Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 26.03.2003, Az.: 3 A 218/01

Allimentationsprinzip; Altersteilzeit; Altersteilzeitzulagenverordnung ; Erschwerniszulage; Erschwerniszulagenverordnung; Schichtzulage

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
26.03.2003
Aktenzeichen
3 A 218/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48090
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Anteilige Erschwerniszulage entsprechend Altersteilzeitregelung

Tatbestand:

1

Der Kläger steht als Krankenpfleger im Dienst des Beklagten. Seit dem 01.02.2001 nimmt der Kläger auf seinen Antrag Altersteilzeit im Teilzeitmodell in Anspruch. Daher wurde seine Arbeitszeit auf die Hälfte der vorgesehenen Wochenstunden ermäßigt.

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Im Februar 2001 wurde dann der Altersteilzeitzuschlag erstmalig festgesetzt.

3

Nachdem der ausgezahlte Zuschlag in den Februar, März, April und Mai differierte, erhob der Kläger am 20.04.2001 Widerspruch mit der Begründung, der ATZ-Zuschlag sei falsch, nämlich zu niedrig festgesetzt. Dies führte die Prozessbevollmächtigte im Juni dann weiter aus: Die Zulagen für Wechselschichtdienst und Schichtdienst seien - entgegen der Vorgaben eines Runderlasses des MF und MI - bei der Berechnung des Altersteilzeitzuschlages berücksichtigt worden. Bei korrekter Berechnung stünde dem Kläger ein höherer Altersteilzeitzuschlag zu. Nachdem der Widerspruch trotz Fristsetzung auch im folgenden nicht beschieden wurde, hat der Kläger am 08.10.2002 Klage erhoben.

4

Er begründet diese weitergehend wie folgt, er habe einen Anspruch auf Auszahlung der sich auf 50 bzw. 80 DM belaufenden Schichtzulage in voller Höhe. Die von dem Beklagten praktizierten Reduzierung der Zulage auf die Hälfte widerspräche der Alterteilzeitverordnung und dem Merkblatt über Altersteilzeit für Beamtinnen und Beamte. Danach seien Erschwerniszulagen nämlich entsprechend dem Umfang der tatsächlich geleiteten Tätigkeit zu gewähren. Da er - die wie Vollzeitbeschäftigten - die Zulage nur dann erhalte, wenn er 40 Stunden Nachtarbeit innerhalb 70 (80 DM) bzw. 98 Tagen (50 DM) leiste, müsse sie ihm - wie jenen Vollzeitbeschäftigten - in voller Höhe gewährt werden.

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Der Kläger beantragt,

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ihm die sich auf 50 bzw. 80 DM belaufende Schichtzulage in voller Höhe zu gewähren und die sich für die Vergangenheit ergebende Differenz nachzuzahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verweist auf § 6 Abs. 1 BBesG und ein Urteil des VGH Baden-Württemberg, wonach Teilzeitbeschäftigten in festen Monatsbeträgen gezahlte Zulagen nur zur Hälfte zustünden.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig, aber unbegründet.

11

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf volle Auszahlung der Zulage nicht zu.

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Zunächst ist der Antrag des Klägers gemäß § 88 VwGO auszulegen. Der Formulierung des Antrages liegt die unzutreffende Annahme zugrunde, die Schichtzulage sei in zwei Teile aufgeteilt, 35,79 € (bzw. bei Teilzeitbeschäftigten: 17,90 €) werde als Pauschalsatz allen Beamten, die im Schichtmodell tätig seien, gewährt, wohingegen die übrigen 40,90 € (20,45 €) bzw. 25,56 € (12,78 €), d. h. die Zulage in Höhe von 50 bzw. 80 DM, die der Kläger mit seinem Antrag in voller statt in halber Höhe einfordert, von der Zahl der geleisteten Schichtstunden abhängig sei. In der Realität ist es aber so, dass es sich bei den 35,79 € (17,90 €) um die Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 c EZulVO handelt. Diese wird aus abrechnungstechnischen Gründen den Beamten bereits vorab ausbezahlt, da vorherzusehen ist, dass sie - jedenfalls in dieser niedrigsten Stufe - allen im Schichtbetrieb der Beklagten beschäftigten Beamten zusteht. Rückblickend wird dann - zwei Monate später - die Zahl der Dienststunden ermittelt, die der Beamte in dem betreffenden Monat tatsächlich in der Nachtschicht geleistet hat. Erfüllt er danach die Vorraussetzungen für die Gewährung der Schichtzulage einer höheren Stufe nach § 20 Abs. 2 a bzw. b EZulVO oder gar der Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 EZulVO, so erhält er die Differenz zwischen den bereits vorab gewährten 35,79 € (17,90 €) und der höheren Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 a EZulVO (61,36 (30,68 € )) bzw. der Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 S. 2 EZulVO (76,69 € (38,345 €)) nachgezahlt. Diese (nachträglich auszugleichende) Differenz beläuft sich bei der vollen Zulage nach § 20 Abs. 2 a EZulVO auf 25,57 € (50 DM) bzw. bei der vollen Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 40,90 € (80 DM). Blendet man dieses Missverständnis aus, so ist davon auszugehen, dass das wahre Begehren des Klägers darauf gerichtet ist, bei Erfüllen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 bzw. des § 20 Abs. 2 a,b oder c EZulVO die jeweils gesamte betroffenen Zulage und nicht nur den nachgezahlten Differenzbetrag in voller Höhe (76,69 € bzw. 61,36 €) statt - wie bisher gezahlt - zur Hälfte (38,345 € bzw. 30,68 €) zu erhalten.

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Diese Begehren hat aber keinen Erfolg. Der Kläger hat als ein die Altersteilzeit im Teilzeitmodell ableistender Beamter keinen Anspruch darauf, die Wechselschicht- bzw. Schichtzulage nach § 20 EZulVO in voller Höhe zu erhalten.

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Die dem Kläger zustehenden Dienstbezüge und damit auch die Zulage nach § 20 EZulVO unterliegen während der Dauer seiner Altersteilzeit der verhältnismäßigen Verringerung bzw. Kürzung nach § 6 Abs. 1 BBesG. Danach werden die Dienstbezüge bei Teilzeitbeschäftigung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt. Zur Besoldung gehörende Dienstbezüge sind gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG auch Zulagen und damit grundsätzlich auch Zulagen nach der aufgrund der Ermächtigung in § 47 Satz 1 BBesG erlassenen Erschwerniszulagenverordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 03.12.1998 (BGBl I S. 3497, mit späteren Änderungen). Im Hinblick auf die dem Kläger nach § 20 Abs. 1 und Abs. 4 EZulV zu gewährende Wechselschicht- bzw. Schichtzulage ist eine andere Betrachtungsweise nicht angezeigt. Das Gericht folgt insoweit der den Beteiligten bekannten Entscheidung des VGH Mannheim, in der die Kürzung eben jener hier strittigen Wechselschicht- bzw. Schichtzulage, für rechtens erachtet wurde (VGH Mannheim, Beschl. v. 21.12.1998, 4 S 2623/96, ZBR 1999, 426). Zwar ist diese Zulage in der Fassung der EZulVO vom 03.12.1998 (BGBl I S. 3497) nicht mehr § 22 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 bzw. Abs. 2 a- c EZulVO geregelt, wie in der damals gültigen Fassung vom 01.03.1991 (BGBl I S. 519), sondern nunmehr in § 20 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 bzw. Abs. 2 a- c EZulVO. Mit Ausnahme der Höhe der einzelnen Zulagen entspricht der § 22 der Fassung vom 13.03.1992 jedoch im wesentlichen § 20 EZulVO i. d. F. v. 03.12.1998. Insbesondere die verschiedenen Stufen des Schichtzuschlages (Abs. 2 a bis c) und die Voraussetzungen für die Gewährung der Wechselschichtzulage (Abs. 1) wurden ohne Änderung übernommen.

15

Die beamtenrechtliche Besoldung knüpft an den Grundsatz der Alimentation an. Danach gewährt der Dienstherr dem Beamten und dessen Familie in Form von Dienstbezügen und Hinterbliebenenversorgung einen angemessenen, standesgemäßen Unterhalt, dessen Höhe sich nach dem Alter des Beamten, der Bedeutung seines Amtes und den allgemeinen Lebensverhältnissen richtet. Der Beamte kann damit stets nur die seinem Amt entsprechende Besoldung erhalten, die im einzelnen in besoldungsrechtlichen Vorschriften festgesetzt ist. Unerheblich ist, welche einzelnen Aufgaben er tatsächlich wahrnimmt. Insoweit besteht ein grundlegender Unterschied zum Vergütungsrecht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst. Während deren Vergütung als Gegenleistung für erbrachte Leistungen anzusehen ist, stellt die beamtenrechtliche Besoldung einen Ausgleich zur Pflicht des Beamten dar, seine ganze Persönlichkeit für den Dienstherrn einzusetzen und diesem seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen (BVerfGE 21,329 [BVerfG 11.04.1967 - 2 BvL 3/62]; 31, 253; Fürst; GKÖD, vor § 82 BBG RdNr 14 und § 83 BBG RdNr 18).

16

Vor diesem Hintergrund ist die Regelung des § 6 S. 1 BBesG zu sehen. Erfasst von der Kürzung des § 6 BBesG werden danach all diejenigen Dienstbezüge, die in Bezug zum jeweiligen Beschäftigungsumfang stehen. Zu diesen Dienstbezügen zählt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG auch Zulagen und damit auch die Wechselschicht- bzw. Schichtzulage nach § 20 EZulVO. Diese Zulage teilt damit das Schicksal der übrigen Dienstbezüge. § 6 BBesG geht nämlich von dem auf dem Alimentationsgedanken beruhenden Grundsatz der Einheit der Dienstbezüge aus, der eine Aufspaltung nach einzelnen Besoldungsbestandteilen grundsätzlich nicht zulässt. Denn die Besoldung eines Beamten stellt nicht die Summe getrennt vergüteter Einzelaufgaben dar, sondern einen Ausgleich für die Wahrnehmung der Gesamtheit seiner dienstlichen Funktionen (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 17.11.1992, 1 TE 1317/92, ZBR 1993,271). Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich nur bei - hier nicht gegebenen - besonderen gesetzlichen Regelungen und hinsichtlich der anteiligen Kürzung von Zulagen und Vergütungen aus deren Ausgestaltung und Zweckbestimmung und ihrem sich hieraus zu beantwortenden Bezug zum Beschäftigungsumfang ergeben (vgl. Schwegmann/Summer, BBesG, § 6 RdNr. 7). Dies wäre z. B. vom Arbeitszeitstatus unabhängigen Zulagen, wie etwa der Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten, für Tauchertätigkeit, für Tätigkeiten an Antennen o. ä. der Fall, nicht aber bei der Wechselschichtzulage. Da jene, wenn die Mindestvoraussetzungen für die Gewährung der jeweiligen Stufe nach der EZulVO erfüllt sind, - wie alle Zulagen des 3. Abschnitts des EZulVO - in einem festen Monatsbetrag gewährt wird und damit eine lediglich gewissen Mindesterfordernissen unterliegende pauschale Abgeltung der Erschwernis durch Dienst in Wechselschichten darstellt. Anders als die Zulagen des 2. Abschnittes der EZulVO, die konkret an bestimmte Einzelbelastungen (wie z. B. die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten, die Zulage für Tauchertätigkeit, die Zulage für Tätigkeiten an Antennen o.ä.) anknüpfen und bei denen jede einzelne Stunde der Erschwernis oder jede einzelne Tätigkeit (Tauchgang, zurückgelegte Höhenmeter, Einsatz) gesondert berücksichtigt und abgegolten wird, wird bei der Wechselschicht davon ausgegangen wird, dass die Belastung durch den Dienst in Wechselschichten während eines bestimmten Zeitraumes gleichmäßig vorliegt, ohne dass es bei Erfüllung der Mindestvoraussetzungen (40 Stunden Nachschicht binnen 5 Wochen oder binnen 7 Wochen) im einzelnen auf den jeweiligen tatsächlichen Umfang des Nachtdienstes (nur die geforderten 40, 41, 42 oder gar 80 Stunden) oder den Zeitpunkt seiner Ableistung innerhalb des Zeitraums noch ankäme. Der für eine Anwendung des § 6 BBesG erforderliche Bezug der mit der Wechselschicht- oder der Schichtzulage in den Blick genommenen gleichmäßigen Belastung zum Beschäftigungsumfang liegt somit hinsichtlich der in festen Monatsbeträgen gewährten Zulagen des 3. Abschnittes der EZulVO und damit auch für die Wechselschicht- bzw. Schichtzulagen des § 20 EZulVO vor (vgl. Schwegmann/Summer, a.a.O., RdNr. 7 Nr. 7, VGH Mannheim, Beschl. v. 21.12.1998, 4 S 2623/96, ZBR 1999, 426).

17

Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung der vollen Zulage ergibt sich auch nicht daraus, dass er sich in Altersteilzeit befindet. Zwar ist die Bundesregierung vom Gesetzgeber durch § 6 Abs. 2 BBBesG ermächtigt worden, in den Fällen der Altersteilzeit den Beamten zu den ihnen nach § 6 Abs. 1 BBesG zustehenden Bezügen einen Zuschlag zu gewähren. Die auf Grundlage dieser Ermächtigung erlassene Altersteilzeitzuschlagsverordnung (ATZVO) sieht einen solchen Zuschlag bis zur Höhe von 83 % der in § 2 Abs. 2 ATZV definierten Nettobesoldung im Sinne der ATZV auch vor, die Zulagen wurden dort jedoch ausweislich der für die Berechnung des Altersteilzeitzuschlages nach § 2 Abs. 1 ATZVO maßgeblichen Definition der Brutto- bzw. Nettobesoldung in § 2 Abs. 2 ATZV nicht einbezogen.

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Auch § 2 Abs. 3 ATZVO, wonach steuerfreie Bezüge, Erschwerniszuschläge und Vergütungen nach dem Umfang der tatsächlich geleisteten Tätigkeit gezahlt werden, begründet keine Anspruchsgrundlage für eine Erhöhung der teilzeitbeschäftigten Beamten gemäß § 6 Abs. 1 BBesG grundsätzlich nur zum Teil zustehenden Wechselschichtzulage. Diese Norm soll nach Ansicht des Gerichts nämlich nicht den Beamten, die die Altersteilzeit im Teilzeitmodell ableisten, ein Anspruch auf die volle Zulage einräumen, mit der Folge, dass sie im Verhältnis zu sonstigen Teilzeitbeschäftigten besser gestellt wären. Sie soll vielmehr lediglich klarstellen, dass die Zulagen, die in keiner Beziehung zum Arbeitszeitstatus stehen und deshalb wie dargelegt der durch § 6 Abs. 1 BBesG normierten Kürzung nicht unterfallen wie z. B. die Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten, die Taucherzulage o.ä, der Umfang der tatsächlichen Erschwernis, auch bei den in Altersteilzeit beschäftigten Beamten nach dem Umfang der tatsächlich abgeleiteten Arbeit zu bemessen sind, dass sie mithin insoweit nicht schlechter stehen als die übrigen Beamten.