Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.11.1997, Az.: I 52/94
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 11.11.1997
- Aktenzeichen
- I 52/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 27900
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:1111.I52.94.0A
In dem Rechtsstreit
wegen Einkommensteuer 1988
hat der I. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 11. November 1997, an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht .
Richter am Finanzgericht .
Richter am Finanzgericht .
ehrenamtlicher Richter . Bäckermeister
ehrenamtliche Richterin . Redakteurin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte (Bekl.) berechtigt ist, den Einkommensteuerbescheid 1988 zu ändern.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1988 vom Bekl., dem Finanzamt (FA) ., gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kl. betreibt als Kieferorthopäde eine selbständige Praxis in B.. Dessen Einkünfte aus selbständiger Arbeit werden vom FA B. gesondert festgestellt. Der Kl. übte seine freiberufliche Tätigkeit in Praxisgemeinschaft mit einem weiteren Kieferorthopäden aus. Zwischen den beiden Praxisinhabern war vereinbart, daß die Laufenden Ausgaben anteilig nach dem Maßstab ihrer jeweiligen Umsätze getragen werden sollten. Die Höhe dieser gemeinsamen Praxisausgaben sowie deren Verteilung auf die Beteiligten wurde vom FA B. einheitlich festgestellt.
In den Jahren vor 1988 wurde die Feststellung und Veranlagung der Einkünfte des Kl. aus selbständiger Arbeit vom FA B. sowie dem BekL. wie folgt gehandhabt:
Das FA B. nahm eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Betriebsausgaben der Praxisgemeinschaft sowie eine gesonderte Feststellung der Einkünfte des Kl. aus selbständiger Tätigkeit vor. Dabei wurde bei der gesonderten Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit die anteilig auf den Kl. entfallenden Betriebsausgaben aus der Praxisgemeinschaft weder vom Kl. erklärt noch vom FA B. bei der Veranlagung erfaßt. Das FA B. übersandte jeweils eine Mitteilung über die gesonderte Gewinnfeststellung sowie eine Mitteilung über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Betriebsausgaben der Praxisgemeinschaft an den BekL. als Wohnsitzfinanzamt der Kl. In den Einkommensteuererklärungen der Vorjahre erklärten die Kl. bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit einmal den Gewinn aus der Einzelpraxis für Kieferorthopädie sowie zum anderen den Betriebsausgabenanteil des Kl. aus der Praxisgemeinschaft. Der BekL. kürzte bei den Einkommensteuerveranlagungen den Gewinn aus der Einzelpraxis um die anteiligen Betriebsausgaben aus der Praxisgemeinschaft und setzte diesen Betrag dann in zutreffender Höhe als Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit bei der jeweiligen Einkommensteuerveranlagung an. Im Streitjahr 1988 Liefen die Erklärungs- und Veranlagungsvorgänge beim Bekl. sowie dem FA . wie folgt ab:
Im Mai 1989 wurde von der Praxisgemeinschaft eine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Praxisausgaben beim FA B. eingereicht, die Praxisausgaben in Höhe von insgesamt ./. 483. 473 DM und einen auf den Kl. entfallenden Unkostenanteil von ./. 331. 738 DM auswies. Der Kl. gab auf der Anlage ESt 1, 2, 3 B als zuständiges FA sein Wohnsitz-FA mit der entsprechenden Steuernummer an. Das FA B. veranlagte die Praxisgemeinschaft antragsgemäß im Juli 1989 und übersandte zugleich eine Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Praxisgemeinschaft an den BekL. Die Mitteilung wies anteilig auf den Kl. entfallende Praxisausgaben von ./. 331. 738 DM aus. Der zugrundeliegende, unter keinem Vorbehalt stehende Bescheid wurde bestandskräftig.
Im August 1989 reichte der Kl. eine Erklärung zur gesonderten Feststellung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Jahr 1988 beim FA B. ein, die einen Gewinn von 1.011. 767 DM auswies. Der Erklärung war eine Einnahme-Überschuß-Rechnung für die kieferorthopädische Praxis beigefügt, die bei den Ausgaben einen Anteil aus der Praxisgemeinschaft von rd. 331. 738 DM enthielt, der in die Gewinnermittlung eingeflossen war. Der Gewinnermittlung war der Zusatz beigefügt, daß die vorstehende Einnahme-Überschuß-Rechnung aufgrund der vorgelegten Einnahmeüberschuß-Rechnung 1988 der Praxisgemeinschaft sowie weiterer Buchführungsunterlagen erstellt worden sei. Mit Feststellungsbescheid vom September 1989 stellte das FA B. die Einkünfte aus der Einzelpraxis des Kl. antragsgemäß gesondert fest und übersandte eine entsprechende Mitteilung an den Bekl., das Wohnsitz-FR der Kl. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit der Ende August 1989 abgegebenen Einkommensteuererklärung 1988 erklärten die Kl. bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Kl. einen Gewinn in Höhe von 1.011. 767 DM; ein zusätzlicher Betriebsausgabenanteil aus der Praxisgemeinschaft wurde nicht erklärt. Der Bekl. wertete die ihm vorliegenden Mitteilungen des FA B. über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Betriebsausgaben aus der Praxisgemeinschaft sowie die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus der Einzelpraxis in der weise aus, daß von dem Gewinn aus der Praxis für Kieferorthopädie von 1.011. 767 DM nochmals die anteilig auf den Kl. entfallenden Betriebsausgaben aus der Praxisgemeinschaft von ./. 331. 738 DM abgezogen wurden. Die anteiligen Unkosten aus der Praxisgemeinschaft wurden -; da sie bereits im Gewinn aus der Einzelpraxis berücksichtigt waren -; damit doppelt erfaßt.
Der Bekl. setzte mit Bescheid vom 2. April 1990 die Einkommensteuer 1988 zunächst auf 112. 953 DM und nach einer Folgeberichtigung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) aus anderweitigen Gründen mit Bescheid vom 10. Mai 1990 auf 113. 104 DM fest. Die Bescheide ergingen endgültig und wurden bestandskräftig.
Im Februar 1991 übersandte das FA B. dem BekL. eine Mitteilung über die nach § 164 AO geänderte gesonderte Gewinnfeststellung 1988 für die Einkünfte des Kl. aus freiberuflicher Tätigkeit, die einen Gewinn von 879. 355 DM auswies. Der geänderten Feststellung Lagen die Ergebnisse einer beim Kl. durchgeführten Betriebsprüfung zugrunde. In der Mitteilung wurde darauf hingewiesen, daß im Gewinn die Anteile von ./. 331. 738 DM der Praxisgemeinschaft enthalten sind.
Der Bekl. erließ hierauf unter Bezugnahme auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 und § 174 AO am 3. April 1991 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1988 mit dem er die Einkommensteuer auf 219. 243 DM festsetzte. Der Gewinn aus selbständiger Arbeit des Kl. wurde hierin mit 879. 355 DM erfaßt. Die bisher doppelt berücksichtigten anteiligen Betriebsausgaben aus der Praxisgemeinschaft in Höhe von ./. 331. 738 DM wurden nicht mehr abgezogen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage nach erfolglosem Einspruchsverfahren.
Die Kl. tragen zur Begründung ihrer Klage vor, der Bekl. sei aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, die doppelte Berücksichtigung des Betriebsausgabenanteils des Kl. aus der Praxisgemeinschaft in Höhe von ./. 331. 738 DM wieder rückgängig zu machen. Der Änderungsbescheid vom 3. April 1991 könne weder auf § 174 Abs. 2 AO noch eine andere Norm gestützt werden. § 174 Abs. 2 AO setze voraus, daß die mehrfache Berücksichtigung auch in mehreren Steuerbescheiden vorgenommen worden sei. Hier sei aber ein bestimmter Sachverhalt in demselben Bescheid, nämlich dem Einkommensteuerbescheid 1988, doppelt erfaßt worden.
Eine Änderung nach § 174 Abs. 2 AO sei weiterhin nur dann zulässig, wenn die mehrfache Berücksichtigung eines Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen sei. Die Erklärung des Steuerpflichtigen müsse unrichtig sein. Das sei hier nicht der Fall.
Die Angabe des Wohnsitz-FA in der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Betriebsausgaben der Praxisgemeinschaft sei nicht zu beanstanden. Der von der Finanzverwaltung verwandte Vordruck ESt 1, 2, 3 B sei insofern mißverständlich, als er nicht nur für echte Beteiligungen, sondern auch für die gemeinsame Feststellung von Ausgaben, für die Ausgaben der Praxisgemeinschaft, benutzt werde. Ruch in früheren Veranlagungszeiträumen sei vom Kl. dort das Wohnsitz-FR benannt worden, ohne daß dies beanstandet worden sei oder zum fehlerhaften Ansatz von Betriebsausgaben geführt habe.
Die Kl. beantragen,
die mit Bescheid vom 3. April 1991 festgesetzte Einkommensteuer 1988 unter Rufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17. Febr. 1994 um 106. 139 DM herabzusetzen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bekl. ist der Auffassung, die vorgenommene Änderung des Einkommensteuerbescheids 1988 gem. § 174 Abs. 2 AO sei nicht zweifelhaft. Widerstreitende Steuerfestsetzungen Lägen insoweit vor, als die Feststellung des Betriebsausgabenanteils des Kl. an der Praxisgemeinschaft nicht mit dem Einkommensteuerbescheid 1988 übereinstimmme, weil in beiden Bescheiden der Verlust aus der Praxisgemeinschaft berücksichtigt worden sei, und zwar im Einkommensteuerbescheid zusätzlich zu Unrecht. Die unrichtige doppelte Berücksichtigung des Betriebsausgabenanteils aus der Praxisgemeinschaft beruhe auch auf einer Erklärung des Kl. Denn dieser habe in der Feststellungserklärung für die Praxisgemeinschaft seine Einkommensteuernummer angegeben und dadurch bewirkt, daß das FA B. die Mitteilung an den Bekl. übersandt habe. Zugleich habe er bei der Gewinnermittlung der Einzelpraxis diesen Verlust berücksichtigt, so daß es für ihn erkennbar gewesen sei, daß es zu einer Doppelerfassung habe kommen können. Der Kl. habe sein verhalten bei der Abgabe der Steuererklärungen insofern umgestellte als er erstmalig im Streitjahr 1988 bei der Erklärung zur gesonderten Gewinnfeststellung seiner Einzelpraxis den Verlust aus der Praxisgemeinschaft berücksichtigt habe. In den Vorjahren habe er dagegen diesen Verlust außer Ansatz gelassen. Ruf diese geänderte verhaltensweise habe er nirgends hingewiesen.
Darüber hinaus stützt sich der BekL. auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Zwar sei der Grundlagenbescheid über die Betriebsausgaben nicht aufgehoben oder geändert worden. Mit der Verwertung dieses Grundlagenbescheides in der Gewinnfeststellung für 1988 habe für den gesonderten Ansatz der Verlustanteile kein Raum mehr bestanden. Es habe für die Einkommensteuerveranlagung insoweit kein Grundlagenbescheid mehr bestanden.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogenen Einkommensteuerakten des Bekl. unter der St.-Nr. . sowie die Feststellungsakten des FR B unter der St.-Nr. . Bezug genommen.
Der Senat hat mit Beschluß vom 23. Sept. 1993 die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1988 vom 3. April 1991 in Höhe einer Einkommensteuer von 106. 139 DM von der Vollziehung ausgesetzt.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Bekl. bei der Änderung des Einkommensteuerbescheids 1988 die tatsächlich erzielten Einkünfte des Kl. aus selbständiger Arbeit bei der Besteuerung zugrundegelegt und die zweifache Berücksichtigung der Betriebsaussagen korrigiert. Die formale Berechtigung hierzu ergibt sich aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.
Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift Liegen vor.
Der Feststellungsbescheid des FA B. über die Betriebsausgaben der Praxisgemeinschaft ist unstreitig ein Grundlagenbescheid im Sinne der o.g. Vorschrift.
a) Dieser Grundlagenbescheid hat auch Bindungswirkung für die Einkommensteuerfestsetzung der Kl. für 1988 i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.
Zwar kommt diesem Grundlagenbescheid unmittelbar Bindungswirkung nur für die gesonderte Feststellung des Gewinns des Kl. aus selbständiger Arbeit zu und er hätte entsprechend dieser Zweckbestimmung von dem für die gesonderte Feststellung der Betriebsausgaben zuständigen FA nicht an das Wohnsitz-FA, sondern an das für die gesonderte Gewinnfeststellung zuständige FR übermittelt werden müssen.
b) Dennoch ist nach Ruffassung des Senats der Grundlagenbescheid auch im Hinblick auf den Einkommensteuerbescheid 1988 als Bescheid mit Bindungswirkung anzusehen. Denn, ob ein Bescheid in diesem Sinne Bindungswirkung entfaltet, ist nicht nach objektiven, sondern nach subjektiven Kriterien aus der Sicht desjenigen zu beurteilen, dem ein Grundlagenbescheid übermittelt wird.
Dies ergibt sich aus folgendem:
Mit § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, die Festsetzung der zutreffenden Steuer im Folgebescheid sicherzustellen, wobei der materiellen Richtigkeit des Folgebescheids der Vorrang vor der Bestandskraft eines bereits früher ergangenen Folgebescheides eingeräumt wird. Aus der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids für den Folgebescheid ergibt sich, daß dieser die Rufgabe hat, dem Folgebescheid in verbindlicher weise bestimmte Besteuerungsgrundlagen zuzuführen. Die Bindungswirkung beinhaltet deshalb auch, daß das für den Erlaß eines Folgebescheides zuständige FR verpflichet ist, die Folgerungen aus dem Grundlagenbescheid zu ziehen. Solange die im Grundlagenbescheid gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen vom FR im Folgebescheid nicht berücksichtigt sind, ist die dem Grundlagenbescheid zugedachte Rufgabe nicht erfüllt. Deshalb hat der Bundesfinanzhof (BFH) in zahlreichen Entscheidungen angenommen, daß die Verpflichtung zur Anpassung des Folgebescheids nicht dadurch beseitigt wird, daß das für den Erlaß des Folgebescheides zuständige FR einen Grundlagenbescheid übersehen oder dessen Inhalt nicht oder nicht in der richtigen weise in den Folgebescheid übernommen hat.
Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn aus dem zunächst nicht oder fehlerhaft ausgewerteten Grundlagenbescheid später noch die zutreffenden Folgerungen im Folgebescheid gezogen werden, sondern auch dann, wenn ein zunächst nicht oder fehlerhaft ausgewerteter Grundlagenbescheid später geändert wird und das FR aus dem Änderungsbescheid die entsprechenden Folgerungen ziehen möchte. Es ist kein Grund ersichtlich, in einem solchen Fall von einem Verbrauch der Änderungsmöglichkeit auszugehen.
Aus dem Wortlaut des § 175 As. 1 Nr. 1 AO kann eine solche Einschränkung der Änderungsmöglichkeit nicht hergeleitet werden (Urteil des BFH vom 17.02.1993 II R 15/91, BFH/NV 1994 S. 1) mit Nachweisen aus der bisherigen Rechtsprechung des BFH.
Wenn aber nach der Rechtsprechung des BFH schon das zuständige FR verpflichtet ist, den Folgebescheid so Lange anzupassen, bis das Ergebnis des Grundlagenbescheids darin richtig aufgenommen worden ist, so muß diese Verpflichtung erst recht für ein FR gelten, das einen Grundlagenbescheid ausgewertet hat, für dessen Auswertung es nicht zuständig war.
Hiernach findet die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auch für Grundlagenbescheide Anwendung, bei denen das FR eine Bindungswirkung annimmt, die objektiv nicht besteht.
Da der BekL. den Grundlagenbescheid über die gesonderte Feststellung der Betriebsausgaben in der Einkommensteuerveranlagung 1988 ausgewertet hat, obwohl er hierzu nicht berechtigt war -; berechtigt war das FA B. als das für die gesonderte Gewinnfeststellung zuständige FA -;, und aufgrund der seit Jahren geübten Handhabung zwischen den Beteiligten und dem FA auch meinte, verpflichtet zu sein, den Grundlagenbescheid auswerten zu müssen, war der BekL. nunmehr nach Erkennen seines Irrtums in der Pflicht, den Einkommensteuerbescheid soweit zu ändern, daß die Ergebnisse des Grundlagenbescheides zutreffend Berücksichtigung finden, und dies konnte nur erfolgen, indem der gesonderte Betriebsausgabenabzug in der Einkommensteuerveranlagung 1988 gestrichen wurde.
Da diese Streichung des gesonderten Betriebsausgabenansatzes bereits im Einkommensteuerbescheid vom 3. April 1991 erfolgt ist, war die Festsetzungsfrist für die Änderung des Einkommensteuerbescheids 1988, die die Korrekturmöglichkeiten zeitlich begrenzt (Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 175 Tz. 5) noch nicht abgelaufen.
Ebensowenig verstößt die Änderung nicht gegen Treu und Glauben. Eine Voraussetzung für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben besteht darin, daß der Steuerpflichtige darauf vertrauen konnte, eine Änderung werde nicht erfolgen. Von der Bildung eines Vertrauenstatbestandes geht die Rechtsprechung aber erst dann aus, wenn nach mehreren Jahren die korrekte Anpassung erfolgt ist. Eine Änderung innerhalb eines Jahres -; wie vorliegend -; begründet hiernach keinen Vertrauenstatbestand.
Im übrigen dürfte den Kl. bzw. ihren Beratern bei der Größe des Fehlers der Irrtum des Bekl. offenkundig gewesen sein, was grundsätzlich die Bildung eines Vertrauenstatbestandes und damit den Einwand, die Korrektur verstoße gegen Treu und Glauben, ausschließt.
Da der Senat § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO als einschlägige Änderungsvorschrift angesehen hat, mußte der Senat sich nicht mit § 174 Abs. 2 AO, der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BFH (Urteil des BFH vom 10. Okt. 1996 III R 94/93, BFH/NV 1997 S.R. 104) und den Fragen auseinandersetzen, ob der Kl. verpflichtet war, dem Bekl. mitzuteilen, daß er von der bisherigen Verfahrenspraxis abweicht, und ob dieses Unterlassen eine Erklärung oder einen Antrag i.S.d. § 174 Abs. 2 AO darstellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Der Senat hielt es für angezeigt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zuzulassen.