Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 20.06.2002, Az.: 6 A 117/01

Ehegatte; GbR; Gesellschaft bürgerlichen Rechts; Gesellschafter; Milcherzeuger; Rechtsnachfolge; Verpächter; Übernahmerecht

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
20.06.2002
Aktenzeichen
6 A 117/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43467
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das Übernahmerecht des Pächters aus § 12 Abs. 3 ZAV kann nicht wirksam ausgeübt werden, wenn der Verpächter oder dessen Rechtsnachfolger zwar nicht selbst Milcherzeuger ist, die Milcherzeugungsflächen aber in eine mit seinem Ehegatten gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht hat und die Gesellschaft die Milcherzeugung fortführt.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung (Zusatzabgabenverordnung - ZAV -).

2

Unter dem 29. Juni 1980 schlossen der Vater des Klägers als Pächter und der Großvater mütterlicherseits der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen, Herr H. W., als Verpächter einen landwirtschaftlichen Pachtvertrag über die Grundstücke "Überm Weg" und "Im Moor" für die Zeit vom 1. Oktober 1980 bis 1. Oktober 1986. Als Pachtpreis wurden 2.500,00 DM, jeweils am 1. Oktober des Jahres rückwirkend fällig, vereinbart. Gemäß § 2 Satz 2 des Pachtvertrages sollte sich dieser jeweils um ein Jahr verlängern, wenn der Vertrag nicht mindestens 6 Monate vor Ablauf der Pachtzeit von einer der vertragsschließenden Parteien gekündigt wurde.

3

Unter dem 12. Januar 1989 vereinbarten der Kläger und der Großvater der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen schriftlich die Verlängerung des Pachtvertrages für den Zeitraum ab 1. Oktober 1988 bis zum 30. September 1998 und legten einen neuen jährlichen Pachtpreis von 2.600,00 DM fest. Der Pachtvertrag vom 26. September 1980 wurde zum Bestandteil des Nachtragsvertrages erklärt.

4

Nachdem der Großvater der Frau P. B. verstorben war, erwarb deren Vater Herr C. T. diese Flächen aus dem Nachlass. Mit notariellem Vertrag vom 25. Juni 1996 übertrug Herr C. T. seinen gesamten Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an Frau P. B.. Diese brachte diesen Hof mit allen Ländereien, also auch den noch immer an den Kläger verpachteten Flächen, in die mit ihrem Ehemann, Gesellschafter zu 2., durch Vertrag vom 1. Juli 1996 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein, ohne das Eigentum an den Flächen auf die Gesellschaft zu übertragen (vgl. § 7 Ziffer 1 des Gesellschaftsvertrages).

5

Mit Schreiben vom 24. Februar 2000 an den Kläger kündigte die Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen als Erbin und Rechtsnachfolgerin ihres Vaters und Großvaters den Pachtvertrag vom 26. September 1980 zum 30. September 2000. Unter dem 11. Oktober 2000 beantragte der Kläger daraufhin bei der Kreisstelle R. der Beklagten in Z. die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Ziffer 2. ZAV für eine Fläche von 5,35 ha infolge Pachtrückgabe zum 30. September 2000.

6

Unter dem 11. Oktober 2000 gab der Kläger seine Erklärung als Pächter zum Übernahmerecht der Referenzmenge gemäß § 12 Abs. 3 ZAV gegenüber der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen ab. Es heißt darin, er habe vor Inkrafttreten der MGV von der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen (bzw. deren Rechtsvorgänger) Milcherzeugungsflächen gepachtet, für die die Referenzmenge bisher noch nicht berechnet worden sei. Ein Berechnungsantrag sei gestellt. Der Pachtvertrag sei am 30. September 2000 abgelaufen. Da das Pachtverhältnis nicht durch den Kläger gekündigt worden sei, er es aber auch nicht fortsetzen wolle und auch weiterhin Milcherzeuger bleibe, mache er nach den obengenannten Rechtsvorschriften von seinem Vorkaufsrecht zur Übernahme der Referenzmenge Gebrauch. Er verpflichte sich, die entsprechenden Zahlungen binnen sieben Tagen nach Bekanntgabe des Gleichgewichtspreises zu zahlen.

7

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2000 wurde dem Kläger auf seinen Antrag vom 11. Oktober 2000 bescheinigt, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Ziffer 1. der ZAV nicht vorlägen. Der Kläger habe von der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin des Vaters der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen eine zur Milcherzeugung dienende Teilfläche von 5,3546 ha gepachtet und die Pachtfläche mit Ablauf des 30. September 2000 aus der Pacht zurückgewährt. Die zur Milcherzeugung genutzte Fläche des abgebenden Betriebes (des Klägers) betrage 37,00 ha. Die einzubeziehende Referenzmenge seines Betriebes betrage 288.157 kg und die Referenzmenge pro ha 7.788 kg. Die den zurückgewährten Flächen entsprechende Referenzmenge betrage 5,3546 ha x 0 kg/ha = 0 kg. Der infolge Pachtrückgabe der Fläche nach § 12 Abs. 2 ZAV i.V.m. § 7 MGV bestehende Rückgewähranspruch des Klägers betrage 0 kg und er habe sein Rücknahmerecht gemäß § 12 Abs. 3 ZAV nicht wirksam geltend gemacht. Zur Begründung heißt es, aufgrund der Kündigung des Pachtvertrages vom 24. Februar 2000 seien der Verpächterin - der Beigeladenen - mit Bescheid vom 9. Oktober 2000 nach § 7 Abs. 4 MGV i.V.m. ZAV vom 12. Januar 2000 im Rahmen des Pächterschutzes eine Milchreferenzmenge von insgesamt 13.387 kg übertragen worden. Der Antrag vom 11. Oktober 2000 zur Geltendmachung des Übernahmerechts sei abzulehnen, weil § 12 Abs. 4 Satz 3 ZAV bestimme, dass der Abzug nach Abs. 2 und das Übernahmerecht nicht gelten sollten, wenn der Verpächter oder dessen Rechtsnachfolger im Wege der Erbfolge im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 oder die in § 7 Abs. 2 Satz 5 genannten Personen nachweisen könnten, dass sie die Anlieferungsreferenzmenge für die eigene Milcherzeugung benötigten. Der übernehmende Betrieb der Beigeladenen sei ein Milchviehbetrieb, der nach Kenntnis der Beklagten im Haupterwerb bewirtschaftet werde. Es würden ca. 83 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet und die Milchreferenzmenge umfasse zur Zeit 426.733 kg. Der Betrieb des Klägers werde mit 77,3 ha ebenfalls im Haupterwerb bewirtschaftet. Er verfüge über eine Milchreferenzmenge per Stichtag 1.4.2000 von 520.148 kg.

8

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Oktober 2000 Widerspruch ein und machte zur Begründung geltend, die Beklagte habe zu Unrecht die Erteilung der beantragten Bescheinigung versagt und die Übertragung der streitigen Referenzmenge auf die Beigeladene verfügt, denn sie sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der zurücknehmende Verpächter der Flächen Milcherzeuger sei und das Übernahmerecht des Klägers deshalb gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZAV ausgeschlossen sei. Richtig sei vielmehr, dass Frau P. B. nach ihrem Vater die Rechtsnachfolge angetreten habe. Sie sei als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Aufgrund dessen gelte sie auch als alleinige Verpächterin aus dem Pachtvertrag mit dem Kläger. Keinesfalls sei die GbR Rechtsnachfolgerin geworden und damit in den Pachtvertrag wirksam eingetreten. Da Frau P. B. als Eigentümerin der Flächen im Grundbuch eingetragen sei, gelte sie als Verpächterin im Sinne des § 12 Abs. 4 Nr. 3 ZAV. Frau P. B. sei in Person aber nicht Milcherzeugerin. Durch die Gründung der P. und D. B. GbR und die Einbringung ihrer Rechte in diese GbR sei Frau B. nicht mehr persönlich Milcherzeugerin, sondern die GbR. Da Frau B. als Verpächterin mithin nicht mehr Milcherzeugerin ist, habe das Übernahmerecht nicht gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZAV wirksam ausgeschlossen werden können. Außerdem sei nicht erkennbar, weshalb die Beigeladene die noch relativ geringe Menge von rd. 13.000 kg für die eigene Milcherzeugung benötige.

9

Der Kläger hat gleichzeitig gegen den Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2000, mit der die streitige Milchreferenzmenge auf die Beigeladene übertragen wurde, Widerspruch eingelegt (vgl. hierzu das Klageverfahren 6 A 774/02).

10

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. In der Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe am 11. Oktober 2000 einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 17 Abs. 1 Ziffer 2 ZAV gestellt. Die Erbin und Flächeneigentümerin, Frau P. B., habe den Pachtvertrag frist- und formgerecht zum 30. September 2000 gekündigt, da sie die Fläche wieder selbst in Bewirtschaftung nehmen wolle. Mit Wirksamkeit dieser Kündigung habe der Kläger den Antrag auf Übernahme der Referenzmenge gestellt. Nach § 12 Abs. 3 ZAV habe der Pächter ein Übernahmerecht, wenn er den Pachtvertrag nicht selbst gekündigt habe. Dieses Übernahmerecht müsse form- und fristgerecht innerhalb eines Monats nach Ablauf des Pachtvertrages gegenüber dem Verpächter geltend gemacht werden. Dieses Schriftstück des Klägers gegenüber dem Verpächter liege vor. Es sei fristgerecht zugestellt worden. Das Vorkaufs- bzw. Übernahmerecht des Pächters könne aber nur geltend gemacht werden, wenn der Verpächter kein Milcherzeuger sei. Die Verpächterin und Erbin sei aber Milcherzeugerin. Ihr Rechtsvorgänger, Herr H.W., habe die Fläche seinerzeit verpachtet und Frau P. B. als Rechtsnachfolgerin sei selbst Milcherzeugerin. Eine Ausübung des Vorkaufsrechts sei danach ausgeschlossen. Die Begründung, dass die GbR auf die Referenzmenge nicht angewiesen sei, werde nicht geteilt. In dem Betrieb der Beigeladenen sei die Milcherzeugung die Haupterwerbsquelle. Unabhängig von der vorhandenen betrieblichen Referenzmenge sei jede weitere Steigerung, entweder durch Kauf über die Milchquotenbörse oder aus Rückgewähransprüchen zulässig und notwendig. Zur Verbesserung der betrieblichen Situation seien auch kleinere Referenzmengenanteile für die Weiterentwicklung und den Fortbestand des Betriebes sinnvoll und notwendig. Dass der Kläger ebenfalls auf die Milcherzeugung angewiesen sei und auch kleinere Referenzmengenanteile in Eigentum übernehmen möchte, sei aus rechtlicher Sicht nachrangig. Mit der Einführung der zitierten Rechtsvorschriften habe der Verordnungsgeber deutlich gemacht, dass er dem Verpächter und Eigentümer als aktiven Milcherzeuger ein Rücknahmerecht eingeräumt habe, das von der Beklagten zu beachten sei.

11

Mit der hiergegen am 25. Januar 2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung ist ausgeführt, es sei richtig, dass Frau P. B. als Erbin die Rechtsnachfolgerin des früheren Verpächters H. W. angetreten habe. Sie stehe als Eigentümerin im Grundbuch. Aufgrund dessen gelte sie auch als Verpächterin aus dem Pachtvertrag mit dem Kläger. Keinesfalls sei die GbR Rechtsnachfolgerin des Herrn H. W. geworden und damit in den Pachtvertrag eingetreten. Frau B. sei aber in ihrer eigenen Person nicht Milcherzeugerin. Durch die Gründung der GbR und die Einbringung ihrer Rechte sei Frau B. nicht mehr persönlich Milcherzeugerin, sondern die GbR. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes werde man der GbR insoweit auch einen eigenständigen Rechtscharakter beimessen müssen. Da Frau B. als Verpächterin nicht Milcherzeugerin sei, sei das Übernahmerecht nicht wirksam gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZAV ausgeschlossen. Eine Übertragung auf die GbR sei deshalb nicht wirksam möglich gewesen. Der Kläger habe von der Gründung der GbR am 1. Juli 1996 nichts gewusst. Ihm sei auch unbekannt gewesen, dass der GbR unter dem 5. November 1996 zum 1. Juli 1996 der Übergang der Referenzmenge des Betriebes T. bescheinigt worden sei. Dieser Bescheid überfasse aber jedenfalls nicht die Referenzmenge auf der seinerzeit an den Kläger verpachteten Fläche. Frau B. möge zwar den Hof bzw. den landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht haben. Dadurch allein sei die streitige Referenzmenge aber auf gar keinen Fall auf die GbR übertragen worden. Insoweit sei es unrichtig, wenn die Beigeladenen in ihrem Schriftsatz behaupten, nach dem Grundsatz "Kauf bzw. Übertragung bricht nicht Miete bzw. Pacht" sei über Frau B. die beigeladene Verpächterin im Vertragsverhältnis zum Kläger geworden. Bei der Gründung einer GbR finde kein Eintritt kraft Gesetzes in bestehende Pachtverträge statt. Eine Verpächterauswechslung könne nur mit Zustimmung des Pächters erfolgen. Diese habe der Kläger nie erteilt.

12

Der Kläger beantragt,

13

den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger nach Bezahlung des Preises gemäß § 12 Abs. 3 Satz 3 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu bescheinigen, dass auf ihn zum 1. Oktober 2000 eine Milchreferenzmenge von 13.387 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4,16 % übergegangen ist.

14

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

16

Sie begründet dies unter Bezugnahme auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden ergänzend damit, nach dem Tod des Verpächters, des Herrn H. W., habe Herr K. T., der Vater der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen, Frau B., die streitbefangenen Flächen zu Eigentum erworben und im Wege der Hofübergabe zum 1. Juli 1996 auf Frau B. übertragen. Unter dem 5. November 1996 hätten die Gesellschafter zu 1. und 2. der GbR den Gesellschaftsvertrag geschlossen. Gemäß § 2 des Vertrages bringe die Gesellschafterin zu 1. ihren landwirtschaftlichen Betrieb in K. bestehend aus 40,322 ha Eigentumsflächen und 50,6600 ha Pachtflächen in die GbR ein. Der Übergang der Referenzmenge des Betriebes T. an die B. GbR sei mit Bescheid der zuständigen Kreisstelle der Landwirtschaftskammer H. in B. vom 5. November 1996 zum 1. Juli 1996 bescheinigt worden. Die streitbefangene Fläche zur Größe von 5,3546 ha sei Bestandteil der 40,8322 ha Eigentumsfläche des ehemaligen Betriebes T., so dass diese Fläche zum 1. Juli 1996 wirksam in die GbR eingebracht worden sei. Die GbR sei gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages in die bestehenden Pachtverträge und damit auch in den Vertrag mit dem Kläger eingetreten. Sie sei mithin seit dem 1. Juli 1996 Verpächterin gewesen. Die Fläche sei daher an die GbR zurückzugeben gewesen. Die Annahme des Klägers, Frau P. B. sei in Person Verpächterin gewesen und der Kläger könne, da Frau B. in Person keine Milcherzeugerin sei, das Übernahmerecht wirksam ausüben, gehe fehl. Durch die Einbringung der streitbefangenen Flächen in die B. GbR nehme die GbR auch die Verpächterstellung ein.

17

Die Beigeladene beantragt,

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die Klage abzuweisen.

19

Sie tritt in der Sache der Argumentation der Beklagten bei.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2002 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.

22

Gemäß § 17 Abs. 1 Ziffer 2. ZAV hat der Milcherzeuger im Falle des § 12 Abs. 3 dem Käufer durch eine von der zuständigen Landesstelle ausgestellte, mit Gründen versehene Bescheinigung nachzuweisen, welche Anlieferungs-Referenzmengen, zu welchem Zeitpunkt, von welchem Milcherzeuger mit welchem Referenzfettgehalt er übernommen hat. § 12 Abs. 2 ZAV bestimmt für Pachtverträge, die Anlieferungs-Referenzmengen nach § 7 der MGV betreffen und vor dem 1. April 2000 geschlossen worden sind, dass der Pächter bei Beendigung des Pachtvertrages für den Fall, dass Anlieferungs-Referenzmengen gemäß Abs. 2 der Vorschrift zurückzugewähren sind, das Recht hat, die zurückzugewährende Anlieferungs-Referenzmenge vom Verpächter innerhalb eines Monats nach Ablauf des Pachtvertrages zu übernehmen (Übernahmerecht). Dies gilt nicht, wenn der Pächter den Pachtvertrag kündigt. Bei Übernahme der Anlieferungs-Referenzmenge ist der Pächter verpflichtet, dem Verpächter innerhalb von vierzehn Tagen nach Ausübung des Übernahmerechts einen Betrag in Höhe von 67 vom Hundert des Gleichgewichtspreises, der an dem dem Zeitpunkt der Rückgewähr vorangegangenen Übertragungstermin ermittelt worden ist, zu zahlen.

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Dieses Übernahmerecht hat der Kläger nicht wirksam ausgeübt, denn es ist nach der Ausnahmevorschrift des § 12 Abs. 4 ZAV ausgeschlossen.

24

§ 12 Abs. 4 ZAV bestimmt:

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Der Abzug nach Abs. 2 und das Übernahmerecht nach Abs. 3 gilt nicht, wenn

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1.) Anlieferungs-Referenzmengen an einen Unterverpächter zurückgewährt werden,

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2.) ein ganzer Betrieb zurückgewährt wird, oder

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3.) der Verpächter oder dessen Rechtsnachfolger im Wege der Erbfolge im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 oder die in § 7 Abs. 2 Satz 5 genannten Personen nach-weisen können, dass sie die Anlieferungs-Referenzmenge für die eigene Milcherzeugung benötigen.

29

Abweichend von Satz 1 Nr. 3 erfolgt der Abzug nach Absatz 2 für zurückzugewährende Anlieferungs-Referenzmengen, die zum Zeitpunkt ihres Erwerbs durch den Inhaber des Rückgewähranspruchs verpachtet waren und die der Pächter für die Fortsetzung seiner Milcherzeugung benötigt; es sei denn, es liegt ein Fall besonderer Härte vor.

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Die Voraussetzungen für die fristgemäße Geltendmachung des Übernahmerechts durch den Kläger liegen unstreitig vor. Dieser hat mit Schreiben vom 11. Oktober 2000 sein Übernahmebegehren gegenüber der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 12 Abs. 3 ZAV geltend gemacht. Der Übernahmeanspruch ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger den Übernahmepreis noch nicht entrichtet hat. Zum einen ist der zu entrichtende Gleichgewichtspreis im vorliegenden Verfahren noch nicht durch die zuständige Stelle festgestellt; zum anderen wird in der Rechtsprechung vertreten, dass die in § 12 Abs. 3 Satz 3 und Satz 5 ZAV statuierte Vorausleistungspflicht für den Fall zu verneinen ist, dass der Verpächter das Übernahmerecht des Pächters bestreitet und die zuständige Behörde durch Erteilung einer Übernahmebescheinigung an einen Dritten das Übernahmerecht verneint (vgl. Nds. OVG v. 23. 10. 2001 - 10 MB 1937/01 - und v. 02. 11. 2001 - 10 MB 2424/01 - ; VG Oldenburg v. 26. 02. 2001 - 12 B 35/01 -; Bay VGH, Urt. v. 04. März 2002 - 9 B 01. 2154 -).

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Die Beigeladene kann sich jedoch mit Erfolg darauf berufen, dass sie die vom Kläger zurückzugewährende Anlieferungs-Referenzmenge für ihre eigene Milcherzeugung benötigt. § 12 Abs. 4 Ziff. 3 ZAV bezeichnet den Personenkreis, der das Übernahmerecht des Pächters vereiteln kann, wenn die Referenzmenge für die "eigene Milcherzeugung benötigt wird". Das Gericht geht dabei davon aus, dass diese Regelung auf einen Fall wie den vorliegenden, bei dem es nicht um die Rückgewähr einer aufgrund selbständigen Rechtsgeschäfts flächenlos verpachteten Milchreferenzmenge (vgl. insoweit aber die vom Nds. OVG und Bay VGH entschiedenen Fälle, B. v. 23. 10. 2001 - 10 MB 1937/01 - und v. 02. 11. 2001 - 10 MB 2424/01 - ; VG Oldenburg v. 26. 02. 2001 - 12 B 35/01 -; Bay VGH, Urt. v. 04. März 2002 - 9 B 01. 2154 -) , sondern um die Rückabwicklung eines sogenannten Altpachtvertrages geht, unmittelbar anwendbar ist. Die hier streitigen Flächen wurden bereits 1980 vor Inkrafttreten der MGV Anfang April 1984 an den Rechtsvorgänger des Klägers verpachtet. Die Beklagte hat deswegen auch zu Recht die Pächterschutzregelung des § 7 Abs. 4 MGV auf den Kläger angewandt, so dass von diesem ohnehin nur eine Milchreferenzmenge von 2.500 kg/ha zurückzugewähren ist.

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Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, sofern ihr überhaupt eigene Rechtsträgerschaft zukommen kann, nicht im Wege der Erbfolge Verpächter der Grundstücke und der darauf liegenden Anlieferungs-Referenzmenge geworden. Die Kette der Rechtsnachfolge im Wege der Erbfolge endet mit der Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen, Frau P. B., deren Rechtserwerb auf dem notariellen Erbvertrag vom 25. Juni 1996 beruht. Frau B. ist nach wie vor Eigentümerin der Grundstücke, ausgewiesen durch ihre Eintragung im Grundbuch. Gemäß § 7 Ziffer 1 des zwischen den Eheleuten B. geschlossenen Gesellschaftsvertrages vom 1. Juli 1996 sind Grund, Boden und Gebäude Eigentum der einzelnen Gesellschafter geblieben und liegt insoweit Sonderbetriebsvermögen vor. Die Gesellschaft ist daher nicht gemäß § 593 b i.V.m. § 571 Abs. 1 BGB a. F. als Verpächter in den bestehenden Landpachtvertrag eingetreten, weil es an dem dafür erforderlichen Eigentumsübergang fehlt. Eigentumsübergang, d.h. Auflassung und Eintragung (vgl. § 925 BGB) ist für den Übergang der Rechte aus dem Pachtvertrag von einem Verpächter auf den nächsten Voraussetzung, weil die Vollendung des Rechtserwerbs der maßgebende Zeitpunkt für den Rechtsübergang ist (vgl. Palandt, 58. Aufl., § 571 BGB, Rndr. 7). Da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu keinem Zeitpunkt in die Verpächterrechte eingetreten ist, ist eine Rückgewähr der Pachtsache, d. h. der Grundstücke einschließlich der ggfs. auf ihnen ruhenden Milchreferenzmengen aufgrund Pächterstellung an die Gesellschaft ausgeschlossen.

33

Die Gesellschaft ist auch nicht durch Rechtsgeschäft Inhaberin eines Anspruchs auf Rückgewähr einer nachträglich flächenlos gewordenen Anlieferungs-Referenzmenge geworden. Die Flächenbindung der Referenzmengen ist durch Art. 8 VO (EWG) Nr. 3950/92 und die in Folge dessen erlassene 29. Änderungsverordnung der Milch-Garantiemengenverordnung v. 24.09.1993 teilweise aufgehoben und die flächenlose

34

Übertragung der Referenzmengen zugelassen worden. Nach § 7a Abs. 2 MGV i. d. o. g. Fassung war die Überlassungsvereinbarung jedoch an strenge Formvorschriften gebunden. Diese sind hier auch durch den Gesellschaftsvertrag zur Gründung der GbR vom 1. Juli 1996 nicht eingehalten worden. In dem Gesellschaftsvertrag wird die Übertragung von Milchreferenzmengen nicht ausdrücklich geregelt.

35

Inhaberin des Anspruchs auf Rückgewähr der Pachtsache, d. h. der Grundstücke und der damit gegebenenfalls verbundenen Anlieferungs-Referenzmenge ist die Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen geblieben.

36

Die Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen kann sich auf § 12 Abs. 4 Ziffer 3 ZAV berufen, weil sie eine eigene Milcherzeugung i. S. dieser Vorschrift betreibt und die zurückzugebende Milchreferenzmenge daher auch für die eigene Milcherzeugung benötigt wird. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen ihre Milcherzeugungsflächen und ihren gesamten ererbten Hof in eine mit ihrem Ehemann, dem Gesellschafter zu 2. der Beigeladenen, gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht hat. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird der Milcherzeugungsbetrieb von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt, die insoweit eine von den jeweiligen Gesellschaftern getrennte Rechtsperson ist. Es entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, ihre Anwendbarkeit auf Fälle wie den vorliegenden zu erstrecken.

37

§ 12 Abs. 4 Ziff. 3 ZAV billigt nicht nur dem Erben selbst, sondern auch den in § 7 Abs. 2 Satz 5 ZAV genannten Personen, d. h. Verwandten in gerader Linie oder Ehegatten, das Recht zu, durch den Nachweis, dass die Referenzmenge für den eigenen Betrieb benötigt wird, das Übernahmerecht des Pächters zu vereiteln. Diese Regelung ist offenbar ebenso wie die Sondervorschriften des § 7 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 5 ZAV von dem Wunsch des Gesetzgebers getragen, dem bäuerlichen Familienbetrieb besonderen Schutz angedeihen zu lassen. Danach wäre die Gesellschafterin zu 1. der Beigeladenen berechtigt, das Übernahmerecht des Klägers mit der Begründung zu verweigern, die Milchreferenzmenge werde im Milcherzeugungsbetrieb ihres Ehemannes benötigt. Auf die Milcherzeugereigenschaft der Erbin käme es dann nicht an. Wenn aber dem Verwandten in gerader Linie oder dem Ehegatten des Erben des Verpächters das Recht aus § 12 Abs. 4 Ziff. 3 ZAV zustehen soll, erscheint es sachfremd, demjenigen Erben, der seinen Betrieb zusammen mit seinem Ehegatten als einzigem weiteren Gesellschafter in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortführt, von der Privilegierung mit der Begründung auszunehmen, er sei nicht selbst Milcherzeuger. Ob dies auch für andere gesellschaftsrechtliche Konstruktionen und bspw. auch bei Einbeziehung weiterer Gesellschafter, die nicht zum Kreis des § 12 Abs. 4 Ziff. 3  ZAV gehören, gilt, bedarf insoweit keiner abschließenden Entscheidung. Der besondere gesellschaftsrechtliche Charakter der GbR als Gesamthandsgemeinschaft steht der Geltendmachung des Rechts aus § 12 Abs. 4 Ziff. 3 ZAV jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Ehegatte des Erben einziger Mitgesellschafter ist.

38

Die GbR benötigt die übertragene Anlieferungs-Referenzmenge auch i. S. des § 12 Abs. 4 Ziff. 3 ZAV. Die Vorschrift ist im Gegensatz zu § 7 Abs. 4 S. 3 MGV, der verlangt hatte, dass der Verpächter den Nachweis erbringen muss, auf die Referenzmenge angewiesen zu sein, nach dem Wortlaut deutlich abgeschwächt. Es genügt, wenn der Verpächter  die Referenzmenge wegen noch offener Kapazitäten in seinem Betrieb verwenden kann oder die Referenzmenge zur Finanzierung von Investitionen nutzen will. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dem steht nicht entgegen, dass sich auch der Kläger auf diese Argumentation berufen könnte. Nach den Erwägungsgründen und den Regelungen in Art. 1 Nr. 9 e und Nr. 10 der VO (EG) Nr. 1256/1999 sollen vor allem die aktiven Milcherzeuger durch die Zuteilung von Referenzmengen gestützt werden. Aktive Milcherzeuger sind nach der obigen Auslegung aber sowohl der Kläger wie auch die GbR. Wenn aber Pächter und Verpächter die Referenzmenge in gleicher Intensität für ihren Betrieb benötigen, dann war der Verordnungsgeber nicht gehindert bei gleichem Rang der Berechtigung das Übernahmerecht des Pächters auszuschließen oder durchgreifen zu lassen (vgl. BayVGH, Urt. v. 4. März 2002 - 9 B 01.2154 -). Das Entfallen des Übernahmerechts ist daher nicht zu beanstanden. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger sich ohnehin auf Pächterschutz berufen kann und ihm ein Teil der Referenzmenge verbleibt.