Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 30.09.2002, Az.: L 4 KR 79/01
Zeitpunkt ; Absenden ; Beteiligter ; Krankheitswert
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 30.09.2002
- Aktenzeichen
- L 4 KR 79/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 34947
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2002:0930.L4KR79.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - AZ: S 2 KR 115/00
Rechtsgrundlagen
- § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
- § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)
In dem Rechtsstreit
...
gegen
Krankenkasse, - Hauptverwaltung -,
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen am 30. September 2002 in Celle durch die Richterin Schimmelpfeng-Schütte - Vorsitzende -, den Richter Wolff und die Richterin Poppinga
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug
wird abgelehnt.
GRÜNDE
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen, auf Antrag Prozesskostenhilfe gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Klägerin ist nach ihren Angaben in ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
Der von der Klägerin beabsichtigten Rechtsverfolgung mangelt es jedoch an der hinreichenden Aussicht auf Erfolg. Bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die klagabweisende Entscheidung des SG, deren Aufhebung im Berufungsverfahren erstrebt wird, nicht zu beanstanden sein dürfte. Die Klägerin hat die operative Geschlechtsumwandlung, für die sie Kostenerstattung beansprucht, in der Zeit vom 22. bis 30. März 2000, mithin nach Erlass des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 21.2.2000 und vor Erlass des
Widerspruchsbescheides vom 11. August 2000 ausführen lassen.
Der Anspruch ist demnach unter den Voraussetzungen des § 13. Abs, 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V prüfen.
Die Beklagte dürfte die beantragte Leistung indessen zu Recht abgelehnt haben, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen - wie im Falle der Klinik S ... kein Versorgungsvertrag besteht. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Beklagte, aber auch andere gesetzliche Krankenkassen, in anderen Fällen die Kosten für operative Geschlechtsumwandlungen in der S ... Klinik übernommen haben, hat das SG in seinem Urteil zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nicht besteht.
Die Beklagte hat der Klägerin darüber hinaus eine Reihe von zugelassenen Kliniken benannt, die die gewünschte Operation hätten ausführen können. Die Klägerin hatte auch schon mit der Universitätsklinik in Essen Kontakt aufgenommen.
Bei der von der Klägerin in Anspruch genommenen Behandlung in der Sanssouci-Klinik handelte es sich auch nicht um eine unaufschiebbare Maßnahme, denn es bestand für die Klägerin bei Zuwarten kein medizinisches Risiko, das ihren Gesundheitszustand hätte gefährden können. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem im Verfahren nach dem Transsexuellengesetz eingeholten Gutachten des Prof. Dr. L ... vom 17. März 1999, dass dieser trotz gewisser Zweifel an der Transsexualität der Klägerin diese bejahte, aber vor operativen Maßnahmen eine gründliche psychotherapeutische Vorbereitung für angezeigt hielt. Zu diesem Ergebnis ist auch der Gutachter Dr. O ... , des MDKN in seinem Gutachten vom 11. Februar 2000 nach eigener Untersuchung der Klägerin gelangt.
Unter Berücksichtigung der weitreichenden Folgen, die mit einer operativen
Geschlechtsumwandlung verbunden sind, kann vor diesem Hintergrund nicht von einer Situation ausgegangen werden, die eine Operation gerade im März 2000 als unaufschiebbare Maßnahme erscheinen lassen könnte.
Das BSG hat darüber hinaus entschieden, dass nicht jeder Art von Transsexualität Krankheitswert zukomme, sondern es auf den Einzelfall ankomme, ob dies zutreffe (BSGE 62, 83/84 [BSG 06.08.1987 - 3 RK 15/86]). Soweit mit ihr ein schwerer Leidensdruck mit extrem hoher Selbstmordgefahr verbunden sei, sei eine Subsumtion unter den Krankheitsbegriff zutreffend (BSG a.a.O.).
Ein derartig schwerer Leidensdruck ist vorliegend jedoch unter Berücksichtigung der von dem behandelnden Psychotherapeuten Dr. R ... seinem Bericht vom 16. Dezember 1999 genannten Befunde und den Feststellungen des MDK-Gutachters Dr. O ... in dem Gutachten vom 11. Februar 2000 bei der Klägerin im Zeitpunkt März 2000 gerade nicht ersichtlich.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.