Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 12.03.2003, Az.: 3 A 60/01
Gewährung einer Reisekostenvergütung für die Fahrt zu einem Vorstellungsgespräch bei dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses für die mündliche Prüfung im zweiten juristischen Staatsexamen; Anwendbarkeit der Regelungen des Bundesreisekostengesetzes auf Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 12.03.2003
- Aktenzeichen
- 3 A 60/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 34343
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOSNAB:2003:0312.3A60.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 98 Abs. 1 S. 1 NBG
- § 98 Abs. 3 NBG
- § 1 Verordnung über die Gewährung von Reise- umd Umzugskostenvergütung und Trennungsgeld an Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst
- § 1 Abs. 1 BRKG
- § 2 Abs. 2 BRKG
- § 23 Abs. 2 BRKG
- § 23 Abs. 3 BRKG
- § 2 NJAVO
Fundstelle
- DÖD 2004, 32-34 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Reisekostenerstattung
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 3. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Essig,
den Richter am Verwaltungsgericht Specht,
die Richterin Meyer, sowie
die ehrenamtlichen Richter Wiemann und Fening
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für dessen Fahrt nach Braunschweig zum Vorstellungsgespräch am 28.11.2000 in gleicher Weise Reisekostenvergütung zu gewähren wie für die Fahrt zur mündlichen Prüfung selbst. Der Bescheid des Beklagten vom 21.12.2000 und deren Widerspruchsbescheid vom 12.01.2001 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Reisekostenerstattung für seine Fahrt zum Vorstellungsgespräch am 28.11.2000 in D. bei dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses für die mündliche Prüfung im zweiten juristischen Staatsexamen.
Mit der Ladung zur mündlichen Prüfung erhielt der Kläger ein Schreiben des Vorsitzenden des Püfungsausschusses, mit dem dieser den Kläger aufforderte, sich am 28.11.2000 zu einem Vorstellungsgespräch in D. einzufinden. Dieser Aufforderung leistete der Kläger Folge.
Am 30.11.2000 absolvierte er die mündliche Prüfung.
Einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Reisekostenerstattung für die Fahrt zum Vorstellungsgespräch vom 15.12.2000 wies der Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2000 mit der Begründung zurück, dass es an einer Rechtsgrundlage fehle. Mit Widerspruch vom 28.12.2000 vertrat der Kläger die Ansicht, es habe sich um eine Dienstreise gehandelt, für die nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) Erstattung zu leisten sei. Im zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 12.1.2001 führte der Beklagte aus, dass es an einer Anspruchsgrundlage fehle, weil es sich nicht um eine durch die Ausbildung bedingte, sondern um eine dem privaten Bereich zuzurechnende Reise handele, die zudem auf freiwilliger Basis vorgenommen worden sei.
Seine Klage vom 7.2.2001 begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Reise um die Erfüllung dienstlicher Pflichten gehandelt habe und er zur Vorstellung beim Prüfungsausschussvorsitzenden verpflichtet gewesen sei. Sofern das Vorstellungsgespräch nicht als Bestandteil der Prüfung anzusehen sei, handele es sich zumindest um eine sonstige Ausbildungsveranstaltung im Sinn des § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Gewährung von Reise- und Umzugskostenvergütung und Trennungsgeld an Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom 21.12.2000 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12.1.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, an den Kläger für die Reise vom 28.11.2000 Reisekostenvergütung nach den allgemein für Rechtsreferendare geltenden Rechtsvorschriften zu gewähren,
hilfsweise,
unter Aufhebung vorgenannter Bescheide die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seinen Widerspruchsbescheid sowie Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 13.6.2001 (2 A 1814/00, NdsVBl. 2001, 326) macht der Beklagte geltend, es fehle an einer Rechtsgrundlage, weil es sich bei der Fahrt zum Vorstellungsgespräch nicht um eine Dienstreise handele. Es habe dem Kläger frei gestanden, mit dem Vorsitzenden der Prüfungskommission einen Gesprächstermin am Prüfungstag zu vereinbaren oder statt eines Vorstellungsgesprächs ein ausführlicheres Telefonat mit ihm zu führen. Bis zum Jahr 1994 seien die Erstattungen ohne rechtliche Grundlage gewährt worden; seitdem werde keine Erstattung für Reisen zum Vorstellungsgespräch mehr gewährt, worauf in den Anschreiben der Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse wie im Fall des Klägers hingewiesen werde.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten gemäß § 98 Abs. 3 NBG i.V.m. § 1 der Verordnung über die Gewährung von Reise- umd Umzugskostenvergütung und Trennungsgeld an Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (im Folgenden: VO) vom 24.6.1971 (GVBl. S. 225), geändert durch Verordnung vom 6.6.1981 (GVBl S. 127).
Während der Landesgesetzgeber unter Anknüpfung an die in § 1 Abs. 2 und 3 Nr. 1 Bundesbesoldungsgesetz normierte Differenzierung zwischen Dienst- und Anwärterbezügen in § 98 Abs. 1 Satz 1 NBG für die Landesbeamten mit Dienstbezügen und die Ehrenbeamten bestimmt, dass diese Reisekostenvergütung in entsprechender Anwendung der für die Bundesbeamten geltenden Rechtsvorschriften erhalten, hat er die Landesbeamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgenommen und durch Normierung der Verordnungsermächtigung in § 98 Abs. 3 NBG zu einer eigenständigen Regelung deren Reisekostenvergütungsansprüche durch Verordnung ermächtigt. Dabei erklärt die Regelung des § 1 VO, nach der Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Reisekostenvergütung im Grundsatz "in entsprechender Anwendung der für die Landesbeamten mit Dienstbezügen geltenden Rechtsvorschriften" erhalten, trotz des Regelungsgehalts des damit in Bezug genommenen Tatbestands des § 98 Abs. 1 Satz 1 NBG für die Ansprüche der Widerrufsbeamten nicht im Sinn einer Rechtsgrundverweisung die tatbestandlichen Regelungen des Bundesreisekostengesetzes für anwendbar. Vielmehr stellt § 1 VO eine selbständige Anspruchsgrundlage dar, die Reisekostenvergütung gewährt, sofern einem Beamten mit Dienstbezügen an Stelle des Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Reisekostenvergügung zustünde (Rechtsfolgenverweisung auf § 98 Abs. 1 NBG). Dieser Anspruch wird jedoch entsprechend des gesetzgeberischen Anliegens der Höhe nach modifiziert durch die nachfolgenden, der näheren Ausgestaltung der Verordnungsermächtigung entsprechenden Bestimmungen der Verordnung. Diese mit Wortlaut und Systematik der Regelungen vereinbare Auslegung findet Rückhalt in der Entstehungsgeschichte der vorgenannten Vorschriften.
Ziel dieser mit Art. I Nr. 19 des dritten Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 14.5.1970 (GVBl S. 161) in § 98 NBG eingeführten normativen Ausgestaltung war es, die Anwendbarkeit der Regelungen des Bundesreisekostengesetzes auf Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst zu vermeiden und deren Ansprüche einer Sonderregelung zuzuführen (Regierungsvorlage "Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Beamtengesetzes" vom 16.10.1969, zu Art. I Nr. 14, Nds.LT-Drucksache Nr. 957 S. 16). Hintergrund dieses gesetzgeberischen Anliegens war es, dass sich das Bundesrecht aus der Sicht des Landesgesetzgebers maßgeblich geändert hatte, so dass der in § 98 Satz 1 NBG i.d.F.v. 1.6.1967 noch normierten Bezugnahme auf das Bundesrecht für gleichermaßen alle Beamten des Landes eine ungewollte Bedeutung zukam. Ausweislich der Begründung der Regierungsvorlage (a.a.O.) erhielten die Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst bis zum Inkrafttreten des Bundesreisekostengesetzes vom 20.3.1965 niedrigere Entschädigungen als planmäßige Beamte ihrer Laufbahn bei Dienstreisen. Die für notwendig erachtete Beibehaltung der "Grenzen der bisherigen Regelung" hat nach der Begründung des Regierungsentwurfs bei Anwendung des Bundesreisekostengesetzes zu "Schwierigkeiten" geführt, weshalb die Abfindung der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst durch Verordnung geregelt werden solle.
Dementsprechend sollten die Ansprüche der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst einerseits nicht durch, sondern nur aufgrund formellen Gesetzes normiert, andererseits aber einer von den Regelungen des Bundesreisekostengesetzes unabhängigen, selbständigen Regelung zugeführt werden, um auf diese Weise der Ausgestaltungskompetenz des Landesgesetzgebers zur Durchsetzung zu verhelfen. Dies hat sich im Wortlaut des § 1 VO und der Systematik der Regelungen des NBG und der Verordnung dergestalt niedergeschlagen, dass die anspruchsbegründende Bestimmung gerade nicht die Regelungen des Bundesreisekostengesetzes, sondern die für Landesbedienstete mit Bezügen geltenden Bestimmungen nach Maßgabe näherer Ausgestaltung durch nachfolgende Regelungen für anwendbar erklärt. Mit dieser Inbezugnahme sollten ersichtlich nicht mittelbar über den Regelungsgehalt des § 98 Abs. 1 NBG erneut die Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes für die Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Anwendung finden. Ein solches Verständnis der Bestimmungen führte zu der im Regierungsentwurf als reformbedürftig erkannten, in dem niedersächsischen Beamtengesetz vom i.d.F.v. 1.6.1967 normierten Rechtslage zurück. In Ansehung des gesetzgeberischen Anliegens entspricht es vielmehr Wortlaut und Systematik der Regelungen, dass § 1 VO den Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Reisekostenvergütung gewährt, wenn und soweit einem Landesbeamten mit Dienstbezügen, der die Reise anstelle des Widerrufsbeamten durchgeführt hätte, ein solcher Anspruch zustünde.
Allein im Rahmen der fiktiven Ermittlung des dem Landesbeamten mit Dienstbezügen zustehenden Vergütungsanspruchs finden die Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes aufgrund des § 98 Abs. 1 NBG Anwendung.
Die von der Begründung des Regierungsentwurfs in den Blick genommenen Bestimmungen des BRKG i.d.F.v. 20.3.1965 (BGBl. I S. 133) enthielten in §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 und 23 Abs. 2 und 3 BRKG auch bereits die den heutigen Regelungen des Bundesreisekostenrechts entsprechenden Normierungen. Verstünde man § 1 VO vor diesem Hintergrund als Rechtsgrundverweisung, so dass vermittels des § 98 Abs. 1 Satz 1 NBG die Bestimmungen des BRKG für die Reisekostenvergütungsansprüche der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst unmittelbar Anwendung fänden, so führte dies in Ansehung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.2.1984 (6 C 46/83, E 69, 24 = [...]) zu § 2 Abs. 2 BRKG, wonach Referendaren zwar Dienstpflichten auferlegt sind, diese aber regelmäßig mangels Übertragung eines konkreten Amts im funktionellen Sinn keine Dienstgeschäfte wahrnehmen, dazu, dass für Reisekostenvergütungen allein § 23 BRKG tatbestandlich einschlägig sein könnte. Dessen für dienstliche Reisen der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst sodann einschlägigen Absätze 2 und 3 räumen dem Dienstherrn jedoch ein weites Ermessen für die Gewährung von Vergütungen sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach ein, so dass es insoweit - entgegen der Grundannahme der Begründung des Regierungsentwurfs - einer eigenständigen landesrechtlichen Regelung nicht bedurft hätte. Ermessenslenkende Richtlinien und Erlasse hätten vielmehr gesetzeskonform "niedrigere Entschädigungen" im Sinn der Begründung der Regierungsvorlage (a.a.O.) vorsehen können, so dass es der Gesetzesänderung nicht bedurft hätte. Dies gilt auch insoweit, als auch Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst bei Übertragung von Dienstgeschäften im Einzelfall (z.B. Wahrnehmung des Sitzungsdienstes der Staatsanwaltschaft durch Referendar) Dienstreisende im Sinn des § 2 BRKG sein können, denn insoweit sollte auch nach der Begründung des Regierungsentwurfs "von der Ermächtigung, die Reisekostenvergütung zu kürzen, kein Gebrauch gemacht werden" (a.a.O., S. 17).
Demgegenüber macht die Begründung des Regierungsentwurfs deutlich, dass die Neufassung des § 98 NBG sowie die auf ihn gestützte Verordnung gerade darauf gerichtet waren, neben Ausbildungs- und Prüfungsreisen i.S.d. § 23 Abs. 2 BRKG auch die Reisekostenvergütung für andere Reisen der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (a.a.O., S. 16, Satz 1 und 2 zu Art. I Nr. 15) abweichend vom bisherigen Recht einschränkend zu regeln und davon allein diejenigen Dienstreisen auszunehmen (a.a.O., S. 17, vorletzter Absatz zu Art. I Nr. 15), die der Wahrnehmung von Dienstgeschäften dienten. Der niedersächsische Gesetzgeber ging somit für das Landesrecht von einer dritten Kategorie von - den §§ 2 ff BRKG unterfallenden - "Dienstreisen" aus, die weder der Wahrnehmung von Dienstgeschäften dienten noch Ausbildungs- und Prüfungsreisen i.S.d. § 23 Abs. 2 BRKG waren, die sich mithin in der oben erörterten Regelungssystematik des BRKG im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) nicht einordnen lassen. Zwar lässt die Begründung des Regierungsentwurfs nicht erkennen, worin die "Schwierigkeiten" der Anwendung des BRKG letztlich begründet waren, doch lässt das Regelungsanliegen die "Grenzen der bisherigen Regelung" beizubehalten nur den Schluss zu, dass diese in einem Normverständnis begründet waren, das für diese dritte Kategorie von "Dienstreisen" einen den Regelungen des Bundesreisekostengesetzes auch in der Höhe entsprechenden Vergütungsanspruch begründete. Dies erklärte sich damit, dass die Rechtsanwender seinerzeit abweichend von der späteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) den Begriff der Dienstreise in einem weiteren Sinn verstanden und dadurch für die Bestimmungen der §§ 2 ff BRKG einen weiteren Anwendungsspielraum sahen. Zwar hätte sich dieses "bundesrechtliche" Normverständnis infolge "geläuterter" Rechtserkenntnis überholt, behielte jedoch für die Auslegung der vorliegend einschlägigen Bestimmungen des niedersächsischen Landesrechts seine Bedeutung. Dass auch der Bundesgesetzgeber jedenfalls Reisen zur Ablegung von Laufbahnprüfungen, wie vorliegend die mündliche Prüfung des zweiten juristischen Staatsexamens, trotz fehlendem Dienstgeschäfts i.S. d. VerwG-Entscheidung als Dienstreisen im Sinn des § 2 BRKG und nicht als Reisen zum Zwecke der Ausbildung oder Fortbildung angesehen hat, weist die amtliche Begründung zum BRKG vom 20.3.1965 zu § 23 Abs. 2 BRKG aus (zitiert nach Meyer/Fricke, Reisekosten im öffentlichen Dienst, § 23, Seite 1).
Dem nach vorstehenden Ausführungen begründeten Anspruch des Klägers auf Gewährung von Reisekostenvergütung gemäß § 1 VO steht auch nicht entgegen, dass er trotz des Hinweises im Schreiben des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, für die Fahrt zum Vorstellungsgespräch könnten wegen angespannter Haushaltslage Reisekosten nicht erstattet werden könnten, ohne diesbezüglichen Widerspruch das Vorstellungsgespräch wahrgenommen hat. Ein konkludenter Verzicht des Klägers auf einen Anspruch auf Reisekostenerstattung ist darin nicht zu sehen (vgl. OVG Münster, 14.10.1975, VI A 1016/73, ZBR 1976, 162). Ein derartiger Hinweis ist auch im übrigen nicht geeignet, einen gesetzlichen Anspruch einzuschränken oder entfallen zu lassen (OVG Münster, a.a.O., S. 161), wie auch das Verhalten des Klägers keinen schwerwiegenden Verstoß gegen die dem Beamten gegenüber dem Dienstherrn obliegende Treupflicht darstellt, weswegen ihm der gesetzliche Anspruch auf Reisekostenvergütung versagt werden könnte (vgl. OVG Münster, a.a.O., S. 162). Ebensowenig stünde die AV des Ministeriums der Justiz vom 9.10.1987 (Nds.Rpfl. S. 246) einem gesetzlich begründeten Anspruch des Klägers entgegen, die zudem vorsieht, dass bei Reisen "zur Ablegung des mündlichen Teils der zweiten juristischen Staatsprüfung" Reisekostenvergütung für die Reise vom Wohnort aus gezahlt wird. Dass das Vorstellungsgespräch Teil der Durchführung der mündlichen Prüfung ist, folgt wiederum aus der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten. Gestützt auf die AV des Ministeriums der Justiz vom 1.9.1994 (Nds.Rpfl. S. 293) zu § 2 NJAVO, wonach der Vorsitzende des Prüfungsausschusses vor jeder Prüfung mit jedem Prüfling Rücksprache hält und die Mitglieder des Prüfungsausschusses darüber informiert, teilt der Beklagte den Prüflingen ausweislich seines Musterschreibens (Der juristische Vorbereitungsdienst in Niedersachsen, Stand: Januar 1999, S. 105) mit, der "Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs (AV zu § 2 NJAVO)" werde "jeweils von den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestimmt" und finde "im Normalfall zu einem besonderen Zeitpunkt vor dem Prüfungstage" statt. Diese Vorgaben hat im vorliegenden Fall der Prüfungsausschussvorsitzende mit seinem Schreiben gegenüber dem Kläger unter Mitteilung von Zeit und Ort des Vorstellungsgesprächs in Wahrnehmung seiner Aufgabe, die mündliche Prüfung des Klägers durchzuführen, umgesetzt. Als Teil der Durchführung dieser mündlichen Prüfung erfolgte deshalb auch dieses Vorstellungsgespräch. In dieser Weise hat der Beklagte die AV bis 1994 auch angewandt und den Referendaren für die Fahrt zum Vorstelllungsgespräch Reisekostenvergütung gewährt. Dass die Verwaltungspraxis des Beklagten seit 1994 mit dem Ziel der Einsparung dahingehend geändert worden ist, dass die AV bei gleichbleibenden Wortlaut nunmehr dahingehend angewandt wurde, dass nur für die Fahrt zum Prüfungstermin selbst, nicht aber für die Fahrt zum Vorstellungsgespräch Reisekostenvergütung gewährt wird, könnte nur anspruchsausschließende Wirkung haben, wenn die einschlägige Rechtsgrundlage dem Dienstherrn Ermessen hinsichtlich der Leistungsgewährung einräumte, wie dies bei § 23 Abs. 2 BRKG der Fall ist. Die vorliegend einschlägige Anspruchsgrundlage des § 1 VO räumt dem Beklagten hingegen kein Ermessen ein, so dass sich die Änderung der Verwaltungspraxis als rechtswidrig und damit unbeachtlich darstellt, so dass sie dem Kläger nicht entgegengehalten werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Zulassung der Berufung erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Specht
Meyer