Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 12.05.2004, Az.: 3 A 3135/02
Amtseinführung; dienstliches Interesse; Sonderurlaub; staatsbürgerliche Pflicht; Weitergewährung (Bezüge)
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 12.05.2004
- Aktenzeichen
- 3 A 3135/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50624
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 11 SUrlV ND
- § 4 SUrlV ND
- § 9 SUrlV ND
- Art 3 Abs 1 GG
- Art 6 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Keine Bewilligung von Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge für Lehrerin bzgl. Einführung des Ehegatten in Amt eines Amtsgerichtsdirektors trotz dessen Einladung nebst "Gemahlin"; kein dienstliches Interesse trotz selbem Dienstherrn
Tatbestand:
Die am I. geborene Klägerin ist seit dem 1. Dezember 1969 zunächst zur Anstellung und seit dem 31. August 1972 auf Lebenszeit als Lehrerin im Niedersächsischen Schuldienst tätig, gegenwärtig an der Grundschule J..
Die Klägerin beantragte unter Ausfüllung der Rubrik „Antrag auf Sonderurlaub/Arbeitsbefreiung unter Weitergewährung der Bezüge“ die Freistellung für den 17. August 2001 für drei Schulstunden und kreuzte unter Ziffer 3 an: „in anderen Fällen wie im Feld ‚Begründung’ dargestellt.“ Als Begründung führte sie an, es handele sich um eine repräsentative öffentliche Veranstaltung der Justiz mit den Präsidenten des Oberlandesgerichts und Landgerichts K., dem Leitenden Oberstaatsanwalt, Mitgliedern des Bundes- und Landtages, dem Landrat, Bürgermeistern und vielen anderen mehr. Da ihr Mann repräsentative Funktionen habe, sei ihre Anwesenheit geboten, die innerschulische Vertretung sei gewährleistet. Diesem Antrag legte die Klägerin eine Kopie einer Einladung des Landgerichts K. - Der Präsident - vom 19. Juli 2001 bei, die an den Ehemann der Klägerin als Direktor des Amtsgerichts „und Frau Gemahlin“ gerichtet war. Daran werden aus Anlass der Verabschiedung des in den Ruhestand getretenen Direktors des Amtsgerichts L. sowie aus Anlass seiner Einführung als Amtsnachfolger der Ehemann der Klägerin und „Ihre Frau Gemahlin“ zu einer Feierstunde am 17. August 2001 um 11.00 Uhr in den Bürgersaal des Bürgerhauses L. eingeladen.
Die Schulleiterin der Klägerin vermerkte als Stellungnahme der Beschäftigungsdienststelle auf dem Antragsformular, dass dienstliche Belange nicht entgegenstünden und von den in der Zeit der Abwesenheit zu erteilenden drei Unterrichtsstunden keine ersatzlos entfalle. Es bestehe keine zur Befugnis zur Genehmigung durch die Schulleitung.
Am 16. August 2001 beteiligte die Beklagte im Hinblick auf die von ihr beabsichtigte Ablehnung eines Antrages auf Sonderurlaub den Schulbezirkspersonalrat. In dem dazu gehörigen Vermerk vom 15. August 2001 führte die Beklagte aus, nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nds. Sonderurlaubsverordnung (SUrlVO) könne aus wichtigen persönlichen Gründen unter Berücksichtigung dienstlicher Interessen Urlaub im notwendigen Umfang, auch für weniger als einen Arbeitstag, gewährt werden. Die vorliegende Beurlaubung aus persönlichen Gründen sei nur ohne Bezüge möglich, da Anlässe und Dauer, für die der Urlaub unter Weitergewährung der Bezüge gewährt werden dürfe, nur in Absatz 1 Satz 2 und in den Absätzen 2 und 3 benannt seien. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Die Klägerin sei alternativ auf die Regelung in § 2 Abs. 2 der Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte (ArbZVO-Lehr), die so genannte Flexi-Regelung, hingewiesen worden. Unter dem 6. September 2001 wies der Schulbezirkspersonalrat darauf hin, dass die Schulleiterin mit dem Schulpersonalrat das Benehmen hätte herstellen müssen. Wegen dieses Formfehlers lehne er die beabsichtigte Ablehnung des Sonderurlaubs ab. Mit Schreiben vom 13. September 2001 wies die Beklagte gegenüber dem Schulbezirkspersonalrat darauf hin, grundsätzlich handele es sich dem Anlass entsprechend um einen persönlichen Sonderurlaubsgrund, der dem Bereich des § 9 Abs. 1 SUrlVO zuzuordnen sei, jedoch seien die dort abschließend aufgeführten Tatbestände nicht maßgebend. Insofern sei auch eine Umdeutung des Antrages in ein Sonderurlaubsbegehren nach § 11 SUrlVO angezeigt gewesen. Für Entscheidungen auf dieser Rechtsgrundlage habe die Schulleitung keine Ermächtigung, so dass von ihr aus die erforderliche Benehmensherstellung eingeleitet worden sei. Die Klägerin habe zwischenzeitlich von der flexiblen Unterrichtsregelung Gebrauch gemacht, so dass sie davon ausgehe, dass die Angelegenheit erledigt sei. Unter dem 25. November 2001 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat um rechtsmittelfähige Bescheidung. Sie habe lediglich von ihrem persönlichen Arbeitszeitkonto Gebrauch gemacht, um sich nicht dem Vorwurf eines etwaigen Dienstvergehens auszusetzen, wenn sie an der vom Präsidenten des Landgerichtes als Vertreter des Landes Niedersachsen durchgeführten dienstlichen Veranstaltung teilnehme. Wie ihr Mann sei sie auch Beschäftigte des Landes und habe denselben Dienstherrn. Auch für sie handele es sich deshalb um eine dienstlich begründete Veranstaltung, bei der auch keine dienstlichen Hinderungsgründe entgegengestanden hätten.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2001 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihr Antrag auf Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge dort am 13. August 2001 eingegangen sei und nach § 9 SUrlVO eine Beurlaubung aus persönlichen Gründen jedoch nur ohne Weitergewährung der Bezüge möglich sei, denn die weiteren in dieser Norm aufgeführten Tatbestände für die Gewährung von Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge seien nicht erfüllt gewesen. Im Hinblick auf die die beantragte Weitergewährung der Bezüge ablehnende Entscheidung hätte richtigerweise der Schulpersonalrat ins Benehmen gesetzt werden müssen. Alternativ sei jedoch auch eine Prüfung der Sonderurlaubsgewährung nach § 11 SUrlVO (in anderen Fällen unter Wegfall der Bezüge) veranlasst worden, so dass die Beteiligung des Schulbezirkspersonalrates erforderlich gewesen sei. Nach der Ablehnung durch den Schulbezirkspersonalrat und Kenntnisnahme davon, dass die Klägerin von der flexiblen Regelung nach der Arbeitszeitverordnung Gebrauch gemacht habe, sei sie (die Beklagte) davon ausgegangen, die Angelegenheit sei auch für die Klägerin erledigt. Sie stelle klar, dass eine Freistellung unter Weitergewährung der Bezüge in keinem Falle möglich gewesen wäre. Sofern sie an der Gewährung von Sonderurlaub ohne Weiterzahlung der Dienstbezüge für den anteiligen Zeitraum festhalten wolle, könne sie der Klägerin bereits eine entsprechende rückwirkende Bewilligung zusagen.
Unter dem 27. Januar 2002 nahm die Klägerin wiederum dahingehend Stellung, dass die Zwischennachricht sie nicht zu überzeugen vermöge. Der Präsident des Oberlandesgerichts K. habe entschieden, dass zur Amtseinführung ihres Ehemanns die Ehefrau gehöre. Sie sei Beschäftigte desselben Arbeitgebers, weshalb sie nicht nachvollziehen könne, weshalb sie dafür nicht Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge erhalte. Bisher habe sich die Beklagte weder mit § 9 Abs. 1 Nr. 6 SUrlVO noch mit § 11 Abs. 2 SUrlVO auseinandergesetzt und habe pflichtwidrig noch kein Ermessen ausgeübt. Ihr sei egal, auf welcher Rechtsgrundlage sie Sonderurlaub oder Dienstbefreiung unter Weitergewährung der Bezüge bekomme. Sie habe nicht von § 4 Abs. 2 ArbZVO-Lehr Gebrauch gemacht. An einer verlässlichen Grundschule wie der, an der sie tätig sei, sei es faktisch unmöglich, Stunden nachzuholen. Aus einem Gesprächsvermerk der Beklagten über ein Gespräch mit der Leiterin der Grundschule vom 4. Februar 2002 ergibt sich, dass die Klägerin die drei Stunden vor dem 17. August 2001 „eingearbeitet“ und sie an jenem Tage wieder ausgeglichen habe.
Mit Bescheid vom 4. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge zur Teilnahme an der Amtseinführung ihres Ehegatten am 17. August 2001 ab. Zum Zwecke der Begleitung des Ehegatten zu seiner Amtseinführung könne nur nach der allgemeinen Regelung in § 9 Abs. 1 SUrlVO Urlaub unter Wegfall der Bezüge erteilt werden, was die Klägerin jedoch ablehne. Die Voraussetzungen für Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge nach § 9 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 3 SUrlVO lägen nicht vor. Auch eine positive Entscheidung nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 SUrlVO sei nicht möglich. In Betracht als „sonstige dringende Fälle“ kämen solche, die außerhalb der Dienstzeit nicht getätigt werden könnten. Dabei seien die Möglichkeiten, die das Arbeitszeitrecht biete, vorrangig in Anspruch zu nehmen. Nur für den Fall einer Überforderung des Betroffenen bei einem solchen Verweis auf die Möglichkeiten des Zeitausgleiches könne eine positive Entscheidung getroffen werden. Bei dem Zeitraum von drei Unterrichtsstunden stehe eine mögliche Überforderung der Klägerin außerhalb jeglicher Diskussion. Auch sei § 11 Abs. 2 SUrlVO nicht einschlägig. Ein nach dieser Regelung bewilligter Sonderurlaub müsse auch dienstlichen Interessen dienen. Ein solcher dienstrechtlicher Bezug könne aus der Begleitung des Ehegatten der Klägerin bei seiner Amtseinführung jedoch nicht hergeleitet werden. Sie gehe davon aus, dass die Klägerin nach Erhalt des ablehnenden Bescheides für ihre Fehlzeit einen entsprechenden Zeitausgleich im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit in Anspruch nehme. Die Schulleitung werde entsprechend informiert.
Am 20. Februar 2002 erhob die Klägerin Widerspruch und führte ergänzend aus, es sei nicht zu erkennen, dass das Ermessen insbesondere zu § 11 Abs. 2 SUrlVO ausgeübt worden sei. Ihrer Auffassung nach sei der dienstrechtliche Bezug offensichtlich. Ihr Mann und sie hätten denselben Arbeitgeber, so dass für andere Landesbedienstete dies selbstverständlich Dienst sei, während die Beklagte dies als ihr Privatvergnügen bezeichne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung ergänzend aus, der von der Klägerin beantragte Zweck ihres Sonderurlaubes erfülle nicht die Voraussetzungen für dessen Gewährung unter Weitergewährung der Bezüge nach § 9 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 3 SUrlVO. In ihrer Widerspruchsbegründung verkenne die Klägerin, dass die in § 11 Abs. 2 SUrlVO geforderten dienstlichen Interessen sich vordringlich aus dem Dienstverhältnis der Klägerin zum Land Niedersachsen und nicht aus demjenigen ihres Ehegatten zum Land Niedersachsen ergeben müssten. Auch wenn bei einer öffentlichen Amtseinführung repräsentative Belange bei einer Begleitung durch die Ehefrau tangiert sein könnten, so seien die Interessen aus dem jeweiligen direkten Dienstverhältnis der antragstellenden Person vorrangig zu berücksichtigen. Aus diesem Dienstverhältnis zwischen der Klägerin und dem Land Niedersachsen sprächen keine dienstlichen Belange dafür, dass sie an der Amtseinführung ihres Ehegatten zwingend unter Weitergewährung von Bezügen freigestellt hätte werden müssen. Eine Freistellung zu dem von der Klägerin beantragten Zweck wäre nur unter Wegfall der Bezüge möglich. Nur in diesem Fall könnte von ihr Ermessen ausgeübt werden. Eine derartige positive Entscheidung habe sie der Klägerin eingeräumt, diese habe davon nachdrücklich Abstand genommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise sie auf ihre vorangegangenen Ausführungen.
Die Klägerin hat am 25. März 2002 Klage erhoben. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, die ablehnende Entscheidung sei formfehlerhaft, da die Schulleitung den Schulpersonalrat ins Benehmen hätte setzen müssen. Das Mitbestimmungsverfahren sei fehlerhaft. Aus §§ 4 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 1 SUrlVO ergebe sich ihr geltend gemachter Anspruch. Sie habe schon im Antrag ausgeführt, dass die innerschulische Vertretung gewährleistet sei. Im Übrigen sei inzwischen auch die „Einarbeitung“ der beantragten drei Stunden bei der Beklagten bekannt. Sie müsse klarstellen, dass die Auskunft der Schulleitung dahingehend gelautet habe, sie (die Klägerin) habe schon Mehrstunden geleistet, nicht etwa, sie habe von der flexiblen Unterrichtsregelung Gebrauch gemacht. Auch die Zuordnung von Zuständigkeiten nach Ziffern des Antragsformulars entbinde die Behörde nicht von der Pflicht, den Antrag auszulegen und die entsprechenden diversen Anspruchsgrundlagen zu überprüfen. Gerade weil die Schule mit der Erteilung von Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge befasst werden müsse, hätte selbstverständlich der Schulpersonalrat beteiligt werden müssen. Die Begründung zu §§ 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SUrlVO enthaltene nahezu wortgleich den Text im Antragsformular bei Antrag auf Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge zu Ziffer 2 aus persönlichen Anlässen. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass die Schulleiterin tatsächlich ihren Antrag geprüft habe, um ihn dann zuständigkeitshalber weiterzuleiten. Jedenfalls eine inhaltliche Entscheidung der Schulleitung hätte erfolgen müssen. Nur durch eine Umdeutung ihres Antrages habe die Zuständigkeit der Beklagten begründet werden können.
In ihrem Fall lägen auch wichtige persönliche Gründe vor. Diese könnten auch grundrechtlicher Natur sein. Für sie streite Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG), wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stünden. Wenn der Präsident des Landgerichts K. ihren Ehemann und seine Frau Gemahlin zu einer Feierstunde einlade, so sei dieses für sie nicht nur eine freundliche Einladung als „Frau an seiner Seite“, vielmehr habe ihr Erscheinen massive Auswirkung als die Persönlichkeit des Amtsgerichtsdirektor mit stützende und die Bürde des Amtes mit tragende Ehefrau; auch im Innenverhältnis zu ihrem Ehemann und der gesamten Familie hätte es nicht zu vertretende negative Auswirkungen unzumutbaren Umfanges gehabt, wenn sie dieser Veranstaltung fern geblieben wäre, begründet mit fehlender Vergnügungssucht im Sinne der Entscheidung der Beklagten. Schließlich streite für sie auch die Fürsorgepflicht und Schutzverpflichtung des Dienstherrn, der nach Kenntnis der Einladung und erst recht nach ihrer entsprechenden Antragstellung ihr den Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge zum Zwecke der Teilnahme nicht nur zu ermöglichen, sondern sogar als Dienstpflicht aufzuerlegen gehabt hätte. Zu der öffentlichen Feierstunde sei auch die politische Führung der Region geladen gewesen, wozu auch sie als Ortsbürgermeisterin zähle. Entsprechend sei ein Anspruch aus § 9 Abs. 1 Nr. 6 SUrlVO gegeben. Es sei zwingend, dass es sich um einen sonstigen dringenden Fall von Urlaub aus persönlichen Gründen handele. Auch die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 SUrlVO seien gegeben. Die Feierstunde, der prägende öffentliche Akt und die Notwendigkeit ihrer persönlichen Teilnahme nach entsprechender verpflichtender Einladung mit dem Präsidenten des Landgerichts K. belege, dass dieser Sonderurlaub auch und sogar überwiegend dienstlichen Interessen gedient habe. Die Einladung sei durch einen Vertreter des Landes Niedersachsen, damit also ihres eigenen Dienstherrn, erfolgt. Es sei widersprüchlich, wenn sie also zum einen von ihrem Arbeitgeber quasi für die Teilnahme an der Feierstunde dienstverpflichtet werde, zum anderen von ihrem Arbeitgeber aber gesagt bekomme, diese Teilnahme sei ihr privates, nicht bezahltes Vergnügen. Im Übrigen seien bei der Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit zwischen Justiz und Schulen in solch einer überschaubaren Idylle wie L. und Umfeld die dienstlichen Interessen allein schon deshalb gegeben, weil sie selbstverständlich auch in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der Schule, hier noch in Sonderheit einer verlässlichen Grundschule und gleichzeitig Ortsbürgermeisterin, eingeladen gewesen sei, wobei allerdings ihre herausragende Eigenschaft der Gemahlin der Einladung den Titel gegeben habe.
Sie lege insbesondere Wert auf die Feststellung, dass die Rechtsansicht eines gespaltenen dienstlichen Interesses nicht nachvollziehbar sei Es sei geradezu absurd, wenn die Beklagte beispielsweise Polizei- und Forstbediensteten Sonderurlaub unter Fortgewährung der Dienstbezüge gewähre, dies aber anderen - wie ihr - verweigere. Das sei ein eklatanter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über ihren Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge für 3 Unterrichtsstunden am 17. August 2001 zur Teilnahme an der Amtseinführung ihres Mannes als Amtsgerichtsdirektor in Seesen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide, die sie ergänzt und vertieft. Die Klägerin habe im Antragsformular für Sonderurlaub nicht das Feld Nr. 2 (aus persönlichen Anlässen - z. B. wegen schwerer Erkrankung einer/eines nahen Angehörigen, Umzug an einen anderen Ort aus dienstlichem Anlass, Kur, Sanatoriumsbehandlung -) angekreuzt, sondern das Feld Nr. 3 (in anderen Fällen wie im Feld Begründung dargestellt). Die Schule habe den Antrag am 10. August 2001 an sie weitergeleitet, da keine Befugnis zur Genehmigung durch die Schulleitung vorliege. Eine Beteiligung des Schulbezirkspersonalrats sei erst nach dem Termin erfolgt, für den die Klägerin Sonderurlaub beantragt gehabt habe. Dann sei ihr mit geteilt worden, die Klägerin habe von der flexiblen Unterrichtsregelung Gebrauch gemacht, weshalb sie davon ausgegangen sei, dass sich die Sache erledigt habe und eine Bescheidung entbehrlich sei.
Zwar sei ausweislich des Erlasses vom 25. Juni 1998 die Befugnis zur Entscheidung über Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge nach § 9 SUrlVO auf die Schulen übertragen worden, für die restlichen Anträge sei es bei der Zuständigkeit der Beklagten verblieben. Nach der Antragsformulargliederung seien die Ziffern in dem Antragsteil betreffend die Fälle von Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge so eingeteilt, dass bestimmte Normen in der Verordnung bestimmten Ziffern zuzuordnen seien. Die Nr. 2 beziehe sich auf § 9 Abs. 1 S. 2 und Absätze 2 und 3 SUrlVO. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 SUrlVO werde grundsätzlich Urlaub aus persönlichen Gründen unter Wegfall der Bezüge gewährt. Die Nr. 3 des Antragsformulars hingegen sei § 11 SUrlVO zuzuordnen. Dabei sei zwischen Absatz 1 (Wegfall der Bezüge) und Absatz 2 (Weitergewährung der Bezüge) zu unterscheiden. Vorliegend habe die Klägerin explizit um Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge in anderen Fällen gebeten, weshalb nur eine Prüfung nach § 11 Abs. 2 SUrlVO einschlägig gewesen sei. Voraussetzung wäre hierfür das Vorliegen eines auch dienstlichen Interesses. Nach der Prüfung des Antrags durch die Schulleiterin, die festgestellt habe, dass die Klägerin nicht aus persönlichen Gründen Urlaub beantragt habe, sondern „in anderen Fällen“ durch das Ankreuzen der Nummer 3 auf dem Formular, sei sie zu dem Schluss gekommen, dass sie keine Befugnis zur Genehmigung habe. Das sei auch zutreffend, denn für die Prüfung gemäß § 11 Abs. 2 SUrlVO sei sie (die Beklagte) zuständig. Das Verfahren sei zudem auch nicht fehlerhaft abgelaufen, denn die §§ 101 und 102 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NPersVG) enthielten Sonderregelungen, so dass vorliegend lediglich ein einstufiges Verfahren als Benehmensherstellung vorgesehen sei. Das sei auch korrekt erfolgt. Als zur Entscheidung befugte übergeordnete Dienststelle habe sie (die Beklagte) den Schulbezirkspersonalrat zu beteiligen. Mit dem Schulpersonalrat hätte nur dann das Benehmen hergestellt werden müssen, wenn die Schule selbst den Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub abgelehnt hätte.
Ergänzend zu § 11 Abs. 2 SUrlVO sei auszuführen, dass maßgeblich für das dienstliche Interesse das Dienstverhältnis der Klägerin als Lehrerin zu ihrem Dienstherrn sei. Es sei Zufall und unerheblich, dass in ihrem Fall bei beiden Ehepartnern Dienstherr das Land Niedersachsen sei. Im Übrigen sei unerheblich, ob Art. 6 Abs. 1 GG einen wichtigen persönlichen Grund nach § 9 Abs. 1 S. 1 SUrlVO darstellen könne, denn diese Bestimmung regele den Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge, was die Klägerin jedoch ausdrücklich ablehne. Ein Antrag nach § 9 Abs. 1 S. 2 SUrlVO wäre erfolglos gewesen, da kein wichtiger persönlicher Grund in Form eines sonstigen dringenden Falls nach der dortigen Nummer 6 vorgelegen habe. Für die Bewilligung nach dieser Norm (in sonstigen dringenden Fällen) kämen nach der amtlichen Begründung wichtige unaufschiebbare Erledigungen oder die Begleitung einer oder eines plötzlich Erkrankten ins Krankenhaus, die außerhalb der Dienstzeit nicht getätigt werden könnten, in Betracht. Dabei seien die Möglichkeiten, die das Arbeitszeitrecht biete, vorrangig in Anspruch zu nehmen, soweit der Verweis auf die Möglichkeiten eines Zeitausgleichs nicht ausnahmsweise zu einer Überforderung der Betroffenen führte. Vorliegend habe die Klägerin die Möglichkeit des Arbeitszeitrechts vorrangig in Anspruch zu nehmen gehabt, was sie tatsächlich auch getan habe.
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 20. April 2004 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze der Gerichtsakte im Übrigen sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Personalakte der Klägerin) Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Es kann dahinstehen, ob das Klagebegehren - etwa im Wege der „Rückabwicklung“ der offensichtlich erfolgten Stundenverrechnung - überhaupt zulässig ist. Diesen erheblichen Zweifeln am Rechtsschutzinteresse der Klägerin muss das Gericht vorliegend nicht weiter nachgehen, denn die Klage ist jedenfalls unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Gewährung von Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge für 3 Schulstunden am 17. August 2001. Der angefochtene Bescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 04. Februar 2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 05. März 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
Zur Vermeidung von umfangreichen Wiederholungen stellt das Gericht fest, dass es der Begründung des angefochtenen Bescheides der Beklagten folgt und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
Das Vorbringen der Klägerin im gerichtlichen Verfahren rechtfertigt keine abweichende rechtliche Beurteilung.
Die von der Klägerin geltend gemachten personalvertretungsrechtlichen Verfahrensfehler durch die nach ihrer Auffassung erforderliche, aber nicht erfolgte Beteiligung auch des Schulpersonalrats (neben dem Schulbezirkspersonalrat) sind im Ergebnis jedenfalls deshalb ohne Belang, weil der Klägerin bereits aus Rechtsgründen - wie sich aus dem angefochtenen Bescheid und den folgenden Darlegungen ergibt - der begehrte Anspruch nicht zusteht. Ob die Schulleiterin insoweit tatsächlich in eine Prüfung eingetreten ist, kann deshalb dahinstehen. Im Übrigen hat das Gericht gerade im Hinblick auf die von der Beklagten gewählte Formulargestaltung und die daran geknüpften Entscheidungszuständigkeiten, die in den angefochtenen Bescheiden und im gerichtlichen Verfahren von der Beklagten ausführlich erläutert werden, keine rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsverfahren rechtsfehlerfrei erfolgt ist. Insbesondere hat die Beklagte die ihr zustehenden Befugnisse bei der Entscheidung im vorliegenden Einzelfall nicht überschritten. Zudem weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass aufgrund der Sonderregelung für den Schuldienst in §§ 101 und 102 NPersVG ohnehin nur ein lediglich einstufiges Verfahren im Wege einer bloßen Benehmensherstellung bei einer Beteiligung des Schulpersonalrates zu erfolgen gehabt hätte. Die möglicherweise verfahrensfehlerhaft unterbliebene Benehmensherstellung der Schulleiterin mit dem Schulpersonalrat würde dessen Rechtsposition beeinträchtigen, welche die Klägerin in diesem Verfahren jedoch nicht mit Erfolg geltend machen kann.
Nach dem Vorbringen der Klägerin im gerichtlichen Verfahren und aus den übrigen Umständen des Falls vermag das Gericht nicht nachzuvollziehen, woraus sich objektivierbar ergeben könnte, dass die von der Klägerin ihrem Sonderurlaubsantrag beigefügte Einladung des Präsidenten des Landgerichts K. vom 19. Juli 2001, die an ihren Ehemann und dessen „Frau Gemahlin“ gerichtet ist, über das hinaus geht, was bei solchen Anlässen unter Beachtung der allgemeinen Höflichkeitsregeln der gesellschaftlichen Üblichkeit entspricht. Weder dem eingereichten Antrag und seiner Begründung noch dem Wortlaut der Einladung ist auch nur ansatzweise zu entnehmen, dass die Klägerin zu diesem Empfang in Erfüllung staatsbürgerlichen Pflichten i. S. v. § 4 Abs. 1 SUrlVO eingeladen worden ist. Die Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten i. S. v. § 4 Abs. 1 SUrlVO besteht nur, wenn die Dienstbefreiung gesetzlich vorgeschrieben ist. Das ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Auch hinsichtlich der in § 4 Abs. 3 SUrlVO vorgesehenen Ermessensentscheidung, wenn zur Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit im öffentlichen Bereich keine Verpflichtung besteht, ist die Beklagte zu Recht einer Entscheidung nicht näher getreten, denn es ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass die Klägerin im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit der Veranstaltung der Amtseinführung ihres Ehemannes als Direktor des Amtsgerichts L. beigewohnt hätte. Wäre sie tatsächlich als Ortsbürgermeisterin zu dieser Veranstaltung eingeladen worden, so hätte es nicht nur nahegelegen, sondern es wäre auch erforderlich gewesen, dass die Klägerin (auch) diese Einladung dem Sonderurlaubsantrag beigefügt hätte. Das ist nicht geschehen, so dass für diesen Tatbestand die Voraussetzungen fehlen, um überhaupt in die Ermessensprüfung einzutreten.
Der Umstand, dass die Klägerin ihr Erscheinen zu der Diensteinführung ihres Ehemannes für zwingend notwendig im innerfamiliären Verhältnis und aufgrund der Außenwirkung gehalten hat, führt zu keiner anderen Sicht der Dinge. In diesem Zusammenhang verweist das Gericht auf die verbindliche Zusicherung der Beklagten, der Klägerin diese Teilnahme durch die Gewährung von Sonderurlaub ohne Weitergewährung der Bezüge (auch im Nachhinein) zu ermöglichen. Ist mithin das Erscheinen der Klägerin an der Seite ihres Mannes nicht in Frage gestellt (gewesen), sondern durch die Zusicherung von Sonderurlaub sogar ausdrücklich unterstützt worden, kann weder von einer Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG noch von einer Verletzung etwaiger Fürsorgepflichten der Klägerin gegenüber die Rede sein.
Neben dem Fehlen der Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderurlaub nach § 9 Abs. 1 S. 2 (insbesondere Nr. 6) SUrlVO, hinsichtlich deren Prüfung das Gericht vollumfänglich auf den angefochtenen Bescheid verweist, hat die Beklagte auch zu Recht bereits das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 SUrlVO abgelehnt. Kommt mithin eine Ermessensentscheidung gar nicht in Betracht, läuft die Rüge der Klägerin, die Beklagte sei nicht in Ermessenserwägungen eingetreten oder habe diese rechtsfehlerhaft vorgenommen, ins Leere. Das Gericht vermag den vorliegenden Erkenntnissen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass ein wie auch immer ausgestaltetes dienstliches Interesse im Hinblick auf das Dienstverhältnis der Klägerin (und nur darauf kommt es an) im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an der Amtseinführung ihres Ehemannes vorgelegen hat. Weder ist ersichtlich, dass sie „als Vertreterin ihrer Schule“ dort eingeladen oder auch nur erschienen ist, noch kann der Einladung oder anderen Umständen entnommen werden, dass irgend ein Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis der Klägerin hinsichtlich dieser Veranstaltung bestand.
In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die von ihr behauptete Freistellung von Forst- oder anderen Beamten im Landesdienst mit Erfolg berufen, denn es ist weder ersichtlich noch gar nachgewiesen, dass diese für die Teilnahme an der Veranstaltung Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge in Anspruch genommen haben. Ebenso wenig ist dargelegt, dass sich diese in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation wie die Klägerin befunden haben. Nur tatsächlich und rechtlich gleich gelagerte Sachverhalte sind auch i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG gleich zu behandeln. Sollte tatsächlich ein Landesbeamter Sonderurlaub unter Weitergewährung der Bezüge in Anspruch genommen haben, ohne dass die Voraussetzungen der Niedersächsischen Sonderurlaubsverordnung vorgelegen haben, so führt auch dies nicht zu einem Anspruch der Klägerin, denn eine „Gleichheit im Unrecht“ vermittelt Art. 3 Abs. 1 GG nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.