Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 13.11.2019, Az.: 6 A 243/17

Grundzüge der Planung; Konfliktverlagerung; Teileinziehung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
13.11.2019
Aktenzeichen
6 A 243/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69892
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Wird eine Straße nach § 8 NStrG (juris: StrG ND) teileingezogen und hat dies eine Verlagerung der Verkehrsströme zur Folge, so können die Anlieger dieser Straßen, in die Verkehr abgedrängt wird, jedenfalls dann in eigenen Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verletzt werden, wenn eine durch die Teileinziehung ausgelöste zusätzliche Immissionsbelastung die Gesundheit dieser Anlieger zu schädigen vermag (Art. 2 Abs. 2 GG) oder ihr (Grund-)Eigentum schwer und unerträglich treffen kann (Art. 14 Abs. 1 GG) (Anschluss an OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.01.2018 - 7 ME 110/17, juris).

Die Teileinziehung darf dem durch den Bebauungsplan gesetzten Rahmen in Form von einzelnen Festsetzungen und Grundzügen der Planung nicht widersprechen.

Im Teileinziehungsverfahren ist eine ausreichende Kompensation der den Anliegern anderer Straßen drohenden zusätzlichen Immissionsbelastung jedenfalls dann nicht gegeben, wenn im Zeitpunkt der Teileinziehungsentscheidung keine konkreten Maßnahmen beschlossen wurden, die zeitnah umgesetzt werden können und sollen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die vom Rat der Beklagten beschlossene teilweise Einziehung des H..

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten bis zum Beschluss der Kammer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 21.11.2017 (- 6 B 108/17) wird auf den den Beteiligten bekannten Beschluss verwiesen. Der Kläger legte gegen den Beschluss Beschwerde ein. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg änderte mit dem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 24.1.2018 (- 7 ME 110/17, juris) den Beschluss der Kammer und stellte die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers wieder her, weil eine Verletzung des Klägers in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG nicht offensichtlich ausgeschlossen sei, die Erfolgsaussichten der Klage offen seien, eine Folgenabwägung aber zugunsten des Klägers ausfalle und im Übrigen auch kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der teilweisen Einziehung des E. erkennbar sei. Für die Einzelheiten wird auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verwiesen.

Vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg wiederholte und vertiefte der Kläger seine Ausführungen zur Antragsbefugnis. Er ergänzte, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen seit der von der Kammer in ihrem Beschluss vom 21.11.2017 in Bezug genommenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 24.11.1994 (- 12 L 5104/93, juris) geändert hätten. Angesichts der Überschreitung der Schwelle zur Gesundheitsschädigung durch Lärm- und Stickstoffdioxidimmissionen ohne konkrete Ausgleichsmaßnahmen gebiete es die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, dass ein Vorgehen gegen die Quelle der Gesundheitsschädigung möglich sein müsse. Ein Verweis auf das Einklagen von Maßnahmen nach dem Straßenverkehrsrecht sei unzureichend. Dies gelte insbesondere hier, weil mit Ausnahme eines Fahrverbotes für Dieselfahrzeuge wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidbelastung nicht erkennbar seien. Für ein derartiges Fahrverbot fehle aber die rechtliche Handhabe. Der Kläger wiederholte und vertiefte vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg auch seine Ausführungen zur materiellen Rechtswidrigkeit der Teileinziehung. Der Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans ermögliche die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid nur im Falle einer Öffnung des I.. Im Übrigen werde auch in diesem Entwurf weiterhin mit den Prüfstandswerten von Kraftfahrzeugen gerechnet. Die Rechnung sei nicht belastbar, weil die Realimmissionswerte von diesen Prüfstandswerten erheblich abwichen. Die angestrebte Reduzierung des Verkehrsaufkommens um 4 % sei ein Ziel ohne Realitätsnähe. Im Übrigen seien die im Entwurf geschilderten Maßnahmen weder beschlossen noch finanziert, geschweige denn umgesetzt worden. Demgegenüber sei die Belastung am J. bereits jetzt Realität.

Der Kläger wiederholt und vertieft im Klageverfahren seine Ausführungen aus dem Eilverfahren. Er ergänzt, dass die Teileinziehung bereits deshalb rechtswidrig sei, weil sie dem Bebauungsplan Nummer K. im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung widersprochen habe. Der L. sei in dem genannten Bebauungsplan als öffentliche Straßenverkehrsfläche festgesetzt worden. Die Verkehrsachse habe besondere Bedeutung. Die Teileinziehung laufe dem zuwider, weil wesentliche Gestaltungselemente des Bebauungsplanes überschrieben würden. Darüber hinaus würden durch die Teileinziehung die Grundzüge der Planung berührt. Die Teileinziehung müsse den Bebauungsplan aber umsetzen und dürfe ihn nicht konterkarieren. Die Einziehung könne auch nicht deshalb gerechtfertigt werden, weil der Rat auch für die Änderung des Bebauungsplanes zuständig gewesen sei.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung sei die Teileinziehung auf politischen Druck hin gegen den Willen der Verwaltung durchgesetzt worden. Die nach diesem Zeitpunkt folgende Entwicklung sei ohne Belang. Insbesondere habe sich der Luftreinhalteplan zur damaligen Zeit noch im Projektstadium befunden und sei außerordentlich vage gewesen. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Rates habe auch noch keine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Möglichkeit der Sperrung von Verkehrswegen und zur Anordnung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge vorgelegen. Dementsprechend sei damals davon auszugehen gewesen, dass Fahrverbote nicht ohne Erlass einer gesonderten Rechtsgrundlage angeordnet werden könnten. Lediglich politisch diskutierte und vage Maßnahmen seien zur Konfliktlösung nicht geeignet. Auch die im Beschluss des Rates genannten Lärmschutzmaßnahmen seien nicht hinreichend konkret. Sie seien außerdem nicht zeitnah nach der Ratsentscheidung weiter konkretisiert worden. Aus nunmehr vorliegenden Unterlagen werde vielmehr deutlich, dass erst nach einer gerichtlichen Entscheidung die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine Förderrichtlinie geplant sei, die dann regeln werde, wer am M. anspruchsberechtigt sei. Mit einer zeitnahen Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen sei daher nicht zu rechnen.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei außerdem zu berücksichtigen, dass am N. in erheblich größerem Umfang Wohnnutzung vorherrsche als am L.. Zu ergänzen sei, dass Maßstab für die Lärmbeeinträchtigung nicht die Lärmschutz-Richtlinien-StV, sondern die 16. BImSchV sein müsse. Deren Anwendbarkeit ergebe sich aus zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen.

Hinsichtlich der in seinem Eigentum stehenden Objekte sei im Einzelnen Folgendes auszuführen: Für die Objekte am J. (N., O. und P.) stehe eine Überschreitung der Lärmrichtwerte der Lärmschutz-Richtlinien-StV fest, wobei die Werte durch eine Sperrung des Q. weiter erhöht würden. Hinsichtlich des Objektes mit der Anschrift R. 3 seien die Angaben der Beklagten aus dem Vermerk ihres Fachbereichs Städtebau vom 27.7.2018 nicht verifizierbar. Es werde auch bestritten, dass er durch die L. sperrung profitiere. Die entsprechenden Datenerhebungen seien nicht vorgelegt worden. Im Übrigen sei die bloße Betrachtung der Fahrzeugzahl nicht ausreichend. Vielmehr seien auch die Zusammensetzung der Fahrzeuge und die Wartezeiten zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Objekte mit den Anschriften R. 1 und 17 seien bereits in der Untersuchung der S. vom 22.8.2012 Lärmwerte von 65-70 dB(A) tags und 60-65 dB(A) nachts festgestellt worden.

Hinsichtlich der Luftqualität an den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken sei festzustellen, dass die an der Messstelle N. erhobenen Daten für die beiden am N. gelegenen Objekte unmittelbar übernommen werden könnten. Auch nach der Gegenüberstellung des Fachbereichsleiters Umweltplanung der Beklagten vom 7.8.2018 werde am N. der Grenzwert für Stickstoffdioxid weiterhin überschritten. Auf eine lediglich mögliche Einhaltung des Grenzwertes in der T. straße im Jahr 2018 komme es daher nicht an. Darüber hinaus sei die der Gegenüberstellung zugrunde liegende Modellrechnung nicht zur Verfügung gestellt worden. Im Übrigen deute der in der Gegenüberstellung enthaltene Hinweis auf verschiedene verkehrliche Situationen am L. auf die fehlende Belastbarkeit der Prognose hin. Auch insoweit werde bestritten, dass seine Objekte von der L. sperrung profitierten. Dagegen spreche unter anderem, dass auch nach den aktuellen und im Internet abrufbaren Monatsprotokollen der zulässige Grenzwert überschritten werde. Das Absinken der Werte am N. sei möglicherweise auf die extensive Bautätigkeit der Beklagten zurückzuführen.

Auch im Übrigen bestünden keine Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Einziehung. Die von der Beklagten bemühte Schutzwürdigkeit der Fußgänger und Radfahrer am L. begründe kein überwiegendes öffentliches Interesse. Denn diese seien den erhöhten Stickstoffdioxidimmissionen lediglich kurzfristig ausgesetzt. Im Übrigen ändere die Sperrung des Q. nichts daran, dass die Betroffenen am L. durch den weiter zugelassenen Busverkehr weiter mit Stickstoffdioxid belastet würden. Daher dauere auch die Lärmbelästigung an. Außerdem könnten Fußgänger und Radfahrer sich der Belastung ohne weiteres entziehen, was Anwohnern des U. nicht möglich sei. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass der von der Beklagten bemühte Begriff der Aufenthaltsqualität ein Begriff aus dem Bauplanungsrecht sei, der keinen Drittschutz für Anwohner vermittele. Die Behauptung der Beklagten, dass die Wohnungen am J. tagsüber überwiegend leer stünden, wenn die Belastung durch Stickstoffdioxid am höchsten sei, werde bestritten. Diese Stickstoffdioxidbelastung müsse außerdem durch regelmäßige Verkehrszählungen gemessen werden, was hier nicht erfolgt sei. Zudem müsse die festgestellte Belastung kompensiert werden. Eine Rechtfertigung durch nur möglicherweise greifende Konzepte sei nicht möglich. Im Rahmen der Interessenabwägung müsse auch einbezogen werden, dass die Beklagte durch eigene Fehler die Situation am L. verschlimmert habe. Dazu zählten unter anderem der Abriss des L. tunnels und die Neuordnung des Radverkehrs, die zu einer Gefährdung sowohl der Fußgänger als auch der Radfahrer geführt hätten.

Seine Betroffenheit in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebe sich daraus, dass er in dem Objekt R. 3 arbeite, sich außerdem häufig in seinen Objekten am M. aufhalte und daraus, dass er regelmäßig am M. den Weg von einem Objekt zum anderen zurücklege. Hinsichtlich seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ergebe sich die Betroffenheit neben der Wertminderung durch Hinnahme niedrigerer Mieten auch aus den Schäden für die an den Objekten vorhandene Vegetation und an den Gebäuden selbst, die durch NOx ausgelöst würden, was zu einem höheren Instandhaltungsaufwand führe.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Rates der Beklagten vom 30.5.2017 zur Teileinziehung des Osnabrücker Q. zwischen V. und W. sowie eines Teilstückes des X. zwischen L. und Y. aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt auch im Klageverfahren die Auffassung, dass es an einer Klagebefugnis des Klägers fehle. Zu den einzelnen Objekten des Klägers wird insoweit Folgendes ausgeführt: An dessen Wohnort in der Z. Straße bestehe unstreitig weder eine Lärm- noch eine Schadstoffproblematik. Bezüglich der in seinem Eigentum stehenden Gebäude am J. liege keine mögliche Verletzung in eigenen Rechten vor. Eine eventuelle Gesundheitsschädigung seiner Mieter müssten diese geltend machen. Eine Verletzung des Eigentums des Klägers sei nicht zu besorgen, weil keine Substanzbeeinträchtigung erfolge und es auch vor der Teileinziehung am J. zu einer Überschreitung der zulässigen Werte für Lärm und Luftschadstoffe gekommen sei. Im Übrigen bewege sich die Zunahme der Stickstoffdioxidkonzentration durch die Sperrung des Q. am O. lediglich zwischen 1 und 2 Mikrogramm pro Kubikmeter. Am N. liege sie zwischen 2 und 3 µg/Kubikmeter. Schließlich liege auch bezüglich seines Firmensitzes in der R. 3 keine Grundrechtsverletzung vor. Die Richtwerte nach den Lärmschutz-Richtlinien-StV seien dort nicht überschritten. Allein diese und nicht die Werte der 16. BImSchV seien maßgeblich, weil letztere nur für den Fall des Neubaus oder der wesentlichen Änderung von Straßen Anwendung fänden. Dass die Richtwerte nicht überschritten seien, ergebe sich aus einer Stellungnahme ihres Fachbereichs Städtebau vom 27.7.2018. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid werde ebenfalls eingehalten, was sich aus einer Gegenüberstellung ihres Fachbereichs Umwelt und Klimaschutz vom 7.8.2018 ergebe. Im Jahr 2018 liege die Stickstoffdioxid-Konzentration an der E. 3 bei 37 µg/Kubikmeter. Im Übrigen erfolge jedenfalls keine Verschlechterung. Denn die R. werde durch die L. sperrung entlastet, weil sie sich als Verlängerung des Q. in Ost-West-Richtung darstelle. Ausweislich des Vermerkes ihres Mitarbeiters Herrn AA. vom 24.10.2017 komme es durch die L. sperrung zu einer Verringerung des Verkehrs an der R., wo der Kläger seinen Arbeitsplatz habe. Dass er sich mitunter auf dem J. aufhalte, sei unerheblich.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass sich die gegen eine Einziehung sprechenden überwiegenden Interessen aus den Belangen des Klägers ergeben müssten. Ihm gegenüber müsse die teilweise Einziehung des Q. rechtswidrig sein. Im Rahmen der Abwägung sei aber die Verkehrsmehrung auf dem F. abgewogen und gewichtet worden. Das überwiegende Interesse für die teilweise Einziehung des Q. habe sich dabei nicht aus einer bloßen Gegenüberstellung der Zahlen der durch die L. sperrung profitierenden Anwohner des Q. mit der Zahl der nachteilig betroffenen Anwohner auf dem J. ergeben. Vielmehr seien Zentralität, Aufenthaltsqualität und Verkehrssicherheit die ausschlaggebenden Aspekte gewesen. Zu beachten sei insoweit, dass die Zahl der den L. täglich querenden Fußgänger zwischen 20.000 und 35.000 liege. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme ihres Fachbereichs Städtebau vom 27.7.2018. Hinzu kämen die am L. arbeitenden Personen. Beide Gruppen hielten sich dort tagsüber auf, also zu einer Zeit, zu der besonders viel Verkehr herrsche. Dass sich Fußgänger und Radfahrer nur kurzfristig am L. aufhielten, sei unerheblich. Die Wohnungen am J. stünden demgegenüber tagsüber in großem Umfang leer. Darüber hinaus werde der Grenzwert für Stickstoffdioxid in den am J. gelegenen Wohnungen selbst nicht überschritten.

Des Weiteren sei im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Situation, insbesondere in Bezug auf Luftschadstoffe, in den Blick genommen worden seien. Dies betreffe insbesondere die Verringerung der Fahrzeugflotte, das Umweltsensitive Verkehrsmanagement mit seinen drei Maßnahmenblöcken, die sich aus der Machbarkeitsstudie Umweltsensitives Verkehrsmanagement vom 8.8.2018 ergäben, und die Elektrifizierung der Busflotte. Diese Maßnahmen, die zum damaligen Zeitpunkt bereits im seinerzeit im Entwurfsstadium befindlichen Luftreinhalteplan angelegt gewesen seien, seien sukzessive umgesetzt worden. Das Maßnahmenkonvolut sei aber in jedem Fall bereits vor der Umsetzung im Zeitpunkt der teilweisen Einziehung des Q. in den Blick genommen worden. Inzwischen sei festzustellen, dass bereits im Jahr 2020 die Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid am N. möglich sei. Die Situation am L. und am AB. stelle sich demgegenüber anders dar.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

A.

Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Er hat die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die streitgegenständliche teilweise Einziehung des Osnabrücker Q. geltend gemacht. Die mögliche Rechtsverletzung ergibt sich bereits aus den den beiden Grundstücken des Klägers am N. drohenden Lärmimmissionen, die eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG möglich erscheinen lassen, sodass auf eine drohende Rechtsverletzung durch Stickstoffdioxidimmissionen im Rahmen der Klagebefugnis nicht weiter eingegangen werden muss. Zur Bejahung der Klagebefugnis reicht es nach den Ausführungen des OVG Lüneburg in dessen Beschluss vom 24.1.2018 (a.a.O., Rn. 16 f.) aus, wenn durch die Teileinziehung des I. in den Schutzbereich des Grundrechts eingegriffen werden kann. Diese Voraussetzung liegt vor.

An den beiden Liegenschaften des Klägers am N. überschreiten die Lärmwerte bereits bei geöffnetem L. 70 dB (A) tags und 60 dB (A) nachts und damit die Schwelle, ab der nach der Rechtsprechung eine Gesundheitsschädigung der Grundstücksbewohner und damit eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit derselben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG droht (BVerwG, Beschluss vom 19.4.2011 – 4 BN 4/11, Rn. 18, juris; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 25.10.2010 – 1 KN 343/07, Rn. 40, juris, m.w.N.). Die vorhandene Lärmbeeinträchtigung am N. lag bei geöffnetem L. nach dem Gutachten der S. vom 17.11.2016 für alle vier dort belegenen Immissionspunkte oberhalb der Schwelle zur Gesundheitsschädigung (Bl. 99 BA 002). Dies gilt auch für die beiden sich dort befindenden Liegenschaften des Klägers, wie sich aus den dem Gutachten als Anlagen beigefügten Karten ergibt (Bl. 131 BA 002). Bei Überschreitung der Schwelle zur Gesundheitsschädigung droht auch eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG (OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2018, a.a.O., Rn. 9, 11, juris). Der Einwand der Beklagten, dass der Kläger nicht am N. wohne und lediglich an der Liegenschaft in der R. arbeite, ist daher unerheblich.

Die Lärmwerte können sich durch die Teileinziehung des Q. weiter erhöhen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2018, a.a.O., Rn. 9, 11, juris). Denn durch die Teileinziehung des Q. verlagert sich der Verkehr teilweise auf den M.. Dies ergibt sich unter anderem aus den Verkehrsbelastungsberechnungen der Firma AC. im Straßennetz von A-Stadt vom 2.2.2016 (Bl. 153 f. GA), dem genannten Gutachten der S. vom 17.11.2016 sowie dem Sachstandsbericht über die Verkehrssituation am L. vom 30.4.2015 (Bl. 11 BA 001). Selbst der im Laufe des Klageverfahrens vorgelegte Vermerk des Mitarbeiters der Beklagten Herrn AA. vom 24.10.2017 geht im Bereich des AD. von einer Zunahme des Verkehrs aus. Mit dem zunehmenden Verkehr steigt die Lärmbelastung. Auch dies ergibt sich ohne weiteres aus Seite 6, der Anlage 1 und den Karten 9.1 und 9.2 des genannten Gutachtens der S. vom 17.11.2016. Im Bereich des AD. ist von einer Lärmerhöhung zwischen 1 und 2 dB (A) auszugehen. Nach Überschreitung eines Immissionsgrenzwertes stellt sich jede weitere Erhöhung als weitere Rechtsbeeinträchtigung dar (BVerwG, Urteil vom 21.3.1996 – 4 C 9/95, Rn. 36, juris; OVG Lüneburg 24.1.2018, a.a.O., Rn. 11, 17) und ist damit gerade nicht unbeachtlich. Die Verkehrsverlagerung selbst stellt zwar kein hoheitliches Handeln der Beklagten und damit keinen sog. klassischen Eingriff in Grundrechte dar. Sie ist aber der Teileinziehungsentscheidung zurechenbar, sodass ein zurechenbarer Eingriff (sog. moderner Eingriffsbegriff; vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.3.2018 – 2 BvR 1371/13, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2018, a.a.O., Rn. 11, juris) vorliegt.

Um einen Erfolg von Popularklagen bereits im Rahmen der Klagebefugnis ausschließen zu können (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2018, a.a.O., Rn. 10), dürfte es nach Auffassung der Kammer zwar grundsätzlich erforderlich sein, bei unerheblichen Lärmerhöhungen die Möglichkeit einer Rechtsverletzung zu verneinen. Hier ist es aber ausreichend, dass sich die Lärmerhöhung in dem oben geschilderten Umfang von 1 bis 2 dB (A) bewegt. Denn eine etwaige Irrelevanzschwelle existiert bei der Überschreitung der Schwelle zur Gesundheitsschädigung nicht (BVerwG, Urteil vom 7.3.2007 – 9 C 2/06, 2. Leitsatz, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2010 – 5 S 955/09, 2. Leitsatz, Rn. 36, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.3.1999 – 1 C 11636/98, 2. Leitsatz, juris). Darüber hinaus ist es auch irrelevant, ob sich die Lärmerhöhung im Bereich des Wahrnehmbaren bewegt, wenn die Schwelle zur Gesundheitsschädigung überschritten wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2010 – 5 S 955/09, 2. Leitsatz, Rn. 36, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.3.1999 – 1 C 11636/98, 2. Leitsatz, juris).

Angesichts der Überschreitung des Schwellenwertes zur Gesundheitsschädigung an den beiden oben genannten Liegenschaften des Klägers am N. ist eine Überschreitung des Wertes an den übrigen Liegenschaften des Klägers nicht erforderlich, um die Klagebefugnis zu begründen. Da der Schwellenwert zur Gesundheitsschädigung überschritten wird, ist auch irrelevant, ob gegebenenfalls bereits darunterliegende Schwellenwerte - unabhängig davon, ob es sich um Grenz-, Richt- oder Orientierungswerte handelt (bspw. 16. BImSchV, TA-Lärm, Lärmschutz-Richtlinien-StV, DIN 18005-1) und ob diese Werte im Falle einer Teileinziehung unmittelbar oder entsprechend anwendbar sind - überschritten werden und bereits deren Überschreitung dazu führt, dass eine Rechtsverletzung des Klägers möglich erscheint.

An ihrer diesen Ausführungen entgegenstehenden Auffassung aus dem Beschluss im Eilverfahren vom 21.11.2017 (a.a.O.), nach der eine Klagebefugnis des Klägers deshalb auszuschließen sei, weil er auf das Einklagen von Maßnahmen nach dem Straßenverkehrsrecht bzw. nach dem Immissionsschutzrecht verwiesen werden könne, hält die Kammer nicht fest. Für die Einzelheiten der Begründung wird - neben dem oben Gesagten - auf den Beschluss des OVG Lüneburg vom 24.1.2018 (a.a.O., Rn. 8, juris) verwiesen.

B.

Die Klage ist auch begründet. Die teilweise Einziehung des Osnabrücker Q. ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

I.

Der Beschluss des Rates zur Teileinziehung des Q. ist allerdings formell rechtmäßig.

1.

Im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 30.5.2017 handelte der Rat als zuständiges Organ der Beklagten. Ursprünglich war zwar nach Auffassung des Gerichts bereits originär gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG der Verwaltungsausschuss zuständig. Eine Zuständigkeit des Oberbürgermeisters der Beklagten gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 NKomVG kam nicht in Betracht, weil wegen der Bedeutung der Angelegenheit der Einziehung einer zentralen Verkehrsachse eine Einordnung als Geschäft der laufenden Verwaltung ausschied, selbst wenn man andere Einziehungen als derartige Geschäfte einordnen wollte. Nach Vorlage der Angelegenheit zur Beschlussfassung mit Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 5.4.2016 an den Rat wurde aber dieser zuständig, § 58 Abs. 3 Satz 3 NKomVG.

2.

Der Beschluss des Rates ist ebenso wie dessen öffentliche Bekanntmachung ausreichend bestimmt.

Der Ratsbeschluss und die öffentliche Bekanntmachung desselben nennen die von der Teileinziehung betroffenen Flurstücke der betroffenen Straßen, wobei einige von ihnen nur teilweise betroffen seien. Sodann erfolgt für den in einer Karte schwarz umrandeten Bereich eine Beschränkung der Verkehrsnutzung. Nach Auffassung des Gerichts werden die genannten (vollständig oder teilweise betroffenen) Flurstücke durch die schwarze Umrandung in der Karte dargestellt, ohne dass sich Anhaltspunkte für Missverständnisse oder Unklarheiten ergeben. Abgesehen davon müsste der Bestimmtheitsmangel entweder so erheblich sein, dass er zur Unwirksamkeit der Verfügung führt oder gerade dem Kläger gegenüber rechtswidrig sein, um dessen Klage zum Erfolg zu verhelfen. Für beides ist hier nichts ersichtlich, zumal der Kläger nicht zu den Anliegern des Q. gehört und unschwer feststellen kann, dass er die in der Karte schwarz umrandete Fläche mit seinem PKW nicht mehr befahren darf.
II.

Die teilweise Einziehung des Osnabrücker Q. erweist sich aber als materiell rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 NStrG lagen im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Teileinziehungsentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 NStrG ist der maßgebliche Zeitpunkt der der letzten Behördenentscheidung und damit der des Beschlusses des Rates der Beklagten vom 30.5.2017 (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 28.11.2018 – 1 A 81/16, Rn. 27, juris; vgl. zum damit übereinstimmenden maßgeblichen Zeitpunkt bei der Einziehung einer Straße im Rahmen eines Bebauungsplanes, §§ 8 Abs. 5, 6 Abs. 5 NStrG und § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). In diesem Zeitpunkt lagen keine überwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls für die Teileinziehung des Q. vor.

1.

Die rechtlichen Maßgaben sind die Folgenden:

a.

Die allgemeinen Maßgaben des Straßenrechts selbst stellen sich wie folgt dar: Der Begriff der überwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls in § 8 Abs. 1 Satz 2 NStrG ist von dem ebenfalls in der Vorschrift vorgesehenen eingeschränkten Ermessen („soll“) auf der Rechtsfolgenseite abzugrenzen. Die Abgrenzung erfolgt nicht länger dergestalt, dass auf der Tatbestandsseite nur die öffentlichen Belange und im Rahmen des Ermessens die privaten Belange berücksichtigt werden (so noch OVG Lüneburg, Urteil vom 18.7.2006 – 12 LB 116/06, 3. Leitsatz, Rn. 51, juris). Vielmehr sind nach neuerer Rechtsprechung auf der Tatbestandsseite die verkehrlichen Belange zu berücksichtigen, zu denen auch private Belange gehören können (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.12.2015 – 7 ME 53/15, 2. Leitsatz, Rn. 7, juris). Im Rahmen der öffentlichen Interessen kann die Behörde aber auch nicht straßenrechtliche Gesichtspunkte wie ortsplanerische Belange berücksichtigen, wobei ihr ausschließlich bei derartigen städtebaulichen Erwägungen, nicht aber bei sonstigen Erwägungen ein Beurteilungsspielraum zusteht (OVG Lüneburg, Urteil vom 18.7.2006 – 12 LB 116/06, Rn. 49, juris). Im Übrigen ist von einem der gerichtlichen Überprüfung voll unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff auszugehen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.12.2015 – 7 ME 53/15, 2. Leitsatz, Rn. 6, juris). Erst im Rahmen des Ermessens werden die außerverkehrlichen Belange berücksichtigt. Zu den verkehrlichen Belangen gehören danach auch die durch den ausgelösten Verkehr hervorgerufenen Beeinträchtigungen der Anwohner, ohne dass diese Anlieger der eingezogenen Straße sein müssen. Für die Einzelheiten wird auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 24.1.2018 (a.a.O., Rn. 11 ff., 30 f., juris) verwiesen.

b.

Zur Vereinbarkeit von Teileinziehung und Bauleitplanung hat die Rechtsprechung zum Straßenrecht besondere Maßgaben aufgestellt. Anerkannt ist, dass die Bauleitplanung den Rahmen für die straßenrechtliche Einziehung vorgibt. Die Einziehung darf den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht widersprechen. Dies ergibt sich aus der rechtssatzmäßigen Geltung des Bebauungsplanes (BVerwG, Urteil vom 1.11.1974 – IV C 38.71, 1. Leitsatz, Rn. 19, juris). Bei dessen Auslegung ist insbesondere dessen Begründung (BVerwG, Beschluss vom 23.12.1997 – 4 BN 23/97, Rn. 3, juris) zu berücksichtigen. Anerkannt ist insoweit insbesondere, dass eine Einziehung einer Verkehrsfläche einer Festsetzung widerspricht, die diese Verkehrsfläche als Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 11 Var. 2 BauGB ausweist. Für eine Einziehung ist dann eine Änderung des Bebauungsplanes notwendig (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.3.2006 – 3 S 1119/04, 3. Leitsatz, Rn. 41, juris). Demgegenüber kann eine Einziehung von Verkehrsflächen ohne besondere Zweckbestimmung grundsätzlich allein auf Grundlage des Straßenrechts erfolgen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.3.2006 – 3 S 1119/04, Rn. 41, juris). Allerdings darf die Einziehungsentscheidung nicht den Grundzügen der Planung widersprechen (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 246).

Nach Auffassung der Kammer ist zur Auslegung des Bebauungsplanes neben dessen Begründung auch der Flächennutzungsplan zu berücksichtigen, wenn dieser ausnahmsweise über die Festsetzungen des Bebauungsplanes hinausgehende konkrete Darstellungen enthält. Denn der Bebauungsplan wird aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, § 8 Abs. 2 BauGB, und konkretisiert diesen (BVerwG, Urteil vom 29.9.1978 - IV C 30.76, 1. Leitsatz, juris). Dieser Vorgang des Konkretisierens schließt allerdings nicht aus, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweichen, sofern sie sich aus dem Übergang in eine konkretere Planungsstufe rechtfertigen und die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans unberührt lassen (BeckOK BauGB/Petz, 45. Ed. 1.11.2018, BauGB § 8 Rn. 25).

2.

Anhand dieser Maßgaben liegen überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses für die Teileinziehung nicht vor.

a.

Ein überwiegendes öffentliches Interesse dürfte bereits deshalb ausgeschlossen sein, weil der Bebauungsplan K. im Zeitpunkt des Ratsbeschlusses vom 30.5.2017 noch nicht geändert worden war und die Teileinziehung des Q. diesem widersprechen dürfte. Dass diese Frage hier zu prüfen ist, bedeutet nicht, dass der Kläger durch einen bloßen Widerspruch zwischen Teileinziehung und Bebauungsplan bereits in seinen Rechten verletzt wird. Die Frage betrifft allein die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes und nicht die Rechtsverletzung des Klägers, die sich nur aus einer gesundheitsgefährdenden bzw. ggf. unzumutbaren Immissionsbelastung ergeben kann. Freilich verhilft ein Widerspruch zwischen Teileinziehung und Bebauungsplan beim Vorliegen einer solchen Immissionsbelastung einer Klage auch dann zum Erfolg, wenn unter Außerachtlassung des Widerspruchs zwischen Teileinziehung und Bebauungsplan von überwiegenden Gründen des öffentlichen Wohls für die Teileinziehung auszugehen wäre. Die seitens der Beklagten befürchteten Gefahren einer Popularklage und eines faktischen Planerhaltungsanspruchs des nicht im Bebauungsplangebiet wohnenden Klägers ergeben sich nicht, weil es nach dem oben Gesagten für den Klageerfolg einer Rechtsverletzung weiterhin bedarf.
aa.

Die bloße Festsetzung des Q. im Bebauungsplan als öffentliche Straßenverkehrsfläche allein führt entgegen der Auffassung des Hauptverwaltungsbeamten der Beklagten allerdings nicht dazu, dass eine straßenrechtliche (teilweise) Einziehung unzulässig wäre. Zunächst einmal ist festzustellen, dass der Begriff der öffentlichen Straßenverkehrsfläche weder dem Begriff der Verkehrsfläche noch dem Begriff der Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung aus § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB entspricht. Der Plangeber ist an den Katalog der Festsetzungen in § 9 BauGB gebunden. Allerdings ergibt sich aus einer abweichenden Bezeichnung nicht sogleich die Unwirksamkeit der in Rede stehenden Festsetzung. Vielmehr ist dann im Wege der Auslegung zu ermitteln, welcher Festsetzungstatbestand aus dem Katalog gemeint ist (EZBK/Söfker, 132. EL Februar 2019, BauGB § 9 Rn. 14). Bereits aus der Tatsache, dass nach der Konzeption des Plangebers der L. für alle Verkehrsarten offen sein und keiner Nutzungsbeschränkung unterliegen sollte, ergibt sich, dass die Festsetzung einer Verkehrsfläche ohne besondere Zweckbestimmung erfolgen sollte. Nach der oben zitierten Rechtsprechung ist die Einziehung einer Verkehrsfläche ohne besondere Zweckbestimmung allein auf der Grundlage straßenrechtlicher Vorschriften möglich, ohne dass es der Änderung des in dem Gebiet geltenden Bebauungsplanes bedarf.
bb.

Es ergibt sich aber ein Widerspruch zwischen der teilweisen Einziehung des Q. und den Grundzügen der Planung.

Der Begriff „Grundzüge der Planung“ ist in sämtlichen Bestimmungen des BauGB einheitlich zu verstehen (EZBK/Ernst/Grziwotz, 132. EL Februar 2019, BauGB § 125 Rn. 14, m.w.N.). Er bezieht sich auf den jeweiligen Bebauungsplan, der geändert oder ergänzt werden soll (vgl. für viele OVG Magdeburg, Urteil vom 19.6.2008 – 2 K 364/06, Rn. 35, juris; EZBK/Krautzberger, 132. EL Februar 2019, BauGB § 13 Rn. 18), aber nicht auf die Flächennutzungsplanung (EZBK/Ernst/Grziwotz, 132. EL Februar 2019, BauGB § 125 Rn. 14c). Die dem konkreten Bebauungsplan eigene Konzeption der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung muss in ihrem grundsätzlichen Charakter unangetastet bleiben. Die Konzeption des Bebauungsplans ergibt sich aus der Gesamtheit und der Zusammenschau der bestehenden planerischen Festsetzungen, in denen der planerische Wille der Gemeinde zum Ausdruck kommt. Im Allgemeinen wird man davon ausgehen können, dass die planerische Grundkonzeption nicht berührt wird, wenn sich Planänderung oder Planergänzung nur auf Einzelheiten der Planung beziehen (EZBK/Krautzberger, 132. EL Februar 2019, BauGB § 13 Rn. 18). Je tiefer eine Änderung oder Ergänzung in das Interessengeflecht des Bebauungsplans eingreift, umso näher liegt eine Berührung mit den Grundzügen der Planung (EZBK/Krautzberger, 132. EL Februar 2019, BauGB § 13 Rn. 18a, m.w.N.). Die Grundzüge der Planung werden bei solchen Änderungen oder Ergänzungen nicht berührt, die von „minderem Gewicht“ sind. Dies ist der Fall, wenn sie z.B. nur den – gleichsam formalen – Festsetzungsinhalt treffen, nicht hingegen auch das, was an Planungskonzept diese Festsetzungen trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Ob eine Abweichung von in diesem Sinne „minderem Gewicht“ ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gekommenen planerischen Wollen: Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die angestrebte und im Plan zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird (EZBK/Krautzberger, 132. EL Februar 2019, BauGB § 13 Rn. 21). Letztlich kommt es immer auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.3.2000 – 4 B 18/00, Rn. 5, juris). Wird beispielsweise eine Straße, verglichen mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes, nur in halber Breite ausgebaut, so dürfte diese Planabweichung im Allgemeinen kaum mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein (BVerwG, Urteil vom 26.5.1989 – 8 C 6.88, Rn. 12, juris; EZBK/Ernst/Grziwotz, 132. EL Februar 2019, BauGB § 125 Rn. 14d).

Anhand dieser Maßgaben liegt ein Widerspruch zu den Grundzügen der Planung jedenfalls ausgesprochen nahe. Der Flächennutzungsplan stellt den L. als sonstige überörtliche oder örtliche Hauptverkehrsstraße dar (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauGB: Fläche für überörtlichen Verkehr und örtliche Verkehrszüge). Der Bebauungsplan K. setzt eine öffentliche Straßenverkehrsfläche fest. Die Grundzüge der Planung werden zwar nach dem oben Gesagten nicht durch den Flächennutzungsplan bestimmt. Allerdings ist der Bebauungsplan im Lichte des Flächennutzungsplanes auszulegen. Das Gericht legt den Bebauungsplan dahingehend aus, dass er aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden und diesem nicht widersprechen sollte. Eine Teileinziehung des Q. auf der Grundlage des Bebauungsplanes dergestalt, dass die Straße dem motorisierten Individualverkehr entzogen werden können soll, wäre mit dem Flächennutzungsplan unvereinbar. Die Funktion des Q. als Hauptverkehrsstraße würde dagegen nach Auffassung des Gerichts auch bei einer weiteren Reduzierung der Spuren für den motorisierten Individualverkehr nicht aufgegeben, so dass eine Auslegung des Bebauungsplanes, die nur eine solche Reduzierung zuließe, nicht gegen den Flächennutzungsplan verstieße, die Teileinziehung des Q. dann allerdings dem in dieser Weise ausgelegten Bebauungsplan widersprechen dürfte. Eine solche Auslegung im Einklang mit dem Flächennutzungsplan ist nach Auffassung des Gerichts auch möglich. In der Begründung des Bebauungsplanes wird unter C.2.1 ausgeführt, dass die im Planbereich vorgefundenen Verkehrsbeziehungen grundsätzlich beibehalten werden sollen, und im weiteren unter C.4.6 die verkehrstechnische Untersuchung der Firma AE. zur zweistreifigen Verkehrsführung auf dem L. aus dem Jahr 2013 zugrunde gelegt, die ausweislich der beigefügten Abbildungen nicht nur den Bus-, sondern auch den PKW-Verkehr umfasst. Unter A.2.3.2 wird darüber hinaus ausgeführt, dass eine Änderung des Flächennutzungsplanes nicht erforderlich sei, weil sich die vorliegende Planung aus diesem entwickele. Insoweit wird auch explizit auf die Verkehrsverbindung V. /AF. als Hauptverkehrsstraße verwiesen.

Dieser Auslegung steht insbesondere die in der Begründung des Bebauungsplanes verwandte Formulierung, dass der Bebauungsplan einen maximalen Gestaltungsspielraum eröffnen solle, um die Ergebnisse des freiraumplanerischen Gestaltungswettbewerbes (2013) zu realisieren, nicht entgegen. Ausweislich der zu diesem freiraumplanerischen Gestaltungswettbewerb erstellten Unterlagen (Bl. 147 ff. GA) sollte der L. zumindest in einer Variante auch für den motorisierten Individualverkehr geöffnet bleiben, wie an den auf den Bildern eingezeichneten Fahrspuren und PKWs erkennbar ist. Dies hat der Leiter des Fachbereichs Städtebau der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt. Die genannte Formulierung in der Begründung zum Bebauungsplan wird dementsprechend dahingehend ausgelegt, dass der Bebauungsplan die maximalen Freiräume zur Umsetzung der Ergebnisse des freiraumplanerischen Gestaltungswettbewerbes eröffnen soll, soweit diese Ergebnisse nicht im Widerspruch zum Flächennutzungsplan stehen.

Auch die in der Begründung zum Bebauungsplan aufgegriffenen Ausführungen aus dem Masterplan Mobilität aus dem Jahr 2010, einschließlich der Ausführungen zu der darin enthaltenen Variante der Sperrung des Q. für den motorisierten Individualverkehr, stehen der genannten Auslegung des Bebauungsplanes nicht entgegen. Es handelt sich um eine bloße Wiedergabe dieser Ausführungen, ohne dass dargelegt wird, dass der Bebauungsplan auf alle oder eine bestimmte der geschilderten Varianten zielen soll. Dementsprechend finden sich die Ausführungen auch unterhalb der Gliederungspunkte A. Rahmenbedingungen, 2. Ausgangssituation und 2.3 Planerische Ausgangslage.

Letztlich kann die Kammer die Frage, ob die Teileinziehung des Q. den Grundzügen der Planung widerspricht, aber offenlassen, weil sich die Teileinziehung aus anderen Gründen als materiell rechtswidrig erweist. Dementsprechend kann auch offenbleiben, ob ein Widerspruch der Teileinziehung zu einzelnen Festsetzungen des Bebauungsplanes jenseits der Festsetzung des Q. als öffentliche Straßenverkehrsfläche vorliegt, was der Oberbürgermeister in seinem Einspruch vom 15.4.2016 gegen den Ratsbeschluss vom 5.4.2016 angenommen hat.

b.

Auch jenseits eines etwaigen vorgegebenen Rahmens durch die Bauleitplanung liegen keine Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse an der teilweisen Einziehung des Osnabrücker Q. vor.
aa.

Durch die teilweise Einziehung des Q. wird zulasten der Anwohner und der Eigentümer von Liegenschaften am J., darunter der Kläger, an vielen Orten des G. eine Lärmbeeinträchtigung, die bereits die Schwelle zur Gesundheitsschädigung überschreitet, weiter verstärkt. Insoweit wird auf das Gutachten der S. aus dem November 2016 verwiesen (insbesondere Bl. 98 ff. BA 002). Dementsprechend ist auch die Beklagte der Auffassung, dass an einem Großteil der betroffenen Wohnungen am J. Lärmsanierungsmaßnahmen erforderlich seien. Die maßgebliche Schwelle zur Gesundheitsschädigung durch Lärmimmissionen liegt nach dem oben Gesagten bei 70 dB (A) tags und 60 dB (A) nachts. Die der Teileinziehungsentscheidung zurechenbare Verkehrsverlagerung führt zu Erhöhungen des Lärmpegels von 1 bis 3 dB (A) auf den unterschiedlichen Teilen des AG. (siehe auch insoweit Bl. 98 ff. BA 002), die nach dem oben Gesagten auch dann erheblich sind, wenn sie sich nicht mehr im Rahmen des Hörbaren bewegen. Diese Lärmerhöhung kann nicht durch überwiegende Interessen des öffentlichen Wohls gerechtfertigt werden.
(1)

Zunächst einmal ist festzustellen, dass hierfür nur solche Interessen infrage kommen, die ihrerseits darauf beruhen, dass bislang vorhandene Verstöße gegen zwingende Vorschriften durch die Teileinziehung des Q. in Zukunft unterbleiben. Demgemäß können die Erwägungen des Rates der Beklagten zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität am L. und Attraktivität der Innenstadt (Zentralität) den Eingriff in das Grundrecht der M. anwohner auf körperliche Unversehrtheit jedenfalls nicht ohne entsprechende Schutzmaßnahmen zugunsten der M. anwohner rechtfertigen und kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 NStrG begründen. Der vom OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 24.1.2018 angestellte Vergleich zwischen den Anwohnern des AG. und den Anwohnern des Q. (a.a.O., Rn. 35, juris) greift demgemäß nicht zu kurz, wie die Beklagte meint, sondern benennt mit dem Schutz der Gesundheit begünstigter Personen ein Interesse, dass jedenfalls abstrakt geeignet ist, ein Abwägungsergebnis zugunsten der Teileinziehung herbeizuführen.
(2)

Die einzigen Interessen, die einen Eingriff in das Recht der M. anwohner auf körperliche Unversehrtheit (abstrakt) rechtfertigen könnten, sind demgemäß jedenfalls der Schutz der Anwohner des Q. und ggf. noch der Schutz der Fußgänger und Radfahrer am L. sowie allgemein der Schutz von Leib und Leben für die Teilnehmer des Straßenverkehrs durch eine Erhöhung der Verkehrssicherheit. Mit dem Schutz der Anwohner des Q. würden Verstöße gegen zwingendes Recht in Gestalt der Überschreitung des Schwellenwertes zur Gesundheitsschädigung für Lärm (Bl. 99 BA 002) und des – explizit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienenden – Grenzwertes für Stickstoffdioxid aus § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV (vgl. Ergebnisse der Passivsammlermessung am L., Bl. 344 BA 002) beseitigt. Hinsichtlich der Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen und des Schutzes von Fußgängern und Radfahrern am L. im Besonderen käme die Beklagte ihrer Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nach. Unabhängig davon, ob man die Erfüllung der Schutzpflicht für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer, insbesondere am L., durch Teileinziehung des I. als abstrakt dem Recht der Anwohner des AG. auf körperliche Unversehrtheit gleichwertiges Interesse ansieht, vermag letztlich keines der genannten Interessen im Rahmen einer konkreten Interessenabwägung den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der AH. anwohner zu rechtfertigen.

Der Schutz der Anwohner des Q. kann einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Bewohner des AI. schon deshalb nicht rechtfertigen, weil es sich um gleichrangige Rechtsgüter handelt und der daher gebotene quantitative Vergleich (nur unzulässig bei der Abwägung von Leben gegen Leben, vgl. auch EZBK/Söfker/Runkel, 132. EL Februar 2019, BauGB § 1 Rn. 234: „Gesamtbilanz“; freilich mit der Einschränkung, dass eine solche Gesamtbilanz im Rahmen der Bauleitplanung nur unterhalb der Schwelle der Zumutbarkeit erfolgen kann) ergibt, dass durch die Schließung des Osnabrücker Q. für den motorisierten Individualverkehr 2684 Anwohner AJ. nachteilig betroffen sind, während 109 Anwohner am L. und am AB. profitieren. Auf der Grundlage der hiervon abweichenden Zahlen im Gutachten der S. vom 17.11.2016 (2251 gegen 105 Anwohner) ergibt sich kein anderes Ergebnis. Es ist dementsprechend anerkannt, dass keine überwiegenden öffentlichen Gründe vorliegen, wenn zwar an einer Stelle eine Gefahr beseitigt wird, aber eine nicht minder bedeutsame Gefahr an anderer Stelle geschaffen wird (Kodal/Krämer, Handbuch Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 11, Rn. 22.1).

Hinsichtlich der Fußgänger und Radfahrer am L. ist festzustellen, dass diese dem Lärm und den Luftschadstoffen am L. lediglich kurzfristig ausgesetzt sind. Sowohl die Grenzwerte für Lärmbeeinträchtigung als auch die Grenzwerte für die Beeinträchtigung durch Stickstoffdioxid zielen aber auf eine langfristige Exposition ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2012 – 9 A 19/11, Rn. 42, juris und OVG Lüneburg, Urteil vom 22.4.2016 – 7 KS 35/12, Rn. 306, juris für Stickstoffdioxidimmissionen).

Der Schutz von Leib und Leben der Osnabrücker Bevölkerung durch eine Erhöhung der Sicherheit des Straßenverkehrs vermag den Eingriff in das Recht der M. anwohner auf körperliche Unversehrtheit ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Hinsichtlich der Sicherheit des Straßenverkehrs am M. ist eine Verbesserung nicht festzustellen. Die von der Osnabrücker Polizei ermittelte Bilanz des Verkehrsunfallgeschehens beim Vergleich der Zeiten der L. sperrung mit den Zeiten der Öffnung des Q. (Bl. 203 ff. BA 002) liefert kein für die Beklagte günstiges Ergebnis, weil sich die Zahl der Verkehrsunfälle während der L. sperrung insgesamt um 16 % und die der Verkehrsunfälle unter Beteiligung von PKWs um 29 % erhöht haben. Selbst wenn man die Auffassung der Beklagten zugrunde legte, dass ein Zusammenhang mit der L. sperrung nicht in jedem Fall festgestellt werden könne, ergäbe sich zwar keine Verschlechterung der Sicherheit auf dem J. durch die L. sperrung, aber eben auch keine Verbesserung derselben, so dass kein Grund für den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der M. anwohner bestünde. Hinsichtlich einer Erhöhung der Sicherheit des Straßenverkehrs am L. liegen keine belastbaren Daten vor (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2018, a.a.O., Rn. 35, juris). Auf bloße Spekulationen kann die Beklagte einen Eingriff in die Rechte der M. anwohner aber nicht stützen.
(3)

Es kann auch nicht deshalb von überwiegenden Interessen des öffentlichen Wohls ausgegangen werden, weil die Überschreitung der Lärmwerte am M. nach Auffassung der Beklagten nur vorübergehend erfolgt.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass es sich bei den aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hergeleiteten Werten um zwingendes Recht handelt und nirgendwo vorgesehen ist, dass diese Werte nur bei Exposition von (am Immissionsort ständig anwesenden) Anwohnern über einen ausreichend langen Zeitraum gelten, so dass eine vorübergehende Überschreitung zulässig wäre. Die Zulässigkeit einer vorübergehenden Belastung der M. anwohner mit Lärmimmissionen ergibt sich auch nicht aus den vom Rat der Beklagten angestellten Erwägungen zur späteren Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen. Es ist im Rahmen der Bauleitplanung zwar anerkannt, dass auch die Frage, wie zwingendes Recht einzuhalten ist, bei der gebotenen Konfliktbewältigung auf nachfolgende Ausführungsebenen verlagert werden kann (sogenannte Konfliktverlagerung: EZBK/Söfker/Runkel, 132. EL Februar 2019, BauGB § 1 Rn. 215 ff. m.w.N.). Eine Verlagerung ist unter Umständen sogar möglich, wenn auf der der Planungsebene folgenden Ausführungsebene kein gesondertes Zulassungs- bzw. Genehmigungsverfahren mehr vorgesehen ist (BVerwG, Beschluss vom 17.5.1995 – 4 NB 30/94, Rn. 17; EZBK/Söfker/Runkel, 132. EL Februar 2019, BauGB § 1 Rn. 220). Ausnahmen von der grundsätzlich zulässigen Konfliktverlagerung gelten aber, wenn die Konfliktbewältigung nicht in einen nachfolgenden Abschnitt verschoben werden kann. Dies kann zum einen daran liegen, dass das Gesamtvorhaben mit dem nunmehr geplanten Abschnitt endet und es an einer abschließenden Planung überhaupt fehlt. Zum anderen kann ungeachtet einer vorgesehenen Anschlussplanung der Verweis auf die dann anstehende Möglichkeit der Konfliktbewältigung wegen der zeitlichen Verhältnisse unzureichend sein (BVerwG, Urteil vom 21.11.2013 – 7 A 28/12 u.a., Rn. 26, juris; Beschluss vom 20.4.2010 – 4 BN 17/10, Rn. 3, juris). Eine Konfliktverlagerung kann demnach überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn es überhaupt eine nachfolgende Ausführungsebene und damit eine gestufte Ausführung gibt. Dies ist bei der Errichtung von Vorhaben nach dem Beschluss von Bebauungsplänen oder dem Erlass von Planfeststellungsbeschlüssen der Fall. Hier ergibt sich regelmäßig eine Abfolge aus Planung und Errichtung von Vorhaben sowie deren anschließender Inbetriebnahme, wobei die befürchteten dauerhaften (sog. betriebsbedingten) Immissionen erst durch die Inbetriebnahme der Vorhaben hervorgerufen werden. Die Kompensation für die betriebsbedingten Immissionen kann in derartigen Fällen von der Planungsebene weg verlagert werden, solange nur sichergestellt ist, dass bei Inbetriebnahme entsprechende Kompensationsmaßnahmen umgesetzt sind. Dementsprechend beziehen sich die von der Beklagten in den Verwaltungsvorgängen zu dieser Frage zitierten Entscheidungen insbesondere auf den Neubau bzw. die wesentliche Änderung von Straßen (BVerwG, Urteil vom 10.10.2012 – 9 A 19/11, Rn. 1, juris; Urteil vom 26.5.2004 – 9 A 6/03, Rn. 1, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.4.2016 – 7 KS 35/12, Rn. 1, juris) oder die Errichtung von Einkaufszentren (OVG NRW, Beschluss vom 20.2.2013 – 2 B 1353/12.NE, Rn. 21, juris).

Diese Situation ist aber mit einer (teilweisen) Einziehung einer Straße nicht vergleichbar. Denn dem Erlass der Allgemeinverfügung folgt unmittelbar die Verkehrsverlagerung, die wiederum zwangsläufig zur Verlagerung der Immissionen und damit im vorliegenden Fall zur Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bei den M. anliegern führt. Hieraus ergibt sich, dass die Ausgleichsmaßnahmen bereits im Zeitpunkt der Einziehung nicht nur konkret geplant, sondern auch umgesetzt sein müssen, wenn ein Rechtsverstoß vollständig vermieden werden soll. Entsprechende Kompensationsmaßnahmen waren aber von der Beklagten im Zeitpunkt des Ratsbeschlusses am 30.5.2017 nicht umgesetzt worden. Vielmehr wurde in lediglich vager Form beschlossen, dass es zu Lärmschutzmaßnahmen auf dem J. kommen solle (vgl. S. 5, 6 und 10 des angefochtenen Ratsbeschlusses). Aber auch ein konkreteres Planen (bestimmter) Schutzmaßnahmen hätte den drohenden Rechtsverstoß nicht verhindert.

Selbst wenn man eine vorübergehende Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zuließe bzw. zu Erkenntnissen gelangte, dass eine vorübergehende Überschreitung der Werte von 70 bzw. 60 dB(A) nicht zu einer Gesundheitsgefahr führt (so sind möglicherweise die Ausführungen des OVG Lüneburg im Beschluss vom 24.1.2018 (a.a.O., Rn. 17, juris) zu verstehen), sodass gar kein Eingriff in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vorläge, führte dies nicht zu einer Rechtmäßigkeit des Ratsbeschlusses der Beklagten. Denn von einer vorübergehenden Überschreitung könnte nur ausgegangen werden, wenn die Ausgleichsmaßnahmen hinsichtlich der Lärmimmissionen bei objektiver Betrachtung im Zeitpunkt des Ratsbeschlusses vom 30.5.2017 zeitnah umgesetzt werden sollten und konnten. Dies war hier nicht der Fall. Aus der – ohnehin erst ca. ein Jahr nach dem angefochtenen Ratsbeschluss erstellten – Mitteilungsvorlage der Beklagten vom 4.5.2018 (VO 2018/2352) geht hervor, dass Maßnahmen des Lärmschutzes am J. erst nach einer Entscheidung des Gerichts über die Rechtmäßigkeit der Teileinziehung im Hauptsacheverfahren erfolgen sollten und dass derzeit auch noch nicht ermittelt werden könne, welche Gebäude am J. ggf. passiven Schallschutz beanspruchen könnten.
bb.

Darüber hinaus lagen überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls für die Teileinziehung des Q. auch deshalb nicht vor, weil es durch deren Vollzug nach dem Ratsbeschluss vom 30.5.2017 zumindest für die Anwohner des AK. zu einer Erhöhung der Stickstoffdioxidbelastung kam, die zu einer Überschreitung des Schwellenwertes aus § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV von 40 µg/Kubikmeter und damit nach den Ausführungen des OVG Lüneburg zugleich zur Überschreitung der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG führte (Beschluss vom 24.1.2018, a.a.O, Rn. 9, 16). Der Wert aus § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bietet nach diesen Ausführungen zwar nur einen Anhalt. Gegenteilige Anhaltspunkte sind aber nicht ersichtlich. Es spricht nach Auffassung der Kammer auch nichts dagegen, den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG derart zu verstehen, dass er auch durch die Nichteinhaltung des anerkanntermaßen ambitionierten Grenzwerts für Stickstoffdioxid aus § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV (BT-Drs. 19/5054, S. 2) beeinträchtigt wird. Der Unterschied zu Lärmimmissionen, bei denen zwischen erheblich belästigenden (unzumutbaren) Immissionswerten, die lediglich durch das einfache Recht vorgegeben werden (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG: Belästigungen und Nachteile) und gesundheitsschädlichen Werten, vor denen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schützen soll (Gefahren im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG), liegt darin, dass § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV deutlich zu entnehmen ist, dass mit dem Wert von 40 Mikrogramm Stickstoff pro Kubikmeter die menschliche Gesundheit und nicht lediglich der Mensch vor Belästigungen geschützt werden soll. Nach dem oben Gesagten wird durch die Überschreitung des Schwellenwertes zur Gesundheitsschädigung auch das Eigentum der Eigentümer von Grundstücken am N., darunter das des Klägers, geschädigt.

Im Zeitpunkt des Ratsbeschlusses am 30.5.2017 wurde der Grenzwert für Stickstoffdioxid an der Messstation am N. zum Teil deutlich überschritten. Für die Einzelheiten wird auf die Messungen des Gewerbeaufsichtsamts Hildesheim (Bl. 342 ff. BA 002) sowie auf die Ausführungen des OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 24.1.2018 (a.a.O., Rn. 15, juris) Bezug genommen.

Durch den Vollzug der Teileinziehung des Q. würde sich nach den oben gemachten Ausführungen die Verkehrsmenge am N. erhöhen. Infolgedessen würden sich auch die Stickstoffdioxidimmissionen erhöhen. Auch insoweit wird auf die Verwaltungsvorgänge (Bl. 345 BA 002) und die Ausführungen des OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 24.1.2018 (a.a.O., Rn. 16, juris) verwiesen. Da jede weitere Erhöhung der Immissionswerte jenseits der Schwelle der Gesundheitsschädigung einen weiteren Eingriff in das Recht der M. anwohner auf körperliche Unversehrtheit und in das Recht der - gegebenenfalls von diesen zu unterscheidenden - Eigentümer der Grundstücke auf Eigentum darstellt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2018, a.a.O., Rn. 11, 17, juris), ist die Erhöhung auch nicht unbeachtlich.

Auch bezüglich der Stickstoffdioxidimmissionen ist der Umfang der Erhöhung unbeachtlich. Eine Irrelevanzschwelle für geringfügige Erhöhungen nach den Vorschriften des einfachen Rechts existiert in der 39. BImSchV nicht. Es gab lediglich für einen Übergangszeitraum nach Anlage 11 B zur 39. BImSchV (bis zum Jahr 2015) im Falle einer gewährten Fristverlängerung eine Toleranzmarge, die zusätzlich zu der für die Erreichung des Grenzwertes erforderlichen Menge ausgestoßen werden durfte. Festzustellen ist außerdem, dass ein Verstoß gegen die Vorgaben des Europarechts auch bei sinkender Tendenz der Stickstoffdioxidimmissionen und auch dann vorliegt, wenn die Behörde die Überschreitung des Grenzwertes nicht verschuldet hat (BVerwG, Urteil vom 27.2.2018 – 7 C 30/17, Rn. 32, juris). Daher ändert sich auch durch den erheblichen Verursachungsanteil der Automobilindustrie wegen der von ihr angegebenen Prüfstandswerte für Dieselfahrzeuge an der rechtlichen Relevanz der hohen Stickstoffdioxidwerte nichts.

Die Erhöhung der Stickstoffdioxidwerte ist auch nicht durch überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls gerechtfertigt. Hinsichtlich der für ein überwiegendes Interesse in Betracht kommenden Interessen und des Ergebnisses der Interessenabwägung wird auf die zu den Lärmimmissionen gemachten Ausführungen verwiesen. Überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls liegen auch nicht wegen der nach Auffassung der Beklagten nur vorübergehenden Überschreitung der Stickstoffdioxidwerte vor. Auch hier handelt es sich bei der Verpflichtung, die Schwelle zur Gesundheitsschädigung nicht zu überschreiten, um zwingendes Recht. Insoweit ist zwar denkbar, den Konflikt zu verlagern. In diesem Zusammenhang ist umfangreiche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dazu ergangen, dass insbesondere die Einhaltung des Grenzwertes aus § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV nicht im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens sichergestellt werden muss. Vielmehr kann die Einhaltung des Grenzwertes dem Luftreinhalteplan überlassen werden (BVerwG, Urteil vom 10.10.2012 – 9 A 19/11, Rn. 38, juris; Urteil vom 26.5.2004 – 9 A 6/03, Leitsätze 1 und 2, Rn. 24, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.4.2016 – 7 KS 35/12, Rn. 299, juris). Es wird aber auch festgestellt, dass nicht gegen das Europarecht verstoßen werden darf (BVerwG, Urteil vom 26.5.2004 – 9 A 6/03, Rn. 27, juris). Es wird außerdem deutlich, dass die Entscheidungen von einer Verlagerung in ein Ausführungsstadium ausgehen, das bei einer Teileinziehung nach dem oben zu den Lärmimmissionen Gesagten nicht vorliegt. Vielmehr droht infolge der Teileinziehung sofort die Verkehrsverlagerung mit den Immissionen und damit sofort der Verstoß sowohl gegen die nationalen Vorschriften, einschließlich Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, als auch gegen die die Grundlage des § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bildenden europarechtlichen Bestimmungen. Dem hätte ebenfalls nur durch bereits umgesetzte oder zumindest zeitnah geplante Schutzmaßnahmen zugunsten der Anlieger des AK. begegnet werden können. Auch insoweit war angesichts der Ausführungen in der Vorlage VO/2017/1669 vom 10.11.2017 zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans jedoch nicht von einer zeitnahen Einhaltung des Grenzwertes aus § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV auszugehen. Es wurde vielmehr ausgeführt, dass bei Öffnung des Q. für den motorisierten Individualverkehr der Wert bereits im Jahr 2018 eingehalten werden könne. Im Falle einer Schließung des Q. könne der Grenzwert erst ab dem Jahr 2022 flächendeckend eingehalten werden. Vergleichbare Aussagen enthält die nachfolgende Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Entwurf zur Öffentlichkeitsbeteiligung: Stand 18.1.2018), die zwar eine Reihe von Maßnahmen bzw. Maßnahmenbündeln zur Reduzierung der Stickstoffdioxidbelastung vorsieht, gleichzeitig aber davon ausgeht, dass sich ein großer Teil dieser Maßnahmen erst im Jahr 2022 endgültig umsetzen lässt und es bei der Sperrung des I. jedenfalls im Bereich des AK. weiterhin bei einer Überschreitung des maßgeblichen Grenzwertes bleibt.

Dass der Grenzwert für Stickstoffdioxid nach aktuellen Angaben des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim unterschritten wird (Luftüberwachung in Niedersachsen, Monatsprotokoll September 2019, Tab. 4, S. 7, Durchschnittswert von Januar bis September 2019 bei 38 Mikrogramm pro Kubikmeter), ist nach dem oben zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage Gesagten unerheblich.

3.

Zu den das öffentliche Interesse an der Teileinziehung des Q. überwiegenden privaten Interessen zählen – wie bereits dargelegt – auch die verkehrsbezogenen Interessen des Klägers.
III.

Die Teileinziehung verletzt den Kläger nach dem oben Gesagten in seinem Eigentumsgrundrecht. Der Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts durch die Erhöhung von Lärm- und Stickstoffdioxidimmissionen kann nach dem zur Interessenabwägung Gesagten nicht gerechtfertigt werden.

Ob sich ein verletztes subjektiv-öffentliches Recht des Klägers daneben bereits aus dem einfachen Recht wegen der Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV genannten Grenzwertes für Stickstoffdioxid ergibt, kann offenbleiben. Demgemäß kann dahinstehen, ob die Vorschrift bei isolierter Betrachtung nach der Schutznormtheorie den Kläger als Eigentümer (und nicht als Bewohner der Liegenschaft) aus der Allgemeinheit dergestalt heraushebt, dass sie ein subjektiv öffentliches Abwehrrecht des Klägers gegen eine Teileinziehung begründet und ihm auch die Rechtsmacht zu dessen Durchsetzung vermittelt (vgl. Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 129) oder sie jedenfalls durch Auslegung des Begriffs der menschlichen Gesundheit im Lichte des Europarechts als eine solche dem Schutz des Klägers dienende Vorschrift auszulegen ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 5.9.2013 – 7 C 21/12, Rn. 41, 46, juris zum aus der Norm resultierenden (Leistungs-) Anspruch Betroffener auf den Erlass eines Luftreinhalteplanes).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.