Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 08.05.2023, Az.: 535 C 3617/23
Hinreichend deutliche Bezeichnung des Antragsgegners i.R. des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung betreffend eine Wohnungsräumung
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 08.05.2023
- Aktenzeichen
- 535 C 3617/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 23414
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 253 Abs. 2 ZPO
- § 750 ZPO
In dem Rechtsstreit
Herrn ###
Antragsteller
Prozessbevollmächtigte: ###
gegen
Frau ###
Antragsgegnerin
hat das Amtsgericht Hannover am 08.05.2023 durch den Richter am Amtsgericht Skeries
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 27.04.2023 wird zurückgewiesen.
- 2.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
- 3.
Der Wert des Streitgegenstandes für die Gerichtsgebühren wird auf bis zu 5000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der von der Antragsgegnerin personenverschiedenen, namentlich nicht näher bezeichnete Dritte verpflichtet werden, eine Wohnung zu räumen und an den Antragsteller herauszugeben.
Der Antragsteller erwirkte gegen die Antragsgegnerin einen Räumungstitel (Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hannover vom 28.02.2023 - 516 C 8309/22) in Bezug auf die Wohnung ###straße ###, Hannover, zweites Obergeschoss rechts. Nach Erlass des Versäumnisurteils stellte der Kläger fest, dass sich in der vorbezeichneten Wohnung weitere Personen aufhalten und dort wohnen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Antragstellers wird auf die Antragsschrift vom 27.04.2023 nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig.
1. Auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung muss den allgemeinen Anforderungen nach § 253 Abs. 2 ZPO genügen, mithin den Antragsgegner hinreichend deutlich bezeichnen (vgl. BeckOK ZPO/Mayer, 48. Ed. 1.3.2023, ZPO § 920 Rn. 1; ferner BGH, Beschluss vom 13.07.2017 - I ZB 103/16, juris, Rn. 8 ff., dort unter dem Gesichtspunkt des § 750 Abs. 1 ZPO). Dies setzt insbesondere eine namentliche Bezeichnung des Antragsgegners voraus (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, ZPO § 940a Rn. 26 m.w.N. zur Gegenauffassung). Die Zulassung eines "Titels gegen Unbekannt" (vgl. Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663; Geißler, DGVZ 2011, 37, 40), eines "Titels gegen den, den es angeht" (vgl. Lisken, NJW 1982, 1136, 1137 [LG Krefeld 30.07.1981 - 5 O 303/81]) oder eines "lagebezogenen" Titels (so Majer, NZM 2012, 67, 70) ist mit der geltenden Rechtslage nicht vereinbar (BGH, Beschluss vom 13.07.2017 - I ZB 103/16, juris, Rn. 18; s. aber Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 935 Rn. 4 m.w.N. zur Gegenauffassung). Daran ändert auch die Vorschrift des § 940a Abs. 2 ZPO nichts. Zwar zielt sie auf eine effektive Durchsetzung eines Räumungsanspruchs insbesondere bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten des Mieters ab (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, ZPO § 940a Rn. 5 m.w.N.). Sie stellt dafür aber lediglich einen besonderen Verfügungsgrund bereit, ändert hingegen nicht allgemeinen Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO (so im Ergebnis auch Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, ZPO § 940a Rn. 26).
2. Diesen Vorgaben einer hinreichend deutlichen Bezeichnung der Antragsgegner genügt der hiesige Antrag nicht.
a) Soweit im Antrag als Antragsgegnerin Frau ### bezeichnet ist, geht dies fehl. Antragsgegner einer auf § 940a Abs. 2 ZPO gestützten einstweiligen Verfügung ist gerade nicht der im bestehenden Räumungstitel bezeichnete Vollstreckungsschuldner, sondern ein Dritter (vgl. MüKoZPO/Drescher, 6. Aufl. 2020, ZPO § 940a Rn. 14). Selbst wenn als Antragsgegner die "in der Wohnung [...] befindliche[n] Dritte[n]" gemeint sein sollten, ist die Bezeichnung unzureichend. Der Antrag zielt insoweit auf den Erlass eines Titels "für den, den es angeht", ab. Denn insoweit werden sämtliche zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt in der Wohnung befindliche Personen bezeichnet. Abgesehen davon, dass mangels zeitliche Konkretisierung insoweit bereits nicht klar, welche Personen gemeint sein sollen, reicht es nicht aus, dass sich Dritte einfach nur in der Wohnung aufhalten, ihr Wohnbesitz muss dem Gerichtsvollzieher, der das vor Ort zu überprüfen hat, vielmehr tatsächlich vermittelt werden (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, ZPO § 940a Rn. 5).
b) Der Antragsteller ist insoweit auch nicht schutzlos gestellt. Der Gerichtsvollzieher ist gem. § 750 ZPO zur Identitätsfeststellung der anwesenden Personen jedenfalls insoweit verpflichtet ist, als er die Identität des Titelschuldners ermitteln muss. Weitergehend muss er feststellen und dokumentieren, ob andere anwesende Personen Besitz haben oder sich dessen berühmen; auch hierzu gehört zumindest der Versuch der Identitätsfeststellung, da der Besitz sich an konkreten Umständen festmachen muss. Scheitert die Identitätsfeststellung durch den Gerichtsvollzieher dennoch, kommt eine einstweilige Verfügung gegen den Mieter auf entsprechende Auskunftserteilung in Betracht, denn der Vermieter kann vom Mieter aus einer Nebenpflicht des Mietvertrages Auskunft darüber verlangen, welchen Dritten er die Mietsache überlassen hat. Zwar handelt es sich um eine Leistungsverfügung. Sie ist aber (ausnahmsweise) zulässig, um die Räumungsverfügung gem. § 940a Abs. 2 ZPO effektiv zu machen; die gesetzgeberische Wertung in § 940a Abs. 2 ZPO hat insofern Rückwirkungen auf §§ 935, 940 ZPO (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, § 940a ZPO Rn. 28). Scheitert auch dies oder ist aussichtlos, dürfte schließlich eine Räumung, jedenfalls aber eine Identitätsfeststellung nach dem Polizei- und Ordnungsrecht in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.07.2017 - I ZB 103/16, juris, Rn. 19).