Oberlandesgericht Celle
v. 21.06.2000, Az.: 9 U 144/99

Vertragsschluss von Freiberuflern mit ihren Mandanten bzw. Patienten ausßerhalb des normalen Mandats; Persönliche Haftung eines Gesellschafters; Eigenwirtschaftliche Nutzung von Bürogegenständen durch Geschäftsführer; Normative Auslegung des Parteiwillens; Erbringung von Gewährleistungen für Programmfehler; Anspruch auf Erstattung einer Abschlagszahlung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.06.2000
Aktenzeichen
9 U 144/99
Entscheidungsform
Teilurteil
Referenz
WKRS 2000, 23166
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2000:0621.9U144.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 07.06.1999 - AZ: 10 O 2/98

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 2000, 217-220

Redaktioneller Leitsatz

Der Vertrag über die Gewährung eines Darlehens eines Freiberuflers an seinen Mandanten ist unwirksam, weil die berufliche Unabhängigkeit, zu deren Wahrung der Freiberufler auch gegenüber dem Mandanten verpflichtet ist, dadurch nachhaltig beeinträchtigt wird.

In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S. und
die Richter am Oberlandesgericht Dr. W. und Prof. Dr. A.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2000
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 7. Juni 1999 teilweise abgeändert und vorbehaltlich der noch ausstehenden Entscheidung über die restliche Klageforderung in Höhe von 15.265 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. September 1997 wie folgt neu gefasst:

    1. a.

      Das Vorbehaltsurteil des Amtsgerichts Achim vom 1. März 1996 bleibt unter Fortbestand seiner Vorbehaltloserklärung aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass Jahreszinsen in Höhe von 9,25 % vom 1. August 1994 bis zum 23. Juni 1995 und seit dem 24. Juni 1995 in Höhe von 4 % geschuldet sind. Die weiter gehende Zinsforderung wird abgewiesen.

    2. b.

      Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 86.514,61 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. September 1997 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    3. c.

      Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 5.034,16 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Dezember 1997 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Widerklage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Klageforderungen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 86.514,61 DM abzuwenden, soweit die Klägerin nicht zuvor ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat. Die Sicherheitsleistung darf auch durch Stellung einer unwiderruflichen, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

  4. 4.

    Beschwer für den Beklagten: mehr als 60.000 DM, Beschwer für die Klägerin: 22.330,16 DM.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht verschiedene Ansprüche geltend, die aus dem Gesellschaftsvertrag, der zwischen dem Beklagten und den übrigen Gesellschaftern der Klägerin abgeschlossen worden war, sowie aus sonstigen vertraglichen Beziehungen im Rahmen des Gesellschafts- und Geschäftsführerverhältnisses resultieren. Der Beklagte war Geschäftsführer der Klägerin und ist jetzt Geschäftsführer der E. GmbH in A., der die Klägerin den Streit verkündet hat.

2

Unstreitig ist der Beklagte verpflichtet, seine restliche Stammeinlage in Höhe von 8.500 DM zu zahlen. Dagegen hat er erstinstanzlich ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, weil die übrigen Gesellschafter ihre Stammeinlage ebenfalls nicht geleistet hätten. Insoweit ist der Beklagte durch Vorbehaltsurteil vom 1. März 1996 zur Zahlung nebst 9,25 % Zinsen seit dem 1. August 1994 verurteilt worden.

3

Die Klägerin hat behauptet, die übrigen Gesellschafter hätten die Stammeinlage gezahlt. Weitere Ansprüche ergäben sich aus einer vertraglichen Vereinbarung über eine Mitbenutzung von Büromobiliar gegen eine monatliche Pauschale von 500 DM zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer und hälftiger Abschreibungsbeträge, aus Untervermietung von Räumen über Bürofläche im Hause A., O., in Höhe von 1.950 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, aus hälftiger Bezahlung von Personalkosten für den Mitarbeiter M. in Höhe von nach einer Aufrechnung verbleibenden 3.647,81 DM, aus einem Verkauf von zwei Softwareprogrammpaketen in Höhe von 203.840,40 DM, aus unberechtigter Einlösung eines Schecks der Firma t.-r. in Höhe von 15.657,03 DM und als Ersatz für beim Auszug des Beklagten mitgenommene Bürogegenstände in Höhe von 5.589 DM abzüglich vom Beklagten anerkannter 2.195,35 DM. Daraus hat die Klägerin einen klagerweiternd geltend gemachten Gesamtbetrag von 313.256,08 DM nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen errechnet.

4

Die Klägerin hat ferner Auskunft über Geschäfte des Beklagten über Software in der Zeit vom 1. Januar 1990 bis 31. Oktober 1993 wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsverpflichtungen in seiner Eigenschaft als ihr früherer Geschäftsführer begehrt.

5

Die Klägerin hat beantragt,

  1. 1.

    das Vorbehaltsurteil des Amtsgerichts Achim für vorbehaltlos zu erklären;

  2. 2.

    an sie 313.156,80 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  3. 3.

    Auskunft über Geschäfte über Computer-Software in der Zeit vom 1. Januar 1990 bis 31. Oktober 1993 zu erteilen, die Vertrage darüber und die vom Beklagten erstellten Rechnungen vorzulegen und erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben an Eides statt zu versichern;

  4. 4.

    die Widerklage abzuweisen.

6

Der Beklagte hat beantragt,

  1. 1.

    das Vorbehaltsurteil aufzuheben und auch im übrigen die Klage abzuweisen;

  2. 2.

    widerklagend,

    1. a.

      an ihn 9.600 DM zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer nebst 8,5 % Zinsen auf 2.400 DM seit dem 1. Januar 1993 und auf 4.800 DM seit dem 1. Januar 1994 und auf 2.400 DM seit dem 1. Juli 1995 zu zahlen;

    2. b.

      an ihn weitere 72.208,92 DM zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Der Beklagte hat zu seiner am 12. Februar 1997 erhobenen ersten Widerklage vorgetragen, aus einem Mietvertrag vom 1. Januar 1990 über diverse Maschinen könne er 10.580 DM abzüglich eines zurückgenommenen Betrages von 460 DM verlangen.

8

Diesem Anspruch gegenüber hat die Klägerin mit verschiedenen Forderungen die unbedingte Aufrechnung erklärt: (1) mit einem unbestrittenen Kaufpreiszahlungsanspruch auf Grund der Übernahme eines Mazda 626 zum Preise von 6.900 DM beim Ausscheiden des Beklagten als Geschäftsführer, (2) mit einem teilweise unbestrittenen Ausgleichsanspruch wegen der Bezahlung von Finanzierungsraten für den Mazda in den Monaten Dezember 1993 bis Februar 1994, (3) mit einem Anspruch über die Bezahlung von Programmierleistungen in Höhe von 4.830 DM auf der Grundlage einer am 7. September 1994 geschlossenen Rahmenvereinbarung, die der Beklagte für formnichtig hält, weil hinsichtlich des darin enthaltenen Verkaufs seines Gesellschaftsanteils eine notarielle Vereinbarung erforderlich gewesen sei, und (4) mit einer hälftigen Forderung wegen Personalkosten des Angestellten M. auf der Grundlage von vier Rechnungen vom 31. Dezember 1993.

9

Mit einer 2. Widerklage vom 28. April 1997, die teilweise die erste Widerklage ersetzte, hat der Beklagte weitere 15.000 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangt. Davon habe er 13.817,18 DM als Darlehen gewährt, das über 150.000 DM am 30.5.1991 gewährt worden sei und dessen Valuta aus einem Darlehen der Sparkasse in Bremen stamme. Weitere 1.182,82 DM seien aus der Aufrechnung der Klägerin gegenüber der ersten Widerklage offen. Die Klägerin hat das Darlehen als eigenkapitalersetzend angesehen und sich überdies auf einen Rückzahlungsverzicht in der Rahmenvereinbarung vom 7. September 1994 gestützt.

10

Eine dritte Widerklage vom 30. Dezember 1997 hat der Beklagte in Höhe von 58.727,08 DM auf Darlehensrückzahlung gestützt und in Höhe von 13.481,84 DM auf in der Zeit von 1990 bis 1993 nicht ausgezahlte Geschäftsführergehälter. Dem ist die Klägerin mit der Behauptung entgegengetreten, das Geschäftsführergehalt sei eigenkapitalersetzend gewesen; zudem habe der Beklagte nach einem Gesellschafterbeschluss vom 20. Oktober 1992 für die Monate Oktober bis Dezember 1992, aber auch im übrigen auf Gehalt verzichtet.

11

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Widerklage als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Stammeinlage habe der Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht, weil die Stammeinlagen der übrigen Gesellschafter eingezahlt worden seien.

12

Die Nutzungsvergütung für Geräte und Büroeinrichtung nebst Abschreibungsanteil könne bis zum 31. Dezember 1995 verlangt werden, also in Höhe von 44.158,19 DM, da es trotz des Auszugs des Beklagten zum 30. Mai 1995 nicht zu einer Mietaufhebungsvereinbarung gekommen sei und die vertragliche Pflicht zur Beteiligung des Beklagten an der jährlichen Abschreibung durch die Aussagen der Mitgesellschafter N. und V. bewiesen sei. Ein Eintritt der E. GmbH in den Vertrag sei mangels Beweisantritts nicht feststellbar.

13

Begründet sei der Erstattungsanspruch wegen der Büroraummiete bis zum 31. Dezember 1995. Auf danach geschuldete 58.305 DM habe der Beklagte 17.940 DM geleistet, sodass 40.365 DM verblieben.

14

Begründet sei die Erstattungsforderung über hälftige Personalkosten für den Mitarbeiter M.. Von den angefallenen 5.861,18 DM verlange die Klägerin nur 3.647,18 DM, sodass nicht entscheidungserheblich sei, ob weitere 2.213,98 DM durch Aufrechnung der Klägerin gegenüber der ersten Widerklage erloschen seien.

15

Unbegründet sei der Zahlungsanspruch wegen der Programmpakete in Höhe des Betrages von 203.840,40 DM. Der Anspruch sei nach der eigenen Rechnungstellung der Klägerin gegen die E. GmbH gerichtet.

16

Begründet sei der Bereicherungsanspruch wegen des Schecks der Firma t.-r. in Höhe von 15.657,03 DM. Diese Schecksumme habe sich nach schriftlicher Auskunft der Firma t.-r. auf die Projekte R., Gütersloh und Eckernförde bezogen und somit auf die Jahre 1990 bis 1992, sodass die interne Übernahmevereinbarung anlässlich des Ausscheidens des Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin, die sich auf Umsätze ab 1. November 1993 beziehe, nicht einschlägig sei.

17

Die Übernahme von Gerätschaften und Unterlagen beim Auszug des Beklagten sei zu Zeitwerten und nicht zu Buchwerten zu vergüten, also in Höhe von 5.589 DM abzüglich eines Differenzbetrages von 340,79 DM = 5.248,21 DM begründet, wie sich aus der Aussage V. ergebe.

18

Danach könne die Klägerin 109.075,61 DM verlangen. Der für erledigt erklärte negative Feststellungsantrag bezüglich des widerklagend erhobenen Darlehensrückzahlungsanspruchs sei begründet gewesen, weil der Beklagte keinen Rückzahlungsanspruch gehabt habe. Der Auskunftsanspruch sei begründet, weil der Beklagte gegen den Geschäftsführervertrag (GA I 171) verstoßen habe, indem er unter Einschaltung des Subunternehmers M. M. 3.450 DM und 12.650 DM gegenüber der S. Fleisch- und Kühlzentrale abgerechnet habe.

19

Die Forderung der ersten Widerklage über brutto 10.580 DM sei wegen berechtigter Aufrechnungen der Klägerin über 14.366 DM erloschen. Der Gegenanspruch der Klägerin wegen des Mazda (6.900 DM) und dessen Finanzierung (2.636 DM) sei unstreitig bzw. hinsichtlich der behaupteten Tilgung durch Scheckzahlung für November 1993 auf Grund der Aussage N. nicht bewiesen. Programmierleistungen könne die Klägerin auf Grund der Rahmenvereinbarung vom 7. September 1994 in Höhe von 4.830 DM verlangen; die Vereinbarung habe nicht der Form des § 15 Abs. 4 GmbHG bedurft.

20

Der Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 15.000 DM als Gegenstand der zweiten Widerklage und in Höhe von 58.727,08 DM als Gegenstand der dritten Widerklage sei wegen des Verzichts auf die Rückzahlung gem. Nr. 13 der Rahmenvereinbarung und wegen des durch Gesellschafterbeschluss vom 29. April 1994 (GA Bl. 136) vereinbarten eigenkapitalersetzenden Charakters nicht begründet.

21

Der Gehaltszahlungsanspruch in Höhe von 13.481,84 DM stehe dem Beklagten nicht zu, weil er darauf im Gesellschafterbeschluss vom 20. Oktober 1992 (GA Bl. I 206) verzichtet habe und weil das Stehenlassen des Betrages als eigenkapitalersetzendes Darlehen vereinbart worden sei.

22

Hiergegen wendet sich der Beklagte in eingeschränktem Umfang; er begehrt nunmehr, die Klage abzuweisen, soweit sie über die Stammeinlagenforderung hinausgeht, und verlangt widerklagend nur noch die Zahlung eines Betrages von 72.208,92 DM. Er akzeptiert die Zahlungsverpflichtung für die Stammeinlage, die anteilige Tragung der Kosten für den Mitarbeiter M. (3.647,18 DM) sowie den Kaufpreis für diverse Geräte (5.248,21 DM).

23

Er bestreitet die Höhe der Verzugszinsen auf die Stammeinlageforderung.

24

Der Anspruch auf Nutzungsvergütung für die EDV-Geräte und die Büroeinrichtung sei für die Jahre 1993 und 1994 gem. § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB in Verb. mit § 13 Abs. 3 GmbHG, §§ 6 Abs. 1, 344 Abs. 1 HGB verjährt. Im Übrigen sei Schuldnerin allein die E. GmbH, was auch die Klägerin selbst mit einem entsprechenden Mahnantrag und mit einer Forderungsaufstellung ihres Gesellschafters V. (GA I 161 f.) zum Ausdruck gebracht habe. Die Würdigung der Zeugenaussagen N. und V. sei fehlerhaft. Der Höhe nach seien die Abschreibungsbeträge überhöht, wie sich aus einer auf 1993 bezogenen Aufstellung im Besitz des Beklagten ergebe; mehr als 1.274,62 DM seien danach nicht gerechtfertigt. Die Büroflächenuntermiete sei nur von der E. GmbH geschuldet. Demgemäß habe die Klägerin auch auf diese Gesellschaft die Rechnungen und den Mahnbescheid ausgestellt. Übersehen habe das Landgericht auch, dass das Entgelt gem. § 4 Nr. 12 UStG 1993 umsatzsteuerfrei sei. Der Scheck der Firma t.-r. stehe dem Beklagten zu, da er nach der Vereinbarung im Innenverhältnis auch für die zurückliegende Zeit die Umsätze habe zugeordnet erhalten sollen. Dementsprechend habe er entsprechend einer Verweisung der Kundin durch die Klägerin an ihn auch selbst die Gewährleistung für Programmfehler ausgeführt.

25

Das vorbereitende Auskunftsbegehren scheitere daran, dass der Hauptanspruch gem. § 43 Abs. 4 GmbHG verjährt sei; die isolierte Auskunftsklage habe den Verjährungslauf nicht unterbrochen. Der Gesellschafter V. sei auch mit der persönlichen Übernahme der Aufträge einverstanden gewesen, weil wegen der prekären Lage der Gesellschaft anders der Lebensunterhalt nicht zu verdienen gewesen sei. Davon habe er seine Ehefrau anschließend unterrichtet. Schließlich sei dem Beklagten für die Jahre 1991 und 1992 Entlastung erteilt worden.

26

Hilfsweise rechnet der Beklagte in nachstehender Reihenfolge auf:

27

Vermietung verschiedener Gegenstände, deren Mietzinsanspruch ab Januar 1993 Gegenstand der Widerklage sei, rückwärts beginnend von Dezember 1992 bis November 1991 über 8 × 570 DM = 4560 DM und 6 × 456 DM = 2.736 DM;

28

darlehensweise Zahlung einer Überbrückungshilfe in Höhe von 30.000 DM am 24. August 1990, als die Klägerin vorübergehend keine Verbindlichkeiten begleichen konnte;

29

Zahlung einer Abschlagsrechnung des Programmierers M. gegen die Klägerin in Höhe von 10.000 DM am 20. September 1990 zur Vermeidung eines Tätigkeitsabbruchs während eines laufenden Auftrages.

30

Die Widerklage wird auf gestaffelt geltend gemachte Forderungen gestützt.

31

Anerkannt habe die Klägerin einen Mietzinsanspruch für die Monate ab Januar 1993 (GA Bl. I 76 f.) in Höhe von 10.580 DM, der entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht durch Aufrechnung erloschen sei. Der Kaufpreis für den Mazda sei als Nettobetrag bereits unstreitig getilgt, worden. Die Aufrechnung betreffe danach 900 DM Umsatzsteuer für den Mazda, 2.636 DM Finanzierungskosten und 2.213 DM Personalkosten M. = 5 749,98 DM, was dem Beklagten einen aufrechnungsfreien Rest von 4.830,02 DM belasse. Eine weiter gehende Aufrechnung mit einem Vergütungsanspruch für Programmierleistungen scheitere an der Formnichtigkeit der zu Grunde liegenden Rahmenvereinbarung vom 7. September 1994, die nicht bloß eine Absichtserklärung über den Verkauf des GmbH-Anteils des Beklagten enthalte, sondern nach dem Besprechungen vom 31. August und 7. September 1994 bereits als dessen endgültige Verpflichtungserklärung gemeint gewesen sei.

32

Wegen der Formnichtigkeit sei auch der Verzicht auf die Darlehensrückzahlung unwirksam. Als ungetilgter Darlehensrest werde zumindest ein Betrag von 81.864,24 DM geschuldet. Das Darlehen sei nicht mehr eigenkapitalersetzend. Es sei Sache der Klägerin, die Fortdauer der eigenkapitalersetzenden Funktion darzulegen. Unzureichend sei die entsprechende pauschale Behauptung der Klägerin, die zudem unwahrscheinlich sei, weil der Gesellschafter V. seinen Sohn als dritten Gesellschafter habe aufnehmen lassen, was nicht geschehen wäre, wenn das Überleben der Gesellschaft vom Fortbestand eines 1991 gewährten Darlehens abhänge. Der Beklagte werde zudem von Informationen über Gesellschaftsinterna abgeschnitten. Die Zuerkennung einer Forderung von mehr als 120.000 DM durch das Landgericht sei als Aktivposten zu bilanzieren, sodass eine etwaige rechnerische Überschuldung spätestens dadurch entfalle.

33

Das Geschäftsführergehalt für die Monate Oktober bis Dezember 1992 sei vom Beklagten bereits von der Gehaltsforderung über insgesamt 66.000 DM abgesetzt und die Gehaltsforderung daher auf 46.187,48 DM reduziert worden, was das Landgericht übersehen habe. Das Zahlenwerk GA Bl. I 198 der Klägerin sei überdies unrichtig: Eine Zahlung über 5.143,34 DM vom 18. August 1992 gebe es nicht. Vielmehr habe er im Juli, August und September 1992 kein Geld erhalten; diese Vergütung sei erst rückwirkend im Oktober und im November 1992 gezahlt worden.

34

Die Widerklageforderung werde auf den Mietzins (4.830,02 DM), den Erstattungsanspruch aus dem Darlehensvertrag vom 30. Mai 1991 (64.457,10 DM) sowie - als erstrangigen Teilbetrag - auf den anerkannten (GA Bl. I 198) Gehaltsrückstand von 2.921,80 DM und nachrangig auf die verbleibende Gehaltsdifferenz von 10.560,04 DM gestützt.

35

Der Beklagte beantragt,

  1. 1.

    das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und

    1. a.

      das Vorbehaltsurteil des AG Achim vom 1. März 1996 - 10 C 1415/95 - teilweise aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, mehr als 8.500 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. August 1994 zu zahlen;

    2. b.

      die weiter gehende Klage in vollem Umfang abzuweisen;

    3. c.

      die Beklagte auf die Widerklage zu verurteilen, an den Kläger 72.208,92 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Dezember 1997 zu zahlen;

  2. 2.

    als Sicherheit im Rahmen des § 711 ZPO die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse zuzulassen.

36

Die Klägerin beantragt unter Ausklammerung ihres erstinstanzlich gestellten Auskunftsbegehrens, zu dem sie keinen Berufungsgegenantrag stellt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen, im Falle der (möglichen) Revisibilität eines Berufungsurteils außerdem anzuordnen, dass eine zur Ermöglichung oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheit auch durch die Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten und unwiderruflichen Bürgschaft einer europäischen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse geleistet werden darf.

37

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

38

Für die Büroeinrichtung schulde der Beklagte noch mindestens 44.158,19 DM. Die Rüge einer Entscheidung durch die Kammer in nach der Beweisaufnahme geänderter Besetzung gehe fehl, weil die Parteien sich mit einer derartigen Entscheidung einverstanden erklärt hätten. Die Ausstellung der Rechnungen auf die E. GmbH ab 1994 habe auf einem ausdrücklichen Wunsch des Beklagten beruht, der dafür zum Ausgleich persönlich habe mithaften wollen. Eine befreiende Schuldübernahme, die der Beklagte zu beweisen habe, habe nicht stattgefunden. Die Auflistung der Abschreibungsbeträge und der betroffenen Gegenstände sei richtig. Die Addition ergebe 27.137,43 DM, wovon die Hälfte zuzüglich Mehrwertsteuer auf den Beklagten entfalle. Eine gewerbsmäßig Vermietung sei nicht erfolgt, sodass auch keine Verjährung eingetreten sei; entsprochen worden sei nur einem einmaligen und Ausnahme gebliebenen Mitbenutzungswunsch des Beklagten. Hilfsweise würden die Beträge gegen die Widerklageforderungen des Beklagten aufgerechnet.

39

Der Beklagte sei persönlich Untermieter gewesen und geblieben; er sei auch nach Gründung der E. GmbH nicht aus seiner Verpflichtung entlassen worden. Die Mehrwertsteuer sei geschuldet, weil der Klägerin von ihrer Optionsmöglichkeit Gebrauch gemacht habe und Mehrwertsteuer ihrerseits abgeführt habe.

40

Die Vereinbarung über die Betreuungsübernahme der Firma t.-r. habe nur für die Zukunft gelten sollen.

41

Auskunft über Eigengeschäfte sei auch weiterhin geschuldet. Ein Einverständnis mit derartigen Geschäften, von denen der Geschäftsführer V. keine Kenntnis gehabt habe, habe es nicht gegeben. Nebenbeschäftigungen hätten der Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung bedurft. Von den Eigengeschäften hätten die Gesellschafter der Klägerin erst im Herbst, also nach dem Entlastungsbeschluss vom 22. Juni 1995, erfahren. Auch bei Verjährung des Hauptanspruchs sei dieser weiterhin zur Aufrechnung gegenüber Darlehensansprüchen geeignet, deren sich der Beklagte bereits jetzt berühme und die nach künftiger Gesundung der Klägerin und damit verbundenem Wegfall des eigenkapitalersetzenden Charakters realisierbar seien. Zur Vorbereitung auf diese Rechtslage bedürfe es jetzt der Auskunftserteilung. Bis zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs werde gegenüber den Widerklageansprüchen ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht.

42

Die Zahlung von 30.000 DM an die Klägerin im August 1990 sei in dem eigenkapitalersetzenden Darlehen über insgesamt 150.000 DM enthalten, auf das der Beklagte verzichtet habe.

43

Für eine Zahlung von 10.000 DM an Herrn M. im Jahre 1990 habe kein Anlass bestanden. Er sei nur geringfügig beschäftigt gewesen und habe niemals in einer Größenordnung Aufträge ausgeführt, die angesichts monatlicher Zahlweise eine Abschlagszahlung von 10.000 DM gerechtfertigt hätte; bestritten werde auch die Zahlung.

44

Gegen die Mietforderungen des Beklagten in Höhe von 10.580 DM rechnet die Klägerin mit eigenen Ansprüchen über 14.227,18 DM auf, sodass ein Restanspruch für die Klägerin in Höhe von 3.647,18 DM verbleibe. Diese Aufrechnungsforderungen setzten sich zusammen aus 5.861,18 DM Erstattung anteiliger Personalkosten M., 2.636 DM Erstattung für den Beklagten verauslagter Beträge, 900 DM Umsatzsteuer für den PKW und 4.830 DM pauschaliertes Entgelt für Programmierleistungen auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung. Die Rahmenvereinbarung sei wirksam. Allen Beteiligten sei bewusst gewesen, dass die Übertragung der Geschäftsanteile der notariellen Form bedurft hätte und daher nur eine Absichtserklärung skizziert worden sei. Außerdem seien die übrigen Vereinbarungen isoliert von der Geschäftsanteilsübertragung gewollt gewesen. Das Darlehen habe weiterhin eigenkapitalersetzenden Charakter, da die Klägerin bei Rückzahlung des behaupteten Darlehensbetrages überschuldet wäre.

45

Bestritten werden offene Gehaltsforderungen in Höhe von 10.560 DM sowie die zur Berechnung genannten Beträge von 66.000 DM und 46.187,48 DM. Infolge des Verzichts auf Gehälter im 4. Quartal 1992 hätten dem Beklagten für 1992 brutto 9 × 6.000 DM = 54.000 DM zugestanden, woraus sich der ausgezahlte Betrag von 46.828,98 DM ergebe. Streitig sei nur die Auszahlung eines Betrages von 5.143,34 DM, den der Beklagte am 18. August 1992 durch Barauszahlung der Volksbank Oyten erhalten habe.

46

Wegen des weiter gehenden Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

47

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Soweit die Klage schon entscheidungsreif ist, ist sie bis auf einen Teil der Zinsforderung, das Auskunftsbegehren und die auf die Mietzinsforderung gestützte Hilfsaufrechnung begründet; ausgeklammert bleiben der auf die Büromiete entfallende Mehrwertsteueranteil in Höhe von 5.265 DM und die im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachte behauptete Abschlagszahlung an den Programmierer M. in Höhe von 10.000 DM. Die Widerklage, deren Antrag (1c des Berufungsantrages) eine durch Auslegung zu korrigierende klar erkennbare Vertauschung der Parteirollen enthält, ist weitgehend unbegründet.

48

I.

Klage

49

1.

Zahlung der Stammeinlage

50

Das Vorbehaltsurteil des Amtsgerichts Achim ist im Haupttenor aufrechtzuerhalten, weil die Forderung begründet ist; eine Tilgung durch Aufrechnung scheitert am Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG. Der Beklagte akzeptiert den Zahlungsanspruch einschließlich des aus § 20 GmbHG folgenden Anspruchs auf Verzugszinsen nunmehr auch und bestreitet nur noch die Höhe der geltend gemachten Verzugszinsen. Die in der Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Zinsbescheinigungen, zu denen der Beklagte in Ausnutzung der ihm eingeräumten Schriftsatzfrist Stellung nehmen konnte, decken den im Vorbehaltsurteil in Höhe von 9,25 % ausgeurteilten Zinssatz nur teilweise. Im übrigen ist nur der gesetzliche Zinssatz von 4 % (§ 288 BGB) geschuldet, sodass die weiter gehende Zinsforderung abzuweisen war.

51

Nach der undatierten Bankbescheinigung der Volksbank Oyten eG hat die Klägerin ein Darlehen über 8.500 DM nur in der Zeit vom 1. August 1994 bis zum 23. Juni 1995 in Anspruch genommen. Die bescheinigten Zinsen in Höhe von 12 % reichen über den Klageantrag hinaus.

52

Das Darlehen, das unter dem Datum des 23. Juni 1995 zeitgenau anschließend zwischen der Klägerin und ihrer Steuerberatersozietät N. und A. abgeschlossen sein soll, ist nach dem unkommentiert vorgelegten Vertragstext nicht wirksam vereinbart. Die Steuerberatungssozietät hatte die Gesellschaftsform einer BGB-Gesellschaft. Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 709 Abs. 1, 714 BGB können die Gesellschafter Verträge nur gemeinschaftlich handelnd schließen. Davon hat die Rechtsprechung beim Vertragsschluss von Freiberuflern mit ihren Mandanten bzw. Patienten zwar in Bezug auf die Erbringung der freiberuflichen Leistung eine Ausnahme zu Gunsten der Einzelvertretung gemacht (vgl. BGHZ 56, 357 [BGH 06.07.1971 - VI ZR 94/69];  83, 330 [BGH 21.04.1982 - IVa ZR 291/80];  97, 277 [BGH 25.03.1986 - VI ZR 90/85]; BGH WM 1990, 191 [BGH 17.10.1989 - XI ZR 158/88]), jedoch diese Abweichung von der gesetzlichen Regelung aus der Verkehrsauffassung entnommen. Eine entsprechende Verkehrsauffassung besteht nicht für sonstige Vertragsschlüsse wie z. B. Darlehensverträge, die mit der beruflichen Betätigung nicht einmal indirekt etwas zu tun haben. Den Vertrag vom 23. Juni 1995 hat für die Steuerberatersozietät allein deren Gesellschafter A. unterzeichnet. Der weitere Gesellschafter V. hat für die Klägerin gehandelt. Wäre er gleichzeitig für die Steuerberatersozietät aufgetreten, wäre der Vertrag nach § 181 BGB unwirksam. Es mag dahinstehen, ob der Vertrag nicht auch wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB unwirksam ist, weil die Gewährung von Darlehen eines Freiberuflers an seinen Mandanten die berufliche Unabhängigkeit, zu deren Wahrung der Freiberufler auch gegenüber dem Mandanten verpflichtet ist (vgl. dazu für Rechtsanwälte A., Anwaltsrecht, 1996, Rz. 221 ff.), nachhaltig beeinträchtigt.

53

Der Darlehensvertrag vom 31. Januar 1997, der zwischen Frau W. und der Klägerin geschlossen worden sein soll, und dessen ungewöhnliche Formulierung hinsichtlich der Sicherheitsleistungen auffallend ist, lässt nicht erkennen, dass das Darlehen überhaupt valutiert. Daher ist nicht ersichtlich, dass bzw. für welche Zeiträume der vereinbarte Zins geschuldet ist.

54

2.

Nutzungsvergütung für EDV-Geräte

55

Der Anspruch ergibt sich aus dem - nur einseitig unterzeichneten - Vertrag GA Bl. I 126 und ist bei einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 1995 in Höhe der errechneten 44.158,19 DM begründet.

56

a)

Der Anspruch ist nicht gem. § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB verjährt. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit ist in gleicher Weise zu interpretieren wie im Handelsrecht. Danach müsste die Vermietung auf Dauer angelegt, nämlich für eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften geplant, und von der Absicht getragen sein, aus derartigen Vermietungsvorgängen Einnahmen zu erzielen. Daran fehlt es bei einem Gelegenheitsgeschäft, wie es im Streitfall gegeben ist; eine Vermietung ist nur wegen der besonderen Konstellation der eigenwirtschaftlichen Mitnutzung durch den Beklagten als damaligem Geschäftsführer der Klägerin erfolgt. Unerheblich ist, dass die Klägerin als Kapitalgesellschaft unter die Formkaufleute fällt und damit einen Gewerbebetrieb unterhält, sodass Leistungen, die ihr gegenüber erbracht werden, im Sinne der Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB als Leistungen gegenüber dem Gewerbebetrieb eines Zahlungspflichtigen Schuldners anzusehen wären.

57

b)

Schuldner der Nutzungsvergütung ist der Beklagte; er kann die Klägerin nicht an die E. GmbH verweisen. Das Landgericht hat dies zutreffend den Aussagen der Zeugen N. und V. entnommen. Dieses Beweisergebnis steht in Einklang mit der Lebenserfahrung, dass ein Schuldner im Geschäftsleben nicht ohne besonderen Grund im Wege befreiender Schuldübernahme aus der Haftung für Verbindlichkeiten entlassen wird. Die vom Beklagten in zweiter Instanz vorgelegte Unterlagen (Mahnbescheid der Klägerin gegen die E. GmbH und entsprechende Rechnung) lassen sich ohne weiteres mit einer Schuldmitübernahme erklären, ohne dass der Senat über die etwaige Mitschuld der E. GmbH zu befinden braucht. Der Umstand, dass der Beklagte erstinstanzlich ein Schriftstück auf Briefkopfpapier der Klägerin vorgelegt hat (GA Bl. I 158), wonach die E. GmbH dem Beklagten als Schuldübernehmerin folgen sollte, dieses Schriftstück aber nicht unterzeichnet worden ist, spricht mit besonderem Gewicht gegen die Behauptung des Beklagten, er sei im Wege befreiender Schuldübernahme aus seiner Haftung entlassen worden.

58

c)

Die Höhe der Abschreibungsbeträge ist nicht zu beanstanden. Sie sind in der Aufstellung genannt, die im Schriftsatz der Klägerin GA Bl. I 119 enthalten ist und die für 1994 und 1995 einen AfA-Anteil von jeweils 15.603,78 DM angibt. Das Bestreiten dieser Beträge bezieht sich auf die erfassten Abschreibungsobjekte. Es ist insoweit nicht hinreichend substantiiert, weil es dem Beklagten angesichts seines eigenen Wissens und der Aufklärungsschwierigkeiten der Klägerin zuzumuten war, zum Umfang seiner tatsächlichen Nutzung näher vorzutragen. Der Beklagte hat sein Bestreiten erstinstanzlich auf eine angeblich in seinem Besitz befindliche Liste gestützt, die er jedoch nicht vorgelegt hat. Auch wenn man das Bestreiten bis zur Berufungsbegründung wegen mangelnder erstinstanzlicher Substantiierung des Klägervortrags noch als ausreichend ansehen wollte, war der Beklagte doch zu einer näheren Spezifizierung der tatsächlich genutzten Gegenstände genötigt, nachdem die Klägerin mit der Berufungsbeantwortung eine spezifizierte Liste (GA Bl. II 166 ff.) vorgelegt hatte. Der Beklagte hat sich darauf beschränkt, in seinem Schriftsatz vom 15. März 2000 unter Berufung auf das Zeugnis seiner Ehefrau die Objekte aus der Liste der Klägerin zu benennen, die er weder selbst noch über die E. GmbH genutzt haben will. Da er alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war, kontrollierte er damit für die Klägerin, welche Bürogegenstände der Klägerin er außerhalb seiner dienstvertraglichen Verpflichtungen eigenwirtschaftlich nutzte. Die nunmehrigen Geschäftsführer der Klägerin können den Umfang dieser Nutzung zum Zwecke des Prozessvortrags nur aus schriftlichen Unterlagen rekonstruieren. Mit der Zurückhaltung seines positiven Wissens und der bei ihm vorhandenen Unterlagen behindert der Beklagte in gegen § 138 Abs. 2 ZPO verstoßender Weise die Beschaffung des Prozessstoffes.

59

3.

Büromiete

60

a)

Auch hinsichtlich des Büromietzinses in Höhe von restlichen 40.365 DM greift der Einwand des Beklagten, Schuldnerin sei die ESC GmbH geworden, nicht durch. Die angegebenen Indizien (Forderungsaufstellung des Gesellschafters V. GA Bl. I 161 f. und Mahnbescheid gegen die E. GmbH) sprechen nicht für eine den Beklagten befreiende Vertragsübernahme, während die Nichtunterzeichnung des Vertragsentwurfs GA Bl. I 158 als deutliches Gegenindiz anzusehen ist.

61

b)

Der Ansatz von Umsatzsteuer ist gerechtfertigt, wenn die Klägerin für die Zahlung von Umsatzsteuer optiert hat. Die entsprechende Behauptung der Klägerin hat der Beklagte erst in seinem Schriftsatz vom 15. März 2000 bestritten Die Klägerin hat noch Gelegenheit, dazu schriftliche Unterlagen vorzulegen, die die Einholung der beantragten Auskunft des zuständigen Finanzamtes erübrigen. Insoweit ist die Klage in Höhe von 5.265 DM (= 15 % aus brutto 40.365 DM, GA Bl. I 120) noch nicht entscheidungsreif.

62

4.

Scheck t.-r.

63

Dem Beklagten steht die von ihm eingezogene Scheckforderung über 15.657,03 DM gegen die t.-r. International GmbH nicht zu, da die zu Grunde liegenden Leistungen, die im Schreiben der t.-r. vom 23. Juni 1995 erläutert sind (GA Bl. I 200, Rechnungen 201 ff.), von der Klägerin erbracht worden sind und die Abgrenzungsvereinbarung der Parteien keine anderweitige Zuordnung getroffen hat. Die beiderseits unterzeichnete Vereinbarung vom 1. Oktober 1993 (GA Bl. I 163) spricht davon, dass der Beklagte die Betreuung zum 1. November 1993 übernehme. Das ist eine zukunftsgerichtete Formulierung. Nach Nr. 2 der Vereinbarung sollten die "daraus resultierenden Umsätze" dem Beklagten zugeordnet werden. Dies spricht bei normativer Auslegung des Willens der Parteien gegen einen Rückbeziehungswillen. Gegenindiz ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, dass er die Gewährleistung für Leistungen aus der Zeit vor dem 1. November 1993 übernommen haben will, da er Anlass hatte, die betreffenden Kunden ungeachtet mangelnder eigener Rechtsverpflichtung zur Erhaltung einer andauernden Kundenbeziehung zufrieden zu stellen. Die Erbringung von Gewährleistungen für Programmfehler würde im übrigen - wirtschaftlich bewertet - im Innenverhältnis zur Klägerin nicht zum Einbehalt der vollen Schecksumme berechtigen. Dass die Parteien ein wirtschaftlich derart unsinniges Ergebnis vertraglich vereinbart haben sollten, ist fern liegend und spricht gegen die Auslegung, die der Beklagte der Vereinbarung geben will. Zwar wäre das Ergebnis normativer Vertragsauslegung durch einen entgegenstehenden übereinstimmenden tatsächlichen Willen der Parteien zu überwinden. Eine Beweisaufnahme zur Feststellung dieses vom Beklagten behaupteten Willens kommt jedoch nicht in Betracht. Angesichts der zuvor genannten Gegenindizien war der Beklagte zu einem substantiierten Prozessvortrag gezwungen, bei welcher Gelegenheit und aus welchen wirtschaftlichen Überlegungen die Vertragsparteien diesen angeblichen Willen gebildet und erklärt haben sollen und weshalb sie zu dessen verständlicher schriftlicher Fixierung angesichts ihrer beruflichen Vertrautheit mit der deutschen Sprache und mit der Bedeutung von Urkunden nicht imstande waren; mangels entsprechenden Vortrags ist die Behauptung ins Blaue hinein aufgestellt.

64

5.

Auskunftsbegehren

65

Der Auskunftsanspruch ist nicht gegeben, worüber durch Versäumnisurteil zu entscheiden war, weil die Klägerin insoweit keinen Berufungsgegenantrag gestellt hat. Über die Geltendmachung des Anspruchs liegt kein Beschluss der Gesellschafterversammlung vor. Im übrigen scheitert der Anspruch als vorbereitender Hilfsanspruch auch daran, dass der zugehörige Hauptanspruch, nämlich Schadensersatzforderungen gegen den Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin, weder aktiv noch im Wege der Aufrechnung durchsetzbar ist. Der Hauptanspruch ist mangels Rechtshängigkeit nach § 43 Abs. 4 GmbHG verjährt und daher aktiv nicht mehr zu verfolgen. Beachtlich sein könnte zwar die Aufrechnungsmöglichkeit gegen den vom Beklagten behaupteten Darlehensanspruch, der aus Sicht der Klägerin erst künftig, nämlich nach Wegfall des eigenkapitalersetzenden Charakters des Darlehens, fällig werden soll. Indes ist ein derartiger Darlehensrückzahlungsanspruch nicht gegeben, weil der Beklagte darauf in der Rahmenvereinbarung vom 7. September 1994 (GA Bl. I 82 f., Nr. 13) wirksam verzichtet hat.

66

Die Rahmenvereinbarung ist trotz der Position Nr. 6 über die Abgabe der GmbH-Anteil zum Preise von 15.000 DM als wirksam anzusehen. Es handelt sich bei diesem Text, obwohl er im Gegensatz zu anderen maschinenschriftlich verfassten Texten über die Abwicklung des Ausscheidens des Beklagten nur handschriftlich formuliert ist, nicht bloß um eine vorbereitende Arbeitsskizze. Dass eine Verbindlichkeit gewollt war, ist der Unterschrift aller drei Gesellschafter und der Datierung gleich beider Blätter der zweiseitigen Urkunde zu entnehmen.

67

Ein Wirksamkeitshindernis ist nicht in der Dissensvermutungsregel des § 154 Abs. 1 BGB zu sehen. Nr. 6 der Vereinbarung ist allerdings offenkundig unvollständig, weil nur die Höhe des Kaufpreises festgelegt worden ist, nicht aber die Person des Erwerbers bzw. der Erwerber und deren Anteilshöhe. Als bloße Teilregelung kann es sich insoweit nur um einen Vorvertrag gehandelt haben. Das Ergebnis der Auslegungsregel wird durch den Willen der Vertragsparteien überwunden, die Teilabreden bereits isoliert als, verbindlich in Geltung zu setzen. Dafür spricht, dass es sich um disparate Trennungsregelungen handelt, die im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Beklagten als Geschäftsführer notwendig getroffen werden mussten. Sie sind, wie der Wortlaut der Überschrift "Rahmenvereinbarung" zeigt, nur äußerlich zusammengefasst worden. Das ließe zwar theoretisch die Möglichkeit bestehen, durch Offenhaltung des Verpflichtungscharakters Abschlussdruck im Hinblick auf das Zustandebringen einer Gesamtvereinbarung zu erzeugen, statt für abgeschichtete Teilregelungen vorzeitig eine rechtsgeschäftliche Verbindlichkeit vorzusehen. Jedoch wäre es dann überflüssig gewesen, die Teilregelungen der handschriftlichen Vereinbarung durch die Angabe von Abschlussort und Abschlussdatum auf jeder Seite sowie durch die Unterschriften mit Urkundscharakt er auszustatten.

68

Die Wirksamkeit der Rahmenvereinbarung scheitert auch nicht an dem Formerfordernis des § 15 Abs. 4 GmbHG in Verb. mit § 125 BGB. Der Vorvertrag über die Verpflichtung zur Übertragung des GmbH-Anteils war zwar seinerseits formbedürftig (vgl. nur Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 15 Rz. 14). Die Formunwirksamkeit der Regelung in Nr. 6 der Rahmenvereinbarung erstreckt sich entgegen der Auslegungsregel des § 139 BGB aber nicht auf die weiteren Punkte der Vereinbarung, weil die Parteien diese Teilregelungen aus den schon zu § 154 Abs. 1 BGB angeführten Gründen isoliert gelten lassen wollten.

69

6.

Hilfsaufrechnung des Beklagten

70

a)

Der Anspruch auf Mietzins aus der Vereinbarung vom 1. Januar 1990/15. Juni 1992 (GA Bl. II 123 f.) für die Monate November 1991 bis Dezember 1992 in Höhe von gesamt 7.296 DM, der für die Zeit ab 1. Januar 1993 Gegenstand der Widerklage ist, wird von der Klägerin nicht bestritten und ist zur Aufrechnung geeignet.

71

b)

Das Rückzahlungsverlangen über das behauptete Darlehen, das am 24. August 1990 in Höhe von 30.000 DM gewährt worden sein Soll, scheitert an dem Verzicht, der in Position 13 der Rahmenvereinbarung vom 7. September 1994 enthalten ist und zu dem vorstehend bereits Stellung genommen wurde. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob das Darlehen über 30.000 DM in dem Gesamtdarlehen über 150.000 DM enthalten ist. Die Aufrechnungsforderung besteht somit nicht.

72

c)

Ob der Beklagte einen Anspruch auf Erstattung einer Abschlagszahlung in Höhe von 10.000 DM besitzt, die er nach seiner zweitinstanzlich erstmals aufgestellten Behauptung an den Programmierer M. aus eigenen Mitteln geleistet haben will, ist durch Beweisaufnahme zu klären. Insoweit ist die Klage noch nicht entscheidungsreif.

73

7.

Zinsen

74

Die vorstehend zuerkannten entscheidungsreifen Teile der Klageforderung (ohne Vorbehaltsurteilssumme) belaufen sich auf 86.514,61 DM (109.075,61 DM abzüglich 5.265 DM Mehrwertsteuer, abzüglich 7.296 DM aufgerechneter Mietzins, abzüglich 10.000 DM Abschlagszahlung M.). Sie sind in der gesetzlichen Höhe (§ 288 BGB) mit 4 % pro Jahr ab Zustellung des Schriftsatzes vom 18. September 1997 (29. September 1997, GA Bl. I 138) zu verzinsen. Ein höherer Zinssatz ist nicht dargetan (vgl. oben zu I 1).

75

II.

Widerklage

76

1.

Mietzinsforderung ab Januar 1993

77

Der vom Beklagten geltend gemachte Mietzinsanspruch ist dem Grunde und der Höhe nach (10.580 DM) unstreitig. Er ist jedoch bis auf einen Betrag von 0,02 DM durch Aufrechnung der Klägerin mit ihr zustehenden Forderungen getilgt. Unstreitig kann die Klägerin 900 DM Umsatzsteuer für den Mazda verlangen, ferner 2.636 DM Finanzierungskosten sowie 2.213,98 DM Personalkosten für den Mitarbeiter M. aus einem Gesamtbetrag von 5861,18 DM, dessen Rest bereits in der Klage berücksichtigt ist. Daraus ergibt sich ein Aufrechnungsbetrag von 5.749,98 DM. Begründet ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch die Aufrechnung der Klägerin mit dem Vergütungsanspruch für Programmierleistungen in Höhe von 4.830 DM, der aus der wirksamen Rahmenvereinbarung vom 7. September 1994 (Position Nr. 5) folgt.

78

2.

Darlehensforderung über 81.864,24 DM

79

Der Darlehensanspruch ist wegen des in der Rahmenvereinbarung erklärten Verzichts nicht gegeben; wegen der Wirksamkeit der Vereinbarung wird auf die Ausführungen zur Klage Bezug genommen. Auf die etwaige Fortdauer des eigenkapitalersetzenden Charakters des Darlehens und die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kommt es somit für die Entscheidung nicht an.

80

3.

Gehaltsforderung

81

Der Beklagte kann noch einen Betrag von 5.034,14 DM Gehalt für 1992 beanspruchen; im übrigen ist die Forderung unbegründet. Aus dem über zwei Instanzen hinweg verworrenen Vortrag der Parteien entnimmt der Senat folgenden Sachstand:

82

Die Gehaltsforderung ist von der Klägerin in Höhe von 2.921,80 DM zugestanden worden (GA Bl. I 198). Ob weitere Beträge geschuldet sind, ist streitig. Der Beklagte hat zugestanden (GA Bl. I 157), dass sein Gehaltsanspruch für 1992 auf Grund einer nicht näher vorgetragenen Reduzierung 46.187,48 DM betragen habe; von diesem Betrag geht er auch in der Berufungsinstanz aus. Die neun Zahlungen, die im Jahre 1992 (vom 6. Februar 1992 bis zum 19. November 1992) erbracht worden sind und die in der tabellarischen Aufstellung der Klägerin GA Bl. I 198 genannt werden, ergeben eine Summe von 41.153,34 DM. In der dortigen Aufstellung hat die Klägerin wegen eines Zuordnungsfehlers der Zahlung vom 21. Januar 1993 mit einer Zahlung von 43.433,98 DM für 1992 gerechnet. Die geschuldete Differenz, die die Klägerin offenbar anzuerkennen bereit war, hätte sich bei richtiger Rechnung von 2.921,80 DM auf 5.034,14 DM erhöht. In diesem Umfang ist der Gehaltsanspruch ohne Beweisaufnahme begründet.

83

Ob dem Beklagten weitere 5.143,34 DM zustehen, oder ob eine durch Kontoauszug belegte (GA Bl. II 172) Barauszahlung in dieser Höhe vom 18. August 1992 auf Gehaltsforderungen geleistet worden ist, ist streitig. Aus dem handschriftlichen Buchungsvermerk "Ehrecke" auf dem Bankkontoauszug, der möglicherweise für Buchführungszwecke die Sachkontobuchung anzeigen sollte, lässt sich der Verwendungszweck nicht entnehmen. Es bleibt also offen, ob der Beklagte damit Gehalt an sich selbst auszahlen wollte oder ob der Betrag zur Erstattung privat geleisteter unternehmensbezogener Auslagen bestimmt war. Als Geschäftsführer war der Beklagte verpflichtet, der Klägerin über Vermögens entnahmen Rechnung zu legen. Er hätte daher zu diesem Posten im vorliegenden Verfahren substantiiert Stellung nehmen müssen, was jedoch unterblieben ist. Zu einer Vernehmung seiner Person als Partei bestand daher kein Anlass.

84

0,02 DM aus der durch Aufrechnung nicht getilgten Mietzinsforderung und 5.034,14 DM restliches Gehalt für 1992 ergeben den zugesprochenen Widerklagebetrag. Er ist zum gesetzlichen Zinssatz von 4 % antragsgemäß zu verzinsen.

85

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Beschwer für den Beklagten: mehr als 60.000 DM, Beschwer für die Klägerin: 22.330,16 DM.