Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 26.11.2019, Az.: 3 A 250/18
Beamte; Besoldung; Erfahrungsstufe; Erfahrungszeit; öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 26.11.2019
- Aktenzeichen
- 3 A 250/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 69902
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 25 Abs 2 BesG ND
- § 25 Abs 2 S 2 BesG ND
- § 25 Abs 2 S 3 BesG ND
- § 72 Abs 2 BesG ND
- § 14 Abs 3 S 1 BG ND
- § 24 Abs 4 LbV ND
- § 24 Abs 4 S 1 LbV ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. In den Genuss der sog. "Günstigerprüfung" des § 72 Abs. 2 NBesG kommen nur diejenigen, die sich vor dem 1. Januar 2017 in einem Beamtenverhältnis befunden haben. Wer sich zum maßgeblichen Zeitpunkt noch in einem öffentlich-rechtlichedn Ausbildungsverhältnis befunden hat, zählt nicht zu diesem Personenkreis.
2. Ausbildungszeiten - dazu zählen auch die Praktikumsphasen des Studiums der Öffentlichen Verwaltung und die das Studium ergänzende sechsmonatige Einführung in die Laufbahnaufgaben (§ 14 Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 24 Abs. 4 S. 1 NLVO und Anlage 3 zur NLVO) - können gem. § 25 Abs. 2 Satz 3 NBesG nicht als Erfahrungszeit anerkannt werden.
3. Die Berufstätigkeit als Sport- und Fitnesskauffrau erfüllt die Voraussetzungen für die Anerkennung als Erfahrungszeit gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 NBesG für das Amt der Stadtinspektorin nicht.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung einer höheren Erfahrungsstufe.
Die im Jahre 1989 geborene Klägerin war seit dem 1. Januar 2017 Stadtinspektorin im Dienst der Beklagten; mittlerweile ist sie zur Stadtoberinspektorin befördert worden. Sie erhielt zum Zeitpunkt der Klageerhebung Bezüge aus der Stufe 2 der Besoldungsgruppe A 9. Die Festsetzung der Erfahrungsstufe 2 erfolgte durch die Beklagte mit Verfügung vom 23. Januar 2018. Dabei wurde gemäß § 25 NBesG mit Wirkung vom 1. Januar 2017 der Beginn der ersten maßgeblichen Erfahrungsstufe auf den 1. Januar 2017 festgesetzt. Mittlerweile erhält die Klägerin Bezüge aus der Besoldungsgruppe A 10.
Der berufliche Werdegang der Klägerin stellte sich bis zu ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis wie folgt dar:
Vom 1. August 2006 bis zum 10. Juni 2009 absolvierte die Klägerin eine Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau. Von August 2009 bis zum 31. Dezember 2011 war die Klägerin in ihrem erlernten Beruf tätig. Im Juni 2013 erlangte sie die Fachhochschulreife. Vom 1. August 2013 bis zum 30. Juni 2016 absolvierte die Klägerin den Studiengang öffentliche Verwaltung an der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Hochschule A-Stadt und erwarb den akademischen Hochschulgrad „Bachelor of Arts (B.A.)“. Während des Studiums befand sich die Klägerin in einem Praktikantenverhältnis bei der Beklagten, in dessen Rahmen sie die Praxiszeiten ihres Studiums ableistete. Mit Wirkung vom 1. Juli 2016 übernahm die Beklagte die Klägerin gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 NLVO in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis (Einführungszeit). Die Einführungszeit dauerte bis zum 31. Dezember 2016; mit ihrem Abschluss erwarb die Klägerin die Befähigung für die Laufbahn der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Allgemeine Dienste in Niedersachsen. Im Anschluss erfolgte die bereits erwähnte Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe mit Wirkung vom 1. Januar 2017.
Am 21. Februar 2018 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Festsetzung der Erfahrungsstufe ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie in eine höhere Erfahrungsstufe eingeordnet werden müsse. Im Rahmen der Günstigerprüfung sei sie, deren Anwärterverhältnis wie ein Beamtenverhältnis gewertet werden müsse und die damit auch zu den Bestandsbeamten im Sinne des § 72 NBesG zähle, in die Erfahrungsstufe 4 einzuordnen. Das Vorgehen der Beklagten verstoße gegen das Fürsorgeprinzip und den Gleichheitsgrundsatz. Hilfsweise seien ihre Vorbeschäftigungszeiten zu berücksichtigen. Dies betreffe die Zeiten aus ihrem vorherigen Arbeitsverhältnis in Form der Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau und auch der anschließenden Tätigkeit in diesem Beruf. Die Beklagte habe die Erfahrungsstufe insoweit fehlerhaft berechnet und ihr eingeräumtes Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Ihre Berufstätigkeit als Sport- und Fitnesskauffrau habe auch Arbeiten umfasst, die ihrer Tätigkeit in Diensten der Beklagten ähnlich seien. Daher seien die Zeiten als förderliche Erfahrungszeit anzuerkennen. Zumindest müsse jedoch die Zeit der Anwärterausbildung berücksichtigt werden.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Beamtenverhältnis sei erstmals am 1. Januar 2017 begründet worden. Die Vorschrift des § 72 NBesG finde daher keine Anwendung. Die Vorschriften für Beamte auf Widerruf seien zwar entsprechend auf das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis anzuwenden, dieses werde aber nicht in einem Beamtenverhältnis durchgeführt. Praktikum und Einführungszeit dienten der Ausbildung bzw. der Erlangung der Laufbahnbefähigung und könnten deshalb nicht gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 NBesG als Erfahrungszeit anerkannt werden. Die Tätigkeit der Klägerin als Sport-und Fitnesskauffrau nach Abschluss ihrer Ausbildung könne ebenfalls nicht anerkannt werden, da diese nicht für ihre Verwendung förderlich sei. Aus dem Arbeitszeugnis der Klägerin vom 16. Februar 2012 gehe hervor, dass diese unter anderem auf der Trainingsfläche und im Kursbereich eingesetzt worden sei. Damit bestehe kein sachlicher Zusammenhang zwischen der vorherigen und der aktuellen Tätigkeit. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 Satz 2 NBesG seien nicht erfüllt. Ausbildungszeiten blieben ohnehin gemäß § 25 Abs. 2 Satz 3 NBesG unberücksichtigt.
Am 8. August 2018 hat die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren Klage erhoben. Sie führt aus, dass das Anwärterverhältnis analog einem Beamtenverhältnis geführt werde und sie damit auch am maßgeblichen Stichtag 31. Dezember 2016 wie eine Beamtin zu behandeln gewesen sei, sodass auch sie als Bestandsbeamtin in den Genuss der Günstigerprüfung habe kommen müssen. Eine generelle Schlechterstellung der Gruppe der Anwärter verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ihr, der Klägerin, müsse auch ein erheblicher Vertrauensschutz zugutekommen, da die Beklagte ihr noch unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 vermittelt habe, dass die Bedingungen ihrer Verbeamtung den bisher gültigen entsprächen. Hilfsweise müssten zumindest die Zeiten ihrer vorherigen Berufstätigkeit als Erfahrungszeit anerkannt werden. Es handle sich insoweit um für die Verwendung förderliche Zeiten. Die Beklagte habe sich nicht einmal mit der Frage der Förderlichkeit auseinandergesetzt; auch im Widerspruchsbescheid sei dies lediglich oberflächlich erfolgt. Tatsächlich seien ihre Vordienstzeiten sehr wohl förderlich für ihre Verwendung. Sie habe im Rahmen der Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau viele für ihre spätere Tätigkeit förderliche Qualifikationen erworben (wird ausgeführt). Sowohl ihre Beurteilung zur Beförderung bereits ein Jahr nach Ablauf der Probezeit als auch die Selbstdarstellung der Beklagten, die sich als moderne und mitarbeiterorientierte Behörde darstelle und deswegen eine auch durch sie –die Klägerin- eine „bewegte Mittagspause“ für alle Beschäftigten anbieten lasse, nähmen gerade in ihrer Vordienstzeit erworbenen Fähigkeiten dankend an.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2018 zu verpflichten, erneut über die Festsetzung der Erfahrungsstufe der Klägerin nach § 25 NBesG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden und
die Hinzuziehung ihres Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, dass die Zuordnung der Klägerin in die Erfahrungsstufe 2 rechtmäßig sei. Die Klägerin sei vor dem 1. Januar 2017 keine Beamtin gewesen, so dass § 72 Abs. 2 NBesG keine Anwendung finde. Vor dem 1. Januar 2017 habe die Klägerin die Zugangsvoraussetzungen für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt nicht erfüllt, da dazu der Laufbahnverordnung zufolge (§ 24 Abs. 3 und 4 i.V.m. Nr. 4 der Anlage 3) nach Abschluss des Studiums noch die Einführungszeit habe abgeleistet werden müssen. Diese sei nicht im Beamtenverhältnis auf Widerruf, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis geleistet worden. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG habe die Klägerin somit erst ab dem 1. Januar 2017 in ein Beamtenverhältnis berufen werden können. Eine Gleichstellung mit Bestandsbeamten scheide daher aus. Die Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe könne daher nur nach dem ab dem 1. Januar 2017 geltenden Besoldungsrecht erfolgen. Ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht liege ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Erfahrungsstufe sei auch nicht ermessensfehlerhaft berechnet worden. Die Tätigkeit der Klägerin nach Abschluss ihrer ersten Ausbildung könne weder ganz noch teilweise anerkannt werden, da diese nicht für deren Verwendung förderlich sei. In diesem Zeitraum habe die Klägerin keine verwaltende Tätigkeit wahrgenommen, sondern sei vorrangig in Kursen und auf der Trainingsfläche eines Sportstudios eingesetzt worden. Dass die Klägerin den Umgang mit schwierigen Kunden, der auch in der Verwaltung vonnöten sei, gelernt habe, mache die Tätigkeit auch nicht zu einer für die Verwendung förderlichen, da ihr jeder Bezug zu den Aufgaben der Klägerin in ihrem Beamtenverhältnis fehle. Daher seien die Voraussetzungen für eine Ausübung des von § 25 Abs. 2 Satz 2 NBesG eingeräumten Ermessens nicht erfüllt. Die Ausbildung selbst könne ohnehin nicht anerkannt werden. Sie, die Beklagte, sei auch nicht dazu verpflichtet gewesen, die Klägerin über die anstehende Gesetzesänderung und etwaige Folgen aufzuklären, damit sie die Ernennung ggf. vorziehen konnte. Ebenso wenig führe die seinerzeit anstehende Änderung der Rechtslage dazu, dass sie verpflichtet gewesen sei, die Klägerin höher einzustufen und die Tätigkeiten vor Begründung des Beamtenverhältnisses aus diesem Grunde als förderlich anzuerkennen, um so eine etwaige Fürsorgepflichtverletzung zu vermeiden. Die Anwendung und Umsetzung der Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 2 NBesG unterliege der Rechtsanwendung und mache eine Einzelfallentscheidung erforderlich. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Berufung in das Beamtenverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt gehabt.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Festsetzung einer höheren Erfahrungsstufe. Der Bescheid vom 23. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Die Klägerin unterfällt weder der Regelung des § 72 Abs. 2 NBesG und hat damit Anspruch auf eine Günstigerprüfung (I.) noch sind die Zeiten ihrer ersten Ausbildung, des Studiums sowie der Einführungszeit (II.) oder die Zeiten ihrer anschließenden Berufstätigkeit (III.) anerkennungsfähig. Eine Ermessensentscheidung war mangels Tatbestandserfüllung nicht zu treffen.
I.
Die Klägerin ist entgegen ihrer Ansicht trotz des bis dahin bestehenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses vor dem 1. Januar 2017 nicht Beamtin gewesen und/oder einer solchen gleichzustellen, so dass § 72 Abs. 2 NBesG keine Anwendung findet.
Gem. § 72 Abs. 2 NBesG werden Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnungen A und C sowie Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der Besoldungsgruppen R 1 und R 2, für die im Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Dezember 2016 ein Beamten- oder Richterverhältnis zu einem der in § 1 genannten Dienstherren begann, mit Wirkung von dem Tag des Beginns dieses Beamten- oder Richterverhältnisses der Erfahrungsstufe neu zugeordnet, die der Stufe entspricht, der sie nach dem bis dahin geltenden Recht zugeordnet waren, wenn dies für die Betroffene oder den Betroffenen günstiger ist als eine Zuordnung nach den Vorschriften dieses Gesetzes.
Diese sogenannte Günstigerprüfung, auf die die Klägerin einen Anspruch zu haben glaubt und die ihr ggf. die Einordnung in eine höhere Erfahrungsstufe ermöglicht hätte, ist im Fall der Klägerin ausgeschlossen, da sie sich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2016 nicht in einem Beamtenverhältnis befunden hat.
Die Klägerin hat die Voraussetzungen für das erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 (§ 14 Abs. 3 Satz 1 NBG) überhaupt erst durch den Abschluss eines Hochschulstudiums - „Öffentliche Verwaltung“ an der Hochschule A-Stadt - mit dem Bachelorgrad und eine sechsmonatige Einführungszeit (§ 14 Abs. 3 Satz 2 NBG) erfüllt. § 14 Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 24 Abs. 4 S. 1 NLVO und Anlage 3 zur NLVO betrifft Studiengänge, durch die die erforderlichen berufspraktischen Kenntnisse und Fähigkeiten zwar nicht ausreichend vermittelt, die jedoch als für die Laufbahn qualifizierend anerkannt werden können, da diese Fähigkeiten und Kenntnisse im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses in einer das Studium ergänzenden Einführung in die Laufbahnaufgaben vermittelt werden können. § 24 Abs. 4 Satz 2 NLVO ist zu entnehmen, dass die erforderliche Einführung in die Laufbahnaufgaben gem. § 14 Abs. 3 Satz 4 NBG in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis erfolgt, auf das die für Beamtinnen und Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst geltenden Vorschriften einschließlich der Vorschriften über die Unfallfürsorge entsprechend anzuwenden sind (vgl. auch § 4 Abs. 2 NBG). Anstelle der Anwärterbezüge erhalten die Auszubildenden während der Einführung eine Unterhaltsbeihilfe in der Höhe des Anwärtergrundbetrages, den Beamtinnen und Beamte im Vorbereitungsdienst für das jeweilige Einstiegsamt der Laufbahn erhalten. In der NLVO ist unter Nr. 4 der tabellarischen Übersicht in Anlage 3 NLVO geregelt, dass der Studiengang „Öffentliche Verwaltung“ an der Hochschule A-Stadt gemeinsam mit einer 6-monatigen Einführung in die Laufbahnaufgaben für das erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 qualifiziert (vgl. BeckOK BeamtenR Nds/Schütte, 13. Ed. 1. Oktober 2019, NBG § 14 Rn. 52, 53).
In das Beamtenverhältnis konnte die Klägerin damit erst - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - mit dem Erfüllen der Zugangsvoraussetzungen ab dem 1. Januar 2017 berufen werden (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG).
Die Tatsache, dass die Klägerin während der Einführung in die Laufbahnaufgaben im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses den für Beamtinnen und Beamte auf Widerruf geltenden Vorschriften mit gewissen Ausnahmen unterworfen war und ihre Unterhaltsbeihilfe der Höhe des entsprechenden Anwärtergrundbetrages entsprochen hat, führt nicht dazu, dass sie während dieses Zeitraums als „Quasi-Beamtin“ anzusehen und damit als Bestandsbeamtin im Sinne des § 72 Abs. 2 NBesG zu behandeln wäre. Die eben wiedergegebenen gesetzlichen Regelungen sehen ja gerade ausdrücklich vor, dass die Einführungszeit in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis und gerade nicht im Beamtenverhältnis auf Widerruf abgeleistet werden soll. Lediglich einige der für die Anwärter geltenden Vorschriften finden auf die im Ausbildungsverhältnis befindlichen Personen Anwendung. Diesen ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen unterliefe man, wenn man die öffentlich-rechtlichen Auszubildenden als Beamtinnen und Beamte behandelte und die für diese Gruppe vorgesehenen Regelungen - darunter eben auch Privilegierungen wie die Günstigerprüfung - auf sie anwendete. Zudem würde die Anerkennung eines „Quasi-Beamtenverhältnisses“ der Formenstrenge des Beamtenrechts widersprechen (vgl. hierzu Kammer, Urteil vom 24. August 2018, -3 A 23/16-).
Diese Ungleichbehandlung stellt weder einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen das Fürsorgeprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) dar, da mit der gesetzgeberischen Entscheidung, nicht alle Laufbahnbewerber in das Beamtenverhältnis auf Widerruf aufzunehmen, sondern mit dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis für gewisse Ausbildungen und Bewerber eine Alternative vorzuhalten, ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt. Das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis entschlackt zum einen den Beamtenapparat und dient der Kostenersparnis; zum anderen ermöglicht es auch den Bewerberinnen und Bewerbern, die die Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis beispielsweise wegen ihrer Staatsangehörigkeit nicht erfüllen, dennoch die entsprechende Ausbildung zu absolvieren (vgl. § 4 Abs. 3 NBG).
Die Beklagte war auch nicht im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht gehalten, die Klägerin über die anstehende Gesetzesänderung und etwaige Konsequenzen - die überdies im Juni 2016, als die Klägerin die Einführungszeit angetreten hat, in ihrem Ausmaß noch gar nicht bekannt waren - zu informieren und ihr ggf. alternative Lösungswege wie den früheren Beginn der Einführungszeit anzubieten. Eine sondergesetzliche Informations- oder Beratungspflicht der Beklagten über beamten- bzw. besoldungsrechtliche Fragestellungen besteht nicht. Ebenso wenig folgt aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht eine allgemeine Pflicht des Dienstherrn, seine Beamten über alle für sie einschlägigen Vorschriften zu belehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14/05 -, juris) - dies gilt im Wege eines Erst-recht-Schlusses auch für die übrigen Beschäftigten wie die Klägerin, die sich nicht in einem Beamtenverhältnis befinden.
II.
Die Klägerin hat auch mit Blick auf ihre Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau, das durch Praxiszeiten unterbrochene Studium und die Einführungszeit keinen Anspruch auf die Feststellung einer höheren Erfahrungsstufe. Diese Zeiten wurden von der Beklagten zu Recht nicht als Erfahrungszeit anerkannt.
Gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 NBesG richtet sich die Zuordnung einer Beamtin oder eines Beamten der Besoldungsordnung A zu einer Erfahrungsstufe nach der Dauer ihrer oder seiner dienstlichen Erfahrung (Erfahrungszeit). Vor Beginn des Beamtenverhältnisses zu einem der in § 1 genannten Dienstherren (darunter auch Kommunen des Landes Niedersachsen) verbrachte Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind und die nicht schon nach Satz 1 anzuerkennen sind, können gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 NBesG ganz oder teilweise als Erfahrungszeit anerkannt werden, soweit sie für die Verwendung förderlich sind. Ausbildungszeiten bleiben gem. § 25 Abs. 2 Satz 3 NBesG bis auf in Satz 4 genannte Ausnahmen unberücksichtigt.
Aus § 25 Abs. 2 Satz 3 NBesG folgt damit, dass die Ausbildungszeiten - zu denen auch die Praktikumsphasen des Studiums und die Einführungszeit zählen - nicht als Erfahrungszeit anerkannt werden können. Diese Zeiten dienen dem Erwerb der Befähigungsvoraussetzungen für den künftigen Beruf und der Erwerb der Berufserfahrung kann erst danach einsetzen (vgl. Nr. 2.3 der Durchführungshinweise zu den §§ 25 bis 27, 72 und 73 NBesG des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 1. Februar 2018, Nds. MBl. 2018, 141 - im Folgenden „Durchführungshinweise“ genannt).
III.
Die Ablehnung der Anerkennung der Berufstätigkeit der Klägerin als Sport- und Fitnesskauffrau von August 2009 bis zum 31. Dezember 2011 als Erfahrungszeit begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
§ 25 Abs. 2 Satz 2 NBesG ermöglicht bei der Erfahrungsstufenfestsetzung im Rahmen der Ermessensausübung eine (ganz oder teilweise) Anerkennung vorhergehender hauptberuflicher Tätigkeiten, die einerseits nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind und andererseits für die Verwendung förderlich sein müssen. Leitgedanke der Norm ist, dass gegenüber Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern ohne praktische Erfahrungen bereits frühzeitig Erfahrungswissen genutzt werden kann. Damit ist ggf. ein Leistungsvorsprung gegenüber Beamtinnen und Beamten mit bislang ausschließlich theoretischer Bildung zu erwarten. Als förderlich angesehen werden können insbesondere Berufszeiten, die für die Wahrnehmung der künftigen Dienstaufgaben von konkretem Interesse sind, d.h. dass sich die in der zu bewertenden Berufstätigkeit gewonnene Erfahrung in das Beamtenverhältnis einbringen lassen muss. Maßstab für die Bewertung, ob eine vorangegangene Tätigkeit für die dienstliche Verwendung förderlich ist, kann entweder ein sachlicher Zusammenhang oder der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten durch die vorangegangene Tätigkeit sein, welcher für die weitere dienstliche Verwendung von Nutzen oder Interesse ist (Nr. 2.2 der Durchführungshinweise).
Gemessen an diesen Grundsätzen erfüllt die Berufstätigkeit der Klägerin nach Abschluss ihrer Ausbildung die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Erfahrungszeit nicht.
Dabei kommt es nicht auf den Inhalt des von der Klägerin vorgelegten Ausbildungsrahmenplans (Bl. 54 ff. der GA) an, da nicht die Ausbildung, sondern ihre sich daran anschließende tatsächliche Berufstätigkeit relevant ist. Dem Zeugnis des Breitensportclubs BSV e.V. vom 16. Februar 2012 (Bl. 38 f. der BA 001) lässt sich - darin stimmt die Kammer mit der Beklagten überein - kein sachlicher Zusammenhang mit den Aufgaben der Klägerin als Stadtinspektorin im Rahmen des Beamtenverhältnisses entnehmen. Dem Zeugnis ist zu entnehmen, dass die Klägerin unter anderem auf der Gerätefläche und im Kursbereich eingesetzt worden ist, Kontakt zu (auch schwierigen) Mitgliedern gepflegt und deren Anliegen bearbeitet hat und Kontakte zu kooperierenden Ärzten gepflegt sowie eine Fachvortragsreihe betreut hat. Zudem hat sie den Rehabilitationssport gem. § 44 SGB IX abgewickelt. Ihre Fortbildungen betrafen - soweit aufgeführt - stets praktische Bereiche wie Aerobic, Rehabilitations- und Präventionssport. Die Kammer stellt nicht in Abrede, dass eine Tätigkeit wie diejenige der Klägerin geeignet ist, im Umgang mit (auch schwierigen) Kunden zu schulen und entsprechende „soft skills“ zu vermitteln. Auch eine Bürotätigkeit in gewissem Umfang hat die Klägerin zweifelsohne ausgeführt (vgl. dazu auch ihre Aufstellung Bl. 63 f. der GA) und dabei die entsprechenden Abläufe und Fertigkeiten erlernt. Spezielle, von allgemeiner kaufmännischer Berufserfahrung abweichende und für die Tätigkeit als Stadtinspektorin förderliche oder gar einen Vorsprung vor anderen Beamtinnen und Beamten, die „nur“ Studium und Einführungszeit absolviert haben, vermittelnde Kenntnisse, Erfahrungen oder Fertigkeiten sind darin jedoch nicht zu sehen. Das hier abstrakt (vgl. VG Köln, Urteil vom 1. Juli 2013 - 15 K 4360/12 -, juris) in den Blick zu nehmende Amt der Stadtinspektorin unterscheidet sich in wesentlichen Aspekten von der kaufmännischen Tätigkeit in einem Sportverein. Dies betrifft Organisation, Abläufe und auch Inhalt der Tätigkeit. Zum (verwaltungs)rechtlichen Schwerpunkt der aktuellen dienstlichen Tätigkeit besteht jedenfalls kein Zusammenhang. Da - wie eben ausgeführt - das abstrakte Amt der Stadtinspektorin bei der Frage der Förderlichkeit einer Tätigkeit für die Verwendung zu berücksichtigen ist, sind sowohl die von der Klägerin vorgelegte dienstliche Beurteilung als auch das Leitbild der Beklagten für die Beantwortung dieser Frage irrelevant. Die Erstgenannte betrifft die konkrete Tätigkeit der Klägerin und das Letztgenannte hat keinen Einfluss auf die abstrakten Anforderungen an das Amt der Stadtinspektorin. Dass die Yoga-Kenntnisse der Klägerin den Bediensteten der Beklagten zugutekommen, ist zwar für diese erfreulich, begründet aber nicht die Anerkennung der entsprechenden Berufstätigkeit als Erfahrungszeit. Die Klägerin ist in Diensten der Beklagten als Stadtinspektorin bzw. nunmehr Stadtoberinspektorin und nicht als Yogalehrerin tätig.
Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage der Ermessensfehlerhaftigkeit der Entscheidung der Beklagten bzw. der Nachholbarkeit einer etwaigen Ermessensausübung kommt es nach alledem nicht an, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 2 Satz 2 NBesG nicht erfüllt sind.
Ebenso wenig war angesichts der Erfolglosigkeit der Klage über den Antrag hinsichtlich der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.