Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.2002, Az.: 14 K 596/99

Aufwendungen einer nicht berufstätigen Sportlehrerin für Stepptanz und Schwimmtraining keine Sonderausgaben

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
14.02.2002
Aktenzeichen
14 K 596/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 36223
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2002:0214.14K596.99.0A

Fundstellen

  • EFG 2002, 754-755 (Volltext mit red. LS)
  • SchuR 2004, 116 (Kurzinformation)

Redaktioneller Leitsatz

1. Aufwendungen für Kurse, die der Allgemeinbildung im weitesten Sinne dienen, können nur dann abgezogen werden, wenn die Kurse einen unmittelbaren Bezug zu einem bestimmten Berufsbild haben.

2. Bei der Abgrenzung, ob die Aufwendungen für einen Beruf oder eine Liebhaberei gemacht worden sind, sind die Verkehrsanschauung und die gesamten Umstände des Falles heranzuziehen.

3. Aufwendungen für Eintrittsgelder und Fahrtkosten zum Schwimmtraining sind auch für Sportlehrer, die sich insoweit auch zur Vorbereitung auf eine spätere Berufsausbildung körperlich fit halten müssen, derart mit der allgemeinen Lebensführung verbunden, dass eine nahezu ausschließlich berufliche Veranlassung von vornherein zu verneinen ist.

4. Die Aufwendungen einer nicht berufstätigen Sportlehrerin für Stepptanzunterricht sind nicht als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abzugsfähig.

Tatbestand

1

Streitig ist die Nichtanerkennung von Aufwendungen für Schwimmtraining und Steptanzkurse als Aufwendungen für die Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG .

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Die Kläger wohnten im Streitjahr in A. Der Kläger ist nichtselbständig tätig als Umweltschutzberater. Die Klägerin hat eine Ausbildung als Dipl.-Sportlehrerin absolviert und war 1993 als Trainerin nichtselbständig tätig. Seit 1993 ist sie Hausfrau und Mutter zweier 1993 und 1996 geborener Kinder. Sie war im Streitjahr nicht beruflich tätig. Nach Beendigung des Erziehungsurlaubs in 1999 erhielt sie Arbeitslosengeld und bewarb sich als Diplom-Sportlehrerin. Daneben bot sie 1999 einen Kurs für Step-Aerobic in einer Anzeige an. In Ihrer Einkommensteuererklärung für 1997 machte die Klägerin Aufwendungen für Steptanzunterricht in B in Höhe von 1. 440 DM (zwei Kurse mit Kursgebühren von insgesamt 120 DM pro Monat), Fahrtkosten zu diesem Unterricht in B in Höhe von 1. 500 DM, Aufwendungen für einen Steptanz-Workshop in C in Höhe von 620 DM sowie Eintrittskosten und Fahrtkosten für Schwimmtraining in Höhe von 490 DM (die Entfernung zwischen Wohnung und Schwimmbad beträgt 14 km) als Sonderausgaben - begrenzt auf den Höchstbetrag von 1. 800 DM - geltend. Aus dem Prospekt über den Steptanz-Workshop in C für das Jahr 1999 geht hervor, daß die verschiedenen Kurse für Anfänger mit sehr guten Vorkenntnissen, für die Mittelstufe und für Fortgeschrittene gedacht waren. Mit Bescheid vom 22.02.1999 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 1997 auf"DM fest, wobei es die in Höhe von 1.800,00 DM als Sonderausgaben i.S.d. 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG geltend gemachten Aufwendungen für Schwimmtraining und Steptanzunterricht steuerlich nicht anerkannte. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsbescheid vom 23.07.1999, zur Post gegeben am 26.07.1999, wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen erhoben die Kläger am 27.08.1999 Klage beim Beklagten.

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Die Kläger tragen vor, die Klägerin sei bis zur Geburt des Sohnes im Jahre 1993 hauptberuflich Trainerin für Leichtathletik, Schwimmen, Handball und Gymnastik für Erwachsene und Senioren gewesen und habe auch Steptanzunterricht erteilt. Seit Februar 1999 stünde die Klägerin dem Arbeitsmarkt in dem erlernten und über mehrere Jahre ausgeübten Beruf wieder zur Verfügung. Es seien Ausgaben für Steptanz i.H.v. 3.500,00 DM und für Schwimmtraining von ca. 500,00 DM entstanden. Die Ausgaben für die besuchten Kurse stünden auch im Zusammenhang mit der wieder angestrebten Anstellung. Gerade auf dem Gebiet des Steptanzes hätten sich in den letzten Jahren Weiterentwicklungen und neue Ausprägungen ergeben, die eine Fortbildung erforderlich gemacht hätten (z.B. Riverdance). Bei der Veranlagung der Vorjahre seien diese Aufwendungen als Sonderausgaben berücksichtigt worden. Der Wandel der Sichtweise des Finanzamtes könne nicht nachvollzogen werden. Die Notwendigkeit einer Weiterbildung in dem Trainerberuf dürfte nach so langer Pause nicht strittig sein, zumal die Gesetzgebung den Frauen die Wiedereinstellung bei dem letzten Arbeitgeber zusichere. Die Wiederaufnahme der Tätigkeit beim Sportverein Y im Jahre 1999 sei an den angebotenen Arbeitszeiten, die sich auf verschiedene Tages- und Abendstunden erstrecken sollten, gescheitert. Die im Studium und während der beruflichen Tätigkeit erlangten Kenntnisse hätten heute ohne Training und körperliche Fitness keinen Wert mehr. Die Klägerin orientiere sich im Steptanz an den Kenntnissen und Fähigkeiten internationalen Standards. Sie habe daher Kurse der Fachschule für Steptanz in D besucht. Auch orientiere sich der Kurs des Ballettzentrums in C an diesem Standard. Um sich auf die Kurse in C vorbereiten zu können, habe sie bei Herrn X in B am Unterricht im Streitjahr teilgenommen. Die mtl. Gebühr habe 120,00 DM betragen. Für die Fahrten vom Wohnort nach B habe sie ebenfalls Aufwendungen gehabt.

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Die Kläger beantragen,

  1. den Einkommensteuerbescheid 1997 dergestalt abzuändern, dass bei den Sonderausgaben ein Betrag von 1.800,00 DM als Weiterbildungskosten zum Abzug zugelassen wird.

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Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vor, die Aufwendungen für die Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG könnten gem. § 12 EStG nicht anerkannt werden, weil die besuchten Kurse offenbar nur der körperlichen Ertüchtigung und der Freizeitgestaltung dienten und keine weitergehenden Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt hätten, die der Klägerin für eine erneute Tätigkeit als Sportlehrerin und Trainerin von Nutzen sein könnten. Es sei davon auszugehen, dass an derartigen Kursen regelmäßig auch Personen teilnähmen, die nicht über die berufliche Qualifikation der Klägerin verfügten. Die Aufwendungen dieser Personen gehörten unzweifelhaft zu den steuerlich nicht abzugsfähigen allgemeinen Lebenshaltungskosten. Aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen sei es daher nicht gerechtfertigt, die Aufwendungen der Klägerin für ihre Fitness und Freizeitgestaltung als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Da die Klägerin zudem trotz Aufforderung die in den Kursen vermittelten Lerninhalte und die der Klägerin tatsächlich entstandenen Aufwendungen weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht habe, könne ihr Begehren keinen Erfolg haben. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die unzutreffende Beurteilung durch das Finanzamt Z anlässlich der Einkommensteuerveranlagung 1996 berufen, da das Prinzip der Abschnittsbesteuerung gelte. Auch die im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen und Ausführungen belegten nicht den konkreten Bezug zu dem Beruf der Klägerin. Die vorgelegten Unterlagen würden lediglich als Beleg dafür dienen, dass die Klägerin in 1999 beabsichtigt habe, wieder beruflich tätig zu werden. Dabei sei die Klägerin, wie aus den Bewerbungsunterlagen ersichtlich sei, am Wiedereinstieg in den Beruf im allgemeinen interessiert gewesen. Der Unterricht im Steptanz sei nur eine angestrebte Möglichkeit gewesen.

Gründe

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I. Die Klage ist unbegründet. Bei den geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich nicht um Sonderausgaben.

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1. Sonderausgaben sind gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG u.a. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf, die bis zu einem Betrag von 1. 800 DM im Kalenderjahr steuerlich abzugsfähig sind. Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG gilt dies entsprechend für Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine Berufsausbildung oder Weiterbildung, wenn diese seinem Ehegatten erwachsen und die Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen. Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 4 EStG gehören zu diesen Aufwendungen grundsätzlich nicht die Aufwendungen für den Lebensunterhalt. Bei der Abgrenzung dieser Aufwendungen zu den Aufwendungen für Weiterbildung ist zu beachten, daß nur diejenigen Kosten als Sonderausgaben anerkannt werden können, die so gut wie ausschließlich durch die beabsichtigte Aufnahme einer entsprechenden beruflichen Tätigkeit veranlasst wurden (Kirchhof/Söhn EStG (Loseblatt) § 10 J Tz. 18). Ähnlich wie bei der Abgrenzung der Werbungskosten zu den Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung kommt es auch hier darauf an, ob bei den streitigen Kosten die Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf in einem solchen Ausmaß überwiegt, daß die Lebensführung ganz in den Hintergrund tritt (vgl. BFH Beschl. v. 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BStBl. II 1971, 17 ; Urt. v. 26. August 1988 VI R 175/85, BStBl. II 1989, 91). Dabei können Aufwendungen für Kurse, die der Allgemeinbildung im weitesten Sinne dienen, nur dann abgezogen werden, wenn die Kurse einen unmittelbaren Bezug zu einem bestimmten Berufsbild haben (B FH Urt. v. 17. November 1978 VI R 139/76 , BStBl. II 1979, 180 , 181). Bei der Abgrenzung, ob die Aufwendungen für einen Beruf oder eine Liebhaberei gemacht worden sind, sind die Verkehrsanschauung und die gesamten Umstände des Falles heranzuziehen (B FH Urt. v. 17. November 1978 VI R 139/76 , BStBl. II 1979, 180 , 181).

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2. Bei den geltend gemachten Aufwendungen der Kläger handelt es sich nicht um Aufwendungen, die als Sonderausgaben anerkannt werden können. Weder die Aufwendungen für Steptanz noch die Aufwendungen für das Schwimmtraining sind nahezu ausschließlich durch die beabsichtigte Aufnahme einer entsprechenden beruflichen Tätigkeit veranlasst.

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a. Die Aufwendungen für Eintrittsgelder und Fahrtkosten zum Schwimmtraining sind derart mit der allgemeinen Lebensführung verbunden, daß eine nahezu ausschließlich berufliche Veranlassung von vornherein zu verneinen ist. Dies gilt auch für Sportlehrer, die sich insoweit auch zur Vorbereitung auf eine spätere Berufsausübung körperlich fit halten müssen. Denn insoweit unterscheidet sich der Besuch eines Schwimmbades nicht von der sonstigen privaten sportlichen Betätigung eines Sportlehrers. Werden bei der Ausübung derartiger Aktivitäten Fähigkeiten und Kenntnisse erlangt, die für jeden Bürger nützlich sind, so steht dies einem Sonderausgabenabzug auch dann entgegen, wenn die gewonnenen Kenntnisse und Fähigkeiten später beruflich verwertet werden können (vgl. FG München Urt. v. 16. Februar 2000 13 K 292/98 , n.v.). Daneben hat der Schwimmbadbesuch auch einen allgemeinen Erlebnis- und Erholungswert, der jedem Bürger zukommt (vgl. auch BFH, Urt. v. 19. Oktober 1989 VI R 155/88 , BStBl. II 1990, 134).

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b. Die Aufwendungen für den Steptanzkurs in B wie auch in C sind ebenfalls nicht nahezu ausschließlich durch die beabsichtigte Aufnahme einer entsprechenden beruflichen Tätigkeit veranlasst.

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aa. Ob Aufwendungen für spezielle Sportkurse dem Bereich der Freizeitgestaltung (Liebhaberei) oder der Weiterbildung im nicht ausgeübten Beruf zuzuordnen sind, ist nach Auffassung des Senats im Rahmen der Gesamtwürdigung auch auf die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum Abzug derartiger Aufwendungen als Werbungskosten abzustellen (B FH Urt. v. 26. August 1988 VI R 175/85 , BStBl. II 1989, 91). Deshalb ist hier zu prüfen, ob der Teilnehmerkreis eines solchen Lehrganges im wesentlichen gleichartig (homogen) ist, d.h. - auf den vorliegenden Streitfall bezogen - ob ausschließlich Sportlehrer an den Lehrgängen teilgenommen haben. Weiterhin muß der Lehrgang auf das Ziel ausgerichtet sein, den Sportlehrern praktische und pädagogische Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, der Zielgruppe Kenntnisse in der speziellen Sportart theoretisch und praktisch beizubringen.

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bb. An den Steptanzkursen, an denen die Klägerin teilgenommen hat, konnten nicht nur Sportlehrer teilnehmen. Es ist dies weder vorgetragen worden, noch an Hand der vorgelegten Unterlagen zu erkennen. Gleiches gilt für die spezifischen Inhalte der Kurse. Es ist auch insoweit nicht zu erkennen, daß in den Kursen auf Sportlehrer zugeschnittene didaktische und pädagogische Inhalte vermittelt wurden. Auch richteten sich die Kurse, wie die Unterlagen zu dem Kurs in C zeigen, zum Teil an Anfänger. Damit steht eine ausschließlich berufsbezogene Ausrichtung der Kurse nicht fest. Auch die Lebenserfahrung spricht dafür, daß die Teilnahme an Steptanzkursen üblicherweise der Verfolgung privater Erlebnis- und Erholungsinteressen dient. Ein Sonderausgabenabzug kam somit auch hinsichtlich dieser Aufwendungen nicht in Betracht.

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3. Die Klägerin kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß in den Vorjahren die entsprechenden Aufwendungen anerkannt wurden. Aufgrund des Prinzips der Abschnittsbesteuerung sind für jeden Veranlagungszeitraum (§ 2 Abs. 7, § 25) die Besteuerungsgrundlagen selbständig festzustellen und der Sachverhalt und die Rechtslage neu zu prüfen (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urt. v. 7. Februar 1969 VI R 174/67, BStBl II 1969, 314 ; Urt. v. 15. Dezember 1988 IV R 36/84, BStBl II 1989, 363 ; Urt. v. 25. April 1990 I R 78/85, BFH/NV 1990, 630).

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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .