Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 06.09.2011, Az.: 2 A 2502/09

analoge Anwendung; Beamte auf Widerruf; Beteiligung; Dienstunfähigkeit; Entlassung; ergänzende Auslegung; Mitbestimmung; Personalrat

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
06.09.2011
Aktenzeichen
2 A 2502/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45273
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 18.12.2012 - AZ: 5 LA 347/11

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei der Entlassung eines Beamten auf Widerruf wegen dauernder Dienstunfähigkeit muss der Personalrat nicht beteiligt werden. § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG ist weder ergänzend auszulegen noch analog anzuwenden.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger wehrt sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf.

Der am E. 1957 geborene Kläger wurde mit Wirkung zum 01.11.2007 als Studienreferendar beim Studienseminar in F. in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des Lehramts an Gymnasien im Land G. eingestellt. Da er bereits im Jahr 1988 mehrere Monate als Studienreferendar absolviert hatte, wurden auf die regelmäßige Dauer des Vorbereitungsdienstes von 24 Monaten 6 Monate und 9 Tage angerechnet. Als Ausbildungsschule wurde ihm das Ratsgymnasium in F. zugewiesen.

Nachdem der Kläger vom 06.-14.12.2007 und erneut durchgehend ab dem 07.01.2008 dienstunfähig erkrankt war, wurde er am 24.04.2008 amtsärztlich im Hinblick auf eine dauernde Dienstunfähigkeit untersucht. Die Amtsärztin Frau H. stellte aufgrund ihrer Untersuchung und eines Berichts einer Fachärztin für Nervenheilkunde fest, dass der Kläger an einer Anpassungsstörung mit Angst und Depressionen leide und deshalb bis auf weiteres dienstunfähig erkrankt sei. Zurzeit lägen weder körperliche noch gravierende psychische Beschwerden vor und der Kläger sei motiviert, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen. Um den Gesundheitszustand zu stabilisieren und volle Dienstfähigkeit zu erreichen, sei aus amtsärztlicher Sicht eine Wiederaufnahme des Dienstes mit voller Stundenzahl ab Juli 2008 zu befürworten und die Referendariatszeit um ein halbes Jahr zu verlängern.

Da der Kläger auch weiterhin dienstunfähig krank blieb, erfolgte am 02.10.2008 eine erneute amtsärztliche Untersuchung. Im Gutachten vom 23.10.2008 berichtete die Amtsärztin, dass der Kläger weiterhin wegen einer Anpassungsstörung mit Angst und Depressionen krankgeschrieben sei und er sich in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Der Kläger werde von Ängsten belastet, wieder in seine alte Schule zurückzukehren, und leide deshalb unter Schlafstörungen, Magenbeschwerden und Erschöpfungszuständen. Sie empfehle eine Versetzung an eine andere Schule und erwarte, dass sich die Symptomatik dadurch verbessere und der Kläger in der Lage sein werde, den Vorbereitungsdienst dann fortzuführen.

Daraufhin wies die Beklagte dem Kläger mit sofortiger Wirkung das I. als Ausbildungsschule zu. Dennoch trat der Kläger seinen Dienst nicht wieder an, sondern wurde weiterhin dienstunfähig krank geschrieben. Am 03.02.2009 untersuchte die Amtsärztin den Kläger daher erneut und holte ein fachpsychiatrisches Gutachten von J. ein, das dieser am 30.03.2009 erstattete. Nach dessen Auswertung führte die Amtsärztin im Gutachten vom 07.04.2009 aus, der Kläger befinde sich wegen einer depressiven Erkrankung in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung. Am Tag der Untersuchung habe er über Ängste, depressive Stimmungslage, Schwitzen und Magenbeschwerden geklagt. Nach Angaben des behandelnden Arztes beruhe die Dienstunfähigkeit des Klägers auf Depressionen und Ängsten. Der Kläger meine, dass diese Dienstunfähigkeit mit der Belastungssituation im Seminar zu tun habe. Durch die Anrechnung seiner vor über 20 Jahren absolvierten Referendarzeit verbleibe ihm jetzt nur noch ein Jahr, was ihm zu wenig erscheine. Darüber hinaus sei er sehr verunsichert und belastet, weil er mit Abstand der älteste Teilnehmer sei gegenüber mehr als 20 Jahre jüngeren Kollegen. Deshalb wünsche er sich eine neue Referendarzeit von anderthalb Jahren, wie es für Gymnasiallehrer üblich sei, und idealerweise von Beginn an, also ab dem 01.05. oder dem 01.11. in einem neuen Seminar, da er in der Umgebung des bisher besuchten Seminars aus den genannten Gründen erhebliche Selbstwertprobleme habe. Aus medizinisch-psychiatrischer Sicht falle auf, dass der Kläger bei der psychopathologischen Befunderhebung sehr fahrig und sprunghaft gewesen und nach der Untersuchung auch noch einmal zurückgekommen sei, um erneut Einzelheiten seines Problems zu schildern. Dies spreche für eine ausgeprägte Verunsicherung, Unsicherheit und Angst gegenüber den Herausforderungen und Anforderungen des angestrebten Berufes. Aus psychiatrischer Sicht seien keine krankheitsbedingten Normabweichungen im Sinne einer chronischen endogenen psychischen Erkrankung festgestellt worden. Das Erscheinungsbild des Klägers sei mit der Diagnose einer Anpassungsstörung am ehesten korrekt beschrieben. Aktuell lägen keine Ängste vor und die subjektive Depressionseinschätzung sei nicht krankheitswertig. Es gebe aus psychiatrischer Sicht keine zwingenden medizinischen Gründe, dem Kläger die Wiederaufnahme des Referendariats idealerweise von Beginn an und dann über anderthalb Jahre Dauer zu verwehren. J. schlage vor, den Kläger ab dem 01.05.2009 in einem neuen Seminar mit anderen Ausbildern und Kollegen beginnen zu lassen und ihm dann die gesamte Referendarzeit von anderthalb Jahren zuzugestehen, da ihm das vor 20 Jahren nach einem halben Jahr abgebrochene Referendariat heute kaum noch etwas nützen würde. Dieser Beurteilung schließe sie sich aus amtsärztlicher Sicht an, der Kläger sei unter den genannten Voraussetzungen als dienstfähig anzusehen.

Mit Anhörungsschreiben vom 23.04.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie ihn entgegen der Einschätzung der Amtsärztin als dienstunfähig im Sinne von § 26 BeamtStG i.V.m. § 43 NBG ansehe. Die Würdigung seines Krankheitsbildes und seines bisherigen Verhaltens ergäben eindeutig, dass er nicht in der Lage sei, die Ausbildung zu absolvieren und die Prüfung abzulegen. Offensichtlich stelle die Tatsache, dass er die 1. Staatsprüfung vor über 20 Jahren abgelegt habe und sein Wissen im Gegensatz zu seinen jungen Kolleginnen und Kollegen erst noch dem heutigen Stand anpassen müsse, ein unüberwindbares Hindernis für ihn dar. Auch die Amtsärztin habe in seinem fahrigen und sprunghaften Verhalten dafür Anhaltspunkte gesehen. Entgegen der Auffassung der Amtsärztin und des Zusatzgutachters sei es aufgrund der rechtlichen Bestimmungen über die Anrechnung bereits absolvierter Zeiten und die Verlängerung aus Krankheitsgründen ausgeschlossen, ihm einen Vorbereitungsdienst "von Beginn an" zu ermöglichen. Im Übrigen habe auch der überwiegende Teil der jungen Referendarinnen und Referendare infolge der Anrechnung von Praktika einen Vorbereitungsdienst von nur 18 Monaten zu absolvieren. Für den Kläger sei nicht die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes auf 18 Monate problematisch gewesen, sondern dass er sich nach 20 Jahren erstmals wieder den Anforderungen des angestrebten Berufes habe stellen müssen. Da es nicht wahrscheinlich sei, dass seine Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten 6 Monate wiederhergestellt werde, sei er als dauernd dienstunfähig anzusehen. Deshalb beabsichtige sie, ihn gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu entlassen.

Am 28.05.2009 wurde dem Kläger der Bescheid vom 26.05.2009 zugestellt, mit dem die Beklagte ihn mit Wirkung zum Ablauf des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Verfügung zugestellt wird, entließ und zur Begründung auf ihr Schreiben vom 23.04.2009 verwies.

Am K..2009 hat der Kläger Klage erhoben. Er beanstandet, die Entlassung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil er weder auf die Möglichkeit der Personalratsbeteiligung nach § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG hingewiesen worden noch das Mitbestimmungsverfahren durchgeführt worden sei. Bei einer Entlassung eines Beamten auf Widerruf sei § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG anzuwenden. Unter der Geltung des zum 31.03.2009 außer Kraft getretenen NBG, an das die Regelungen des NPersVG anknüpften, sei das Gesetz ergänzend auszulegen gewesen. Aus der Entstehungsgeschichte des § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG ergebe sich, dass der Gesetzgeber durch die Benennung der §§ 39 und 40 NBG a.F. solche Tatbestände erfassen wollte, die eine Entlassung gegen den Willen des Beamten rechtfertigen. Denn der im Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehene Nachsatz "wenn sie ihre Entlassung nicht selbst beantragt haben" sei unter Hinweis darauf gestrichen worden, dass die Entlassung auf Antrag in § 38 NBG a.F. geregelt sei (LT-Drs. 12/6206, S. 46). Wäre eine Entlassung von Widerrufsbeamten nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 NBG a.F. ohne jede Personalratsbeteiligung möglich gewesen, hätte dies den Beteiligungsstandard sämtlicher Bundesländer und des Bundes unterschritten. Dass der Gesetzgeber einen derartigen niedersächsischen Sonderweg beabsichtigt hätte, sei nicht ersichtlich. Es sei interessengerecht, in einem derartigen Fall § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG anzuwenden, da bei der dort erfassten vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand ebenso wie bei der Entlassung gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 NBG a.F. Dienstunfähigkeit des Beamten vorausgesetzt werde und das dort formulierte Antragserfordernis dem Schutz der Persönlichkeitssphäre diene, die bei einer Entlassung wegen Dienstunfähigkeit ebenso berührt werde wie bei einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. In der neuen Bestimmung des § 23 BeamtStG seien die alten §§ 37 und 40 NBG unentwirrbar miteinander verschmolzen worden. So beziehe sich die Vorgabe, dass Beamten auf Widerruf die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes gegeben werden soll, nunmehr auf die gesamte Vorschrift und damit auch auf den Entlassungstatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG. Auch deshalb sei das Mitbestimmungsverfahren zumindest auf Antrag durchzuführen. Das Argument der Antragsgegnerin, dass die Entlassungen nach den in § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG in Bezug genommenen Vorschriften Ermessensentscheidungen seien, wogegen die Entlassung eines Widerrufsbeamten wegen Dienstunfähigkeit zwingend vorgeschrieben und deshalb eine Differenzierung hinsichtlich der Mitbestimmung sachgerecht sei, überzeuge nicht. Denn der Personalrat habe bei etlichen gebundenen Entscheidungen wie in § 65 Abs. 1 Nr. 11 oder Abs. 2 Nr. 2 NPersVG ein Mitbestimmungsrecht, das dann kein klassisches Mitbestimmungsrecht, sondern ein Mitbeurteilungsrecht sei. Außerdem habe die Beklagte von der Beweiserleichterung in § 26 Abs. 1 S. 2 BeamtStG i.V.m. § 43 Abs. 2 NBG Gebrauch gemacht. Da dies im Ermessen des Dienstherrn stehe, sei von einer Ermessensentscheidung auszugehen. Die Fehlerhaftigkeit des Mitbestimmungsverfahrens könne hier auch nicht in Anwendung des in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens als unbeachtlich angesehen werden, da die Beklagte entgegen der Auffassung der Amtsärztin gewagte fachpsychiatrische Erwägungen angestellt und es nicht einmal für notwendig erachtet habe, eine ergänzende amtsärztliche Stellungnahme einzuholen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er bei ordnungsgemäßer Mitwirkung des Personalrates nicht entlassen worden wäre.

Weiterhin argumentiere die Beklagte in der Sache, dass angesichts seiner Biographie und seiner bis jetzt gezeigten Ausfälle ein Ausbildungserfolg nicht zu erwarten sei. Damit stütze sie sich auf einen Entlassungsgrund nach § 23 Abs. 4 BeamtStG. Eine Entlassung nach dieser Vorschrift wäre jedenfalls mitbestimmungspflichtig gewesen. Es sei unzulässig, die Entlassung wegen eines mitbestimmungspflichtigen Entlassungsgrundes zu umgehen, indem man sie auf einen - nach Ansicht der Beklagten - mitbestimmungsfreien Entlassungsgrund stütze.

Schließlich habe keine dauernde Dienstunfähigkeit vorgelegen. Hierfür trage die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Die Amtsärztin sei davon ausgegangen, dass er grundsätzlich dienstfähig sei. Auch wenn ihr Vorschlag, den Vorbereitungsdienst auf noch anderthalb Jahre zu verlängern, nicht umsetzbar sei, könne in ihr Gutachten nicht die Aussage hineininterpretiert werden, dass bei kürzerer Dauer des Referendariats jedenfalls dauernde Dienstunfähigkeit vorliege. Die Amtsärztin sei davon ausgegangen, dass bei ihm Dienstfähigkeit bestehe, wenn ihm eine Ausbildungsdauer von 18 Monaten zugestanden werde. Bei einer gemäß § 17 Abs. 3 NLVO gebotenen Verlängerung des Vorbereitungsdienstes wegen der längerfristigen Erkrankung würde ihm bei Wiederherstellung der Dienstfähigkeit noch eine Ausbildungszeit von 16 Monaten zur Verfügung stehen. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Amtsärztin bei einer Ausbildungsdauer von 16 Monaten, die die von ihr ins Auge gefasste Dauer nur unwesentlich unterschreite, von Dienstunfähigkeit ausgehe. Dies gelte erst recht, wenn sie irrigerweise davon ausgegangen sein sollte, er habe nur noch ein Jahr vor sich. Die Beklagte habe sich bei der Prognose, es bestehe keine Aussicht, dass er innerhalb einer Frist von sechs Monaten wieder voll dienstfähig werde, weit in fachpsychiatrisches Gebiet begeben, ohne die dafür notwendige Kompetenz zu besitzen. Von den Feststellungen des Amtsarztes dürfe der Dienstherr sich nur lösen, wenn es dafür gewichtige Gegenargumente, wie beispielsweise das fundierte medizinische Gutachten eines namhaften ärztlichen Spezialisten, gebe. Es wäre geboten gewesen, unter Hinweis auf die Unmöglichkeit der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes eine ergänzende amtsärztliche Stellungnahme einzuholen. Da der Vorbereitungsdienst Ausbildungsstätte im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG sei und das Land hier das Ausbildungsmonopol besitze, seien objektive Zulassungsbeschränkungen nur unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen statthaft und solle Beamten auf Widerruf die Gelegenheit gegeben werden, ihren Vorbereitungsdienst zu beenden. Diese starke grundrechtliche Position gebiete besondere Sorgfalt bei der Feststellung einer etwaigen Dienstunfähigkeit.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26.05.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid. Insbesondere habe sie den Kläger nicht auf die Möglichkeit einer Personalratsbeteiligung hinweisen müssen. § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG sei nicht erweiternd auszulegen und anzuwenden. Es fehle bereits an einer Regelungslücke. Die Streichung des ursprünglich vorgesehenen Nachsatzes in § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG sei darauf zurückzuführen, dass dieser Satzteil durch die Bezugnahme auf §§ 39, 40 NBG a.F., die tatbestandlich Entlassungen gegen den Willen des Beamten zum Inhalt hatten, redundant gewesen wäre. Da eine Entlassung auf Antrag des Beamten in § 38 NBG a.F. geregelt gewesen sei, hätte es keinen denkbaren Anwendungsfall für den gestrichenen Nachsatz gegeben. Deshalb könne aus der Streichung nicht geschlussfolgert werden, der Gesetzgeber habe alle Entlassungstatbestände erfassen wollen, die eine Entlassung gegen den Willen des Beamten rechtfertigen. Tatsächlich habe der Gesetzgeber bei der Schaffung der Vorgängerregelung von § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG, nämlich dem inhaltsgleichen § 78 Abs. 1 Lit. h des damaligen NPersVG, klargestellt, dass der Personalrat nur in den Fällen der §§ 39, 40 NBG a.F. mitbestimmen solle (LT-Drs. 7/559, S. 36). Wenn er anderes gewollt hätte, hätte er das an dieser Stelle geregelt. Der sachliche Grund für die Nichteinbeziehung von § 37 NBG a.F. in § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG liege darin, dass es bei der gebundenen Entscheidung nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 NBG a.F. nur einen höchst eingeschränkten inhaltlichen Raum für die Personalratsbeteiligung gebe, die sich im Wesentlichen auf die Kontrolle der Richtigkeit des Normvollzugs beschränken würde, da der Personalrat die dienstbehördlichen Einschätzungen nicht durch eigene Einschätzungen ersetzen dürfe. Gemäß § 64 Abs. 3 S. 2 NPersVG sei infolge der Sperrwirkung der Katalogtatbestände der §§ 65 bis 67, 75 NPersVG eine Mitbestimmung des Personalrates auch nicht unter Rückgriff auf die Generalklausel des § 64 Abs. 1 NPersVG möglich. Die Neugestaltung der beamtenrechtlichen Vorschriften durch das BeamtStG berühre diese Argumentation nicht. Bei der nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG zu treffenden Entscheidung handele es sich anders als bei den mitbestimmungspflichtigen Bestimmungen der §§ 23 Abs. 3 und 4, 30 Abs. 2 BeamtStG nicht um eine Ermessensentscheidung. Deshalb bleibe für eine effektive Mitbestimmung kein Raum, weshalb § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG diese auch nicht vorsehe.

Weiterhin halte sie daran fest, dass der Kläger als dienstunfähig anzusehen sei. Er sei vom 07.01.2008 bis zu seiner Entlassung mit Wirkung zum 30.06.2009 und damit fast 18 Monate ununterbrochen krankgeschrieben gewesen. Danach könne gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BeamtStG i.V.m. § 43 Abs. 2 NBG von Dienstunfähigkeit ausgegangen werden. Da bei der Beurteilung, ob Dienstunfähigkeit vorliege, nicht allein auf die Person des Beamten abzustellen sei, sondern vielmehr die Auswirkungen seiner Einschränkungen auf die Erfüllung der ihm obliegenden Dienstpflichten zu bewerten seinen, stelle die ärztliche Begutachtung nicht das einzige und allein ausschlaggebende Erkenntnismittel für den Dienstherrn dar. Dies stelle auch § 43 Abs. 1 S. 1 HS. 2 NBG klar. Hier seien keine ergänzenden medizinischen Gutachten erforderlich gewesen, weil die fachlichen Feststellungen im Einzelnen schlüssig gewesen seien und die Gutachterin lediglich die rechtlich gebotenen Schlussfolgerungen verkannt habe. Die Würdigung des Krankheitsbildes des Klägers und seines bisherigen Verhaltens ergäben, dass er nicht in der Lage sei, den Vorbereitungsdienst zu absolvieren und die Prüfung abzulegen. Neben den im angegriffenen Bescheid ausgeführten Erwägungen sei zu berücksichtigen, dass die Amtsärztin im Gutachten vom 07.04.2009 gleichsam eine "bedingte" Dienstfähigkeit festgestellt habe. Zum einen sei diese gesetzlich nicht vorgesehen und zum anderen könnten die Bedingungen nicht hergestellt werden. Die Amtsärztin habe auch nicht nur auf die Dauer des Vorbereitungsdienstes abgestellt, sondern ebenfalls auf einen Wechsel des Studienseminars. Scheinbar sei sie auch unzutreffend davon ausgegangen, dass ihm die Dauer von 18 Monaten einen Zeitvorteil von 6 Monaten bringen würde. Zu den gegebenen Bedingungen sei der Kläger nicht dienstfähig. Auffällig sei auch, dass er schon kurze Zeit nach Beginn des Vorbereitungsdienstes dauerhaft erkrankt sei und auch nach der Umsetzung an eine andere Ausbildungsschule den Dienst nicht wieder aufgenommen habe. Es sei nicht erkennbar, dass er selbst bei unterstellter Schaffung der von der Amtsärztin beschriebenen Bedingungen den Dienst wieder aufnehmen würde. Er habe dies auch im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht erklärt, geschweige denn durch eine privatärztliche Stellungnahme glaubhaft gemacht. Der Kläger könne auch aus der Sollvorschrift des § 23 Abs. 4 S. 2 BeamtStG keine Rechte für sich herleiten. Diese beziehe sich nach dem Aufbau der Norm gerade nicht auf die Spezialvorschriften des § 23 Abs. 1 bis 3 BeamtStG. Es wäre widersprüchlich, bei Dienstunfähigkeit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG eine Entlassung zwingend vorzuschreiben und gleichzeitig in § 23 Abs. 4 S. 2 BeamtStG zu verlangen, Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes zu geben.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Der Bescheid vom 26.05.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die Beklagte hat die angegriffene Entlassungsverfügung ohne Rechtsfehler auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG und nicht auf § 23 Abs. 4 S. 1 BeamtStG gestützt (nachfolgend unter 1). Der Bescheid ist formell rechtmäßig, da die Beklagte den Kläger nicht auf die Möglichkeit einer Personalratsbeteiligung hinweisen musste (nachfolgend unter 2.), und die Tatbestandsvoraussetzungen einer Entlassung nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG lagen vor (nachfolgend unter 3.).

1. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Entlassung des Klägers auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG gestützt hat. Sie hat damit weder rechtsmissbräuchlich den mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des § 23 Abs. 4 S. 1 BeamtStG umgangen, noch eine gebundene Entscheidung getroffen, wo eine Ausübung von Ermessen erforderlich gewesen wäre. § 23 Abs. 4 S. 1 BeamtStG ermächtigt zur fakultativen Entlassung von Widerrufsbeamten. Diese Regelung schließt die Anwendung der in § 23 Abs. 1 BeamtStG normierten Entlassungsgründe nicht aus (vgl. Reich, BeamtStG, 1. Aufl. 2009, § 23 Rn. 27). Sofern der Tatbestand von § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG vorliegt, ist diese Eingriffsnorm als lex specialis vorrangig vor § 23 Abs. 4 S. 1 BeamtStG anzuwenden. In diesem Fall ist auch § 23 Abs. 4 S. 2 BeamtStG nicht zu beachten, nach dem Widerrufsbeamten die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll. Diese Vorschrift steht systematisch im Zusammenhang mit § 23 Abs. 4 S. 1 BeamtStG. Eine Anwendung auf Entlassungen nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG wäre sinnwidrig, da bei dauernder Dienstunfähigkeit die Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist.

2. Die Beklagte musste den Kläger nicht auf eine Möglichkeit der Personalratsbeteiligung hinweisen.

Die Beteiligung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG in der ab dem 01.04.2009 geltenden Fassung (NPersVG n.F.) sieht lediglich vor, dass der Personalrat insbesondere bei der Entlassung von Beamtinnen und Beamten auf Probe oder auf Widerruf nach den § 23 Abs. 3 und 4 und § 30 Abs. 2 BeamtStG mitbestimmt. Die Entlassung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG, nach der Beamtinnnen und Beamte zu entlassen sind, wenn sie dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet, ist im Katalog des § 65 Abs. 1 NPersVG n.F. nicht enthalten.

Eine ergänzende Auslegung oder analoge Anwendung von § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG n.F. kommt daneben nicht in Betracht (vgl. VG Hannover, Urteil v. 12.01.2010, 2 A 1032/10, juris; ohne weitere Begründung ebenfalls Dembowski u.a., NPersVG, § 64 Rn. 7, 35 § 65 Rn. 7; a.A. VG Göttingen, Beschl. v. 12.10.2007, 3 B 366/07, juris; Fricke u.a., NPersVG, § 65 Rn. 53). Diese Norm schreibt eine Mitbestimmung des Personalrats insbesondere bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand vor, sofern die Beamtin oder der Beamte die Beteiligung des Personalrats beantragt; die Dienststelle hat auf das Antragsrecht rechtzeitig hinzuweisen.

Eine ergänzende Auslegung kann nicht mit dem vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 09.12.1999 (2 C 4.99, BVerwGE 110, 173 ff.) entwickelten Rechtsgedanken begründet werden. In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht für Bundesbeamte auf Lebenszeit im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm die Entlassung wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 35 S. 2 BBG a.F. unter den bundesrechtlichen Beteiligungstatbestand für vorzeitige Versetzungen in den Ruhestand subsumiert, weil diese Entlassung eine Ersatzmaßnahme mit Ausnahmecharakter mit den gleichen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforderungen wie die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit sei, die den Beamten auf Lebenszeit nur ungleich härter treffe. Diese Argumentation lässt sich - abgesehen von dogmatischen Bedenken - auf die niedersächsische Rechtslage bei Beamtinnen und Beamten auf Widerruf nicht übertragen, da bei diesen im Falle dauernder Dienstunfähigkeit die Entlassung nicht die Ausnahme, sondern die zwingende Rechtsfolge ist. Darüber hinaus ist hier gerade kein förmliches Zwangspensionierungsverfahren vorgeschrieben und das Schutzbedürfnis eines Beamten auf Widerruf ist mit dem eines auf Lebenszeit berufenen Beamten nicht zu vergleichen. In einer anderen, noch älteren Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall einer Entlassung eines niedersächsischen Beamten auf Probe wegen Dienstunfähigkeit auch keine entsprechenden Erwägungen angestellt und eine Mitbestimmung nach der vergleichbaren Vorschrift des § 78 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG a.F. nicht in Betracht gezogen sowie eine Mitbestimmungspflichtigkeit nach § 78 Abs. 1 Nr. 8 NPersVG a.F. (der Vorgängervorschrift des § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG n.F.) ohne weitere Ausführungen verneint (BVerwG, Urt. v. 06.04.1989, 2 C 83/86, NVwZ-RR 1989, 560 f, juris Rn. 22).

Eine auf die Generalklausel des § 64 Abs. 1 NPersVG n.F. i.V.m. § 64 Abs. 3 S. 1 NPersVG n.F. gestützte ergänzende Auslegung ist ebenfalls ausgeschlossen. Ihr steht § 64 Abs. 3 S. 2 NPersVG n.F. entgegen, demzufolge die §§ 65 bis 67 und 75 die dort aufgeführten Sachverhalte abschließend regeln. Es ist anzunehmen, dass § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG n.F. den Sachverhalt "Entlassung von Probe- und Widerrufsbeamten" regelt und die Beteiligung auf die dort genannten Konstellationen beschränkt. Auch der Kläger argumentiert nicht, durch § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG n.F. werde nur ein Ausschnitt dieses Sachverhaltes geregelt, sondern der Gesetzgeber habe den gesamten Sachverhalt regeln wollen und nur versehentlich die Entlassung von Widerrufsbeamten wegen Dienstunfähigkeit nicht mit einbezogen.

Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG n.F. liegen nicht vor. Auch wenn eine analoge Anwendung von Regelungen im Bereich der Sperrwirkung nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein mag (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 19.03.1997, PersR 1998, 165), fehlt es hier jedenfalls an einer zweifelsfrei bestehenden planwidrigen Regelungslücke. Für das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke werden vom Kläger lediglich Hinweise, nicht aber tragfähige Belege benannt.

Aus dem Umstand, dass der im Gesetzesentwurf aus Januar 1993 für § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG a.F. vorgesehene Nachsatz "wenn sie ihre Entlassung nicht selbst beantragt haben" mit dem Hinweis gestrichen wurde, die Entlassung auf Antrag sei in § 38 NBG a.F. geregelt, kann nicht zwangsläufig der Schluss gezogen werden, der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift alle Tatbestände erfassen wollen, die eine Entlassung gegen den Willen des Beamten ermöglichen. Die Interpretation der Beklagten, die Streichung habe lediglich redaktionelle Gründe gehabt, ist nicht weniger plausibel. Wenn der Gesetzgeber sämtliche Entlassungen gegen den Willen des Beamten einer Mitbestimmung hätte unterstellen wollen, hätte es näher gelegen, nicht einzelne Entlassungsnormen zu nennen, sondern den Beteiligungstatbestand so zu formulieren wie in § 78 Abs 1 Nr. 4 BPersVG in der mindestens seit 1974 geltenden Fassung: "Entlassung von Beamten auf Probe oder auf Widerruf, wenn sie die Entlassung nicht selbst beantragt haben". Der Begründung für den Entwurf ist lediglich zu entnehmen, dass die Bestimmung der bisherigen Regelung entspreche (LT-Drs 12/4370, S. 148). Das trifft zwar nicht zu, weil der genannte Nachsatz in der Vorgängerregelung gerade nicht vorhanden war. Es ist auch durchaus möglich, dass damit eine Anknüpfung an die umfassendere bundesrechtliche Regelung beabsichtigt war, denn sowohl im allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung als auch im einleitenden Teil zu den §§ 64ff. wurde hervorgehoben, dass ein Rückstand gegenüber dem Niveau des Bundespersonalvertretungsgesetzes und den Personalvertretungsgesetzen anderer Länder, insbesondere Schleswig-Holsteins und Nordrhein-Westfalens, aufgeholt werden sollte (LT-Drs 12/4370, S. 84, 146). Da dies aber keinen Niederschlag in der Begründung zu der konkreten Norm gefunden hat, ist ein möglicher entsprechender Wille nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

Dass die niedersächsische Regelung den Beteiligungsstandard des Bundes und sämtlicher anderer Bundesländer unterschreitet, ohne dass der Gesetzgeber sich dazu explizit geäußert hat, kann ebenfalls nicht belegen, dass es sich dabei lediglich um ein Versehen handelt. Gegen die Annahme eines Versehens ist anzuführen, dass die durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachen vom 20.03.1972 (Nds. GVBl. S. 145 ff.) eingeführte Regelung in § 78 Abs. 1 lit. h NPersVG (später § 78 Abs. 1 Nr. 8 NPersVG) nicht nur unverändert in § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG in der Fassung vom 02.03.1994 (Nds. GVBl. S. 95 ff.) übernommen, sondern bei der Anpassung von § 65 NPersVG an die Neuregelungen des Beamtenstatusgesetzes erneut nur Bezug auf §§ 23 Abs. 3 und 4, 30 Abs. 2 BeamtStG genommen wurde.

Schließlich ist eine Anwendung von § 65 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG n.F. auch nicht deshalb geboten, weil - wie der Kläger meint - die vormaligen §§ 37 und 40 NBG in dem neuen § 23 BeamtStG unentwirrbar miteinander verschmolzen sind. Es wurde bereits unter Ziffer 1 erörtert, dass sich die Vorgabe aus § 23 Abs. 4 S. 2 BeamtStG gerade nicht auf Entlassungen nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG bezieht.

3. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Entlassung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG lagen vor.

Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte zu entlassen, wenn sie dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet.

Die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt nur bei Beamten auf Lebenszeit (§ 26 BeamtStG) und bei Beamten auf Probe (§ 28 BeamtStG) in Betracht, war also für den Kläger als Beamten auf Widerruf ausgeschlossen.

Die Beklagte ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger dauernd dienstunfähig war.

Dienstunfähig ist nach § 26 Abs. 1 S. 1, 2 BeamtStG i.V.m. § 43 Abs. 2 NBG, wer wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 NBG ist die Dienstunfähigkeit aufgrund einer ärztliche Untersuchung festzustellen; darüber hinaus können auch andere Beweise erhoben werden. Die Feststellung der Dienstunfähigkeit obliegt dem Dienstvorgesetzten, für den das vorgeschriebene ärztliche Gutachten dabei eine in medizinischer Hinsicht wesentliche Entscheidungsgrundlage, jedoch nicht das einzige und allein ausschlaggebende Beweismittel ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 02.10.2007, 5 ME 121/07, NVwZ-RR 2008, 483 ff. m.w.N.).

Der Kläger war zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten bereits über 17 Monate durchgehend krankgeschrieben gewesen. Die Beklagte ist auf der Basis der vorhandenen amtsärztlichen Gutachten und der bekannten Tatsachen auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass keine Aussicht bestand, dass er innerhalb von sechs Monaten ab ihrer Entscheidung wieder voll dienstfähig werden würde. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Amtsärztin im Gutachten vom 07.04.2009 nicht explizit Stellung zu einer derartigen Prognose genommen hat. Dennoch ließ sich auf der Grundlage ihrer Ausführungen eine entsprechende Vorhersage treffen.

Sie hat dem Kläger Dienstfähigkeit unter einer Voraussetzung bescheinigt, die nicht erfüllt werden konnte, nämlich wenn er sein Referendariat noch einmal von vorne ohne Anrechnung der Zeiten des 1988 abgeleisteten Vorbereitungsdienstes beginnen könnte. Die Lesart des Klägers, die Amtsärztin habe ihn für dienstfähig gehalten, wenn ihm noch eine Ausbildungsdauer von 18 Monaten zur Verfügung stehe, die er nur geringfügig unterschreite, überzeugt die Kammer nicht. Es ist zwar zutreffend, dass die Amtsärztin angenommen hat, der Kläger sei unter der Voraussetzung, dass er in einem neuen Einstellungsdurchgang ein Referendariat mit einer Dauer von anderthalb Jahren ableisten könne, als dienstfähig anzusehen. Aus der Gesamtheit ihrer Ausführungen in dem Gutachten ergibt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit, dass sie als erforderliche Voraussetzung für die Dienstfähigkeit des Klägers eine Referendarzeit ohne Anrechnung der Vordienstzeit ansah. Sowohl bei ihrer Wiedergabe der Schilderungen des Klägers als auch des Vorschlages des fachpsychiatrischen Zusatzgutachters hat sie im Hinblick auf die zeitliche Komponente das Problem benannt, dass dem Kläger das vor Jahrzehnten abgeleistete halbe Jahr Vorbereitungsdienst angerechnet wurde. Der Vorschlag laute, dem Kläger die "gesamte Referendariatszeit" zuzugestehen. Dass sie diese dann mit anderthalb Jahren - anstatt zutreffend mit 24 Monaten - angegeben hat, beruht augenscheinlich auf einem Missverständnis. Auf Seite 2, 4. Absatz wird die Aussage des Klägers wiedergegeben, nachdem ihm sein erstes halbes Seminarjahr vor über 20 Jahren anerkannt worden sei, habe er jetzt nur noch ein Jahr Zeit für das Referendariat. Tatsächlich hatte sich aber die Zeit von zwei Jahren durch die Anrechnung von ca. 6 Monaten auf anderthalb Jahre verkürzt. Dieser Irrtum zieht sich dann folgerichtig durch den Rest des Gutachtens. Einer Nachfrage durch die Beklagte bedurfte es insoweit nicht, da sich dies bei verständiger Würdigung ohne weiteres erschließt. Der von der Amtsärztin für eine Dienstfähigkeit benannten Voraussetzung, dem Kläger eine Dauer für den Vorbereitungsdienst ohne die Anrechnung der schon früher absolvierten Zeiten zu gewähren, steht die bindende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 b der Verordnung über die Ausbildung und die Zweiten Staatsprüfungen für Lehrämter vom 18.10.2001 (Nds. GVBl. S. 655) entgegen, nach der bereits abgeleistete Zeiten des Vorbereitungsdienstes der jeweiligen Laufbahn für Lehrämter des höheren Dienstes bis zu 18 Monate auf den Vorbereitungsdienst angerechnet werden.

Abgesehen von diesem Vorschlag hat das Gutachten der Amtsärztin bestätigt, dass der Kläger zum Untersuchungszeitpunkt unter den gegebenen Umständen dienstunfähig war. Sie hat ausgeführt, dass der Grund für die Dienstunfähigkeit nach Angaben des behandelnden Arztes Depressionen und Ängste seien, und die Deutung des Klägers wiedergegeben, nach der diese damit zu tun hätten, dass ihm das halbe Jahr Vorbereitungsdienst aus dem Jahr 1988 angerechnet worden sei und er deshalb zu wenig Zeit für das Referendariat habe, und dass er mit Abstand der älteste Seminarteilnehmer sei. Daraus konnte abgeleitet werden, dass keine Aussicht bestand, dass er ohne die befürwortete - aber rechtlich ausgeschlossene - Veränderung der Rahmenbedingungen innerhalb des nächsten halben Jahres voll dienstfähig werden würde. Denn die als wesentlich benannten Faktoren für seine Dienstunfähigkeit hätten auch bei einer Zuweisung zu einem anderen Seminar unverändert fortbestanden, da sich weder der Altersabstand zu den anderen Referendarinnen und Referendaren verringert hätte, noch die Verkürzung der Ausbildungsdauer durch die Anrechnung der Vordienstzeiten entfallen wäre. Hinzu kam, dass sich der Zustand des Klägers nach einer Dienstunfähigkeit von über 17 Monaten bereits verfestigt hatte und er auch trotz des von der Amtsärztin angeregten Wechsels der Ausbildungsschule im Herbst 2008 den Dienst nicht wieder hatte antreten können.

Die Rechtsfolge der Entlassung war damit zwingend. Die Entlassungsfrist hat die Beklagte zutreffend gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 NBG n.F. bestimmt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 ZPO.