Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.11.1997, Az.: XIV 484/93

Stellung als zivilrechtlicher Gesellschafter einer Personengesellschaft als Voraussetzung der Mitunternehmerschaft; Tragen von Mitunternehmerrisiko und Entfalten von Mitunternehmerinitiative ; Auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichtete Willenserklärungen zwischen den Beteiligten als Voraussetzung für die Annahme einer fehlerhaften Gesellschaft; Anerkennung der Mitunternehmerschaft nach den Grundsätze des fehlerhaften Beitritts zu einer Gesellschaft

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
13.11.1997
Aktenzeichen
XIV 484/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 16008
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:1113.XIV484.93.0A

Fundstellen

  • GmbHR 1998, 710 (amtl. Leitsatz)
  • NWB DokSt 1998, 747-748

Verfahrensgegenstand

Gewinnfeststellung 1987

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Mitunternehmer kann nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder in Ausnahmefällen eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung inne hat und aufgrund dessen Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann.

  2. 2.

    Auch ein Gesellschafter einer fehlerhaften Gesellschaft kann MItunternehmer sien. Voraussetzung für die Annahme einer fehlerhaften Gesellschaft ist das Vorliegen von, wenn auch fehlerhaften, auf den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärungen zwischen den Beteiligten.

In dem Rechtsstreit
hat der XIV. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13. November 1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin Dipl.-Kauffrau ...
ehrenamtliche Richterin Hausfrau ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Gewinnfeststellungsbescheid 1987 wird abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Änderung des Feststellungsbescheides nach Maßgabe der Urteilsgründe vorzunehmen, dem Kläger und den Beigeladenen das Ergebnis der Abänderung unverzüglich mitzuteilen und den Feststellungsbescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskrafts dieses Urteils neu bekanntzugeben.

Der Beklagte trägt die Kosten.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger Mitunternehmer der Firma ... GmbH & Co. KG (KG) war.

2

Die KG wurde im Jahre 1980 gegründet. Gegenstand des Unternehmens waren die Produktion und der Vertrieb von ... besonderer Art. Persönlich haftende Gesellschafterin war die ... GmbH (GmbH), an der neben dem Kläger die Beigeladenen ... J., R. sowie der inzwischen verstorbene ... E. beteiligt waren. Gründungskommanditisten waren ebenfalls die beiden Beigeladenen J. und R., E. sowie die Ehefrau des Klägers, die Beigeladene ... K. Im Jahr 1981 beteiligten sich als weitere Kommanditisten an der KG die Beigeladenen ... K., - H., Dr. L. und die ebenfalls inzwischen verstorbenen Herren ... H. und W., im Jahr 1984 der beigeladene S.

3

Nach § 3 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages vom .... Juli 1980 war die Komplementärin, der die Geschäftsführung der KG oblag (§ 6 des Gesellschaftsvertrages), berechtigt, das Gesellschaftskapital durch Erhöhung der Kommanditeinlage der Gründungskommanditisten oder durch Aufnahme weiterer Kommanditisten bis zu einem Betrag von 3.000.000 DM zu erhöhen und die erforderlichen Anmeldungen zum Handelsregister vorzunehmen. Gemäß § 3 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages wurde durch Unterzeichnung der Beitrittserklärung durch den Teilhaber und die Geschäftsführung der Gesellschaft der Teilhaber Kommanditist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom .... Juli 1980 (Blatt 1 bis 10 Vertragsakte des Beklagten) Bezug genommen.

4

Nach den Eintragungen im Handelsregister waren Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vom 16.09.1980 bis 13.05.1982 H. E., vom 13.02.1981 bis 15.12.1982 der Kläger, vom 13.05.1982 bis 13.03.1985 ... J. und ab 19.12.1984 ... H.

5

Der Kläger war darüber hinaus als Steuerberater für die KG tätig. Er hatte in den Jahren 1981 bis 1986 diverse Bürgschaften für die KG übernommen und ist - auch nachdem er seine Geschäftsführertätigkeit niedergelegt hatte - für die KG gegenüber Geschäftspartnern, Banken, Versicherungen und anderen Institutionen mehrfach auf getreten.

6

Am ....04.1988 wurde die Konkurseröffnung über das Vermögen der KG beantragt. Der Konkurs wurde am ....06.1988 mangels Masse eingestellt. Die KG wurde am ....03.1991 aufgelöst.

7

Mit Feststellungsbescheid vom .... März 1989 schätzte das Finanzamt den Gewinn aus Gewerbebetrieb der KG für das Streitjahr zunächst mit 0 DM. In der Anlage ESt 1, 2, 3 B zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nannte es unter laufender Nr. 11 den Kläger als Beteiligten der KG. Mit dem hiergegen im Namen der KG eingelegten Einspruch verwies der Kläger auf die am .... Mai 1988 dem Finanzamt übersandte Feststellungserklärung. Hierin wurde ein Verlust in Höhe von 252.419 DM erklärt, der nach Abzug einer Bürgschaftsprovision in Höhe von 36.739 DM dem Kläger zugeordnet wurde. Das Finanzamt erteilte daraufhin einen geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr vom .... August 1991, in dem der Gesamtverlust in Höhe von 256.420 DM festgestellt wurde. Dem Kläger wurde kein Verlustanteil mehr zugewiesen, da das Finanzamt davon ausging, er sei nicht Mitunternehmer der KG gewesen. Hiergegen wandte sich die KG mit ihrer weiteren Einspruchsbegründung. Sie trug vor, im Rahmen einer Gesellschafterversammlung am ... 12.1982 sei der Kläger als Geschäftsführer zurückgetreten. Die Abberufung sei am ....12.1984 im Handelsregister eingetragen worden. Er habe im Verlauf der Gesellschafterversammlung zum Ausdruck gebracht, der KG entweder als Kommanditist oder als atypisch stiller Gesellschafter beitreten zu wollen sowie eventuell weitere Bürgschaften zu übernehmen. Die Gesellschafterversammlung habe hierzu ihre Zustimmung erteilt. Auf seinen Antrag hin habe die Gesellschafterversammlung darüber hinaus die Gleichstellung eines atypisch stillen Gesellschafters mit sämtlichen Rechten und Pflichten eines Kommanditisten beschlossen. Durch Beitrittserklärungen vom ... Januar 1983 sei er entsprechend seiner Zusage in der Gesellschafterversammlung mit 50.000 DM als Kommanditist und mit weiteren 50.000 DM als atypisch stiller Gesellschafter der KG beigetreten. Er habe die Beitrittserklärungen für die Gesellschaft unterschrieben, da er davon ausgegangen sei, er könne bis zur Eintragung der Abberufung als Geschäftsführer im Handelsregister die Gesellschaft weiterhin vertreten. Am ... Oktober 1984 habe er seine KG-Beteiligung durch notarielle Urkunde des Notars ... K. zum Handelsregister anmelden wollen. Der Notar habe nach telefonisch erteilter negativer Auskunft des Rechtspflegers von der Weiterleitung der Anmeldung abgesehen.

8

Am ... Januar 1985 habe er eine weitere atypisch stille Beteiligung in Höhe von 50.000 DM durch Beitrittserklärung übernommen. Der Geschäftsführer H. habe den Beitritt am selben Tage angenommen. Seine Einlage in Höhe von 150.000 DM sei in voller Höhe erbracht worden, wie im Schriftsatz vom ... 11.1989 (Bl. 13 Rechtsbehelfsakte des Beklagten) dargestellt. Der Kläger habe durch die Teilnahme am Erfolg des Unternehmens, die Höhe der Beteiligung und die übernommenen Bürgschaften Mitunternehmerrisiko getragen, seine umfangreichen Tätigkeiten für das Fortbestehen der KG in ständiger Zusammenarbeit mit anderen Gesellschaftern dokumentiere Mitunternehmerinitiative. Selbst wenn man eine fehlerhafte Gesellschaft im Sinne des Zivilrechts unterstellte, sei ein Gemeinschaftsverhältnis zustande gekommen.

9

Im Verlauf des Einspruchsverfahrens haben die Beigeladenen J. (Bl. 133 Rechtsbehelfsakte), H. (Bl. 134 Rechtsbehelfsakte), K. (Bl. 138 Rechtsbehelfsakte), R. (Bl. 139 Rechtsbehelfsakte), S. (Bl. 151 Rechtsbehelfsakte) sowie die Herren E. (Bl. 135 Rechtsbehelfsakte) und W. (Bl. 147 Rechtsbehelfsakte) zur Frage der Mitunternehmerschaft des Klägers gegenüber dem Finanzamt Stellung genommen. Der Kläger legte darüber hinaus ein an ihn gerichtetes Schreiben des H. vom ....02.1990 vor (Bl. 67 Rechtsbehelfsakte). Auf den Inhalt dieser Schriftsätze wird Bezug genommen.

10

Der Einspruch blieb erfolglos. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, der Kläger sei weder Kommanditist noch atypisch stiller Gesellschafter geworden. Die Beitrittserklärungen vom ... Januar 1983 seien für die Gesellschaft vom Kläger selbst unterschrieben worden. Da er nicht mehr Geschäftsführer gewesen sei, sei er nicht berechtigt gewesen, seinen eigenen Beitritt anzunehmen. Der Gesellschaftsvertrag vom ... Juli 1980 lasse eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter nicht zu. Der Gewinn sei gemäß § 14 des Vertrages nur auf die Kommanditisten zu verteilen. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages durch Beschluß in der Gesellschafterversammlung sei nicht nachgewiesen. Es spiele keine Rolle, daß einige der ehemaligen Kommanditisten erklärt hätten, der Kläger müsse Gesellschafter gewesen sein. Auch eine faktische Mitunternehmerschaft sei nicht entstanden. Der Kläger habe zwar Initiative entfaltet und sei finanzielle Risiken eingegangen. Diese Tätigkeiten seien Ausfluß seiner Geschäftsführertätigkeit für die GmbH und seiner Arbeit als Steuerberater. Da der Kläger auch Gesellschafter der GmbH gewesen sei, hätten Leistungen für die KG auch als Ausfluß dieser Gesellschafterstellung in Form einer verdeckten Einlage erbracht werden können. Bestünden derart viele Gründe für die Haftungsübernahme und die Führung der Gesellschaft, könne ein Gesellschaftsverhältnis nur bei klaren und eindeutigen - im voraus getroffenen - Vereinbarungen anerkannt werden.

11

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger sein bisheriges Vorbringen zum Teil wiederholt. Er verweist erneut auf die im Vorverfahren von einigen ehemaligen Gesellschaftern abgegebenen Stellungnahmen. Bis auf Frau J., die keine Stellung zu der Problematik der Mitunternehmerschaft habe nehmen können, hätten alle anderen die Gesellschafterstellung des Klägers bestätigt. Aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt schwierigen Situation der Gesellschaft sei die Ankündigung des Klägers in der Gesellschafterversammlung am ... Dezember 1982, mit 100.000 DM als Gesellschafter der KG beizutreten, als Chance zum überleben der Gesellschaft dankbar entgegengenommen worden. Auch die Option des Beitritts als Kommanditist und/oder atypisch stiller Gesellschaft sei einstimmig gewährt worden mit der Maßgabe, daß ab ....01.1983 der atypisch stille Gesellschafter dem Kommanditisten in seiner Rechtsstellung gleichgestellt werden sollte. Ab März 1983 seien die finanziellen Engpässe der KG immer größer geworden. Durch sein ständiges Bemühen zusammen mit den Gesellschaftern H. und E. sowie durch Geschäftseinlagen und Bürgschaften habe man eine neue Produktion aufbauen können. Die von ihm erbrachten Leistungen hätten sowohl die Voraussetzungen der Mitunternehmerinitiative als auch des Mitunternehmerrisikos erfüllt. Bei den Gesellschaftern der KG und der GmbH habe es sich mit Ausnahme der Ehefrau des Klägers nicht um Angehörige gehandelt. Es sei daher möglich, eine atypisch stille Gesellschaft auch mündlich durch übereinstimmende Willenserklärungen zu vereinbaren. Zumindest über die Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft komme man zur Gesellschafterstellung des Klägers.

12

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1987 vom ... 08.1991 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom ... 07.1993 dahin zu ändern, daß der auf den Kläger entfallende Verlustanteil entsprechend der abgegebenen Steuererklärung berücksichtigt wird.

13

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Er verweist auf die Ausführungen im Einspruchsbescheid, wiederholt im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Bürgschaftsübernahmen und Darlehensgewährungen reichten für die Annahme einer Mitunternehmerschaft nicht aus. Für die behauptete fehlerhafte Gesellschaft ergäben sich keine Anhaltspunkte.

15

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

16

Wegen des weitergehenden Vorbringens des Klägers sowie der Beigeladenen S. und Dr. L. wird auf das Sitzungsprotokoll vom ... November 1997 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht die Mitunternehmerschaft des Klägers verneint.

18

1.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann Mitunternehmer nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder - in Ausnahme fällen - eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung inne hat (Beschlüsse des Großen Senates - GrS - vom 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 768; vom 25.02.1991 GrS 7/89, BStBl II 1991, 691; BFH-Urteil vom 13.07.1993 VIII R 50/92, BStBl II 1994, 282) und aufgrund dessen Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann (BFH-Urteil vom 02.11.1989 VIII R 96/85, BFH-NV 1989, 427). Von einer einem Gesellschafter einer Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbaren Stellung kann dann gesprochen werden, wenn Personen wirtschaftlich so gestellt sind, als wären sie Gesellschafter. Das ist u.a. dann der Fall, wenn es sich um eine "fehlerhafte Gesellschaft" im Sinne des Zivilrechts handelt (BFH-Urteil vom 22.01.1985 VIII R 303/81, BStBl II 1985, 363, 364).

19

a)

Voraussetzung für die Annahme einer "fehlerhaften Gesellschaft" ist das Vorliegen von - wenn auch fehlerhaften - auf den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärungen zwischen den Beteiligten (vgl. Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 56. Auflage, § 705 Rdz. 11; Ulmer in Münchener Kommentar, § 705 Rdn. 246). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) gelten die zur fehlerhaften Gesellschaft entwickelten Grundsätze auch für den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft (vgl. BGH-Urteil vom 14.10.1991 II Z R 212/90 [Hamm] NJW 1992, 1501). Ist eine derart fehlerhafte Gesellschaft in Vollzug gesetzt bzw. ein fehlerhafter Beitritt vollzogen, so ist sie regelmäßig nicht von Anfang an unwirksam, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar (BGH-Urteil vom 14.10.1991 II Z R 212/90 a.a.O.). Bis zur Geltendmachung des Fehlers sind die in Vollzug gesetzte Gesellschaft und der vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam.

20

b)

Die Grundsätze der "fehlerhaften Gesellschaft" finden zwar keine Anwendung, wenn die Gesellschafter nicht ordnungsgemäß vertreten worden sind. Denn der fehlerhaft vollzogene Beitritt setzt ein - wenn auch fehlerhaftes - Handeln aller Gesellschafter voraus, so daß die entscheidende Voraussetzung fehlt, wenn der Mangel darauf beruht, daß ein Teil der Gesellschafter nicht mitgewirkt oder ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht zum Abschluß von Beitrittsverträgen überschritten hat (vgl. BGH-Urteil vom 12.10.1987 II Z R 251/86 [Stuttgart] NJW 1988, 1321). Gleichwohl finden die Grundsätze der "fehlerhaften Gesellschaft" Anwendung, wenn der Beitretende und die für den Beitritt stimmenden Gesellschafter diesen für wirksam gehalten haben, weil sie beispielsweise davon ausgingen, die vorhandenen Gesellschafter seien wirksam vertreten worden und deren Zustimmung läge vor (BGH-Urteil vom 14.10.1991 II Z R 212/90 a.a.O., vom 12.10.1987 II Z R 251/86 a.a.O., Münchener Kommentar, § 705 Rdz. 282, 277).

21

2.

Überträgt man diese Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall, so ist der Kläger als - fehlerhaft beigetretener - Gesellschafter der KG zu behandeln.

22

a)

Zutreffend geht das Finanzamt davon aus, daß die Beitrittserklärungen des Klägers vom ....01.1983 zivilrechtlich unwirksam sind, da der Kläger mangels Vertretungsbefugnis die Annahmeerklärung für die KG nicht hat unterzeichnen dürfen. Er war bereits am ... 12.1982 als Geschäftsführer der GmbH zurückgetreten. Auch durch die Erklärung vom ... 01.1985 ist der Kläger formal nicht atypisch stiller Gesellschafter der KG geworden. Zwar ist diese Beitrittserklärung seitens der Gesellschaft von dem zu diesem Zeitpunkt amtierenden Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, Herrn H., angenommen worden. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom ... Juli 1980 bestand aber die Möglichkeit einer Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter nicht. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrags hat der Kläger nicht nachgewiesen. Ein schriftliches Protokoll der Gesellschafterversammlung vom ... 12.1982, in dem diese entsprechenden Änderungen schriftlich fixiert worden sein sollen, konnte der Kläger nicht vorlegen.

23

b)

Gleichwohl kommt man über die Grundsätze des fehlerhaften Beitritts zu einer Gesellschaft zur Anerkennung der Mitunternehmerschaft. Wie der Kläger glaubhaft erklärt hat, ist er im Zeitpunkt der Beitrittserklärungen am ... Januar 1983 davon ausgegangen, daß er - so lange sein Rücktritt als Geschäftsführer im Handelsregister noch nicht eingetragen war - weiterhin befugt war, die Gesellschaft zu vertreten und seine Beitrittserklärungen anzunehmen. Der Senat geht davon aus, daß auch die weiteren Gesellschafter von der Wirksamkeit des Beitritts des Klägers zur KG im Jahre 1983 ausgegangen sind. Gleiches gilt für die Beitrittserklärung vom ... 01.1985. Diese Annahme beruht auf folgenden Umständen: In den Jahresabschlüssen der KG ab 1983 ist der Kläger stets als Mitgesellschafter genannt und am Ergebnis beteiligt worden. Hiervon hatten die Gesellschafter zur Überzeugung des Senats Kenntnis erlangt. Gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrages vom ... 07.1980 ist der Jahresabschluß dem Beirat sowie den Kommanditisten zuzuleiten. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung sind die Jahresabschlüsse dementsprechend nach "Absegnung" durch die jeweiligen Geschäftsführer den beteiligten Gesellschaftern übersandt worden. Der Kläger hat zum Nachweis für diese Behauptung ein Anschreiben des Geschäftsführers der KG H. vom ....09.1985 vorgelegt (Bl. 34 bis 36 FG-Akte Bd. I). Hieraus ist ersichtlich, daß den Gesellschaftern der KG die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung 1984 zugeschickt worden sind. Der Beigeladene Dr. L. konnte sich in der mündlichen Verhandlung erinnern, daß es "in mehreren Jahren Bilanzen gegeben hat". Auch der ehemalige Gesellschafter E. hat dies bestätigt. Er hat in seinem Schreiben vom ... 12.1992 an das Finanzamt (Bl. 135 Rechtsbehelfsakte) ausgeführt, der Kläger sei sowohl von ihm als auch von allen anderen Gesellschaftern als Mitgesellschafter angesehen worden. Er - der Kläger - habe durch seine Gesellschaftereinlagen, deren weitere Aufstockung sowie die Übernahme hoher Bürgschaften den Bestand der Gesellschaft über Jahre gesichert. Es sei auch allen Gesellschaftern bekannt gewesen, daß die Beteiligung des Klägers in den aufgestellten Bilanzen und den jeweiligen Steuererklärungen ausgewiesen gewesen sei.

24

Sowohl die Beitritte des Klägers zur KG in 1983 als auch die Beitrittserklärung vom ... Januar 1985 sind vom damals amtierenden Geschäftsführer H. für wirksam gehalten worden. Dies geht aus seinem Schreiben an den Kläger vom ... 02.1990 (Bl. 68 Rechtsbehelfsakte) hervor. Hierin bestätigt Herr H., daß der Kläger 1983 mit einer Gesamteinlage von 100.000 DM und 1985 mit einer weiteren Einlage von 50.000 DM als Gesellschafter beigetreten sei. Die Rechtsstellung sollte dabei der der übrigen Kommanditisten mit allen Rechten und Pflichten gleichen.

25

Dieselbe Einschätzung haben die ehemaligen Gesellschafter R., K., W. und S. im Vorverfahren dargetan: Mit Schreiben vom ... 12.1992 (Bl. 139 Rechtsbehelfsakte) hat die Beigeladene R. mitgeteilt, daß der Kläger nach ihrer Kenntnis nicht nur Gesellschafter der GmbH, sondern insbesondere der KG geworden sei. Die Beigeladene K. gab mit Schreiben vom ... 12.1992 (Bl. 138 Rechtsbehelfsakte) an, der Kläger sei im Jahr 1983 der KG als Gesellschafter beigetreten mit allen Rechten und Pflichten wie die übrigen Gesellschafter. Er habe vom Beirat und von der Gesellschafterversammlung die Genehmigung hierzu gehabt. Man habe den Beitritt außerordentlich begrüßt. Der Kläger habe es ermöglicht, daß die Gesellschaft finanziell zahlungsfähig geblieben sei. Der ehemalige Kommanditist W. konnte sich laut Schreiben vom ... 12.1992 (Bl. 147 Rechtsbehelfsakte) erinnern, daß der Kläger Mitgesellschafter der KG war. Dies schließe er aus stattgefundenen Gesellschafterversammlungen und aus Gesprächen mit der damaligen Geschäftsleitung. Letztlich hat der Beigeladene S. mit Schreiben vom ... 02.1992 (Bl. 151 Rechtsbehelfsakte) den Vortrag des Klägers bestätigt, in der Gesellschafterversammlung am ... 12.1982 habe der Kläger angekündigt, sich an der Gesellschaft zu beteiligen. Die Gesellschafterversammlung habe ihm freigestellt, in welcher Form der Beitritt durchgeführt werde. Es sei ihm unverständlich, wie aus dieser Sachlage geschlossen werden könne, daß der Kläger nicht Gesellschafter der KG gewesen sei. Auch der Beigeladene Dr. L. hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, ausschließlich der Kläger habe sich in der Gesellschafterversammlung am ... 12.1982 bereit erklärt, sich bezüglich der Gesellschaft finanziell zu engagieren.

26

3.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist der Senat davon überzeugt, daß der Beitritt des Klägers zur KG mit seiner Einlage von insgesamt 150.000 DM vom tatsächlichen Willen aller Gesellschafter getragen war und diese den Beitritt für wirksam gehalten haben. Daß einige der Gesellschafter zur Frage der Mitunternehmer Stellung des Klägers keine Angaben machen konnten bzw. gemacht haben, führt zu keiner anderen Beurteilung, da es in Anbetracht des inzwischen vergangenen langen Zeitraumes nicht ungewöhnlich ist, daß sich einige der Beteiligten an die konkreten Geschehensabläufe in den Jahren 1983 bis 1985 nicht mehr erinnern können.

27

4.

Der Beitritt des Klägers zur KG ist auch vollzogen worden. Der Kläger hat im Vorverfahren mit Schriftsatz vom ....11.1989 (Bl. 13 und 14 Rechtsbehelfsakte) dargetan, daß und in welcher Weise er seine Einlage in Höhe von 150.000 DM erbracht hat. Das Finanzamt ist dem nicht entgegengetreten.

28

Damit ist der Kläger im Streitjahr nach den Grundsätzen des fehlerhaften Beitritts zu einer Gesellschaft als Kommanditist bzw. atypisch stiller Gesellschafter zu behandeln.

29

5.

Hierneben sind nach Auffassung des erkennenden Senates die zivilrechtlich unwirksamen Beitritte des Klägers zur KG zudem gemäß § 41 Abgabenordnung (AO) für die Besteuerung unerheblich. Denn - wie oben ausgeführt - ist anhand der gesamten äußeren Umstände des Streitfalles davon auszugehen, daß der Wille der Gesellschafter der KG dahin ging, den Kläger an der KG zu beteiligen, sei es als Kommanditist oder als atypisch stiller Gesellschafter. Alle Gesellschafter haben das wirtschaftliche Ergebnis der formal unwirksamen Beitritte eintreten und bestehen lassen. Der Kläger hat seine Einlage erbracht und ist an den Jahresergebnissen beteiligt worden und hat damit Mitunternehmerrisiko getragen. Er ist darüber hinaus unbestritten nach außen in nicht unerheblichem Umfang für die KG aufgetreten, so daß ihm auch Mitunternehmerinitiative nicht abgesprochen werden kann.

30

6.

Der Feststellungsbescheid 1987 ist dahingehend abzuändern, daß dem Kläger von dem Gesamtverlust in Höhe von 256.420 DM ein Anteil in Höhe von 36.769 DM (lt. Erklärung) zuzuordnen ist. Entsprechend sind die Verlustanteile der übrigen Gesellschafter abzuändern.

31

7.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag gestellt und das Verfahren nicht wesentlich gefördert haben (BFH-Beschluß vom 10.08.1988 II B 138/87, BStBl II 1988, 842).

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung (ZPO).

33

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Hiergegen kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover Beschwerde eingelegt werden. Auf Abs. 4 der Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt, die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.