Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 22.10.2020, Az.: 13 A 5367/18

durch Fortsetzung der Teilzeittätigkeit begründete Indizwirkung ist widerlegbar; Einstellungsteilzeit; Fortsetzung der Teilzeittätigkeit aufgrund eines neu eingetretenen privaten Lebensumstandes; Fortsetzung der Teilzeittätigkeit nach Auslaufen der Zwangsteilzeit; Gleichheitsgrundsatz; Schuldienst; Tätigkeit an Volkshochschule ist keine Tätigkeit im Schuldienst; versorgungsrechtliche Berücksichtigung von Vordienstzeiten; Volkshochschule; Zwangsteilzeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.10.2020
Aktenzeichen
13 A 5367/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71906
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zu einem Anspruch auf versorgungsrechtliche Berücksichtigung von in sog. "Einstellungs- bzw. Zwangsteilzeit" geleisteter Dienstzeit als Vollzeittätigkeit
2. Vordienstzeiten an einer Volkshochschule stellen keine Tätigkeit "im öffentlichen oder nicht öffentlichen Schuldienst" im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b NBeamtVG dar

Tenor:

Der Beklagte wird verpflichtet, die vom Kläger in „Zwangsteilzeit“ verbrachte Dienstzeit zwischen dem 27. August 1984 und dem 31. Juli 1989 im Rahmen der Festsetzung der Versorgungsbezüge im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen.

Der Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2018 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung seiner Versorgungsbezüge. Er begehrt zum einen die Anerkennung von Vordienstzeiten, zum anderen die versorgungsrechtliche Berücksichtigung von in sogenannter „Einstellungs- bzw. Zwangsteilzeit“ geleisteter Dienstzeit als Vollzeittätigkeit.

Der Kläger stand als Realschullehrer im Dienst des Landes E. und wurde auf eigenen Antrag zum Ablauf des 31. Juli 2018 in den Ruhestand versetzt.

Vor seiner Einstellung in den F. Schuldienst war der Kläger im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Arbeitsamtes vom 1. Juli 1983 bis zum 26. August 1984 in Vollzeit als pädagogischer Mitarbeiter bei der Volkshochschule der Stadt G. beschäftigt. Zu dem ihm im Rahmen dieser Tätigkeit obliegenden Aufgabenbereich heißt es in dem von der Stadt G. ausgestellten Dienstleistungszeugnis vom 9. November 1984 unter anderem: „Die Hauptaufgabe von Herrn H. war die Planung, Durchführung und Nachbereitung des Mathematik- und Physikunterrichts in den Tageskursen zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses“.

Mit Wirkung vom 27. August 1984 erfolgte die Einstellung des Klägers in den F. Schuldienst unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. In der Einstellungsverfügung wurde auf der Grundlage des damaligen § 80a NBG und eines entsprechenden Antrags des Klägers eine Teilzeitbeschäftigung des Klägers im Umfang von 20 (statt der Regelstundenzahl von 26) Wochenstunden für einen Zeitraum von 5 Jahren, also bis zum 31. Juli 1989, festgesetzt (sog. „Einstellungs- bzw. Zwangsteilzeit“).

Im Anschluss an diese in der Einstellungsverfügung festgesetzte Teilzeitbeschäftigung war der Kläger vom 1. August 1989 bis zum 31. Juli 1998 auf seine Anträge hin weiterhin - jedoch mit einem zumindest zunächst leicht erhöhten Wochenstundenumfang - teilzeitbeschäftigt. Zur Begründung seiner weiteren Anträge auf Teilzeitbeschäftigung kreuzte der Kläger in dem ersten Antrag vom 26. Juni 1989 „aus Arbeitsmarktgründen nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 NBG“, in den darauf folgenden Anträgen „aus familiären Gründen nach § 87a Abs. 1 NBG“ an.

Mit Bescheid vom 11. Mai 2018 setzte der Beklagte die Höhe der Versorgungsbezüge des Klägers fest. Die vom 1. Juli 1983 bis zum 26. August 1984 ausgeübte Tätigkeit des Klägers an der Volkshochschule der Stadt G. wurde dabei nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt. Die Zeit der Einstellungs- bzw. Zwangsteilzeit vom 27. August 1984 bis zum 31. Juli 1989 wurde - ebenso wie die folgenden Jahre der Teilzeittätigkeit - nur als Teilzeittätigkeit berücksichtigt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 2. Juli 2018 Widerspruch. Er machte geltend, die von 1984 bis 1989 zwangsweise in Teilzeit geleistete Dienstzeit sei versorgungsrechtlich als Vollzeittätigkeit zu berücksichtigen. Dass er ab 1989 freiwillig weiter in Teilzeit gearbeitet habe, habe auf einer durch Heirat und Geburt seines Sohnes veränderten Lebenssituation beruht. Hieraus könne daher nicht geschlossen werden, dass er - bei Bestehen einer Wahlmöglichkeit - auch in der davorliegenden Zeit freiwillig in Teilzeit gearbeitet hätte. Weiter bat er um Prüfung, ob seine vom 1. Juli 1983 bis 26. August 1984 an der Volkshochschule der Stadt G. ausgeübte Tätigkeit im öffentlichen Dienst als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt werden könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2018 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Es treffe zwar zu, dass bei der Einstellung des Klägers im Jahr 1984 die Übernahme in das Beamtenverhältnis von der Beantragung einer Teilzeitbeschäftigung abhängig gemacht worden sei. Infolge dieser Einstellungspraxis zwangsweise in Teilzeit verbrachte Dienstzeit sei grundsätzlich, da die zugrundeliegende Norm durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden sei, im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Dies gelte jedoch nicht, soweit die betroffenen Beamten durch Erklärung oder in sonstiger Weise eindeutig den Willen geäußert hätten, dass sie auch im Falle einer Wahlmöglichkeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt hätten. Ein solcher Fall sei anzunehmen, wenn Beamte die Teilzeitbeschäftigung nach Ende der Zwangsteilzeit fortgesetzt hätten. Der Personalakte des Klägers sei zu entnehmen, dass er nach Ende der vorgeschriebenen Teilzeitbeschäftigung einen Antrag auf Stundenreduzierung aus Arbeitsmarktgründen nach § 80a NBG gestellt und diesen ab 1. August 1990 jährlich aus familiären Gründen nach § 87a NBG verlängert habe. Soweit der Kläger geltend mache, dass er aufgrund einer veränderten Lebenssituation nicht von der Zwangsteilzeit in die Vollbeschäftigung gewechselt sei, sehr wohl aber vor dieser Veränderung lieber einer Vollzeittätigkeit nachgegangen wäre, rechtfertige die veränderte Sachlage durch die Geburt des Sohnes des Klägers - anders als die Eheschließung - durchaus die Beantragung einer Teilzeitbeschäftigung losgelöst von der bisher vorgegebenen Zwangsteilzeit, sodass die Reduzierung der Arbeitszeit ab 1. August 1990 als Antrag aufgrund geänderter Umstände zu beurteilen sei. Die rechtswidrig vorgegebene Teilzeitbeschäftigung habe jedoch am 31. Juli 1989 geendet und bereits zum 1. August 1989, also noch vor der Geburt seines Sohnes - dieser sei am 12. September 1989 geboren worden - habe der Kläger aus freien Stücken eine Verlängerung seiner Teilzeittätigkeit beantragt. Die Zwangsteilzeit sei somit fortgesetzt worden; ein persönlicher Grund, der gegen eine Vollbeschäftigung gesprochen hätte, habe nicht vorgelegen, sodass davon auszugehen sei, dass der Kläger möglicherweise auch bereits während der aufgezwungenen Teilzeittätigkeit mit Stundenreduzierung gearbeitet hätte. Die Tätigkeit als pädagogischer Mitarbeiter an der Volkshochschule der Stadt G. sei nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b NBeamtVG nicht berücksichtigungsfähig, da es sich um keine Tätigkeit im Schuldienst im Sinne der Vorschrift gehandelt habe.

Der Kläger hat am 23. August 2018 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren und macht im Wesentlichen geltend: Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass sein Sohn im Zeitpunkt des ersten, die Zeit nach der Zwangsteilzeit betreffenden Teilzeitantrages noch nicht geboren gewesen sei, veränderte Lebensumstände zu diesem Zeitpunkt also noch nicht vorgelegen hätten, verkenne er, dass Teilzeitanträge im Schuldienst in der Regel nur zum Beginn des nächsten Schulhalbjahres gestellt werden könnten. Er, der Kläger, habe den Teilzeitantrag daher zum 1. August 1989 stellen müssen, um zu verhindern, dass sein Antrag andernfalls erst zum Beginn des darauf folgenden Schulhalbjahres erfolgreich gewesen wäre. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 26. Juni 1989 habe sich die Ehefrau des Klägers bereits im sechsten Schwangerschaftsmonat befunden. Die Geburt des Kindes sei zu diesem Zeitpunkt mithin absehbar gewesen. Die zwischen 1983 und 1984 an der Volkshochschule der Stadt G. ausgeübte Tätigkeit als pädagogischer Mitarbeiter sei nach § 11 Abs. 1 Nr. 1b NBeamtVG als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Anknüpfungspunkt könne insoweit nicht sein, ob die Tätigkeit an einer Schule im Sinne des Schulgesetzes geleistet worden sei. Es komme vielmehr auf die Tätigkeit als solche an. Er, der Kläger, sei in den Tageskursen der Volkshochschule der Stadt G., in denen die Schüler nachträglich den Hauptschulabschluss, also einen staatlich vorgesehenen Schulabschluss wie er auch an allgemeinbildenden Schulen erworben werden könne, hätten erwerben können, als Lehrkraft eingesetzt gewesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er selbstverständlich auch die staatlich vorgegebenen Lehrpläne zu beachten gehabt, auch wenn aufgrund unterschiedlicher Kenntnisse und Fähigkeiten der einzelnen Schüler auch zusätzliche gezielte Fördermaßnahmen für bestimmte Schülerinnen und Schüler erforderlich gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2018 zu verpflichten, seine Tätigkeit als pädagogischer Mitarbeiter im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Arbeitsamtes an der Volkshochschule der Stadt G. in der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum 26. August 1984 als ruhegehaltfähige Dienstzeit in Vollzeit anzuerkennen, ferner die in „Zwangsteilzeit“ zwischen dem 27. August 1984 und dem 31. Juli 1989 geleistete Dienstzeit im Beamtenverhältnis versorgungsrechtlich als Vollzeittätigkeit zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor: Nach der infolge der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur sogenannten Einstellungsteilzeit bestehenden Erlasslage habe er Dienstzeiten, die aufgrund einer Verfügung über die Ermäßigung der Arbeitszeit im Sinne der für nichtig erklärten § 80c bzw. § 80a NBG in Teilzeit verrichtet worden seien, grundsätzlich im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Vorliegend habe der Kläger aber auf seinen Antrag hin auch nach Ablauf der aufgezwungenen Teilzeit weiter in Teilzeit gearbeitet. Hierdurch habe er zum Ausdruck gebracht, dass er auch im Falle einer Wahlmöglichkeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt hätte. Die Gründe, die zu der Entscheidung des Klägers, weiterhin in Teilzeit zu arbeiten, geführt hätten, seien beamtenversorgungsrechtlich irrelevant.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheidet (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO), ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit die vom Kläger zwischen dem 27. August 1984 und dem 31. Juli 1989 in Zwangsteilzeit verbrachte Dienstzeit im Rahmen der Festsetzung der Versorgungsbezüge nicht im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt worden ist. Der Kläger hat nach Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Ziffer 2.3 des Gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Sport und der übrigen obersten Landesbehörden vom 10. September 1990 (Nds. MBl. 1990, 1121) einen Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) auf versorgungsrechtliche Berücksichtigung der in Zwangsteilzeit geleisteten Dienstzeit als Vollzeittätigkeit (1.). Ein Anspruch des Klägers auf versorgungsrechtliche Berücksichtigung seiner Tätigkeit an der Volkshochschule der Stadt G. vom 1. Juli 1983 bis zum 26. August 1984 besteht dagegen nicht (2.).

1. Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung ist § 6 Abs. 1 Satz 3 NBeamtVG. Nach dieser Vorschrift sind Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur zu dem Teil ruhegehaltfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. Ein Anspruch des Klägers auf versorgungsrechtliche Berücksichtigung der zwischen 1984 und 1989 in (Zwangs-)Teilzeit verbrachten Dienstzeit als Vollzeittätigkeit bestände demnach grundsätzlich nicht.

Ein entsprechender Anspruch des Klägers ergibt sich aber aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Ziffer 2.3 des oben näher bezeichneten Gemeinsamen Runderlasses vom 10. September 1990 (im Folgenden: Gemeinsamer Runderlass bzw. Erlass). Der Gemeinsame Runderlass trägt der Tatsache Rechnung, dass der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 80 a NBG und entsprechenden Vorschriften anderer Länder (vgl. u. a. Urteile vom 6. Juli 1989 - BVerwG 2 C 52.87, ZBR 1989 S. 338, 2 C 14.88 und 2 C 30.88 -) zufolge die Ermäßigung der Arbeitszeit neu eingestellter Beamter oder Richter auf Grund ihnen abverlangter Anträge ohne die Möglichkeit zur Wahl der vollen Beschäftigung rechtswidrig war. Ziffer 2.3 des Erlasses bestimmt daher, dass Dienstzeiten auf Grund einer Verfügung über die Ermäßigung der Arbeitszeit i. S. der Nr. 1 im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeiten nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG zu berücksichtigen sind, unabhängig davon, ob die Verfügung Bestandskraft erlangt hat oder nicht. Dies gilt - nach dem weiteren Wortlaut des Erlasses - nicht, soweit die Beamten oder Richter durch Erklärung oder in sonstiger Weise eindeutig den Willen geäußert haben, dass sie auch im Falle einer Wahlmöglichkeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt hätten; ein solcher Fall ist (nach dem Wortlaut des Erlasses) anzunehmen, wenn Beamte oder Richter Anträge auf Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 3/4 der regelmäßigen Arbeitszeit gestellt oder die Teilzeitbeschäftigung fortgesetzt haben.

Der Gemeinsame Runderlass, der zwar nicht das Gericht, aber den Beklagten bindet, sieht damit grundsätzlich vor, dass Dienstzeiten, die ein Beamter aufgrund der später für verfassungswidrig erklärten, sogenannten Einstellungs- bzw. Zwangsteilzeit in Teilzeit verbracht hat, versorgungsrechtlich als Vollzeittätigkeit zu berücksichtigen sind. Etwas Anderes soll nur gelten, wenn der Beamte durch Erklärung oder sonstiges Verhalten eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass er in dem in Rede stehenden Zeitraum auch im Falle einer Wahlmöglichkeit in Teilzeit gearbeitet hätte.

Dass der Erlassgeber mit dieser Regelung zwischen freiwilliger und aufgezwungener Teilzeitbeschäftigung differenziert, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr erscheint eine solche Differenzierung sogar geboten, da andernfalls eine ungerechtfertigte Bevorzugung derjenigen Beamten, die im Zeitraum der Geltung der später für verfassungswidrig erklärten Regelungen tatsächlich freiwillig in Teilzeit gearbeitet haben, gegenüber den in anderen (späteren) Zeiträumen (freiwillig) in Teilzeit arbeitenden Beamten vorläge (so auch VG Osnabrück, Urt. v. 23. Juni 2020 - 3 A 217/18 -, V. n. b.). Die im letzten Halbsatz des vorletzten Satzes von Ziffer 2.3 des Erlasses benannten Kriterien / Sachverhaltskonstellationen, bei deren Vorliegen nach dem Willen des Erlassgebers „anzunehmen ist“, dass der betroffene Beamte auch bei Bestehen einer Wahlmöglichkeit freiwillig in Teilzeit gearbeitet hätte, sind auch nachvollziehbar und grundsätzlich geeignet, um diejenigen Beamten „herauszufiltern“, die ungeachtet der früheren Rechtslage tatsächlich freiwillig in Teilzeit gearbeitet haben. Sie erscheinen im Grundsatz auch nicht willkürlich. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts handelt es sich insoweit jedoch nur um Indizien / Annahmen, die im Einzelfall auch widerlegbar sind (a. A.: VG Osnabrück, a. a. O.). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut „ist anzunehmen“. Denn eine Annahme ist grundsätzlich auch widerlegbar. Es ist - wie der vorliegende Fall zeigt - auch durchaus denkbar, dass ein Beamter, der ursprünglich nur zwangsweise in Teilzeit gearbeitet hat, seine Teilzeittätigkeit aufgrund neu eingetretener, privater Lebensumstände nach Auslaufen der Zwangsteilzeit freiwillig fortgesetzt hat. Legt der Beamte in einem solchen Fall seinen erst aufgrund veränderter Lebensumstände neu entstandenen Willen, in Teilzeit zu arbeiten, überzeugend und glaubhaft dar, kann aus der bloßen Fortsetzung der Teilzeittätigkeit nicht geschlossen werden, dass er auch vor Eintritt der veränderten Lebensumstände freiwillig in Teilzeit gearbeitet hätte. Die durch die Fortsetzung der Teilzeittätigkeit grundsätzlich begründete Indizwirkung ist in einem solchen Fall widerlegt. Es ist nicht gerechtfertigt, den betroffenen Beamten mit denjenigen Beamten, die unabhängig von der festgelegten Einstellungsteilzeit auch freiwillig in Teilzeit gearbeitet hätten, gleichzustellen. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es vielmehr, den betroffenen Beamten denjenigen Beamten, die nach Ende der Zwangsteilzeit in Vollzeit gearbeitet haben und bei denen daher von einer zuvor nur aufgezwungenen Teilzeitbeschäftigung ausgegangen wird, gleichzustellen. Davon, dass die im letzten Halbsatz des vorletzten Satzes von Ziffer 2.3 des Erlasses aufgestellten Annahmen im Einzelfall auch widerlegt werden können, scheint im Übrigen auch der Beklagte in der Begründung seines Widerspruchsbescheides ausgegangen zu sein, in der er ausgeführt hat, dass - im Falle des Klägers - ein persönlicher Grund, der gegen eine Vollbeschäftigung gesprochen habe, im Zeitpunkt der Stellung des Folge-Teilzeitantrages (noch) nicht vorgelegen habe.

Aufgrund der glaubhaften Angaben des Klägers steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Grund für die vom Kläger ab August 1989 freiwillig fortgesetzte Teilzeittätigkeit die absehbar bevorstehende Geburt seines Sohnes war. Zwar ist der Sohn des Klägers - wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt hat - erst am 12. September 1989 und damit knapp eineinhalb Monate nach Ende der in der Einstellungsverfügung festgesetzten fünfjährigen Zwangsteilzeit des Klägers geboren worden. Als der Kläger am 26. Juni 1989 den ersten Folge-Teilzeitantrag stellte, war die bevorstehende Geburt des Kindes aufgrund der fortgeschrittenen Schwangerschaft der Ehefrau des Klägers jedoch bereits absehbar. Da - wie die Klägerseite überzeugend dargelegt hat - Teilzeitanträge von Lehrern in der Regel nur zum Beginn eines Schulhalbjahres berücksichtigt werden können, erscheint es einleuchtend, dass der Kläger, der nach der Geburt seines Sohnes in Teilzeit arbeiten wollte, bereits zum 1. August 1989 und damit vor der Geburt seines Sohnes den Teilzeitantrag stellen musste. Etwas Anderes ergibt sich für das Gericht auch nicht daraus, dass der Kläger in dem Antragsformular zur Stellung des Folge-Teilzeitantrages noch „aus Arbeitsmarktgründen nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 NBG“ und nicht „aus familiären Gründen“ angekreuzt hat, denn in dem Feld „aus familiären Gründen“ hätte zusätzlich versichert werden müssen, dass mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder ein pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger mit dem Kläger in häuslicher Gemeinschaft lebt. Dies konnte der Kläger - wie dargelegt - im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht versichern.

Mit der absehbar bevorstehenden Geburt seines Sohnes hat der Kläger eine veränderte private Lebenssituation im Zeitpunkt der Stellung des Folge-Teilzeitantrages dargelegt, die geeignet ist, das Stellen eines Teilzeitantrages zu begründen. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Beamte, die zuvor in Vollzeit tätig waren, nach der Geburt eines Kindes häufig zunächst in eine Teilzeittätigkeit wechseln. Die grundsätzlich nach dem letzten Halbsatz des vorletzten Satzes von Ziffer 2.3 des Erlasses bestehende Annahme, dass ein Beamter, der seine Teilzeittätigkeit im Anschluss an die Zwangsteilzeit freiwillig fortgesetzt hat, auch zuvor „aus freien Stücken“ in Teilzeit gearbeitet hat, ist nach alledem im vorliegenden Fall widerlegt. Auch sonst liegen keine Umstände vor, die den Schluss rechtfertigen, dass der Kläger in der Zeit vom 27. August 1984 bis zum 31. Juli 1989 auch im Falle einer Wahlmöglichkeit in Teilzeit gearbeitet hätte. Nach alledem gebietet es der Gleichheitsgrundsatz den Kläger denjenigen Beamten, bei denen von einer aufgezwungenen Teilzeitbeschäftigung ausgegangen und in ständiger Verwaltungspraxis von der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 NBeamtVG abgewichen wird, gleichzustellen.

Lediglich vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass ein solcher Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung selbst dann bestünde, wenn man - abweichend von den vorstehenden Ausführungen - die Annahmen des letzten Halbsatzes des vorletzten Satzes von Ziffer 2.3 des Erlasses nicht für widerlegbar hielte. Denn bei dem Erlass handelt es sich um keine die Gerichte bindende Rechtsvorschrift. Liegen - wie vorliegend - keine Umstände vor, die den Schluss rechtfertigen, dass der betroffene Beamte im Zeitraum der Zwangsteilzeit auch im Falle einer Wahlmöglichkeit in Teilzeit gearbeitet hätte, gebietet es der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG - unabhängig vom Regelungswillen des Erlassgebers -, den betroffenen Beamten denjenigen Beamten, bei denen in ständiger Verwaltungspraxis von der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 NBeamtVG abgewichen wird, gleichzustellen.

2. Ein Anspruch des Klägers auf versorgungsrechtliche Berücksichtigung seiner Tätigkeit an der Volkshochschule der Stadt G. vom 1. Juli 1983 bis zum 26. August 1984 besteht dagegen nicht.

a) Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b NBeamtVG. Nach dieser Vorschrift kann die Zeit, während der ein Beamter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis hauptberuflich im öffentlichen oder nicht öffentlichen Schuldienst tätig gewesen ist, als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, soweit ein innerer Zusammenhang zwischen dieser Tätigkeit und dem ersten im Beamtenverhältnis übertragenen Amt besteht.

Für die Tätigkeit des Klägers an der Volkshochschule der Stadt G. mangelt es insofern bereits an der Voraussetzung „im öffentlichen oder nicht öffentlichen Schuldienst“. „Schuldienst“ kann nämlich nur an „Schulen“ geleistet werden. Sofern es sich bei der Einrichtung, bei der die geltend gemachte Vordienstzeit verrichtet wurde, bereits um keine Schule handelt, vermag insofern auch ein Hinweis auf die dort konkret vermittelten Unterrichtsinhalte hierüber nicht hinwegzuhelfen (vgl. bereits VG Hannover, Urt. v. 22. August 2019 - 13 A 12692/17 -, Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit; VG Oldenburg, Urt. v. 19. August 1920 - 6 A 8380/17 -, V. n. b.; VG München, Urt. v. 19. Mai 2009 - M 5 K 07.2935 -, juris Rn. 14). Dieser Maßstab entspricht dem Ausnahmecharakter des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b NBeamtVG, nach welchem die Berücksichtigung außerhalb des Beamtenverhältnisses zurückgelegter Vordienstzeiten gerade nicht den Regelfall darstellen soll (BVerwG, Urt. v. 28. Oktober 2004 - 2 C 38/03 -, juris Rn. 23 f.).

Eine Volkshochschule als Einrichtung der Erwachsenenbildung ist nicht als Schule im Sinne der Vorschrift anzusehen. Auf landesrechtlicher Ebene ergibt sich dies bereits explizit aus § 1 Abs. 2 Satz 2 NSchG („Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Hochschulen und Berufsakademien sind keine Schulen im Sinne dieses Gesetzes“). Eine Einrichtung der Erwachsenenbildung ist auch nicht vom Schulbegriff des Art. 7 GG umfasst. Nach der allgemein vorherrschenden Definition ist eine Schule eine auf gewisse Dauer berechnete, an fester Stätte unabhängig vom Wechsel der Lehrer und Schüler in überlieferter Form organisierte Einrichtung der Erziehung und des Unterrichts, die durch planmäßige und methodische Unterweisung eines größeren Personenkreises in einer Mehrzahl allgemeinbildender oder berufsbildender Fächer bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen bestrebt ist und die nach Sprachsinn und allgemeiner Auffassung als Schule angesehen wird. Hierunter fallen Volkshochschulen gerade nicht, da es an einem zusammenhängenden Unterrichtsprogramm, das mehrere Lehrfächer umfasst und auf Allgemeinbildung ausgerichtet ist, fehlt, und sie auch nach Sprachsinn und allgemeiner Auffassung gerade nicht als Schulen, sondern vielmehr als in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehende Einrichtungen zur Erwachsenenausbildung betrachtet werden (vgl. Epping/Hillgruber/Uhle, Kommentar zum GG, 2. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 7 f.; v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Kommentar zum GG, 7. Aufl. 2018, Art. 7 Rn. 52, 55).

Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hat für den ähnlich lautenden § 11 BeamtVG a.F. festgestellt, dass diese Vorschrift nur die Tätigkeit bei einer als Ersatz für eine öffentliche Schule staatlich genehmigten Privatschule im Sinne des Art. 7 Abs. 4 und 5 GG erfasst, wobei sich die Arten der Privatschulen aus den jeweiligen landesschulrechtlichen Regelungen ergeben (BVerwG, Urt. v. 28. Oktober 2004 - 2 C 38/03 -, juris Rn. 22). Um eine solche Schule handelt es sich bei einer Einrichtung der Erwachsenenbildung jedoch gerade nicht.

Da es sich nach alledem bei der Einrichtung, bei der die geltend gemachte Vordienstzeit verrichtet wurde, bereits um keine Schule handelt, kommt es auf die konkret dort vom Kläger ausgeübte Lehrtätigkeit nicht an.

b) Ein Anspruch des Klägers auf versorgungsrechtliche Berücksichtigung seiner Tätigkeit an der Volkshochschule der Stadt G. ergibt sich schließlich auch nicht aus § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NBeamtVG, da nicht ersichtlich ist, dass die in Rede stehenden Vordienstzeiten „zur Ernennung“ des Klägers „geführt haben“.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine hälftige Kostenteilung erscheint angemessen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124a Abs. 1 Satz 1 und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.Der Frage, ob allein aus der bloßen Fortsetzung einer Teilzeitbeschäftigung nach Ende der Zwangsteilzeit ohne Prüfung der hierfür maßgeblichen Motivationslage darauf geschlossen werden kann, dass ein Beamter auch bei Bestehen einer Wahlmöglichkeit in Teilzeit gearbeitet hätte, kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Dies gilt gerade auch in Anbetracht der abweichenden Entscheidung des VG Osnabrück (Urt. v. 23. Juni 2020 - 3 A 217/18) und vor dem Hintergrund, dass bei dem erkennenden Gericht vergleichbare Fälle noch anhängig sind.