Amtsgericht Hannover
Urt. v. 20.12.2023, Az.: 553 C 5141/23

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
20.12.2023
Aktenzeichen
553 C 5141/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 47262
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • NJW-RR 2024, 468-470
  • RdW 2024, 203-205

In dem Rechtsstreit
des Herrn ###
Kläger
Prozessbevollmächtigte: ###
gegen
Firma ### GmbH, ###
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: ###
hat das Amtsgericht Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 01.12.2023 durch ### für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 322,77 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 26.04.2023 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger zu 67% und die Beklagte zu 33%.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die jeweils andere vollstreckende Partei vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 789,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Mit der Klage macht der Kläger Minderungsrechte aus einer Pauschalreise gegenüber der Beklagten geltend.

Er buchte für sich und seine Familie (Lebensgefährtin und zwei Kinder) bei der Beklagten eine Flugpauschalreise für zwölf Reisetage und den Zeitraum vom 24.07.2022 bis zum 04.08.2022 zu einem Gesamtreisepreis in Höhe von 5.260,00 Euro von Dresden in den ### Club ### auf Rhodos.

Die Unterkunft verfügte über sechs Swimmingpools mit Aquapark nebst etwa 500 Sonnen- beziehungsweise Poolliegen. Im Bereich der Swimmingpools waren Schilder aufgestellt, die die Verhaltensregeln der ordnungsgemäßen Poolnutzung der Hotel- und Badegäste regelten. Unter anderem war es danach untersagt, Sonnenliegen beziehungsweise Poolliegen zu reservieren beziehungsweise zu blockieren, indem gästeeigene Handtücher für eine längere Zeit als 30 Minuten auf den Liegen platziert und diese dadurch belegt werden, ohne sie tatsächlich zu nutzen. Vielmehr bestand danach das Gebot, die Liegen nach Ablauf der vorgenannten Zeit ohne tatsächliche Nutzung wieder freizugeben. In Wirklichkeit ergriff die Hotelleitung und das Hotelpersonal im Reisezeitraum jedoch keine Maßnahmen, um von Hotelgästen reservierte Sonnen- und Poolliegen frei zu räumen. Vielmehr wurde - entgegen der Beschilderung - eine andere Praxis gelebt und das Reservieren von Sonnen- und Poolliegen durch die Hotelgäste seitens der Unterkunft geduldet.

Der Kläger und seine Familie hielten sich jedoch an die ausgeschilderten Verhaltensregeln zur Nutzung der Swimmingpools und reservierten sich - entgegen anderer Hotelgäste - keine Sonnen- oder Poolliegen mit eigenen Handtüchern, obwohl ihnen dies ohne weiteres möglich gewesen wäre. Im Laufe der Reise rügten sie (erstmals mit E-Mail vom 31.07.2022) gegenüber der Reiseleitung sowie gegenüber dem Hotelpersonal, dass ihnen tagsüber und insbesondere zu den Zeiten des Kinderanimationsprogramms keine Sonnen- oder Poolliege zur Nutzung zur Verfügung stehe und forderten Abhilfe sowie die Einhaltung der ausgeschilderten Poolregeln.

Im Nachgang zur Reise forderte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 04.03.2023 unter erfolgloser Setzung einer Zahlungsfrist bis zum 21.03.2023 sowie erneut mit anwaltlichem Schreiben vom 11.04.2023 bis zum 25.04.2023 zur minderungsbedingten Rückzahlung des anteiligen Reisepreises in Höhe von 789,00 Euro auf. Zudem forderte der Kläger die Beklagte mit anwaltlichen Schrieben vom 11.04.2023 unter erfolgloser Fristsetzung zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 180,88 Euro auf.

Der Kläger behauptet, dass die Beklagte beziehungsweise die Hotelunterkunft zu wenig Sonnen- und Poolliegen bereitgehalten habe, infolgedessen es ihm und seiner mitreisenden Familie nicht möglich gewesen sei, tagsüber vor 16:00 Uhr zumindest eine Pool- oder Sonnenliege zu nutzen.

Die Klage ist der Beklagten am 21.06.2023 zugestellt worden.

Der Kläger beantragt:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 798,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 26.04.2023 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 180,88 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, dass es dem Kläger und seinen Mitreisenden im Rahmen der Pauschalreise nicht möglich gewesen wäre, tagsüber zumindest eine Sonnen- oder Poolliege an einem der Swimmingpools zu nutzen. Sie ist im Hinblick auf die gelebte Praxis der Hotel- und Badegäste, die Liegen mit Handtüchern zu reservieren, der Meinung, dass es sich "eher [um ein] friedliches Wettrennen um die begehrten Plätze am Pool mit dem besseren Ende für den sprichwörtlichen "frühen Vogel"" gehandelt habe, sodass der Kläger und seine Mitreisenden, "ohne jegliche Unannehmlichkeiten befürchten zu müssen, [...] spätabends oder frühmorgens selbst zwei oder mehr Liegen [hätten] besetzen können, [...] sich dem Umfeld/der Situation ohne Weiteres [hätten] anpassen können [...] [o]der [...] eben schmollen und klagen." "Dafür [sei] das Reiserecht jedoch nicht gemacht." Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass sich "möglicherweise nur der Kläger" und seine Mitreisenden an die ausgeschilderten Poolregeln hielten, der Kläger aber nicht mit Sanktionen habe rechnen müssen, "wenn der Kläger abends sein Handtuch auf eine Liege [gelegt hätte oder seine Lebensgefährtin] morgens zum Sonnenaufgang und [e]inzig die deutsche Seele hätte Schaden nehmen können." Die Beklagte meint ferner: "Warum sich das Amtsgericht damit beschäftigen muss, dass der Kläger einerseits seinen Urlaub schmollend verbrachte, ohne dass ihm jemals eine Liege am Pool zur Verfügung stand, dies aber darauf zurückzuführen war, dass es ihm unangenehm war, selbst eine Liege zu reservieren, wie offenbar jeder andere Gast auch, oder einmal ein störendes Handtuch beiseite zu legen, ist ein absolutes Rätsel."

Hinsichtlich der geforderten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten des Klägers ist die Beklagte der Auffassung, dass sie sich zum Zeitpunkt der Mandatierung des klägerischen Rechtsanwaltes noch nicht in Verzug befunden habe und, dass lediglich eine 1,3- anstatt einer 1,5-Geschäftsgebühr abgerechnet werden könne. Sie erklärt sich zudem mit Nichtwissen dazu, dass dem Kläger die geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten in Rechnung gestellt worden seien sowie, dass dem klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht sogleich ein unbedingter Klageauftrag erteilt worden sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der mitreisenden Zeugin Rosenkranz. Zudem hat das Gericht die Parteien informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 01.12.2023 (Bl. 64 bis 71 d. A.). Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die verfahrensleitenden gerichtlichen Entscheidungen.

Entscheidungsgründe

1. Die zulässige Klage ist aus dem Tenor zu Ziffer 1. ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 651a Absatz 1 bis 3, 651i Absatz 1, 2 und 3 Nummer 6, 651m Absatz 1 und 2 BGB im Wege der Reisepreisminderung Zahlung in Höhe von 322,77 Euro verlangen. Im Übrigen ist die geforderte Minderung übersetzt.

Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs auf anteilige Rückerstattung des Reisepreises infolge von Minderung nach dem Pauschalreisemangelgewährleistungsrecht ist, dass die Parteien gemäß § 651a Absatz 1 und 2 BGB einen Pauschalreisevertrag abgeschlossen haben, dass der Reiseveranstalter dem Reisenden die Pauschalreise nicht frei von Reisemängeln verschafft hat, sodass ein Reisemangel vorliegt, § 651i Absatz 1, Absatz 2 und Absatz 3 Nummer 6 BGB und, dass der Reisende bereits mehr als den geminderten Reisepreis gezahlt hat, § 651m Absatz 2 BGB. Für die Minderung und den geminderten Reisepreis gilt dabei gemäß § 651m Absatz 1 BGB, dass sich der Reisepreis nur für die Dauer des Reisemangels mindert und bei der Minderung der Reisepreis in dem Verhältnis herabzusetzen ist, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Pauschalreise in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde, wobei die Minderung, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln ist. Der Reisende ist jedoch nicht berechtigt, Rückerstattung des Reisepreises wegen Minderung zu verlangen, soweit der Reiseveranstalter infolge einer schuldhaften Unterlassung, dass der Reisende dem Reiseveranstalter den Reisemangel unverzüglich angezeigt hat, keine Abhilfe schaffen konnte, § 651o Absatz 2 und Absatz 1 BGB.

Ein Reisemangel ist gemäß § 651i Absatz 2 Satz 1 BGB entweder gegeben, wenn die Pauschalreise nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat (sogenannter subjektiver Reisemangel), oder, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen nicht eignet, ansonsten wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen nicht eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann (sogenannte objektiver Reisemangel), § 651i Absatz 2 Satz 2 BGB. Ein Reisemangel liegt auch vor, wenn der Reiseveranstalter Reiseleistungen nicht oder mit unangemessener Verspätung verschafft (sogenannter Ausfall- oder Verspätungsreisemangel), § 651i Absatz 2 Satz 3 BGB.

Sofern keine ausdrückliche Zusicherung des Reiseveranstalters oder eine explizite Vereinbarung der Vertragsparteien gegeben ist, nach der dem Reisenden eine bestimmte Anzahl von Sonnen- oder Poolliegen zugesichert wird, hat der Reiseveranstalter beziehungsweise der Leistungserbringer für den Reisenden in der Regel lediglich eine zureichende Gesamtanzahl von Pool- und Sonnenliegen im Verhältnis zur Anzahl der (möglichen) Hotel- und Badegäste zur Verfügung zu stellen. Der Reiseveranstalter ist danach nicht verpflichtet, jedem Reisenden jederzeit eine Sonnen- oder Poolliege zur Verfügung zu stellen (vgl. Landgericht Kleve, Urteil vom 25.10.1996 - 6 S 31/96 = NJW-RR 1997, 1140). Da in aller Regel nicht alle Hotelgäste gleichzeitig sonnenbaden oder am Pool liegen wollen, ist es nicht erforderlich, eine der Zahl der Gäste entsprechende Menge von Schirmen und Liegen vorrätig zu halten (vgl. Landgericht Kleve, ebenda). Eine Sonnenliege pro Kopf ist vom Reiseveranstalter im Allgemeinen nicht geschuldet, insoweit eine entsprechende Ausschreibung im Reiseprospekt nicht vorhanden ist (Amtsgericht München, Urteil vom 17. 2. 1999 - 212 C 39735-98 = NJW-RR 1999, 1146 [AG München 17.02.1999 - 212 C 39735/98]). Bei den Sonnenliegen ist es wie mit übrigen Einrichtungen, wie zum Beispiel Tennisplätzen oder anderen Sportplätzen, da sie nur benutzt werden können, wenn sie frei sind (vgl. Amtsgericht München, ebenda). Es besteht keine Veranlassung, den Reiseveranstalter zu verpflichten, dafür zu sorgen, dass die Hotels für jeden der vorhandenen Gäste eine Sonnen- oder Poolliege zur Verfügung stellen, da in aller Regel davon auszugehen ist, dass nicht alle Gäste gleichzeitig eine Sonnen- beziehungsweise Poolliege benutzen wollen, da es innerhalb eines Urlaubs auch noch andere Aktivitäten gibt als auf einer Sonnen- oder Poolliege zu liegen (vgl. Amtsgericht München, ebenda). So stellt es im Allgemeinen keinen Reisemangel dar, wenn die Zahl der vorhandenen Liegen und Sonnenschirme kleiner ist als die Zahl der Gäste, da in aller Regel nicht alle Gäste gleichzeitig sonnenbaden wollen (vgl. LG Kleve, ebenda). Hingegen muss die vorhandene Anzahl der vom Reiseveranstalter beziehungsweis der Leistungserbringerin vorgehaltenen Sonnen- und Poolliege in einem angemessenen Verhältnis zu den Hotelgästen stehen, was bereits bei einem Anteil von 20% anzunehmen ist (vgl. Amtsgericht Duisburg, Urteil vom 21.01.2002 - 53 C 5169/01 = BeckRS 2002, 10531).

Anders kann es sich jedoch im Einzelfall verhalten und es kann einen Reisemangel darstellen, wenn die tatsächlich nutzbare Anzahl der zur Verfügung gestellten Sonnen- und Poolliegen faktisch deshalb unterhalb des vorstehenden angemessenen Verhältnisses sinkt, weil die Sonnen- beziehungsweise Poolliegen defekt, nicht hinreichend gesäubert oder auf andere Umstände zurückzuführen sind, die der Verantwortungssphäre der Reiseveranstalterin beziehungswiese ihrer Leistungserbringerin zuzurechnen sind. Dies kann auch der Fall sein, wenn die tatsächlich unzureichende Nutzbarkeit der vorhandenen Liegen daran liegt, dass andere Hotelgäste entgegen und unter Verstoß der von der Reiseveranstalterin oder ihrer Leistungserbringerin aufgestellten Nutzungs- und Verhaltensregeln zur ordnungsgemäßen Poolnutzung die dort vorhandenen Sonnen- und Poolliegen mit eigenen Handtüchern reservieren und damit belegen, obwohl sie nicht entsprechend der Poolordnung nutzen. Sollte die tatsächlich gelebte Praxis von den bestehenden beziehungsweise aufgestellten Nutzungs- und Verhaltensregeln zur ordnungsgemäßen Poolnutzung vor Ort abweichen oder gar in Widerspruch dazu stehen, ändert dies nichts an der Begründung eines Reisemangels, da es die Reiseveranstalterin beziehungsweise die Leistungserbringerin vor Ort jederzeit selbst in der Hand hat, die Nutzungs- und Verhaltensregeln zur ordnungsgemäßen Poolnutzung unmissverständlich abzuändern, gegenüber sämtlichen Reisenden und Hotelgästen klarzustellen und im Wege des Hausrechtes durchzusetzen; Risiken der Auslegung gehen insoweit zu Lasten des Reiseveranstalters. Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht Sache des Reisenden, selbst für Abhilfe zu sorgen, indem er entweder fremde Handtücher eigenmächtig entfernt oder der ausgehängten Poolordnung selbst zuwiderhandelt. Dies ist bereits deshalb unzumutbar, da zu besorgen ist, dass es in solchen Fällen zu Streitigkeiten zwischen den Reisenden kommt, auf die sich kein Reisender einlassen muss. Hingegen kann im Einzelfall der gegebenenfalls abgeschwächte Schweregrad des Reisemangels im Rahmen der Bestimmung der Minderungsquote angemessen berücksichtigt werden.

Gemäß § 286 ZPO sind an den Grad der gerichtlichen Überzeugung von der Wahrheit einer behaupteten Tatsache zwar keine unerfüllbaren Anforderungen zu stellen, insbesondere ist keine absolute Gewissheit erforderlich und es muss auch nicht jede Möglichkeit des Gegenteils ausgeschlossen werden, sondern es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 16.04.2013 - VI ZR 44/12 = NJW 2014, 71 m. w. N.).

Gemessen an diesen Maßstäben liegen die vorstehenden Voraussetzungen zur Rückerstattung des Reisepreises wegen Minderung im aus dem Tenor zu Ziffer 1. ersichtlichen Umfang vor:

So verbindet die Parteien eine Pauschalreise für den Reisezeitraum vom 24.07.2022 bis zum 04.08.2022 (12 Reisetage) zu einem Gesamtreisepreis in Höhe von 5.260,- Euro.

Zudem steht nach dem Vorstehenden sowie aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin Rosenkranz nebst informatorischer Anhörung des Klägers sowie der Beklagten unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die gegebene Reise des Klägers und seiner Familie deshalb mit einem Reisemangel behaftet war, weil für diese tagsüber im Ergebnis unzureichend genügend Pool- und Sonnenliegen zur Nutzung zur Verfügung standen.

So haben der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung sowie die Zeugin Rosenkranz in ihrer Vernehmung übereinstimmend und deckungsgleich angegeben, dass es ihnen mit Ausnahme des letzten Tages gegen 17:00 Uhr nicht möglich gewesen sei, täglich nach dem Frühstück ab etwa 09:00 Uhr beziehungsweise 09:30 Uhr eine einzige Poolliege zu erhalten, weil keine der Poolliegen mehr frei gewesen sei, die nicht entweder belegt, durch Handtücher anderer Badegäste "reserviert" oder, die defekt gewesen seien. Diese Schilderungen und Bekundungen sind auch glaubhaft. So hat der Kläger lebensnah geschildert und eingeräumt, dass die tatsächliche Auslastung der vorhandenen Poolliegen, die von Hotelgästen genutzt wurden, bei etwa 30% bis 40% gelegen habe, die Nutzung der übrigen und zahlreichen Poolliegen jedoch nicht möglich gewesen sei, da diese entweder gerissen und defekt gewesen oder durch Handtücher anderer Hotelgäste reserviert und belegt gewesen seien. Dies hat die Zeugin ebenso bestätigt. Sie haben zudem unabhängig voneinander ähnliche Zeiten in Bezug auf den von ihnen wahrgenommenen "Run" auf die Poolliegen im "Reservierungskrieg" um die Poolliegen und im Ergebnis übereinstimmend angegeben, dass keine der Poolliegen mehr frei gewesen seien als sie dort mit der Familie nach dem Frühstück gegen 09:30 Uhr erschienen seien. Die Bekundungen und Angaben der Zeugin und des Klägers blieben auch auf Nachfrage in sich konsistent und leben von Realitätskennzeichen. So gaben sie übereinstimmend an, sich aufgrund der vor Ort ausgeschilderten Poolordnung nicht an der danach untersagten Reservierungspraxis des Belegens der Poolliegen mit eigenen Handtüchern beteiligt zu haben, obwohl es ihnen ohne weiteres möglich gewesen sei. Stattdessen gaben sie an, sich bei der Hotelleitung und dem Hotelpersonal über diese Praxis beschwert und auf die Einhaltung der Poolordnung bestanden zu haben, ohne dass das Hotel jedoch Abhilfemaßnahmen ergriffen habe. Zudem gab der Kläger an, sich mit der Familie statt einer Liege mehrfach einen Bistrostuhl habe teilen und sich damit in die Sonne am Pool habe setzen müssen, was die Zeugin bestätigte. Die Angaben des Klägers sowie die Bekundungen der Zeugin entsprechen im Übrigen und Wesentlichen auch der vom Kläger in seiner Klageschrift beigefügten Anlage K2 (Bl. 9f. d. A.), in der er den Verlauf der Situation um die Nutzbarkeit der Poolliegen dokumentierte.

Nach diesen Feststellungen handelt es sich bei den für den Kläger sowie seinen Mitreisenden nicht zureichend zur tatsächlichen Nutzung bereitgestellten Sonnen- und Poolliegen gemäß § 651i Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 BGB um einen objektiven Reisemangel, da es bei Pauschalreisen der gleichen Art nicht üblich ist und die Reisenden nach der Art der Pauschalreise erwarten konnten, dass entweder die ausgeschilderten Verhaltens- und Poolregeln, wonach die gegebene Reservierungspraxis in Bezug auf die Liegen untersagt war, von Seiten des leistungserbringenden Hotels spätestens auf Aufforderung des Klägers hin und mit der Folge durchgesetzt werden würden, dass ihm eine Poolliegennutzung ermöglicht worden wäre, oder sie hätte den Kläger auf die tatsächliche Nichtgeltung der ausgeschilderten Poolordnung hinweisen und diese vor Ort sichtbar unkenntlich machen müssen, um der Gefahr von aber auch die Befürchtung vor Konflikten zwischen den Reisenden und anderen Hotelgästen im Zusammenhang mit der Reservierungspraxis und Maßnahmen der Selbstabhilfe wirksam zu begegnen. Denn andernfalls setzt sich die Beklagte als Reiseveranstalterin beziehungswiese ihre Leistungserbringerin in Widerspruch mit ihrem eigenen Verhalten. Zur Überzeugung des Gerichts steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme darüber hinaus fest, dass dem Kläger und seinen Mitreisenden aufgrund der der ausgeschilderten Poolordnung zuwidergehandelten Reservierungspraxis faktisch keine angemessene Anzahl an Pool- und Sonnenliegen im Verhältnis zu den Hotelgästen mehr zur Verfügung stand, da nach den insofern ebenfalls übereinstimmenden Angaben und Bekundungen des Klägers sowie der Beklagten keine Fluktuation oder ein Wechsel an tagsüber freiwerdenden Sonnenliegen gegeben war, der zumindest einen Bereich erreicht hätte, der 20% der vorhandenen Sonnenliegen im Verhältnis zu den Hotelgästen ohne Reservierungspraxis betroffen hat. Vielmehr konnten der Kläger sowie seine Mitreisenden im minderungsrelevanten Zeitraum keine Liege nutzen, ohne gegen die ausgeschilderte Poolordnung zu verstoßen.

Der Kläger kann für diesen Reismangel den Reisepreis jedoch nur ab dem Zeitpunkt seiner erstmaligen Anzeige mindern, da sich dieser als behebbar darstellt und er der Beklagten damit erst ab der Anzeige eine konkrete Abhilfemöglichkeit gab, § 651o Absatz 1 und 2 BGB. Namentlich kann der Kläger den Reisepreis für den Mangel für den Zeitraum vom 31.07.2022 bis zum 04.08.2022 (vier volle Reisetage und ein Abreisetag) mindern.

Das erkennende Gericht schätzt den Wert der Pauschalreise in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen mangelbehafteten Wert auf 322,77 Euro Minderung, zu dem der Reisepreis herabzusetzen ist, § 651m Absatz 1 BGB in Verbindung mit § 287 ZPO.

Gemäß § 287 Absatz 1 ZPO sind an den Grad der gerichtlichen Überzeugungsbildung in Fällen, in denen die [Minderungs- oder] Schadenshöhe beziehungsweise der Umfang [der Minderung] oder des Schadens in Streit steht, geringere Anforderungen zu stellen; es genügt insoweit, wenn sich das Gericht im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Absatz 1 ZPO bei der Feststellung über die Höhe [der Minderung oder] des Schadens eine Überzeugung bilden kann, die den vom Gericht anzunehmenden [Minderungs-] oder Schadensumfang überwiegend Wahrscheinlichkeit macht, sofern das Wahrscheinlichkeitsurteil auf gesicherten Grundlagen beruht (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.1990 - VI ZR 291/89 = NJW 1991, 1412). Die Vorschrift des § 287 Absatz 1 Satz 2 ZPO stellt darüber hinaus die Beweiserhebung in das (pflichtgemäße) Ermessen des Gerichts; dies bedeutet, dass das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO an Beweisanträge nicht gebunden ist (BGH, ebenda). Den zur Herstellung objektiv erforderlichen (ex ante zu bemessenden) Betrag hat das Gericht gemäß § 287 Absatz 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 17.9.2019 - VI ZR 396/18 = NJW 2020, 236 Rn. 10 m. w. N.). Die Bemessung der Höhe des [minderungsbedingten Rückerstattungs-] oder Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des dabei nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters (BGH, ebenda). Bei der Bemessung der [Minderungs- oder] Schadenshöhe hat der Tatrichter dann allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Absatz 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zu Grunde liegen müssen (BGH, Urteil vom 22.7.2014 - VI ZR 357/13 = NJW 2014, 3151 Rn. 17 m. w. N.). Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 287 Absatz 1 ZPO ergibt, darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (BGH, ebenda).

Gemessen an diesen Maßstäben veranschlagt das Gericht für den Reisemangel 15% Minderung des jeweiligen Tagesreisepreises (4x 15% x 478,18 Euro + 1x 15% x 239,09 Euro = 322,77 Euro). Dabei hat sich das Gericht an den etwa 20% bis 25% Reisepreisminderung orientiert, die in der Regel zugesprochen werden, wenn die Bademöglichkeit und Nutzung des Swimmingpools oder des Strandes überhaupt nicht möglich ist (vgl. AG Köln (Abteilung 314), Urteil vom 02.10.2007 - 134 C 314/07 = BeckRS 2008, 7609; Landgericht Koblenz, Urteil vom 24. Juli 2002 - 12 S 23/02 -, juris Rz. 3; Amtsgericht Bad Homburg, Urteil vom 13.08.2002 - 2 C 2747/01 = NJW-RR 2003, 347). Da im gegebenen Fall eine Bademöglichkeit gegeben und die Nutzung des Pools jedoch möglich war, hingegen die Nutzung einzelner, wenn auch wesentlicher Einrichtungsgegenstände des Pools aufgrund der Reservierungspraxis mangelbedingt nicht zumutbar möglich war, war das Baden für die Reisenden nicht entfallen, sondern beeinträchtigt. Hingegen hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass es dem Kläger und seiner mitreisenden Familie im minderungsrelevanten Zeitraum bis auf die letzte Stunde am Abreisetag nicht möglich war, die Sonnen- und Poolliegen mangelfrei zu nutzen, obwohl sie aufgrund der ausgeschilderten Poolordnung erwarten durften, dass von Seiten des Hotels und der Leistungserbringerin Abhilfe geschaffen würde, worin sie jedoch enttäuscht worden sind.

2.a. Dem Kläger steht kein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch auf Erstattung seiner Rechtsverfolgungskosten der geforderten Anwaltsgebühren aus vorgerichtlicher Tätigkeit gemäß §§ 280 Absatz 1, 249 Absatz 1 BGB, §§ 651i Absatz 1 bis 3 Nummer 7, 651n, 249 Absatz 1 BGB oder §§ 280 Absatz 2, 286 Absatz 1 und 2, 249 Absatz 1 BGB zu.

Vielmehr kann er seine insofern entstandenen Rechtsverfolgungskosten allenfalls mittels seines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach §§ 91ff. ZPO als Verfahrensgebühr im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend machen.

Denn für das Entstehen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs und der Gebühr aus vorgerichtlicher Tätigkeit (Geschäftsgebühr) kommt es darauf an, ob der Rechtsanwalt zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche beauftragt und der Prozessauftrag allenfalls bedingt erteilt worden ist, oder ob ein unbedingter Klageauftrag vorliegt (BGH, Urteil vom 07.05.2015 - III ZR 304/14 = NJW 2015, 3782, Rn. 35 m. w. N.). Hat der Rechtsanwalt von Anfang an einen unbedingten Klageauftrag erhalten, fallen auch die Tätigkeiten vor Erhebung der Klage allein unter die Verfahrensgebühr nach Nummer 3100 VV-RVG (BGH, ebenda).

So liegt es hier. Denn der Kläger hat sich auf den Einwand der Beklagten nicht dazu erklärt, ob er seinem Prozessbevollmächtigten von vornherein unbedingten oder lediglich bedingten Klageauftrag erteilt hat, sodass er seine Nebenforderung nicht hinreichend schlüssig dargelegt hat und insofern von einem unbedingten Klageauftrag auszugehen ist, § 138 Absatz 3 ZPO.

b. Darüber hinaus kann der Kläger von der Beklagten die von ihm beantragten Zinsen aus einem Betrag in Höhe der begründeten Hauptforderung gemäß §§ 280 Absatz 2, 286 Absatz 1, 288 Absatz 1, 247 BGB verlangen, da er die Beklagte spätestens mit Schreiben vom 11.04.2023 unter Fristsetzung bis zum 25.04.2023 zur Zahlung aufgefordert und damit in Verzug gesetzt hat, die Beklagte seitdem aber nicht gezahlt hat.

Im Übrigen kann der Kläger keine Zinsen verlangen. Denn mangels insofern begründeter Hauptforderung stehen dem Kläger weder ein Zinsanspruch gemäß §§ 280 Absatz 2, 286, 288 Absatz 1, 247 BGB noch Prozesszinsen gemäß §§ 288 Absatz 1, 291 BGB ab Rechtshängigkeit zu.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 Satz 1 Fall 2 ZPO und bemisst sich am jeweiligen (verhältnismäßigen) Unterliegen am fiktiven Streitwert in Höhe von 969,88 Euro (Summe der Haupt- und Nebenforderung ohne Zinsen). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.

4. Die Festsetzung des Kostenstreitwerts beruht auf §§ 48 Absatz 1, 43, 63 Absatz 2 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.

Sommer