 11 Abs. 2 und 3 BauNVO mit der Bestimmung über Sondergebiete für großflächige Einzelhandelsbetriebe ein Baugebiet besonderer Art mit einem bestimmten Typ der baulichen Nutzung festgelegt. Diese Nutzungsart bestimmt sich gerade nach der Größe der Verkaufsfläche. Hieran knüpft die Beklagte an, wenn sie im Planbereich ein Sondergebiet mit begrenzter Verkaufsfläche festsetzten will. Mit solchen Regelungen über höchstzulässige Verkaufsflächen fächert sie in Fortführung des vom Verordnungsgeber geschaffenen Konzepts einer nach der Betriebsgröße abgegrenzten besonderen Nutzungsart "großflächiger Einzelhandel" diese Art der Nutzung weiter auf (so BVerwG, Urt. v. 27.04.90 - 4 C 36/87 -). Die Beklagte wird im weiteren Verlauf des Planverfahrens lediglich darauf zu achten haben, dass die beabsichtigte Verkaufsflächenbegrenzung vorhaben- und nicht gebietsbezogen festgesetzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.04.08 - 4 CN 3/07 -, NVwZ 2008, 902 ff [BVerwG 03.04.2008 - BVerwG 4 CN 3.07]).
Entgegen der Auffassung der Klägerin sieht die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der Rat der Beklagten ermessensfehlerhaft über den Erlass der Veränderungssperre Nr. 32 entschieden haben könnte, er ist insbesondere nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Die Klägerin trägt insoweit vor, der Rat hätte vor Beschlussfassung über mögliche Schadenersatzansprüche aufgeklärt werden müssen, da mit der Veränderungssperre Nr. 32 die rechtswidrige Sperre Nr. 31 ersetzt worden sei. Auf der Beschlussvorlage hätte daher bei der Frage nach finanziellen Auswirkungen nicht das Kästchen "keine" angekreuzt werden dürfen. Diese Auffassung teilt die Kammer nicht. Denn bei der Frage, wie die Veränderungssperren zu bewerten sind, handelt es sich nicht um Sachverhalts-, sondern um reine Rechtsfragen, die - naturgemäß - von der Beklagten ganz anders beurteilt werden als von der Klägerin. Die Beklagte schätzt ihr bisheriges Vorgehen insgesamt als rechtmäßig ein und hat insoweit konsequent keine finanziellen Auswirkungen der Veränderungssperre angegeben, weil die Vier-Jahres-Frist des § 18 Abs. 1 BauGB noch nicht abgelaufen ist. Die Forderung, bei jeder Entscheidung des Rates im Planungsverfahren alternativ auch die Folgen für den Fall des Fehlschlagens dieser Planung angeben zu müssen, hält die Kammer für überzogen.
Die von der Klägerin geforderte Ausnahme von den Festsetzungen der Veränderungssperre hat die Beklagte zu Recht nicht erteilt. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist eine Ausnahme von der Veränderungssperre nur möglich, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Das ist hier nicht der Fall. Überwiegende öffentliche Belange stehen entgegen, weil die Erteilung der begehrten Umbaugenehmigung dem Zweck der Veränderungssperre zuwiderlaufen würde. Mit Aufstellungsbeschluss vom 02.10.09 beschloss der Rat der Beklagten, die Gesamtverkaufsfläche im Planbereich des Planetencenters auf maximal 12 000 m² zu begrenzen. Diese Grenze wird bereits von den vorhandenen Nutzungen nicht eingehalten und würde durch den geplanten Umbau weiter überschritten. Fehlt es aber schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 BauGB, so kann eine Ausnahme auch nicht im Ermessenswege zugelassen werden (vgl. dazu die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des BVerwG v. 20.08.92 - 4 C 54/89 -, Juris).
Der hilfsweise zu 2. gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin ist durch das Inkrafttreten der Veränderungssperre Nr. 32 während der Anhängigkeit des vorliegenden Verfahrens von einer ihr nachteiligen Rechtsänderung betroffen worden und hat ihrem aufrechterhaltenen, nunmehr nach der neuen Rechtslage zu beurteilenden Verpflichtungsantrag einen Feststellungsantrag hinzugefügt, mit dem sie eine Klärung der ursprünglichen Rechtslage erreichen möchten. Daran wird sie weder durch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO noch durch § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gehindert. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages wird auch durch den Umstand nicht in Frage gestellt, dass ihn die Klägerin nur als Hilfsantrag in das Verfahren einführt hat und im Hauptantrag an ihrem Verpflichtungsbegehren festhält. Insoweit ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend anwendbar (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 24.10.80 - 4 C 3.78 -, NJW 1981, 2426 ff [BVerwG 24.10.1980 - BVerwG 4 C 3.78]).
Ein "berechtigtes Interesse" an der Feststellung, wie es § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO verlangt, kann der Klägerin ebenfalls nicht abgesprochen werden. Die Klägerin möchte die von ihr angestrebte Feststellung nutzen, um die Beklagte auf Entschädigung in Anspruch zu nehmen. Das dieses Entschädigungsverlangen "offensichtlich aussichtslos" wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Der Fortsetzungsfeststellungsantrag hat jedoch mit keiner seiner drei Varianten a), b) oder c) in der Sache Erfolg. Das Umbauvorhaben scheitert zu jedem beliebigen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Veränderungssperre Nr. 32 an weiteren Vorgaben des materiellen Baurechts. Denn es wirkt sich gegenüber der umgebenden Wohnbebauung i.S.d. § 15 Abs. 1 BauNVO rücksichtslos aus. Nach dem nunmehr vorgelegten Immissionsgutachten überschreitet der Lärm des vom Vorhaben verursachten Anliefer- und Kundenparkplatzverkehrs an einigen Immissionspunkten die Grenzwerte der TA-Lärm um bis zu 4,9 dB(A) (Heitkämper-Gutachten, S. 14,15). Lärmschutzmaßnahmen sehen die Bauvorlagen nicht vor, so dass das Umbauvorhaben der Klägerin ungeachtet weiterer Fragen nach fehlenden Baulasten, zu geringer Fenstergröße, etc. vor Inkrafttreten der Veränderungssperre Nr. 32 nicht genehmigungsfähig war.
Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte nicht verpflichtet, die Umbaugenehmigung unter entsprechenden Auflagen zu erteilen. Da bis zur Vorlage des Immissionsgutachten die Tragweite des Immissionskonflikts noch völlig ungeklärt war und Art und Umfang der erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen deshalb noch nicht beschrieben werden konnten, hätte die Beklagte hinsichtlich der Lärmschutzproblematik wohl nur eine Auflage dergestalt wählen können, in den umliegenden Wohngebieten einen bestimmten Immissionsrichtwert einzuhalten. Diese Form der Nebenbestimmung wird für den Bereich des Baurechtes aber allgemein als zu unbestimmt angesehen (Große-Suchsdorf, Lindorf, Schmaltz, Wiechert, NBauO, 8. Aufl. 2006 § 75 Rn. 64).
Außerdem steht einer derartigen Lösung des Immissionskonfliktes der Zweck der Baugenehmigung entgegen, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen umfassend sicherzustellen. Diese Funktion der Baugenehmigung verbietet eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr "Abschieben" in eine Nebenbestimmung. Aus diesen Gründen kommen insbesondere nur solche Bedingungen in Betracht, bei denen sich der Bedingungseintritt eindeutig und zweifelsfrei feststellen lässt und die weitere baurechtliche Abwicklung deshalb nicht mit Rechtsunsicherheit belastet wird (vgl. BayVGH, Bes. v. 15.09.98 - 20 ZB 98.2402 -, Juris). Diese Voraussetzung liegt hier aber nicht vor. Dass die im Immissionsschutzgutachten vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen (1,5 m bis 3 m hohe Wände im unmittelbaren Straßeneinmündungsbereich, Anlage 4 zum Heitkämper-Gutachten) eindeutig und zweifelsfrei genehmigungsfähig wären, vermag die Kammer nicht festzustellen.
Für die von der Klägerin letztlich gewünschte Vorabklärung der planungsrechtlichen Zulässigkeit ihres Umbauvorhabens vor Inkrafttreten der Veränderungssperre Nr. 32 taugt eine Baugenehmigung wegen ihrer abschließenden Funktion nicht, hierfür ist das Verfahren der Voranfrage vorgesehen.
Die hilfsweise zu 3. und 4. gestellten Feststellungsanträge sind nach § 43 VwGO unzulässig. Mit diesen Anträgen verlässt die Klägerin die Fortsetzungsfeststellungssituation. Sie begehrt nun nicht mehr die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung, sondern die Feststellung, dass die Ablehnung der Baugenehmigung rechtswidrig bzw. ihr Bauantrag unter Auflagen genehmigungsfähig war. Damit betreffen diese Anträge einen vom Hauptantrag abweichenden Streitgegenstand. Als Feststellungsklagen nach § 43 Abs. 1 VwGO sind sie unzulässig. Die Kammer bezweifelt bereits, ob dem Begehren der Klägerin ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zugrunde liegt. Denn die rechtliche Qualifizierung eines Handelns der Verwaltung als rechtswidrig oder fehlerhaft stellt kein Rechtsverhältnis dar (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, 3 43 Rn. 16).
Jedenfalls kann die Klägerin das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse nicht geltend machen. Bei einem - hier gegebenen - vergangenen Rechtsverhältnis setzt das berechtigte Interesse an alsbaldiger Feststellung die Gefahr der Wiederholung oder die Berechtigung einer Rehabilitierung voraus. Diese Interessen verfolgt die Klägerin mit ihren Feststellungsanträgen ersichtlich nicht. Die Absicht der Klägerin, einen Schadenersatzprozess zu führen, rechtfertigt eine Feststellungsklage jedoch wegen der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO nicht. Danach ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn die Klägerin ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Die Vorschrift will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht. Der dem Rechtssuchenden zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden. Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege gilt diese Zielsetzung "rechtswegübergreifend", d.h. auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.00 - 7 C 3/00 -, Juris). Da es der Klägerin erklärtermaßen darum geht, von der Beklagten wegen deren für rechtswidrig gehaltenen Verhaltens Schadensersatz zu erlangen, wird sie von der Verwaltungsgerichtsordnung zur Erreichung dieses Ziels auf die beim Landgericht zu erhebende Schadensersatzklage verwiesen. Dieses Gericht hat, soweit dies zur Entscheidung über den geltend gemachten Schadensersatzanspruch erforderlich ist, in eigener Verantwortung zu klären, ob u. U. schadensverursachendes Verhalten der Beklagten rechtmäßig oder rechtswidrig war. Einer Klärung derselben Frage (auch) im Verwaltungsrechtsweg bedarf es nicht. Vielmehr geht die von den Zivilgerichten zu entscheidende Schadensersatzklage der Feststellungsklage der Klägerin gemäß § 43 Abs. 2 VwGO vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.