Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 10.10.2007, Az.: 11 A 3732/06
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 10.10.2007
- Aktenzeichen
- 11 A 3732/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 62113
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2007:1010.11A3732.06.0A
Verfahrensgang
Fundstellen
- GewArch 2008, 213-214
- GuG aktuell 2008, 47
- IBR 2007, 714 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- ImmWert 2007, 34-35
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 11. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2007 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Niewisch-Lennartz, den Richter am Verwaltungsgericht Peters, die Richterin Dr. Killinger sowie die ehrenamtlichen Richter D. für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten ihre öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken.
Mit Schreiben vom 05.11.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten auf der Grundlage der von ihr bei der E. (F.) erfolgreich abgelegten Zertifizierungsprüfung ihre Bestellung und Vereidigung als Sachverständige u.a. für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke ohne erneute Prüfung der besonderen Sachkunde.
Zwischen den Beteiligten entstand sodann ein streitiger Schriftwechsel darüber, ob eine Bestellung der Klägerin ihrer Auffassung entsprechend ohne erneute Prüfung der Sachkunde erfolgen könne.
Mit Schreiben vom 30.06.2003 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Bereitschaft, sich einer Prüfung nach der Sachverständigenprüfungsordnung (SVPrüfO) zu unterziehen und die Pflichten einer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, insbesondere die nach der SVO, zu übernehmen.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 17.06.2004 mit, dass die Prüfungskommission die von der Klägerin im Antragsverfahren eingereichten Unterlagen gesichtet habe. Für das Sachgebiet "Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken" sei sie zur Prüfung der besonderen Sachkunde empfohlen worden und werde für den 20.07.2004 zur Prüfung geladen. Gemäß § 8 SVPrüfO solle bei der Klägerin ein eingeschränktes Prüfungsverfahren durchgeführt werden. Die Prüfung gliedere sich in einen schriftlichen forensischen Teil sowie in einen mündlichen, fachbezogenen Teil (Fachgespräch). Ggfs. werde forensisches Wissen auch mündlich geprüft.
Die Klägerin sagte die Teilnahme an der Prüfung aus Zeitgründen ab und verwies erneut darauf, dass die Forderung einer weiteren Prüfung durch die Beklagte nach ihrer Auffassung nicht berechtigt sei. Ihre besondere Sachkunde ergebe sich hinreichend aus der Zertifizierungsprüfung bei der F..
Nachdem die Klägerin ihre Zertifizierungsunterlagen der F. bei der Beklagten eingereicht hatte, wurden diese der Prüfungskommission vorgelegt. Die Prüfungskommission empfahl mit Schreiben vom 12.01.2005 erneut die Durchführung eines eingeschränkten Prüfungsverfahrens nach § 8 SVPrüfO zur Prüfung der besonderen Sachkunde der Klägerin.
Mit Schreiben der Beklagten vom 16.03.2005 wurde die Klägerin zur Prüfung für den 27.05.2005 geladen.
Die Klägerin sagte ihre Teilnahme an diesem Prüfungstermin mit Schreiben vom 25.04.2005 erneut mit der Begründung ab, dass der Nachweis ihrer Sachkunde bereits hinreichend erbracht sei.
Einen erneuten von der Beklagten für den 29.09.2005 festgesetzten Prüfungstermin nahm die Klägerin nicht wahr. Eine vorherige Absage dieses Termins ergibt sich aus dem Verwaltungsvorgang nicht.
Mit Bescheid vom 14.12.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe den erforderlichen Nachweis der besonderen Sachkunde nicht erbracht, zumal sie den geladenen Termin zu einem Fachgespräch ohne Reaktion habe verstreichen lassen. Die Feststellung der erforderlichen besonderen Sachkunde müsse der Prüfungskommission der Beklagten bereits zur Gewährleistung der Gleichbehandlung vorbehalten bleiben und könne nicht einfach von einem im Übrigen unbekannten Fachgremium einer privaten Institution ohne eigene Überprüfung übernommen werden. Die Prüfungskommission habe es für notwendig gehalten, sich von der Klägerin einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Es sei im Rahmen der Prüfung der persönlichen besonderen Sachkunde erforderlich, festzustellen, ob die Klägerin in der Lage sei, fachliche Inhalte sicher vorzutragen und technischen Laien gegenüber vermitteln zu können. Für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige sei das persönliche Auftreten vor Gericht von besonderer Bedeutung. Persönliche Eignung und fachliche Sachkunde sowie die Fähigkeit, Gutachten zu erstellen, müssten als Voraussetzung für eine öffentliche Bestellung von der Klägerin nachgewiesen werden. Die Beklagte bediene sich zur Feststellung der besonderen Sachkunde eines besonderen Fachgremiums, den Prüfungskommissionen. Dem Fachgespräch vor dieser Kommission habe sich die Klägerin ohne Angabe von Gründen entzogen. Dem Anliegen der Klägerin, bereits im Vorfeld erbrachte Nachweise zu berücksichtigen, sei mit der Durchführung eines nur eingeschränkten Prüfungsverfahrens bereits ausreichend Rechnung getragen worden.
Das Satzungsrecht der Beklagten regele das Prüfungsverfahren, dem die Klägerin im Übrigen zugestimmt habe.
Zu der o.g. Verfügung erließ die Beklagte einen Kostenfestsetzungsbescheid, mit dem insgesamt 2 881,30 Euro Gebühren und Auslagen von der Klägerin geltend gemacht wurden.
Die Klägerin hat am 10.01.2006 Klage erhoben.
Zur Begründung führt sie ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen aus, sie sei im Jahre 2002 von der F. als Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken zertifiziert worden. Die F. sei eine im Jahre 1998 gegründete Gesellschaft zur Zertifizierung von Grundstückssachverständigen gemäß DIN ISO/JIC 17024 (vormals DIN EN 45013). Sie sei im September 1999 und erneut 2004 zur Zertifizierung von Sachverständigen durch die Trägergemeinschaft für Akkreditierung GmbH (TGA) akkreditiert worden. Die TGA sei eine vom Deutschen Akkreditierungsrat ins Leben gerufene Gesellschaft, deren Aufgabe es sei, Stellen, die Personal akkreditieren wollten, zu akkreditieren. Wann eine Stelle die zur Akkreditierung erforderlichen Voraussetzungen erfülle, ergebe sich aus dem sogenannten "normativen Dokument", welches verbindlich die fachspezifischen Anforderungen von Sachverständigen in einem bestimmten Gebiet und das Verfahren ihrer Zulassung festsetze. Diese hohen Anforderungen der TGA erfüllten in Deutschland nur wenige Stellen. Neben der G., einer Tochtergesellschaft der Industrie- und Handelskammern, sei dies insbesondere die o.g.F..
Neben diesem System der Zertifizierung von Sachverständigen durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle stehe ein weiteres Qualitätssicherungssystem, nämlich die hier streitgegenständliche öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen nach § 36 GewO durch die berufsständischen Kammern bzw. die IHK‘s.
Bei den Qualitätssicherungssystemen seien die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen und die Inhalte der fachlichen Überprüfung im wesentlichen identisch, daher sei die besondere Sachkunde der Klägerin nicht in einer erneuten Prüfung in der von der Beklagten vorgesehenen Form festzustellen; die Zertifizierung durch die H. und die in diesem Zusammenhang vorgelegten Unterlagen belegten diese vielmehr ausreichend. Dies gelte auch für den Nachweis der forensischen Kenntnisse der Klägerin.
Die von der Beklagten geforderte Prüfung sei daher unverhältnismäßig.
Der Kostenfestsetzungsbescheid sei ebenfalls insoweit rechtswidrig, als erhöhte Gebühren und Auslagen für die - nicht notwendigen - gescheiterten Prüfungstermine geltend gemacht wurden.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 14.12.2005 zu verpflichten, die Klägerin auf ihren Antrag zur Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken öffentlich zu bestellen und zu vereidigen,
- 2
den Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten insoweit aufzuheben, als er eine Gebührenhöhe von 1 600,- Euro überschreitet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen aus der ablehnenden Verfügung. Die öffentliche Bestellung könne mangels Vergleichbarkeit der eingereichten Zertifizierungsunterlagen mit den Anforderungen nach § 36 GewO i.V.m. der Sachverständigenordnung (SVO) der Beklagten nicht durchgeführt werden. Es seien weder hinreichende Nachweise für die forensischen Kenntnisse erbracht noch könnten die eingereichten Unterlagen das von der Prüfungskommission für notwendig erachtete persönliche Fachgespräch mit der Klägerin ersetzen.
Ergänzend weist die Beklagte darauf hin, dass es zweifelhaft sei, ob ein Widerspruchsverfahren vorliegend entbehrlich sei.
Die Klägerin hat vorsorglich mit Schreiben vom 18.05.2007 auch Widerspruch erhoben, über den die Beklagte - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden hat.
Wegen des weiteren Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken ohne weitere Prüfung durch die Beklagte.
Der ablehnende Bescheid vom 14.12.2005 und der dazu ergangene Kostenfestsetzungsbescheid sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage hinsichtlich der begehrten öffentlichen Bestellung und Vereidigung als Sachverständige und als Anfechtungsklage bezüglich des dazu ergangenen Kostenfestsetzungsbescheides zulässig.
Dabei kann dahinstehen, ob ein Vorverfahren gemäß § 8a Abs. 1 und 2 Nds. AG VwGO vorliegend entbehrlich oder der Ausnahmetatbestand des § 8a Abs. 3 Nr. 1 Nds. AG VwGO erfüllt ist. Die Beklagte hat sich mit Schriftsätzen vom 31.01.2006, 31.05.2006 und vom 12.03.2007 auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt. Dem Zweck des Vorverfahrens ist damit bereits hinreichend Rechnung getragen, es ist daher entbehrlich (vgl. Urt.d. BVerwG v. 20.04.1994 - 11 C 2/93 - in NVwZ-RR 1995, S. 90).
Darüber hinaus ist über den am 18.05.2007 vorsorglich erhobenen Widerspruch der Klägerin - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden worden, so dass die Klage nunmehr auch als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 und 2 GewO sind Personen, die als Sachverständige u.a. auf den Gebieten der Wirtschaft tätig sind, auf Antrag durch die von den Landesregierungen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen für bestimmte Sachgebiete öffentlich zu bestellen und zu vereidigen, sofern für diese Sachgebiete ein Bedarf an Sachverständigenleistungen besteht, sie hierfür besondere Sachkunde nachweisen und keine Bedenken gegen ihre Eignung bestehen.
Soweit die Landesregierung weder von ihrer Verordnungsermächtigung nach Absatz 3 noch nach § 155 Abs. 3 GewO Gebrauch gemacht hat, können Körperschaften des öffentlichen Rechts, die für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zuständig sind, durch Satzung die in Abs. 3 genannten Vorschriften über die Voraussetzungen für die Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit erlassen (§ 36 Abs. 4 GewO).
Die Beklagte hat gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 8 (§ 19 Abs. 1 Nr. 8 a.F.) Niedersächsisches Ingenieurgesetz (v. 12.07.2007, Nds. GVBl.S. 324) u.a. die Aufgabe, Sachverständige auf dem Gebiet des Ingenieurwesens öffentlich zu bestellen und zu vereidigen. Hierzu hat sie eine Sachverständigenordnung (SVO) erlassen.
Bestellungsvoraussetzungen sind u.a. gemäß § 3 Abs. 2d) SVO, dass keine Bedenken gegen die persönliche Eignung bestehen, gemäß e) überdurchschnittliche Fachkenntnisse (Besondere Sachkunde) nachgewiesen werden und gemäß j) schriftlich die Kenntnis der Sachverständigenordnung und der Regelung des Verfahrens zur Überprüfung der besonderen Sachkunde und die Bereitschaft erklärt wird, sich einer Prüfung gemäß dieser Regelungen zu unterziehen und die Pflichten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu übernehmen.
§ 4 der SVO regelt das Verfahren wie folgt: Über die öffentliche Bestellung entscheidet die Ingenieurkammer nach Anhörung der dafür bestehenden Ausschüsse und Gremien. Zur Überprüfung der besonderen Sachkunde soll sie Referenzen einholen, sich vom Antragsteller erstattete Gutachten, Veröffentlichungen oder gleichwertige schriftliche Ausarbeitungen vorlegen lassen, Stellungnahmen fachkundiger Dritter abfragen, die Einschaltung eines Fachgremiums veranlassen und weitere Erkenntnisquellen nutzen.
Zur näheren Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens der persönlichen Eignung und der besonderen Sachkunde hat die Beklagte eine Richtlinie zur SVO (vormals Sachverständigenprüfungsordnung = SVPrüfO) beschlossen.
Nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt.d. BVerwG v. 26.06.1990 - 1 C 10/88 -, veröffentlicht u.a. in juris), der sich die erkennende Kammer anschließt, regelt § 36 Abs. 1 S. 1 GewO weder die Zulassung zu einem Beruf noch wird dadurch die freie Wahl der Berufsniederlassung eingeschränkt. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung hat aber gewisse rechtliche und in der Regel auch günstige wirtschaftliche Auswirkungen auf die Berufsausübung des Sachverständigen und ist somit als gesetzliche Berufsausübungsregelung von Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG gedeckt, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dass § 36 Abs. 1 S. 1 GewO für jeden Fall der öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen den Nachweis besonderer Sachkunde verlangt, ist im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG deswegen unbedenklich, weil das Erfordernis des Sachkundenachweises keine starrschematische Handhabung gebietet. § 36 Abs. 1 S. 1 GewO besagt insbesondere nicht, dass alle Bewerber - also beispielsweise auch solche, die kurz vorher erst mit gutem Ergebnis von einer anderen Kammer überprüft wurden oder durch ihre bisherigen Leistungen als hervorragende Sachverständige ausgewiesen sind - sich einem schriftlichen und mündlichen Examen unterziehen müssten und nur dadurch den erforderlichen Nachweis erbringen könnten. Ein derartiger Ausschluss jeder anderen Möglichkeit des Sachkundenachweises wäre mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar. Andererseits ist nicht zweifelhaft, dass die Bestellungsbehörde bei Fehlen hinreichender sonstiger Sachkundenachweise befugt ist, den Bewerber zur Feststellung seiner Sachkunde auf ein prüfungsähnliches Verfahren vor einem Fachausschuss zu verweisen und das Urteil des Ausschusses bei ihrer Entscheidung als gutachterliche Stellungnahme zu verwerten. Damit wird dem Antragsteller eine Möglichkeit geboten, seiner Nachweispflicht gem. § 36 Abs. 1 S. 1 GewO nachzukommen. Es kommt der Behörde bei der Feststellung der besonderen Sachkunde kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zugute. Es handelt sich vielmehr um vollständig nachprüfbare unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl.o.g. Urt.d. BVerwG v. 26.06.1990).
Dabei führt die ausschließlich privatrechtlich geregelte Zertifizierung nicht automatisch zu einem Anspruch auf öffentliche Bestellung. Öffentlich bestellte Sachverständige genießen ein besonderes Vertrauen, was seinen Grund gerade in den strengen Anforderungen hat, welche das Gesetz an die öffentliche Bestellung stellt. Die von § 36 Abs. 1 S. 1 GewO geforderte besondere Sachkunde ist der Grund dafür, dass zum Beispiel in Gerichtsverfahren gemäß §§ 404 Abs. 2 ZPO, 73 Abs. 2 StPO bevorzugt öffentlich bestellte Sachverständige heranzuziehen sind (vgl. Urt.d. VG Freiburg v. 13.04.2005 - 7K 1366/03 - in GewArch 2005, S. 377 ff., bestätigt durch Beschl.d. VGH Baden-Württemberg v. 22.06.2006 - 6 S 1083/05 - veröffentlicht u.a. in juris).
Dies zugrundegelegt ist die ablehnende Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden.
Die von der Beklagten gutachterlich eingeschaltete Prüfungskommission hat sich ausweislich des Verwaltungsvorgangs mit allen von der Klägerin vorgelegten Unterlagen einschließlich der Zertifizierungsunterlagen der F. befasst und sich für ein eingeschränktes Prüfungsverfahren im Falle der Klägerin ausgesprochen bestehend aus einem schriftlichen forensischen Teil sowie einem mündlichen fachbezogenen Teil, dem sog. Fachgespräch. Die Durchführung einer schriftlichen fachlichen Prüfung, dem wohl zeitaufwendigsten möglichen Prüfungsteil, hält die Prüfungskommission aufgrund der vorgelegten Unterlagen für entbehrlich. Diesem Vorschlag ist die Beklagte gefolgt und hat insbesondere das Fachgespräch für notwendig gehalten, um feststellen zu können, ob die Klägerin in der Lage ist, Inhalte des beantragten Bestellungsgebietes sicher technischen Laien verständlich zu machen, mithin fachliche Inhalte qualifiziert vortragen zu können. Dies ist gerade für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige im Hinblick auf deren häufiges Auftreten vor Gericht wichtig. Die von der Beklagten dargelegte Notwendigkeit, sich über ein Gespräch mit dem eingeschalteten Fachgremium einen persönlichen Eindruck von der Klägerin zu verschaffen, bevor eine öffentliche Bestellung erfolgen kann, ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht zu beanstanden und kann als höchstpersönliche Willensbildung durch die eingereichten Unterlagen grundsätzlich auch nicht ersetzt werden. Ein persönliches Gespräch ist schließlich auch für die erforderliche Meinungsbildung über die persönliche Eignung von Relevanz. Die Klägerin ist drei Ladungen zu Terminen, an denen u.a. das Fachgespräch durchgeführt werden sollte, nicht nachgekommen. Den letzten Termin am 29.09.2005 hat sie jedenfalls ausweislich des Verwaltungsvorgangs der Beklagten nicht abgesagt. In einem von der Klägerin vorgelegten persönlichen Schreiben vom 09.09.2005, welches sich nicht im Verwaltungsvorgang befindet, erklärt sie ihre Bereitschaft zu einem Fachgespräch nur im Beisein einer sie begleitenden fachkundigen Person, ohne hierfür eine Begründung abzugeben. Ein derart gestaltetes Prüfungsgespräch ist jedoch in der SVO der Beklagten und den dazu ergangenen Richtlinien bzw. der früheren SVPrüfO nicht vorgesehen und steht auch im Widerspruch zu der von der Klägerin abgegebenen Erklärung ihrer Bereitschaft, sich einer Prüfung nach der SVPrüfO zu unterziehen.
Insgesamt steht somit bereits die bisher von der Klägerin ohne ausreichende Begründung verweigerte Teilnahme an dem berechtigt geforderten persönlichen Fachgespräch mit der Prüfungskommission der Beklagten dem Klagebegehren entgegen und macht die Klage abweisungsreif.
Es ist darüber hinaus nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen auch die forensischen Kenntnisse der Klägerin nicht als ausreichend nachgewiesen ansieht.
Soweit die Klägerin diesbezüglich auf das bei der F. durchgeführte Zertifizierungsverfahren und dabei das Prüfstoffverzeichnis des sog. "normativen Dokuments" verweist, vermögen diese abstrakten, allgemeinen Prüfungsvorgaben nicht die konkreten forensischen Kenntnisse der Klägerin nachzuweisen.
Auch die Unterlagen über die Zertifizierungsprüfung der Klägerin im Jahr 2002 liefern keinen hinreichenden Nachweis über forensische Kenntnisse, die eine weitere kurze schriftliche Überprüfung als unverhältnismäßig erscheinen ließen. So wurden in der mündlichen Prüfung nach dem eigenen Vortrag der Klägerin in lediglich 5 von 56 Fragen forensische Kenntnisse abgeprüft, in dem dritten Teil der schriftlichen Prüfung sollen 4 Fragen von 21 einen derartigen Bezug gehabt haben.
Die Behauptung, dass Beauftragungen durch Amtsgerichte 90 % des gesamten Auftragsvolumens der Klägerin ausmachen, ist bisher weder nachgewiesen noch substantiiert worden. Im Übrigen haben die Beauftragungen öffentlich bestellter Sachverständiger vor Gericht unstreitig eine besondere Qualität und stellen daher gesteigerte Anforderungen, die ohne weiteres mit den sonstigen Tätigkeiten vor Gericht nicht vergleichbar sind.
Da öffentlich bestellte Sachverständige nach dem oben Gesagten insbesondere in Gerichtsverfahren bevorzugt heranzuziehen sind, ist das Verlangen einer kurzen schriftlichen Prüfung zu den forensischen Kenntnissen der Klägerin durch die Beklagte vor einer positiven Entscheidung über ihre Bestellung nicht zu beanstanden. Der bisherige Vortrag der Klägerin und die vorgelegten Nachweise reichen insoweit nicht aus.
Auch der angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Streitig sind insoweit die Zusatzgebühr gemäß Ziffer 3.7.4.2 der Gebührenordnung (GebO) der Beklagten in Höhe von 770,- Euro und die Geltendmachung von Auslagen für die Aufwendungen der Mitglieder der Prüfungskommission.
Gemäß Ziffer 3.7.4.2 GebO der Beklagten kann eine Zusatzgebühr erhoben werden von bis zu 770,- Euro, wenn der Verfahrensaufwand den üblichen Rahmen übersteigt. Die Beklagte hat zur Begründung der Zusatzgebühr ausgeführt, dass aufgrund des Verhaltens der Klägerin im Verwaltungsverfahren ein erheblicher zusätzlicher Aufwand entstanden sei. Dies ist bei Einblick in den Verwaltungsvorgang ohne weiteres nachvollziehbar, die Klägerin hat an drei geladenen und mit der Prüfungskommission abgestimmten Prüfungsterminen nicht teilgenommen und der umfangreiche Schriftverkehr im Verwaltungsverfahren dürfte den üblichen Rahmen bei weitem übersteigen.
Auch die Erstattung von Auslagen für die Mitglieder der Prüfungskommission erscheint in der geltend gemachten Höhe von 511,30 Euro für die drei Kommissionsmitglieder angemessen; die Klägerin hat Einwendungen gegen die konkrete Höhe auch nicht erhoben. Dass die Beklagte sich zur Überprüfung der besonderen Sachkunde eines Fachausschusses bedienen kann und dieser vorliegend auch nicht überflüssigerweise eingeschaltet worden ist, ergibt sich aus dem oben bereits Gesagten. Daher ist auch ein Ersatz der durch die Gremiumsmitglieder entstandenen Aufwendungen im Rahmen der Auslagenerstattung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 16 281,30 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG n.F.. Die Höhe des festgesetzten Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1, 3 GKG n.F. in Anlehnung an Ziffer 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ( GewArch 05, S. 67 ff.).